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Mwchinger Wochenblatt
Amtsverkündigungsötatt für den Aezirk Schwehingen.
Badische Hopsen^citung.
Viertels. Abonnement:
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Allgemeiner Anzeiger für die badische und bayerische Rheinpfalz.
«v. 78._Dienstag. 30. Juni 1874. VIII. Jahrgang.
Inserate von Auswärts nehmen für uns auch entgegen die Annoncen-Bureaux von Kaasenstein L Segler, Rudolf Waffe und K. L. Dauve L Ho., die Süddeutsche Annoncen-Expedition
von H-. SLöchhardt in Frankfurt, Stuttgart, Berlin, Leipzig, München, Wien, Zürich, Basel und Straßburg, sowie das Jäger'sche Central-Bureaux für Inserate in Frankfurt a./M.
Eililadung zum Abonnement.
Mit dem 1. Juli beginnt ein neues Abonnement auf
das „Schwetzinger Wochenölatt" und laden wir hiermit
zu zahlreichen Bestellungen ein. Diejenige unserer geehrten
Leser, welche das Blatt durch die Post beziehen, wollen ihre
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Wie bisher..werden wir auch ferner uns zur Aufgabe
stellen, den geistige», wie geschäftlichen Verkehr unseres Kreises
zu vermitieln, daneben aber allen Vorgängen im engeren,
wie weiteren Vaterlande unsere volle Aufmerksamkeit zu
widmen.
Für Unterhaltung wird in dem beigegebenen
„Ill u st ri rlcn U n t e r h a l t un g s b l a t t" gesorgt sein.
Auch auf l a n dw i rths ch aft l ich e und g e m e i n n ütz ige
Notizen von Werth werden wir, wie bisher, unser Augenmerk
richten.
Ankündigungen aller Art finden in unserem Blatte
die weiteste Verbreitung, nicht nur im Amtsbezirke, sondern
auch über dessen Grenze hinaus, weshalb wir dasselbe hier-
für bestens empfehlen.
Die Redaction.
Badischev Landtag.
Karlsruhe, 19. Juni. (63 Sitzung der 2. Kammer.
Abenlssitznng.) Zur Berathung steht der Bericht des Abg.
v. Stösser, besondere Bestimmungen über die Aufbringung
des Gemeindeanswandes in den Städten belr.
In einer langen und sehr eingehenden Debatte, welche
bis Nachts 9 Uhr dauert, an welcher die Abgg Nicolai,
v. Feder, Mays und Blnittschli Theil nahmen und in
welcher auch Slaatsminister Jolly in beinahe cinstündiger
Rede eingreif!, werden Abänderungsanträge der Abgg. v.
Feder, Eichelsdörfer und Müller v. Pf., sowie der Abgg.
Mays und Genossen, welche auf größere Autonomie der
Gemeinden im Steuerwesen abzielten, verworfen und da-
gegen der Regierungsentwurf in der Fassung der Kom-
mission angenommen.
Zu Artikel zwei stellen die Abgg. Blmüschli, Friderich
und Joos den Antrag:
„Der Tag, an welchem dieses Gesetz in Wirksamkeit
tritt, wird durch die Regierungsverordnung bestimmt, nach-
d m die Kataster für die Staats- und die städtische Ein-
kommensteuer fcstgestellt sein werden."
Nach längerer Debatte wird auch dieser Antrag und
hierauf das ganze Gesetz mit allen gegen 6 Stimmen an-
genommen. „Neun" sagen die Abgg. Edelmann, Hug,
Junghanns, Marke, Marlin und Mays. Bemerkt muß
werden, daß die klerikale Rechte in dieser Frage durchaus
nicht einig ging, indem die Abgg. Hug, Lender und Reichert
für das Gesetz stimmten.
— 20. Juni. (64. Sitzung der 2. Kammer unter
dem Vorsitze des Vizepräsidenten Kiefer.) Am Minister-
tische : Staatsminister Dr. Jolly, Geh.-Rath v. Freydorf,
Staatsrath Ellstätter, die Ministerialräthe v. Slösser und
Kilian.
Den ersten Gegenstand der Tagesordnung bildet der
Bericht des Abg. Lang von Weinheim wegen der Aufsuchung
provisorischer Gesetze.
Antrag: Die Kammer wolle von einer Reklamation
bezüglich der in de» Jahren 1872 und 73 erschienenen
Regierungserlasse Umgang nehmen. Wird angenommen.
