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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1874

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September (No. 103 - 115)
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https://doi.org/10.11588/diglit.33305#0411

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wöchentlich drei Mal:
Dienstag, Donnerstag!
und Samstag.
Alls Postanstaltm
und Boten nehmen
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Amtsverkündigungsölatt für den Bezirk Schwetzingen.

Mertels. Abonnement:
Für's Wochenblatt 81 kr.
Unterhaltungsblatt 12 kr.
Inserate
die viergcspaltene
Hietitzeile oder deren
Raum 4 kr.,
Garmondzeile 5 kr.

Badische Hopfen zeitung.
Allgemeiner Anzeiger für die badische und bayerische Rheinpsalz.
No. 103. "" " " ' '. "

Dienstag, 1. September 1874.

VIII. Jahrgang.

Inserate von Auswärts nehmen slir uns auch entgegen die Annoncen-Bureaux von Kaasenstein L Kogler, Rudolf Masse und ch. <L. Jaube L Go., Süddeutsche Annoncen-Kepedition
von K. Stölühardt in Franksurt, Stuttgart, Berlin, Leipzig, München, Wien, Zürich, Basel und Straßburg, sowie das Zäger'sche Central-Bur-aux für Inserate in Frankfurt a./M.

Bestellungen

für den Monat
September
auf das „Schwetzinger Wochenblatt und die
Bad. Hopfenzeitung" nehmen alle Postanstalten,
sowie unsere Boten und Zeitungsträger entgegen.
* Der Ultramontanismus im
Berzweistungskampfe.
Die Heerschaaren des Ultromontanismus in Preußen
beginnen zu wanken und zwar sind auch hier, wie in kritischen
Augenblicken so häufig, die Bundesgenossen die ersten, die
aus dem Treffen zurückweichen. So sehen die Ultramontanen
jetzt zunächst die Polen aus ihrem Lager entweichen. Der
„Wiarus" ist in seiner Emanzipation von der klerikalen
Richtung sogar schon so weit gediehen, daß et Alles nufbietet,
um die Nutzlosigkeit des Kampfes der Kirche gegen die Staats-
gewalt darzuthun und die Geistlichkeit zu einer anti-ultramon-
tanen Haltung zu bewegen. Nach der unfehlbar über kurz
oder lang eintretenden Aussöhnung zwischen Staat und Kirche,
meint das polnische Blatt, wird ^)ie katholische Geistlichkeit
das gefährlichste Werkzeug der Gcrmanisation werden; deßhalb
sei es unbedingt nothwendig, daß die jetzt noch überwiegend
polnische Geistlichkeit jedem Konflikt mit den Staatsgesetzen
aus dem Hege gehe, um ihm Lande verbleiben zu können.
Der „Wiarus" meint: „In allen Kreisen haben wir hohe,
zahlreiche Geistliche, welche, obwohl sie die Ergebenheitsadressen
unterzeichnet haben, dennoch der Ueberzeugung sind, daß,
wenn alle katholischen Abgeordneten, die im Landtage acht
Millionen Katholiken vertreten, durch ihre erbitterte Bertheidit-
gung nichts ausgerichtet haben, wir 500,000 Polen um so
weniger die Liberalen zu Konzessionen zwingen werden. Alle
unsere Anstrengungen werden fruchtlos sein. Wir haben be-
reits unnöthig die Blüthe unserer neugeweihtett Priester ver-
loren, unsere Pfarreien verwaisen immer mehr und dies
schadet der Kirche und unserer Nationalität mehr, als wenn
wir der Regierung nachgeben u. s. w."
In Ucbereinstimmung hiermit wird aus Posen der
„Schles. Pr." geschrieben: „Wenn man den täglichen Ver-
sicherungen der liberalen polnischen Blätter glauben darf, —
und sie verdienen diesen Glauben, weil sie gut unterrichtet
find — so verliert die starre uliramontane Partei, welche
entschlossen ist, den Kampf gegen die Staatsgewalt auf Tod
und Leben zu führen, in allen Schichten der polnischen Be-
völkerung immer mehr Terrain."
Aber auch im Klerus selbst beginnt sich, allen Ableug-
nungen der „Germania" zum Trotze, eine versöhnlichere Stim-
mung zu äußern. Das Beispiel des Vikars Rejzner, der die
Pfarrstelle in SantomySl ohne Vermittelung der geistlichen
Behörde auf Präsentatio» der Kircheupatronin Gräfin

