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Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1874

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September (No. 103 - 115)
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https://doi.org/10.11588/diglit.33305#0439

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AmtsverLündigungsvlatt für den Mezirk Schwetzingen.

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Badische Hopsenzeitung.
Anzeiger für die badische und bayerische Rheinpfalz.

«o. 1VS.

Dienstag, 15. September 1874.

VIII. Jahrgang.

Inserate von Auswärts nehmen sür uns auch entgegen die Annoncen-Bureaux von Kaasenjlein L Mogler, Rudolf Wolfe und K. L. Daube L tzo., Süddeutsche Annoncen-Krpedition
von K. StöÄhardt in Franksurt, Stuttgart, Berlin, Leipzig, München, Wien, Zürich, Basel und Straßburg, sowie das ISger'sche Central-Bureaux für Inserate in Frankfurt a./M.

* Der Altkatlioliken Congreh und -er
„Badische Beobachter".
Mit seiner gestrigen Nummer hat der „Bad. Beobachter"
sein Referat über den Altkatholiken-Congreß in Freiburg ge-
schloffen und man kann somit jetzt im Allgemeinen überschauen,
welchen Eindruck die Versammlung ans unsere Ullramomanen
gemacht hat. Unter andern Umständen wäre es vielleicht
gewagt, nach den Berichten und Auslassungen des „Beob-
achters" eine Urtheil über die allgemeine Stimmung im
klerikalen Lager zu fällen; da aber einerseits der „Beobachter"
sich auf die Gesellschaft „Badenia", die schon dem Namen
entsprechend das ultramontane Gesammtbaden repräsentiren
soll, stützt, andrerseits die Caplanokratie — das treibende
Element der soalesia militaus — durch den Mund deS
Kaplans und Redakteurs, der in eigener Person die Eindrücke
in Freiburg zu sammeln geruhte, gesprochen hat, so wird
kein Zweifel sein, daß die gestern abgeschlossenen beobachter-
lichen Abhandlungen als maßgebend zu betrachten sind. Natür-
lich kann es nicht in der Absicht dieser Zeilen liegen, die
überaus naive und vielfach schülerhafte Darstellungsweise
beS „Beobachters", welche dadurch, daß sich der Verfasser
gegenüber Persönlichkeiten von größter Gelehrsamkeit und
europäischem Rufe als Generalpächter der Logik gerirt und
im Citiren geflügelter Dichterworte sehr munter ist, einen
höchst komischen Anstrich bekommt, zu kritisiren; wir wollen
ihm dies als „berechtigte Eigenart", wenn er will, gelten
lassen. Dagegen mag eS uns gestattet sein, den Gesammt-
eindruck, den die bnntaufgestutzten Referate Hervorbringen
müssen, zu charakterisiren. Die Ultramontanen wissen an
dem, was auf dem Congreffe gesprochen und verhandelt worden,
nichts Wesentliches auszusetzen, noch sind sie im Stande, in
wissenschaftlicher Weise das sie zunächst und am empfindlich-
sten Treffende zu widerlegen und so haben sie in gewohnter
Manier an den Persönlichkeiten genergelt oder an Kleinigkeiten
gezaust, über Wichtiges aber sind sie theils mit Schweigen,
theilS mit beliebten Wendungen weggegangen oder haben sich
mit schlechten Witzen darüber wegznhelfen gesucht. Doch
welches Resultat hat der aufmerksame „Beobachter" aus seinen
Betrachtungen über den Kongreß gezogen? „Besonders zwei
Dinge sind für mich bei diesen öffentlichen Versammlungen
(in die „Delegirten-Sitzungen „einzudringen" scheute sich der
Herr Kaplan) von großer Bedeutung. Ein Vergleich der
großen Anzahl der Versammlungsbesucher mit jener geringen
in der Kirche zeigt un§, daß der AltkatholicismuS nicht in
der Kirche selbst seinen Schwerpunkt hat (? !l. Zweitens
beliebten die Redner immer mit pikanten Anekdötchen, Klat-
schereien und Scandalgeschichten anfzuwarten, um bei ihren
Zuhörern Effekt zu machen. Von nichts wurde weniger ge-
sprochen, als von der Religion."
So das beobachterliche Resultat. Wenn der aufmerk-