Der Abg, Jiitlckofer berichtet über die Bitten Pens.
Lehrer und Lehrerwiitwen um Erhöhung ihrer Ruhegehalte.
Antrag: Bezüglich der allgemeinen Bitte um Aufbes-
serung im Hinblick auf bereits gefaßte Beschlüsse Uebergang
zur Tagesordnung, betr. die Bitte um Erhöhung der Witi-
wcngehalte: Ueberweisnng zur Keniiiiiißnahme.
— 22. Juni: (65. Sitzung der 2. Kammer unter
dem Vorsitze des Vizepräsidenten Bluntschli.)
Am Ministertische: Hcindelsmiiiisterialpräsideut Turban.
Urlaubsgesuche werden erledigt zu Gunsten, der Abgg.
Frank und Heilig.
Auch Präsident Kirsner bütet, im Hinblick auf seine
Gesniidheiisverhältnisse, um Verlängerung seines Urlaubs
und spricht zugleich seinen innigen Dank aus für das ihm
von den Abgg. Friderich und Paravicini Namens der Kam-
mer überbrachte Ehrengeschenk.
Eintritt in die Tagesordnung.
Zunächst wird vorgenommen die Berathung des Be-
richts des Abg. Eichelsdörfer über den Gesetzentwurf, -be-
treffend den Ban einer Eisenbahn von Appenweier nach
Oppcnau.
Nach Empfehlung der Bahn durch die Abgeordneten
Joos und von Buß und nach einigen Bemerkungen der
Abgeordneten Schoch und Lenz, welch' letzterem die Abgg.
Eichelsdörfer und Joos antworten, wird die Regierungsvor-
lage (Vergünstigung an die Unternehmer durch Erleichterung
der Betriebsbedingungen) dem Antrag der-Kommission gemäß
einstimmig genehmigt.
Alsdann folgt die Beralhung über die Höllenthalbahn
bezw. Freiburg-Furtwangen-Hüfingen oder Freiburg-Neu-
stadt-Hüfingen. Bericherstatter Bürklin.
Der Kommisiionsanlrag spricht ans, die Linie Hü-
fiiigen-Neustadt, bezw. Freibnrg sei als große durchgehende
Linie zu behandeln, Hüfingen-Furtwaiigcn dagegen als Lo-
kalbahn nach den Grundsätzen der Sekundärbahnen. Die
Kommission will, daß sofort genaue Untersuchungen und
Vorarbeiten gemacht werden, um einerseits die Bedürfnisse
für einen Staatsbau der ersten Linie genau kennen zu
lernen und einer Privatgesellschaft für den Bau der zweiten
Linie als Sekundärbahn zuverlässiges Material an die Hand
geben zu können, und seien in diesem Sinne sämmtliche
Petitionen der. großh. Regierung zu überweisen.
Der Koinmissionsantrag wird einstimmig angenommen.
Letzten Gegenstand der Tagesordnung bildet die Wahl
des ständischen Ausschusses.
Es werden 41 Stimmzettel abgegeben.
Gewählt werden die Abgg. Bluntschli, Friderich, Kiefer,
Kirsner, Paravicini und Pflüger.
— 23. Juni. (66. Sitzung der 2. Kammer.) Den
Vorsitz führt Vizepräsident Kiefer. Staatsrath Ellstätter
verliest eine großh. Entschließung, durch welche er ermäch-
tigt wird, in Anbetracht des gestrigen Beschlusses der 1.
Kammer, den Gesetzentwurf, betreffend die Einführung einer
allgemeinen Einkommenssteuer zurückznziehen. Dasselbe ge-
schieht.
Staatsminister Dr. Jolly legt einen Gesetzentwurf vor,
welcher trotz der Zurücknahme des Einkomnienssteuergesetzes
die Einführung der Slädteordnnng in provisorischer Weise
sofort, bezw. für das nächste Jahr ermöglicht.
Hierauf Eintritt in die Tagesordnung.
Der Abg. Stigler begründet seine Anfrage bezüglich
der Verhältnisse der kathol. weiblichen Lehr- und Erziehungs-
institute, die dem Regulativ vom 16. September 1871 un-
terstellt sind.
Staatsminister Dr. Jolly antwortet: Die auf dem
vorigen Landtage gewünschten Ermittelungen seien zum größten
Theile beendigt. Sie haben ergeben, daß da und dort
Abweichungen von den Vorschriften des Regulativs bestehen.
