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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1874

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Dezember (No. 142 - 154)
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https://doi.org/10.11588/diglit.33305#0575

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Amtsveriuindigungsölatt für den Aezirk Schwetzingen

Badische H o p se n ^ e i 1 u n g.

Allgemeiner Anzeiger für die badische und bayerische Rheinpsalz.
Ao. 144. Samstag 5. Dezember 1874. —----- Jahrgang.
Jnsernte v»n Auswärts nehmen für UN« auch entgegen die «nnoncen-Bureaux von Aaasenstetn » Jogker, Andolf Masse und K. /. AauSe L Ka., Süddeutsche Annonceu-Srpedtti«»
von G. -ttckhardt in Frankfurt, Stuttgart, Berlin, Lipzig, München, Wien, Zürich, 'Basel und Straßburg, sowie da« ASger'sche Eentral-Bureaur für Inserate in Frankfurt ,./M.

' Wochenschau.
Schwetzingen, 3. Dezember.
In den drei Arbeitswochen, welche dem Reichstage bis
zum Anfänge des Weihnachtsfestes noch zu Gebote stehen,
wird derselbe Mühe haben, das nothwendigste Pensum hin-
ter sich zu bringen, und die Reichslagsmitgliedcr fangen
schon an, sich auf ein Wiedersehen nach Neujahr einzurich-
tcn. Dagegen darf man sicher darauf rechnen, daß etwa
14 Tage nach dem neuen Jahre das Budget zum Abschluß
gebracht sein wird und die anderen kleineren Gesetze mitt-
lerweile auch zur Abwicklung gelangt find. Zweifelhaft kann
e» sein, ob das Gesetz über Naturalleistungen in Friedens-
zciten schon diesmal glücklich den Hafen erreicht. Die
Kriegsverwaltung in Berlin findet sich mit den bestehenden
Vorschriften gut zurecht, und die süddeutschen Reichstag« Mit-
glieder tragen kein dringendes Verlangen, für ihre LandeS-
angehörigen die bisher bestehenden höheren Vergütungen
durch die niedrigen Ansätze der Vorlage zu beseitigen. Muß
man wirklich, wie es den Anschein hat, darauf verzichten,
schon dieses Mal das Einquartierungswesen in seiner Ge-
sammtheit einheitlich zu regeln — von einer Herübernahme
der norddeutschen Bestimmungen für Bayern verlautet noch
nichts und die Unterhandlungeil darüber fahren fort, zu
schweben —, so ist nicht abzusehen, weshalb der ganze Ge-
genstand nicht auf eine spätere Zeit vertagt werden kann.
ES wäre nicht der Mühe werth, um dieser unvollständigen
Regelung willen die Reichstags-Session zu verlängern. Ein-
flußreich für diese Frage ist dagegen der andere Umstand,
wie weit etwa Mitte Januar die Verhandlungen wegen des
Bankgesetzes gediehen sein werden. Nimmt man dann mit
Grund an, daß nach Schluß oder gegen Schluß der preu-
ßischen Landtags-Session die Angelegenheit für das letzte
entscheidende Wort des Reichstags reif sein wird, so kann
man immerhin noch einige andere Sachen bei der Gelegen-
heit legislativ ordnen und den Reichstag jetzt um so früher
vertagen. Augenblicklich steht im Vordergründe des Inte-
resses in staats» und volkswirthschaftlichen Kreisen die Frage,
ob auch die Reichsbank kontingentirt werden soll oder nicht?
Die Gegner der Kontingentirung haben, trotz der Erklärun-
gen von Camphausen, Lasker, Siemens rc., die bei der ersten
Lesung abgegeben wurden, ihre Hoffnungen und Anstreng-
ungen noch nicht aufgegeben.
Die Matrikularbeiträge sind namentlich für die kleine-
ren Staaten, welche keine bedeutenderen Städte mit ansehn-
lichem Steuerkapital in ihrer Mitte zählen, sehr drückend.
Die Ungerechtigkeit springt sofort in die Augen, wenn man
z. B. vergleicht, daß die reiche Handelsstadt Bremen kaum
mehr an das Reich zu bezahlen hat, als das ganze länd-
liche Fürstenthum Lippe. Den Theoretikern, welche schon