same Beobachter nicht Aergeres und Schlimmeres herausge-
funden, so mögen sich die Altkatholiken bei einem solchen
Endurtheil spitzfindiger Gegner getrost beruhigen. Selbst-
verständlich kamen zu den Versammlungen, welche Nachmit-
tags stattfanden, viele Zuhörer aus der Milte und der obe-
ren Gegend des Landes, die Vormittags noch nicht in
Freiburg waren; ebenso selbstverständlich kamen nicht zur
Kirche die Angehörigen anderer Konfessionen, welche den
Gottesdienst ihrer Confessionen besuchten, aber doch für die
Bestrebungen der Altkatholiken Verständniß und Sympathie
haben und dies bei den Versammlungen allein in richtiger
Weise bethätigen konnten. Daß den Beobachter „Skandal-
geschichten und Klatschereien" sind, was andere denkende
Menschen „warnende Erfahrungen aus der Geschichte" nen-
nen, ist eine in allen Kreisen bekannte Thatsache. Die kleri-
kalen Versammlungen, welche von Ritter von Buß und Con-
sorten geleitet werden, brauchen durchaus keine Angst zu
haben, daß in wirklichen Klatschereien rc, ihnen von dieser
Seite Concurenz gemacht werde. Schließlich sei von nichts
weniger gesprochen worden, als gerade von der Religion !
Da gibt es ja ein vorzügliches Sprichwort von den Leuten,
die ihre Ehrlichkeit nimmer auf der Zunge tragen; wer
wirklich religiös ist, hat gewiß nicht immer das Wort „Re-
ligion" oder seine Religion auf den Lippen; es ist dies
eine alte und immer und wieder gemachte Erfahrung.
Wir aber haben die von Tausenden der Congreßbe-
sucher getheilte Ueberzeugung, daß der Altkatholizismus aus
tiefreligiösem Drange entstanden, daß der Freiburger Kon-
greß das aufs Neue bewiesen, daß der Durchschlag zum
Guten immer entschiedener und kräftiger sich zeige, und daß
gerade die Gegner durch ihr Gebühren die Wahrheit dieser
Thatsache auch den Zweifelhaften bekräftigen, wie dies auch
durch des „Bad. Beob." Berichte und Auslassungen in die-
sen Tagen geschehen ist!
Deutsches Reich.
Karlsruhe, 14. Sept. Ihre Königlichen Hoheiten
der Großherzog, die Großherzogin, der Erbgroßherzog, die
Prinzessin Victoria und Prinz Ludwig Wilhelm sind Sam-
stag den 12. d., Nachmittags, mittels Dampfschiff von Ror-
schach kommend, auf Schloß Mainau eingetroffen. Zum
Dienst bei Ihren Königlichen Hoheiten befinden sich die Hof-
dame Freiin v. Schönau, der Oberhofmarschall Freiherr v.
Gemmingen und der Flügeladjutant Major Frhr. v. Güter.
Montag 14. früh begab Sich Seine Königliche Hoheit
der Großherzog nach Donaueschingen zur Anwohnung des
letzten Manövers der 29. Division sowie zum Besuch der
Industrieausstellung und kehrte Abends nach Schloß Mai-
nau zurück.
— Durch Entschließung des Ministeriums des Innern
ist der bereits früher staatlich genehmigten Gemeinde der

A l tka t h o l i k c n in Epfen Hofen, Amts Bonndorf,
die dortige Pfarrpfründe, nebst dem übrigen örtlichen Kir-
chenvermögen zu ausschließlichem Genuß überwiesen worden.
— Aus Fr ei bürg wird gemeldet, daß in den letz-
ten Tagen dem dortigen Altkatholikenverein wieder 50 Per-
sonen beigetreten sind.
— In Villingen bewilligten der Gemeinderath
und Bürgerausschuß die Mittel zur längst beabsichtigten Um-
wandlung der dortigen fünfklassigen höheren Bürgerschule
in ein sechsklassiges Realgymnasium.
— In Offenburg hat die Frage der Erbauung
einer Gcwerbehalle, die wiederholt in dem Gewerbeverein
und in der Handelskammer erörtert wurde, eine neue Seite
gewonnen. Man geht nämlich, damit um, die Uebernahme
einer Landes-Gewerbeausstellung in Betracht
zu ziehen. Mit Erledigung dieser Frage wird diejenige der
Errichtung einer Gewerbehalle zugleich ihre Lösung finden.
Stuttgart, 15. Sept. Der „Staatsanzeiger" mel-
det: Der Generallieutenant von Suckow ist auf sein Ansu-
chen der Verwaltung des Kriegsministeriums enthoben und
mit der gesetzlichen Pension zur Disposition gestellt. In
Anerkennung seiner ausgezeichneten Dienstleistungen ist dem-
selben das Grobkreuz des Kronenordens v fliehen worden
Mit der Führung des Kriegsministeriums ist General Wundt
beauftragt.
Paverborn, 15. Sept. Das „Westphälische Volks-
blatt" meldet, dem Bischof Martin sei gestern Abend ein
Schreiben des Oberpräsidenten vom 7. ds. Mts. zugegan-
gen, welches ihn auffordert, binnen 10 Tagen sein Amt
als Bischof niederzulegen, widrigenfalls beim Gerichtshöfe
für kirchliche Angelegenheiten in Berlin Anklage auf Ab-
setzung erhoben werden würde.
Bonn, 13. Sept. Zu den morgen hier beginnenden
Unionskonferenzen von Theologen aller christlichen
Bekenntnisse ist bereits eine namhafte Anzahl von Mitglie-
dern eingetroffen. Stiftspropst v. Döllinger hat als Gast
bei dem Bischof Reinkens Wohnung genommen.
Friedberg, 13. Sept. Der Kronprinz des Deut-
schen Reichs ist gestern Abend nach Kassel, der Kaiser heute
Vormittag 10 Uhr mittelst Extrazugs nach Hannover abge-
reist. Der Kaiser fuhr mit dein Herzog an die Bahn, wo-
selbst die hessischen Prinzen und das Offiziercorps zur Ver-
abschiedung versammelt waren.
Kassel, 13. Sept. Der Kaiser ist auf seiner Rück-
reise von Friedberg um 12V» Uhr Mittags hier angekom-
men und wurde von der Kronprinzlichen Familie sowie den
Spitzen sämmtlicher Behörden begrüßt. Im Fürstensaale
des Bahnhofes wurde das Frühstück eingenommen. Der
Kronprinz und die Kronprinzessin begleiteten den Kaiser
nach Hannover.
Berlin, 14. Sept. Die „Nordd. Mg. Ztg." ver-