Die hierüber zu pflegenden Unterhandlungen seien im Gange
und dies der Grund, warum das Ergebniß der Unter-
suchung noch nicht vorgelegt worden sei.
Der Abg. Stigler erklärt sich mit dieser Antwort vor-
erst befriedigt und verbreitet sich weitläufig über die Zu-
stände der höhern Töchterschule in Rastatt, die er geordnet
haben will.
Alsdann kommt zur Berathung der Bericht des Abg.
v. Buß belr. den Umbau, bezw. die bauliche Einrichtung
des Ständehauses und die Ausstattung der landständischen
Institute.
Dieser Bericht ist das Ergebniß einer Motion des
Abg. v. Feder und zielt auf eine ausreichende und würdige
Ausstattung des Ständehauses und seiner Institute (Biblio-
thek, Lesezimmer, Berathungs- und Erholungsäle rc.).
Die betr. Pläne und Kostenüberschläge sind von Pro-
fessor Durm gefertigt und beträgt der Bau- und Aus-
stattungsaufwand zusammen 46,500 fl.
Nachdem der Berichterstatter dem Finaiizminister alles
Feuilleton.
Der Armenarzt.
Achtes Kapitel.
Eine Hamburger Domwauderuug.
(Fortsetzung.)
Das Thema des Gesprächs war gefunden, und in
Gemeinschaft mit den beiden Freundinnen suchten Clara
und Mathilde die Wuth, welche seit dem verhängnißvollen
Abend in ihnen verborgen war, sowohl auf Alphons als
auf Eva auszuschütten, denn sie mußten sich im Innern
gestehen, daß den Abend Eva und Alphons das schönste
Paar auf dem Balle gewesen war, dazu kam, daß der
goldene Rheinwein die Zungen löste und manches Wort
hin und wieder flog.
Erst später brach die Gesellschaft auf, die Gaslaternen
brannten auf halb, die Straßen waren leer, die Ladenfenster
geschlossen und der größte Theil der Bevölkerung lag und
schlief.
Auch Eva ruhte. Der Schlaf hatte ihre Augen geschlos-
sen, aber hinter dem Vorhang, den die Nacht gezogen, gau-
kelten die Wundergestalien des Traumes. Auch Eva wurde
von den goldenen Gestalien besucht, die entstehen, vergehen,
deren Heimath Niemand kennt. Unter den wechselnden Traum-
gestolten löste sich ein Bild ab: es trug die Züge des Fer-
nando auf dem Bilde, welches die Mutter wie einen Augen-
apfel bewachte. Sie sah ihn deutlich vor sich stehen, sie
fühlte, daß sein Blick auf ihr ruhte, daß sie erröthete wie
die Miranda, und doch konnte sie keine Rechenschaft geben,
weshalb sie erröthete. Und nun war es ihr, als wenn er
den Mund öffnete und zu ihr sprach, ebenso einfache und
liebe Worte wie in den Pausen des Walzers; cs war iyr,
als wenn er sie wieder fragte, wie sie hieß, und sie ant-
wortete diesmal nicht: Evangeline, sondern sie sagte, „weißt
Du nicht, ich bin ja die Miranda, wir kennen uns schon
sehr lange, aber wir haben es nur nicht gewußt." Dann
nahm das Bild wieder ganz die Gestalt ihres Tänzers an
und sie sagte wie damals, „so wie jetzt habe ich noch nie
getanzt." Und wieder wechselte der Traum, es war ihr,
als sei sie losgelös't von den Banden der Erde, als schwebte
sie mit ihm durch den leichten Aether einem Hellen, glänzenden
Stern zu, als strahlte von diesem Stern alle Seligkeit herab,
die wohl auf Erden gefunden werden konnte. Sie wagte
kaum zu aihmen. Vor dem Glanz, der auf sie hernieder-
quoll, schloß sie die Augen, ein übecseligss Gefühl schlich in!
ihre Brust und ihren Augen entströmten Thränen. Es waren
wirkliche Thräiun, die heiß unter ihren Lidern hervordrangen.
Sie wachte auf, der Traum war verschwunden, mit ihm
die Minute eines kurzen unaussprechlichen Glückes. Das
mochte Wohl um dieselbe Zeit sein, als ihre intimen Freun-
dinnen weder an ihr noch an Alphons ein gutes Haar ließen.