Skorzewska von der königlichen Regierung angenommen hat,
findet weitere Nachahmung. Auch zu der vom Kirchenpatron
zur Wiederbcsetzung ausgebotcuen Pfarrstelle in Xions hat
sich bereits ein Geistlicher gemeldet, der dem Kirchenpatron
seine unbedingte Unterwerfung unter die Maigesetzc erklärt
hat. Ein Posener ultramontanes Blatt berichtet sogar von
einem Geistlichen, der die staatsfeindliche Zustimmüngsadreffe
an das Posener Domkapitel unterzeichnet hat, daß derselbe
kein Hehl daraus mache, daß er ohne Bedenken den Vor-
schriften der Maigesetze gemäß zur Erlangung einer Pfarr-
stelle die Mitwirkung der Staatsbehörde in Anspruch nehmen
würde. Der ultramontane „Kuryer Poznanski" gestand ferner
am 23. August, daß eine ziemlich bedeutende Anzahl von
Geistlichen die Ergebenheits-Adressen nicht unterschrieben habe
und daß man „aufs Bestimmteste" behaupten könne, nicht
alle würden treu bleiben, welche die Adressen unterschrieben
haben.
Und selbst an direkter Auflehnung gegen die Zwing-
herrschaft des ultramontanen Despotismus fehlt es nicht.
So hat der Vikar Kubeczak in Borek unterm 23. d. M.,
in der Posener „Ostdeutschen Zig." einen sehr bezeichnenden
„Offenen Aufruf" au seine Amtsbrüder gerichtet. Es heißt
in demselben:
„Es regt sich unter den Geistlichen in der Provinz.. .
Mit innigster Freude begrüße ich die bereits adgehaltenen Zu-
sammenkünfte der ehrwürdigen Geistlichkeit im Kostener, Won-
growiccer und Pleschener Kreise und stimme in ihre aufge-
stellten höchst wichtigen Fragen mit voll- und weittönenoem
Rufe ein: Ja! an der Zeit ist es, meine theuren Brüder,
die Staatsgesetze ohne jegliches Wanken anzuerkennen, sich
ohne Rückhalt den Maigesetzen zu unterwerfen! Ja, hätten
unsere Herren Bischöfe die ernste folgenschwere Sache der
Kirche gründlicher, näher und reifer untersuchen und prüfen,
sich demgemäß mit der Staatsregierung einverstanden wissen
wollen, dann wären die Gesetze vom Mai nicht nöthig ge-
wesen, dann würde unsere Kirche wie vordem den schönsten
Frieden haben.... Nun ist es an der Zeit, Brüder, daß
wir uns von unseren Sitzen emporrichten, zusammen kommen,
berathen und festen Beschluß darüber fassen, was uns jetzt
zu thun Noth sei und unS und dem Volke Christi zum wahren
Gut und Heil gereiche. Unsere Zahl -- die der reichsfreund-
lichen Geistlichen — ist nicht gering, und ist keineswegs zu
unterschätz n. Schneidemühl, Gnesen, Posen, Borel, Kosten,
Fraustadt, Obra, Blesen und andere haben ihre Staatstrcuen
anfzuweisen, und hoffe ich, wenn's zur Probe kommt, wird
schon noch eine beträchtlichere Zahl sich einfinden und gegebenen
Falls hinreichen, der Seelsorge zu genügen."
Der Aufruf schließt mit den Worten: „Gebet dem Kaiser,
waS des Kaisers, und Gott, was Gottes ist." Und diese
Kundgebungen und Vorgänge im Polnischen stehen nicht ver-
einzelt. Eben wird aus Ohlau in Schlesien ein neuer Fall