Aer Armenarzt.
Fortsetzung.
„Emilie!" rief der Vater entsetzsi „Du hast mir unver-
brüchliches Schweigen gelobt."
„Ich habe auch geschwiegen,," antwortete sie. „Woher
Dr. Feldmann die näheren Umstände weiß, ist mir ein Räthsel.
Er ist aber von Allem unterrichtet. Nun ist die Zeit ge-
kommen, welche uns Beide trennt; schon seit jener Nacht,
als der Jüngling sterbend dalag," und ihre Stimme nahm
einen drohenden Ton an, „sterbend von dem Trank, den ich
ihm reichte, ist eine Veränderung in unserm Verhältniß ein-
getreten. Du wirst Dich erinnern, daß ich nicht mehr die
willfährige Helferin Deiner Handlungen war, nun aber ist
es mir wie Schuppen von den Augen gefallen. Ich bin
Dein Kind nicht mehr, ich will es nie gewesen sein. Wie
könnte ein Vater wohl seine Tochter zwingen, die Genossin
seiner Schändlichkeiten zu sein, Du bist mein Vater nicht
mehr, ich bin Deine Tochter nicht mehr."
Emiliens Vater verlor einen Augenblick seine Fassung.
„Ich weiß Alles," nahm jetzt Feldmann das Wort,

„und begreife jetzt vollkommen, weshalb mir Alles in jener
Nacht ängstlich verborgen wurde. Der Zufall wollte, daß
ich mit dem jungen Mann bekannt geworden bin, für den
in jener Nacht meine Hülfe in Anspruch genommen wurde.
In seiner Hand befand sich eine Karte mit eigentümlicher
Einrichtung; die Symptome, unter welchen ich ihn antraf,
deuteten auf die Darreichung eines starken DetäUbungsmittcls.
Es liegt also Material genug vor, welches Sie mit der
Staatsanwaltschaft in Konflikt bringen würde, sobald Jemand
es der Oeffentlichkeit übergiebt. Sie haben von meiner Seite
nichts zu fürchten, ich will weder Sie noch meine Braut
compromittiren. Ich verlange nur, daß Sie sich dem Willen
Ihrer Tochter fügen und sich nicht mehr als Emiliens Vater
betrachten."
„Ich kann mein Kind nicht verlieren," rief Emiliens
Vater, „sie ist meine rechte Hand."
„Ich war Deine rechte Hand," sagte EMie, „die Zeiten
sind vorbei."
„Emilie," rief ihr Vater- „kannst Du so hart, so grau-
sam sein?"
Eine peinliche Stille trat ein.
„Nein," rief Emilie plötzlich „ich kann nicht vergessen,
daß Du mein Vater bist, aber eben Var einem Augenblick

häufte sich Alles, was ich erduldet, zusammen und dieser
Augenblick voll Weh und Leid ließ mich so reden. Die
Gemeinschaft, wie früher, ist aber vorbei. Dann will ich
ganz wieder Deine Tochter sein, wenn Du mir versprichst,
nie wieder eine Karte anzurühren."
Emiliens Vater antworte nicht.
„Versprichst Du es mir?" fragte sie dringend, „sühne
die Vergangenheit, denn es zeigt sich uns ein neues Leben."
Einen Augenblick kämpfte Emiliens Vater mit sich.
„Ich kann Dich nicht verlieren," flüsterte er, „ich wäre
ganz verloren, wenn ich mir sagen müßte, daß mein Kind
mich nicht mehr kennt."
„Nun wohlan," sagte Eniilie, „hier, dieser da," und
sie deutete auf Feldmann, „hat mich dem Leben wiedergegeben,
was er sagt, soll geschehen, er. soll unser Leiter, unser Hort
in Zukunft sein. Willst Du mir versprechen, ihm zu ver-
trauen?"
Feldmann streckte Emiliens Vater die Rechte ent-
gegen.
„Schlagen Sie ein," sagte er, „und lassen Sie
uns das Vergangene vergessen, eS beginnen nun neue
Tage."
(Fortsetzung folgt.)
 
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