In derselben Nacht wurde ein guter Bekannter von
uns ini Schlaf gestört, der Docior Feldmaiin. Man ersuchte
ihn, so bald als möglich zu einem plötzlich Erkrankten zu
eilen; der Wagen hielt vor der Thür, Doclor Feldmann
stieg ein und im raschen Trab ging es zum Thor hinaus
nach der Villa des Herrn Wagenberg.
Feldmann war seit der letzten Zeit der Unterredung nicht
wieder bei dem allen Herrn gewesen, er hatte Ungesehen,
daß hier ein Seelenleiden zu Grunde lag, das, wenn Aus-
sicht auf Genesung sein sollte, zuerst gehoben werden mußte.
Wie aber konnte er im Stande sein zu helfen, da der alte
Herr über diesen Punkt ein undurchdringliches Schweigen
bewahrte.
Doctor Feldmann wurde in das Zimmer geführt. Herr
Wagenberg lag nicht, wie er dachte, im Bette, sondern ging
ruhelos im Zimmer auf und ab.
> (Fortsetzung folgt.)
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Auch auf l a n dw i rths ch aft l ich e und g e m e i n n ütz ige
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die weiteste Verbreitung, nicht nur im Amtsbezirke, sondern
auch über dessen Grenze hinaus, weshalb wir dasselbe hier-
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Badischev Landtag.
Karlsruhe, 19. Juni. (63 Sitzung der 2. Kammer.
Abenlssitznng.) Zur Berathung steht der Bericht des Abg.
v. Stösser, besondere Bestimmungen über die Aufbringung
des Gemeindeanswandes in den Städten belr.
In einer langen und sehr eingehenden Debatte, welche
bis Nachts 9 Uhr dauert, an welcher die Abgg Nicolai,
v. Feder, Mays und Blnittschli Theil nahmen und in
welcher auch Slaatsminister Jolly in beinahe cinstündiger
Rede eingreif!, werden Abänderungsanträge der Abgg. v.
Feder, Eichelsdörfer und Müller v. Pf., sowie der Abgg.
Mays und Genossen, welche auf größere Autonomie der
Gemeinden im Steuerwesen abzielten, verworfen und da-
gegen der Regierungsentwurf in der Fassung der Kom-
mission angenommen.
Zu Artikel zwei stellen die Abgg. Blmüschli, Friderich
und Joos den Antrag:
„Der Tag, an welchem dieses Gesetz in Wirksamkeit
tritt, wird durch die Regierungsverordnung bestimmt, nach-
d m die Kataster für die Staats- und die städtische Ein-
kommensteuer fcstgestellt sein werden."
Nach längerer Debatte wird auch dieser Antrag und
hierauf das ganze Gesetz mit allen gegen 6 Stimmen an-
genommen. „Neun" sagen die Abgg. Edelmann, Hug,
Junghanns, Marke, Marlin und Mays. Bemerkt muß
werden, daß die klerikale Rechte in dieser Frage durchaus
nicht einig ging, indem die Abgg. Hug, Lender und Reichert
für das Gesetz stimmten.
— 20. Juni. (64. Sitzung der 2. Kammer unter
dem Vorsitze des Vizepräsidenten Kiefer.) Am Minister-
tische : Staatsminister Dr. Jolly, Geh.-Rath v. Freydorf,
Staatsrath Ellstätter, die Ministerialräthe v. Slösser und
Kilian.
Den ersten Gegenstand der Tagesordnung bildet der
Bericht des Abg. Lang von Weinheim wegen der Aufsuchung
provisorischer Gesetze.
Antrag: Die Kammer wolle von einer Reklamation
bezüglich der in de» Jahren 1872 und 73 erschienenen
Regierungserlasse Umgang nehmen. Wird angenommen.
Der Abg, Jiitlckofer berichtet über die Bitten Pens.
Lehrer und Lehrerwiitwen um Erhöhung ihrer Ruhegehalte.
Antrag: Bezüglich der allgemeinen Bitte um Aufbes-
serung im Hinblick auf bereits gefaßte Beschlüsse Uebergang
zur Tagesordnung, betr. die Bitte um Erhöhung der Witi-
wcngehalte: Ueberweisnng zur Keniiiiiißnahme.
— 22. Juni: (65. Sitzung der 2. Kammer unter
dem Vorsitze des Vizepräsidenten Bluntschli.)
Am Ministertische: Hcindelsmiiiisterialpräsideut Turban.
Urlaubsgesuche werden erledigt zu Gunsten, der Abgg.
Frank und Heilig.