der Anerkennung der Maigesetze durch den Klerus gemelöek
und Aehnliches berichten Wahrnehmungen aus West-
falen und vom Niederrhcin. Namentlich wird sich dort, wie
der „Magd. Ztg." geschrieben wird, die katholische Geistlich-
keit an der Scdanfeier vielfach betheiligen, so daß die Ab-
mahnung des Bischofs von Mainz dort in das Wasser ge-
fallen ist.
Auch ansSachsen wird Aehnliches gemeldet, wie wir
schon in unserem letzten Blatte gebracht. Und bei uns in
Baden sehen wir nicht auch eine Spaltung innerhalb der
ultramontanen Partei, deren Kluft mit jedem Tage größer
wird, obwohl die Schwarzen es sich selbst nicht gestehen mögen?
Und so muß es kommen. Der gesunde Sinn und das ge-
sunde Element im Volke muß sich Bahn brechen, durch die
Lüge und die Heuchelei einer Partei, welche nur noch als
schwarzer Fleck im Buche der Geschichte zu existiren das
Recht hätte.
Deutsches Reich.
* Schwetzingen, 29. Aug. Wie bei uns, so kommt
die Scdanfeier auch anderwärts immer mehr in Aufnahme.
Der Schwäb. Merkur berichtet: „Die Feier des Sedantages
wird in diesem Jahre eine allgemeinere sein, als sie jemals
war. ES ist dies den Nachrichten zu entnehmen, die täg-
lich aus allen Gegenden des Vaterlandes einlaufen, und
die man längst nicht mehr im Einzelnen aufführen kann.
Genug, daß in allen größer» und kleinern Städten des
Reiches die Vorbereitungen zu den nationalen Festtage im
Gange sind. Die Einmüihigkeit, mit der das Volk nach
anfänglichem Bedenken und Meinungsverschiedenheiten dem
Tage von Sedan die Ehre gegeben hat, darf an sich als
ein erfreuliches Zeichen geschätzt werden; denn sie zeigt, daß
unsere sprichwörtliche Uneinigkeit diesmal glücklich überwun-
den worden ist und zwar ohne irgend jede Anordnung ir-
gend einer Autorität, lediglich durch den gesunden Instinkt
des Volkes, das denjenigen Tag heraussuchte, dessen Kunde
damals die eindringlichste Wirkung auf die Gemülher her-
vorgebracht hatte, und der drastischer als irgend ein anderer
den politischen Umschwung versinnbildlicht, welcher das Cr»
gebniß des Nationalkrieges sein sollte." Aus Dresden
schreibt die Sp. Ztg.: „Aus Anlaß der Feier des 2. Sep-
tember wird an diesem Tage die Kanzlei des Ministeriums
des Innern Nachmittags geschlossen bleiben, und es ist den
Kreisdirektionen anheim gegeben worden, ihrerseits eine
gleiche Anordnung zu treffen." Wir setzen hinzu: Die Ge-
denktage von Leipzig und Watlerloo, bald 60 Jahre alt,
sind unserm Volke nicht mehr frisch; ja, sie sind der gro-
ßen Kleinstaaterei wegen nie recht zum gemeinsamen natio-
nalen Bewußtsein gekommen. Dort hat auch halb Europa
gegen den Erbfeind gestanden. Den letzten Krieg hat Deutsch-

Feuilleton.

