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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1874

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Mai (No. 52 - 63)
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https://doi.org/10.11588/diglit.33305#0219

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Arntsverkündigungsölalt für den Aezirk Schwetzingen.
Badische H o p s e n § e i t u n g.
Allgemeiner Anzeiger für die badische und bayerische Rheinpfalz.


Dienstag, 12. Mai 1874.

VIII. Jahrgang.

Inserate von Auswärts nehmen für uns auch entgegen die Annoncen-Bureaux von Kaasenssein L Dogker, Itudokf Masse und K. cs. Z>anöe L Go., die Süddeutsche Annonccn-Krpcdition
von H. Stöckhardt in Frankfurt. Stuttgart, Berlin. Leipzig, München, Wien, Zürich, Basel und Straßburg, sowie das Jägerische Central-Bureaux für Inserate iy, Frankfurt a./M.

Neueste Post.
ZZerkin, 9. Mai. Von amtlichen Kreisen wird ver-
sichert, daß der ganze Thatbestand, auf welchem die Pariser
Korrespondenz der „Times" vom 5. d., betreffend Eröffnungen
des Fürsten Bismarck an den König Vüior Emanuel beruht,
eine dreiste Erfindung ist, mit dem Zwecke, die Friedensliebe
Deutschlands zu verdächtigen.
Stuttgart, 8. Mai. Die Trauung des Herzogs
Eugen von Württeniberg und der Großfürstin Vera hat
heute Mittag im königl. Schlosse in Anwesenheit des Kaisers
von Rußland und der andern hohen Festgäste stattgefunden.
Morgen findet zu Ehren des Kaisers Alexanders einen Revue
auf dem Cannstadter Felde statt.
Wiesbaden, 9. Mai. Kaiser Wilhelm ist heute Vor-
mittag 10^/4 Uhr in bestem Wohlsein hier eingetroffen. Der
Kaiser fuhr im offenen Wagen durch die reich beflaggte Stadt
nach dem Schloß, überall mit Hochrufen und Blnmenspenden
der Bevölkerung begrüßt.
H^aris, 9. Mai. Der „Agence HavaS" wird gemeldet, die
Carlisten seien mit starker Streitmacht in die Nähe Bilbaos
zurückgekehrt und hätten die Straße nach Galacomo besetzt.
General Concha habe den Vormarsch eingestellt, um die
Armee zu verprovianttren.
Madrid, 8. Mai. Ans eine Anfrage Becerras erwi-
derte Serrano, daß er die Versöhnung der Parteien wolle.
Er verlange nur eine Frist von acht Tagen, um über die
beste Lösung der obschwebenden Differenzen mit sich zu
Ra»he zu gehen. Für das neu z» bildende Cabinet stehen
Zabala, Tovete und Castelar im Vordergründe. — Bilbao
ist vollständig verproviantirt. Gerüchtweise verlautet, daß
der Carlistenführer Velasco durch seine Soldaten ermordet
ist. Einer der beiden Carlistenführer, Cucala, ist an den
Wunden, die er in dem neulich gelieferten Gefechte erhalten,
gestorben.
Badischer Landtag.
- Karlsruhe, 8. Mai. Zur heutigen Wiedereröffnung
der LandstLnde hatten sich in der 2. Kammer die Mit-
glieder derselben zahlreich eingefunden. Das Präsidium
führte Herr Kirsuer.
Gegen halb 12 Uhr eröffnete der Präsident die
Sitzung mit einer Ansprache, worauf verschiedene Urlaubs-
gesuche erledigt wurden.
Eingekommen sind: Bitte der Gemeinden des Bezirkes
Ueberlingen, die Aufhebung der Vorausbeträge betr., von
Urnau, Adelsrenthe Hornberg, Ahausen, Degaenhause»,
Wettenhofen, Untersiggingen, Roggenbeuern, Lippertsreuthe,
Altheim, Bambergen, Tüfingen Mimmenhausen, Mülhofen,
Grasbenern, Bermatingen, Oberstenwehr, Mittenweiler,
Neufrach, Buggensegel, Salem, Weildorf, Beuren, Leu-
stetten, Frichingen, übergeben von dem Abgeordneten Heilig.