Auch Präsident Kirsner bütet, im Hinblick auf seine
Gesniidheiisverhältnisse, um Verlängerung seines Urlaubs
und spricht zugleich seinen innigen Dank aus für das ihm
von den Abgg. Friderich und Paravicini Namens der Kam-
mer überbrachte Ehrengeschenk.
Eintritt in die Tagesordnung.
Zunächst wird vorgenommen die Berathung des Be-
richts des Abg. Eichelsdörfer über den Gesetzentwurf, -be-
treffend den Ban einer Eisenbahn von Appenweier nach
Oppcnau.
Nach Empfehlung der Bahn durch die Abgeordneten
Joos und von Buß und nach einigen Bemerkungen der
Abgeordneten Schoch und Lenz, welch' letzterem die Abgg.
Eichelsdörfer und Joos antworten, wird die Regierungsvor-
lage (Vergünstigung an die Unternehmer durch Erleichterung
der Betriebsbedingungen) dem Antrag der-Kommission gemäß
einstimmig genehmigt.
Alsdann folgt die Beralhung über die Höllenthalbahn
bezw. Freiburg-Furtwangen-Hüfingen oder Freiburg-Neu-
stadt-Hüfingen. Bericherstatter Bürklin.
Der Kommisiionsanlrag spricht ans, die Linie Hü-
fiiigen-Neustadt, bezw. Freibnrg sei als große durchgehende
Linie zu behandeln, Hüfingen-Furtwaiigcn dagegen als Lo-
kalbahn nach den Grundsätzen der Sekundärbahnen. Die
Kommission will, daß sofort genaue Untersuchungen und
Vorarbeiten gemacht werden, um einerseits die Bedürfnisse
für einen Staatsbau der ersten Linie genau kennen zu
lernen und einer Privatgesellschaft für den Bau der zweiten
Linie als Sekundärbahn zuverlässiges Material an die Hand
geben zu können, und seien in diesem Sinne sämmtliche
Petitionen der. großh. Regierung zu überweisen.
Der Koinmissionsantrag wird einstimmig angenommen.
Letzten Gegenstand der Tagesordnung bildet die Wahl
des ständischen Ausschusses.
Es werden 41 Stimmzettel abgegeben.
Gewählt werden die Abgg. Bluntschli, Friderich, Kiefer,
Kirsner, Paravicini und Pflüger.
— 23. Juni. (66. Sitzung der 2. Kammer.) Den
Vorsitz führt Vizepräsident Kiefer. Staatsrath Ellstätter
verliest eine großh. Entschließung, durch welche er ermäch-
tigt wird, in Anbetracht des gestrigen Beschlusses der 1.
Kammer, den Gesetzentwurf, betreffend die Einführung einer
allgemeinen Einkommenssteuer zurückznziehen. Dasselbe ge-
schieht.
Staatsminister Dr. Jolly legt einen Gesetzentwurf vor,
welcher trotz der Zurücknahme des Einkomnienssteuergesetzes
die Einführung der Slädteordnnng in provisorischer Weise
sofort, bezw. für das nächste Jahr ermöglicht.
Hierauf Eintritt in die Tagesordnung.
Der Abg. Stigler begründet seine Anfrage bezüglich
der Verhältnisse der kathol. weiblichen Lehr- und Erziehungs-
institute, die dem Regulativ vom 16. September 1871 un-
terstellt sind.
Staatsminister Dr. Jolly antwortet: Die auf dem
vorigen Landtage gewünschten Ermittelungen seien zum größten
Theile beendigt. Sie haben ergeben, daß da und dort
Abweichungen von den Vorschriften des Regulativs bestehen.
Die hierüber zu pflegenden Unterhandlungen seien im Gange
und dies der Grund, warum das Ergebniß der Unter-
suchung noch nicht vorgelegt worden sei.
Der Abg. Stigler erklärt sich mit dieser Antwort vor-
erst befriedigt und verbreitet sich weitläufig über die Zu-
stände der höhern Töchterschule in Rastatt, die er geordnet
haben will.
Alsdann kommt zur Berathung der Bericht des Abg.
v. Buß belr. den Umbau, bezw. die bauliche Einrichtung
des Ständehauses und die Ausstattung der landständischen
Institute.
Dieser Bericht ist das Ergebniß einer Motion des
Abg. v. Feder und zielt auf eine ausreichende und würdige
Ausstattung des Ständehauses und seiner Institute (Biblio-
thek, Lesezimmer, Berathungs- und Erholungsäle rc.).