Der Armenarzt.
Fortsetzung.
„Es thut mir leid, Ihnen den Schmerz verursacht zu
haben. Ihnen, dem ich über Alles dankbar sein muß, denn
Sie sind es, der mich in jener Nacht gerettet hat. O," fuhr
er fort, „ich weiß es noch recht gut, ich wollte nicht mehr
spielen, das Ganze kam mir verdächtig vor, die eingesetzten
Summen verwandelten sich unter de» Händen der Spieler,
die Karten waren ja darnach eingerichtet."
Feldmann sprang auf, machte sich an seinem Sekretair
zu thun und hotte nach einigem Suchen die Karte gefunden,
welche AlphonS in jener Nacht krampfhaft in der Hand ge-
halten hatte.
„Diese Karte hielten Sie damals in Ihrer Hand,"
sagte er und hielt AlphonS die Karte hin.
„DaS ist einer von den Kniffen," sagte er, nahm die
Karte und öffnete mit dem Fingernagel die Seite derselben.
Die Karte bildete so eine kleine Tasche. „Sehen Sie," sagte
er zu Dr. Feldmann, „hier hinein wurden die größeren

Tresorscheine gelegt, und so kam cs, daß, wenn der Banquier
gewonnen hatte, die auf der Karte stehende Summe sich oft
verzehnfachte, denn den Schein hervorzuziehen, dazu gehört
etwas Taschenspielergeschicklichkeit und die besitzt fast jeder
Spieler von Profession. In jener Nacht bekam ich Streit
mit dem Banquier, ich hatte diese Manipulation, welche mir
bereits Summen gekostet hatte, entdeck»; da kam jene Sirene
auf mich zu, bot mir mit Schmeichelworten ein Glas Wein,
um die Aufregung zu dämpfen. Kaum hatte ich das Ge-
tränk genommen, als ich das Gedächtniß verlor, Alles wie
in einem Traum doppelt sah und nicdersank. Es muß irgend
ein teuflisches Gift in demselben enthalten sein."
Dr. Feldmann erkannte aus der Beschreibung, daß dcisi
Weine das Gift des Stechapfels zugesetzt sein mußü und
nun konnte er die Warnung begreifen, welche er unter der
Serviette gefunden hatte und die ihn bat, nichts von dem
Getränk und den Speisen anzurühen. Alles erschien ihm
wie ein wüster Traum. DaS Entsetzlichste aber war, daß
er da, wo er innig und wahr geliebt hatte, betrogen war,
wie vielleicht Niemand vor ihm.
„Ich danke Ihnen für Ihre Miithcilungcn," sagte Feld-
mann, „Sie geben mir einen Einblick in die Welt, welchen
ich bis jetzt nicht hatte." Dann fügte er hinzu: „Wenn ich

. Ihnen mit Rath und That beistehen kann, so wissen Sie,
daß Sie auf mich zählen können, ich selbst werde suchen, die
alte Frau zu besänftigen. Es soll mir eine Genugthuung
sein, an dem Glück Anderer bauen zu helfen, an einem Glück,
welches mir nicht beschicken."
AlphonS entfernte sich.
Feldmann blieb eine Weile allein.
Als der Doktor sich noch fast ausschließlich mit seiner
Wissenschaft beschäftigt hatte, als die ärztliche Kunst seine
einzige Geliebte war, da fühlte er sich glücklich. Jetzt aber
war er elend, denn er hatte ein Glück verloren, das er sein
eigen nannte, ihm hatte sich die Welt erschlossen, in seinem
Innern tagte es wie an einem Frühlingsmorgen, er hatte
sich wieder gefunden und die Liebe war der Schlüffe! gewesen,
ihm die Thore aufzuschlicßen, welche in die weite schön«
Natur führten. Ihm war zu Much gewesen wie einem
Gefangenen, dem die Fesseln abgenommen worden, der nach
langer Nacht endlich wieder das Sonnenlicht froh be-
grüßt; sie war es gewesen, die ihlt in das Wunderreich
des Lebens geführt hätte, in das Leben, welches die Liebe
verschönt.
(Fortsetzung folgt.)
 
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