Bitte verschiedener Brauer und Wirthe des Bezirks
Rastatt, die Errichtung einer Eichanstalt in Gaggenau
betr., überg. von dem Abg. Bickel.
Bitte der Vertreter der evang. Kirchengemeinden
Söllingen, Wilferdingen und Pforzheim um Gewährung
eines kirchlichen Umlagegesetzes, eingel. beim Sekretariat.
Bitte mehrerer Bewohner von Edingen um Strich
ihres Namens von der Liste der Altkatholiken, überg. von
dem Abg. Förderer.
Staatsministcr Dr. Jollp legt nun vor einen Ge-
setzentwurf, betreffend die Rechtsverhältnisse der an höheren
Lehranstalten angestellten Bolksschnllehrer.
Die Tagesordnung führt nun ans Berathung von
Petitionsberichtcn:
1) Bitte des W. Wcrntgen von Karlsruhe Namens
der Erben des Johann Leister von Geroldsau, Zwangs-
abtretung eines Wiesenstücks au den Badfonds und Ent-
schädigung betr.
Berichterstatter ist der Abgeord. Schmitt (Konstanz).
Antrag: Uebergang. zur Tagesordnung. Angenommen.
2) Bitte der Gemeinderäthe zu Obergimpern und
Daudenzell um Befreiung von der ferneren Verwaltung
der Pfarrzehntablösungskapitalien.
Berichterstatter: Abg. Schmidt (Konstanz). Antrag:.
die Bitte als Motion des Hauses in sofortige Berathung
zu ziehen.
Der Abg. v. Feder macht geltend, daß der Gegen-,
stand, obwohl im Hause schon mehrmals zur Sprache ge-
kommen, doch nicht bekannt genug sei, um eine sofortige
Berathung zu ermöglichen. Der Redner wünscht deßhalb,
die Motion solle an eine Kommission verwiesen werden,
damit diese Berichte erstatte und Anträge stelle, v. Feder
stellt mit genügender Unterstützung einen dahin zielenden
Antrag, welcher angenommen wird.
3) Bitte der Gemeinderäthe des Amtsbezirks Meß-
kirch mn Abänderung des 8- 134 des Forstgesetzes vom
1. Mai 1834.
Berichterstatter ist der Abg. Bengel. Antrag: Ueber-
weisung der Bitte an die Regierung zur Kenntnißnahmc.
Angenommen.
Damit ist die heutige Tagesordnung erschöpft und
wird die Verhandlung geschlossen.
Nächste Sitzung Dienstag, Vormittags 9 Uhr. Tages-
ordnung: der Bericht des Abg. Bär über die Rechtsver-
hältnisse der Altkatholiken.
Aus Stadt und Land.
Keideköerg, 9. Mai. Bezüglich der Stellung der
R h e i n i s ch e n C r e d i t b a n k zu dem B a n k h a n s G e -
b r ü d e r Z i m m ern hier sind verschiedene Gerüchte in
Umlauf. Wie wir aus bester Quelle erfahren, ist eine Ueber-
nahme des Geschäftes der Firma Gebr. Zimmern Seitens

der Rh. Kreditbank bis'zur Stunde nicht erfolgt, eben so'
ist dieselbe nicht Gläubiger jener Firma. Vor Ausbruch der
Gant wurden wohl Verhandlungen wegen Uebernahme des
Geschäfts geführt, welche jedoch zu keinem Resultat gelang-
ten, da die zur Einsicht vorgelegten Schriftstücke rc. keinen
vollkommen zufriedenstellenden Ueberblick gewährten. Die
Rheinische Kreditbank Mannheim hat sich zur Unterstützung
bei der Abwicklung des fraglichen Geschäfts dem Massen-
pfleger augcboten und wird in Verbindung mit diesem die
neu zugehenden Geschäfte für sich anfnehmen. Das heraus-
gegebcne Zirkulär der Creditbank ist an die Kundschaft der
Firma Zimmern gerichtet und lade! dieselben ein, ihre Ge-
schäfte nun mehr auf sie zu übertragen.
GerichLszeitung.
Schwetzingen, 9. Mai. Bei der am Freitag,
den 8. Mai d. Zs. stattgehabten öffentlichen S chöffenge-
richtssitzuiPg(,.in welcher die Herren, Landwirth Abra-
ham Renkert und Gr. Notar Hochstetter dahier als Schöffen
fnngirten, kamen folgende Falle zur Aburtheilung. 1) Jakob
9WH von Altlußheim wurde wegen Beleidigung mit
einer Geldstrafe von 19 Thalern belegt. 2) Hermann
Röhr von Ketsch wurde von der Anklage der Belei-
digung freigesprochen, jedoch er und die Ankläger
Azohamr und Balthasar Keilbach von Ketsch zur Tragung
de,r Kosten verurtheilt. 3) Peter Ludwig Ehefrau von
Neckarau wurde-wegen Beleidigung des Valtin Orth von
da mit einer Geldstrafe von zwei Thalern belegt. 4) Karl
Köhler von Friedrichsfeld erhielt wegen Körperverletzung
eine Gefängnißstrafe von 14 Tagen. 5) Jakob Hardung II.
von hier wurde wegen Diebstahls mit zwei Tagen Ge-
fängnis; bestraft. 6) Anna Maria Rausch von Plankstadt
wurde von der Anschuldigung des Diebstahls und von
den Kosten freigesprochen. 7) Heinrich Rnpp von Neu-
lußheim erhielt wegen Körperverletzung eine Gefängniß-
strafe von 6 Wochen. 8) Franz und Philipp Probst von
Friedrichsfeld wurden von der Anschuldigung der Körper-
verletzung freigesprochen, dagegen Josef Müller Wegendes
gleichen Vergehens zu -drei Tagen Gefängnis; verurtheilt.
9) Die Anklage gegen Paul Haag von Ketsch wegen
Ruhestörung wurde, da der Angeklagte sich dem Erkennt-
niß des Gr. Bezirksamts dahier unterwerfen, zurückgenommen.
Mannheim, 8. Mai. (Strafkammer.) 1)
Georg Kemps von Sandhofen wurde von der Anklage
eines Gelddiebstahls freigesprochen.
2) Katharina Gros von Frankenthal erhielt wegen
im Rückfall verübten Diebstahls 1 Jahr Gefängniß.
3) Christian Hartmann von Schwetzingen, Reisen-
der des Hauses Seemann in Mainz, wurde wegen Unter-
schlagung von Geldern zum Nachtheile seines Dienstherrn
mit 5 Monaten Gefängniß bestraft.