längst die Einführung einer sich nach der Steuerkraft rich-
tenden Reichssteuer verlangten, hat sich nun eine Stimme
aus der Praxis beigesellt, welche für die Förderung der
Sache vielleicht schwerer wiegt als jene. Bei Feststellung
der Matrikularbeiträge für 1875 im Bundesrathe erklärte
sich der großh. hessische Bevollmächtigte beauftragt, rücksicht-
lich der fiMH-poliiisch bedenklichen Steigerung der Matri-
kularbeiträge dem. dringenden Wunsche Ausdruck zu geben,
daß noch vor Aufstellung des Budgets für 1876 auf neue
Finanzquellcn des Reichs ernstlich Bedacht genommen werde.
Dieser Wunsch ist nur zu gerechtfertigt; weniger beifällig
dürften die beigefügten Steuerprojekte aufgenommen werden.
Der Redner bezeichnete als solche die Tabakssteuer und den
Zoll auf Mineralöle, Biersteuererhöhung, Reichsgewerbe-
steuer und eine umfassende Reichsstempelsteuer; nur die zweit-
letzte dürfte zu empfehlen sein.
Eine bemerkenswerthe Folge der verminderten Auswan-
derung nach Amerika ist die gegenwärtige Krisis der deut-
schen Dampferlinien. Dieselben waren schon vor einiger
Zeit in der Lage, den Paffagepreis für das Zwischendeck
von 45 auf 30 Thaler herunter zu 'etzen und machen ein-
ander dermaßen Schmutzkonkurrenz, daß man fürchtet, sie
würden in gemessener Frist sammt und sonders dem Ham-
mer verfallen. Der „Weser-Ztg," wird aus zuverlässiger
Quelle mitgethcilt, daß der Vorsitzende des Norddeutschen
Lloyd in Bremen, Hr. Konsul H. H- Meier, persönlich in
Hamburg gewesen sei, um eine Vereinbarung der drei deut-
schen DampfschifffahrtSgesellschaften herbeizuführcn. Jede der
beiden Hamburger Gesellschaften habe ihre Geneigtheit zu
erkennen gegeben, mit dem Nordd. Lloyd Hand in Hand
zu gehen; an dem gegenseitigen Verhältnisse der beiden er-
steren zu einander hätten sich aber die Bemühungen zer-
schlagen.
Ein merkwürdiges Beispiel hierarchischen Hochmuths
hat der Dekan LcwandowSki in Lubasch, Kreis Czarnikau,
bei seiner gerichtlichen Vernehmung über die Fragen, betreffs
des geheimen Delegaten gegeben. Er antwortete auf
sämmtliche Fragen ausweichend, und als er von dem ihn
vernehmenden Richter aufgefordert wurde, seine Aussagen
zu beeidigen, erwiderte er trotzig: „Einen Eid verlangen
Sie von mir? Nein, den werden Sie nicht erleben! Ich
weiß, was mich treffen kann; aber, obwohl ich .von Arbeit
geschwächt und im Dienste der Kirche ergraut bin, so werde
ich doch mit Resignation Geldstrafen, Gefängniß, Verban-
nung und, wenn eS sein muß, den Tod ertragen, aber vor
einem weltlichen Beamten werde ich keinen Eid leisten. Sie
mögen diese meine Erklärung ins Protokoll aufnehmen."
Dieser Geistliche glaubt sich also über die Verpflichtung
eines jeden Staatsbürgers zum Zeugeneide einfach hinwcg-
setzen zu dürfen.