Die betr. Pläne und Kostenüberschläge sind von Pro-
fessor Durm gefertigt und beträgt der Bau- und Aus-
stattungsaufwand zusammen 46,500 fl.
Nachdem der Berichterstatter dem Finaiizminister alles
Feuilleton.
Der Armenarzt.
Achtes Kapitel.
Eine Hamburger Domwauderuug.
(Fortsetzung.)
Das Thema des Gesprächs war gefunden, und in
Gemeinschaft mit den beiden Freundinnen suchten Clara
und Mathilde die Wuth, welche seit dem verhängnißvollen
Abend in ihnen verborgen war, sowohl auf Alphons als
auf Eva auszuschütten, denn sie mußten sich im Innern
gestehen, daß den Abend Eva und Alphons das schönste
Paar auf dem Balle gewesen war, dazu kam, daß der
goldene Rheinwein die Zungen löste und manches Wort
hin und wieder flog.
Erst später brach die Gesellschaft auf, die Gaslaternen
brannten auf halb, die Straßen waren leer, die Ladenfenster
geschlossen und der größte Theil der Bevölkerung lag und
schlief.
Auch Eva ruhte. Der Schlaf hatte ihre Augen geschlos-
sen, aber hinter dem Vorhang, den die Nacht gezogen, gau-
kelten die Wundergestalien des Traumes. Auch Eva wurde
von den goldenen Gestalien besucht, die entstehen, vergehen,
deren Heimath Niemand kennt. Unter den wechselnden Traum-
gestolten löste sich ein Bild ab: es trug die Züge des Fer-
nando auf dem Bilde, welches die Mutter wie einen Augen-
apfel bewachte. Sie sah ihn deutlich vor sich stehen, sie
fühlte, daß sein Blick auf ihr ruhte, daß sie erröthete wie
die Miranda, und doch konnte sie keine Rechenschaft geben,
weshalb sie erröthete. Und nun war es ihr, als wenn er
den Mund öffnete und zu ihr sprach, ebenso einfache und
liebe Worte wie in den Pausen des Walzers; cs war iyr,
als wenn er sie wieder fragte, wie sie hieß, und sie ant-
wortete diesmal nicht: Evangeline, sondern sie sagte, „weißt
Du nicht, ich bin ja die Miranda, wir kennen uns schon
sehr lange, aber wir haben es nur nicht gewußt." Dann
nahm das Bild wieder ganz die Gestalt ihres Tänzers an
und sie sagte wie damals, „so wie jetzt habe ich noch nie
getanzt." Und wieder wechselte der Traum, es war ihr,
als sei sie losgelös't von den Banden der Erde, als schwebte
sie mit ihm durch den leichten Aether einem Hellen, glänzenden
Stern zu, als strahlte von diesem Stern alle Seligkeit herab,
die wohl auf Erden gefunden werden konnte. Sie wagte
kaum zu aihmen. Vor dem Glanz, der auf sie hernieder-
quoll, schloß sie die Augen, ein übecseligss Gefühl schlich in!
ihre Brust und ihren Augen entströmten Thränen. Es waren
wirkliche Thräiun, die heiß unter ihren Lidern hervordrangen.
Sie wachte auf, der Traum war verschwunden, mit ihm
die Minute eines kurzen unaussprechlichen Glückes. Das
mochte Wohl um dieselbe Zeit sein, als ihre intimen Freun-
dinnen weder an ihr noch an Alphons ein gutes Haar ließen.
In derselben Nacht wurde ein guter Bekannter von
uns ini Schlaf gestört, der Docior Feldmaiin. Man ersuchte
ihn, so bald als möglich zu einem plötzlich Erkrankten zu
eilen; der Wagen hielt vor der Thür, Doclor Feldmann
stieg ein und im raschen Trab ging es zum Thor hinaus
nach der Villa des Herrn Wagenberg.
Feldmann war seit der letzten Zeit der Unterredung nicht
wieder bei dem allen Herrn gewesen, er hatte Ungesehen,
daß hier ein Seelenleiden zu Grunde lag, das, wenn Aus-
sicht auf Genesung sein sollte, zuerst gehoben werden mußte.
Wie aber konnte er im Stande sein zu helfen, da der alte
Herr über diesen Punkt ein undurchdringliches Schweigen
bewahrte.
Doctor Feldmann wurde in das Zimmer geführt. Herr
Wagenberg lag nicht, wie er dachte, im Bette, sondern ging
ruhelos im Zimmer auf und ab.
> (Fortsetzung folgt.)