Feuilleton.
Aer Armenarzt.
Roman aus dem Leben einer großen Stadt
von I. Steinmann.
Fünftes Kapitel.
Das Me-aillonportrait.
(Fortsetzung.)
Die allerliebste Taille wurde von einer blauseidenen
Schärpe umfaßt, ihr Kopfputz bestand ans einer weißen
Camelie, die in der prachtvollen Fülle natürlicher Locken
auf der linken Seite befestigt war.
Eva erschrak, als sie in den hell erleuchteten Saal trat
und die vielen Menschen erblickte. Es verschwamm alles
vor ihren Augen zu einem verworrenen Chaos. Das Ein-
zigste. was sie genauer unterschied, war der Mnchoirquast
an Madame Behrens Beduine, dem sie willenlos wie ein
Schlachtopfer folgte, bis Madame Behrens mit einer förmlich
Überzuckerten Stimme, aber mit Würde sagte:

„Bitte, liebe Kinder, setzt Euch!"
Als sie saßen, klärte sich Alles vor Eva's Blicken auf
und sie sah vor sich auf der Erhöhung den ganzen Club
„Amphion" mit glänzend geputzten Instrumenten. Auch den
Cousin Christian erkannte sie unter den Musikern.
Dann trat ein Mann mit einem kleinen Stabe vor.
Der klopfte auf sein Notenpult, Cousin Christian setzte sein
Althorn an den Münd und die Klänge der bevorzugten Ouver-
türe zu „Dichter und Bauer" braus'ten durch den Saal.
Das mußte man dem „Amphion" lassen, seine Lungen
schonte er nicht.
Eine Nummer des Programms folgte der andern — Alle
wurden stürmisch applcmdirt.
Der „Amphion" schwammm in einem Meer von Wonne,
trotz der Worte seines strengen Dirigenten.
Endlich war das Concert aus, die Stühle wurden weg-
geräumt, der Kapellmeister batte sich zum Trinken niederge-
setzt — ein sicheres Zeichen, daß das Concert wirklich zu
Ende war — und manches kleine Herz schlug lebhafter und
dachte: Werde ich sitzen bleiben beim ersten Tanz? Wird
Er kommen und mit mir tanzen ? Ach, das wäre zu himmlisch.
Ja, solche Pause vor dem Tanzen ist erschrecklich auf-
regend für das Gemüth eines jungen Mäochens.

Madame Behrens saß mit ihren Schützlingen an der
rechten Seite des Saales. Ihr Blick mußte unwillkürlich
auf die gläserbesetzte Schenke fallen, vor der sich die jungen
Männer schaarenweise drängten, um sich gebührendermaßen
zu „stärken" für die folgende Arbeit des Tanzens.
Auch der Cousin Christian hatte seine Schritte hierher
gelenkt. Es war ihm nicht schwer, Tänzer für die drei
jungen Mädchen zu finden, denn diese waren entschieden die
Niedlichsten unter den versammelten Balldamen.
Es dauerte auch nicht lange, bis Cousin Christian mit
drei „Herren" kühn durch den Saal voltigirte und die Beh-
rens'schen Damen mit Sturm einzunchmen drohte.
Madame Behrens lächelte hold bei diesem Anblick.
Clara und Mathilde schlugen die Augen sittsam nieder,
aber im Innern jubelten sie: „Gott sei Dank, den ersten
Tanz hätten wir."
Eva dachte gar nichts und als ihr „Herr Trcller" vor-
gestellt ipurde und dieser sie um die Ehre des „ersten" bat,
erinnerte sie sich einer Wachsfigur, die sie einmal gesehen
und die gerade solche Flachsperücke hatte, wie der vor ihr
stehende junge Mann, der einen Neigungswinkel von etwa
dreiundzwanzig Grad vor ihr beschrieb.
(Fortsetzung folgt.)
 
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