In einer Vorbesprechung österreichischer Abgeordneter
wurden von den Rednern als Mittel zur Linderung der
wirthschaftlichen Nothlage empfohlen: Bau von Eisenbahnen
durch den Staat, Urberlassung der Plätze der aufzuhebenden
Wiener Linienwälle an die Kommune, ferner die Aufnahme
einer Staatsanleihe zu Bauten von Schulen, Gemeindehäu-
sern, Spitälern und Straßen. Man konnte sich jedoch über
keinen dieser Vorschläge einigen. Brestel und andere Redner
sprachen sich gegen jede Hülfe des Staates aus.
Die französische Nationalversammlung ist am Montag
ohne Sang und Klang zusammengetreten und hat ihre
Mitglieder in die Abtheilungen verlooSt. Die Wahl deS
Präfidcnlen, wofür wieder Buffet in Aussicht war, wurde
auf Dienstag verschoben. Mac-MahonS Botschaft wird erst
Mittwoch oder Donnerstag verlesen werden — um das omi-
nöse Datum des napoleonischen Staatsstreichs vorübergehen
zu lassen!
Der äußersten Rechten soll ein Brief des Grafen
Chambord mitgetheilt worden sein, worin derselbe seine An-
hänger auffordert, nichts zu thun, was die Wiederherstellung
der Monarchie verhindern könnte.
Marschall Serrano wird, wie in Madrid circuli-
rende Gerüchte besagen, schon am nächsten Sonnabend, den
5. d., mit 10,000 Mann nach dem Norden gehen, um sich
an die Spitze der Armee zu stellen. Weitere 10,000 Mann
sollen sofort Nachfolgen. Im Interesse der spanischen Re-
publik wäre es jedenfalls zu wünschen, daß sich diese Nach-
richt bestätigte. Serrano ist kein sonderliches militärisches
Genie. Aber was ihm an letzterem fehlt, ersetzt er im Ver-
gleich zu Moriones, Laserna und anderen Heerführern durch
seine Stellung. Serrano ist besser als seine Generale im
Stande, die HülfSmittel Spaniens für sich flüssig zu machen,
er braucht weiter nicht zu fürchten, daß seine Fcldzugspläne
durch Gegenbefehle von Madrid durchkreuzt werden, wie dies
z. B. kürzlich dem General Laserna passict ist, als er bei
Jrun lag. Indessen — die Dinge in Spanien sind unbe-
rechenbar. Nach allen Erfahrungen der letzten Jahre ist
man sicherlich berechtigt, auch daran zu zweifeln, daß Ser-
rano ebensowenig wie seine Vorgänger den Carlisten den
Todesstoß zu versetzen im Stande sei), wird.
Der „Times" wird aus Konstantinopel telegraphirt,
daß, obgleich die Pforte ihren Suzeränelätsrechten über die
Donaufürstenlhümer nicht entsage, doch eine befriedigende
Lösung.der Fragen Betreffs der rumänischen Konventionen
bevorstehe. Dank den freundschaftlichen Bemühungen Eng-
lands bei den betheiligten Mächten.

Feuilleton.
Pie Waßen.
(Fortsetzung.)
Am Abend vor dem entscheidenden Tage wollte Frau
von Ribisre eine Promenade auf dem Meere machen. Man
bestieg ein Schifferboot und stieß auf die hohe See. Am
Morgen war die Hitze erstickend gewesen, aber um drei
Uhr erhob sich ein leichter Wind und erfrischte die Atmo-
sphäre.
Die hinauSschweifcnden Blicke konnten weiter nichts ent-
decken, als eine unendliche Wasserfläche. Rechts bemerkte
man Saint-Mandrier, Tamaris, Six-FourS, die ganze Küste,
der nichts an poetischer Schönheit gleicht. Der blaue Himmel
begann sich zu färben, im Westen sah man ein Purpur- und
Flammenbett, in das die Sonne nicderstieg, majestätisch und
sicher ihres morgenden Aufgangs.
Der kleine Ausflug hatte ungefähr eine Meile im
Meer umfaßt. Diese erhabene Scene hatte in -Frau von
Ribisre ein frommes Gefühl erweckt. Sic sagte sich, daß
der Schöpfer dieser großen Wunder, den Schwachen,
de» Unglücklichen, den Unschuldigen nicht verlassen würde.

Bei einer Biegung bemerkte man vom Boote aus den
Hafen von Toulon, die Gebäude des Arsenals, alle Details
des menschlichen Lebens und Leidens beim Anblick der un-
endlichen Schönheiten des Himmels und der Erde. Frau
von Ribisre hatte ein kleines Fernrohr mitgenommen. Marie
bemächtigte sich desselben mit kindlicher Lebhaftigkeit. Bei
jeder neuen Entdeckung stieß sie einen Schrei der Ueberraschung
und Freude aus. Die Quais, die Häuser, die Matten, die
Schiffe paflirten der Reihe nach vor diesem Glase. Plötzlich
rief Mari .
„M< ,a, was sind das für rothe Männer, welche ich
auf den l ken rudern sehe?"
„Es nd Galeerensträflinge," antwortete ihre Mutter,
das Auge uf Susanne gerichtet.
„Ga rensträflinge! Und was machen die?"
„Sii arbeiten, zur Strafe für ihre Fehler, ihre Ver-
brechen."
Während dieses kurzen Gespräches verlor Frau von
Ribisre Susanne nicht aus den Augen. Diese hatte
Marien auf ihre Kniee genommen. Es war unmöglich,
zu bemerken, ob Susanne etwas verstanden, oder ob sie sich
wie gewöhnlich ihrer natürlichen Zärtlichkeit für Marie
hingab.

„Wir wollen morgen hingehen," sagte Frau von Ribiöre
zu ihrer Tochter, „und sie besuchen."
„Um sie zu trösten?" sagte das Kind, dessen naive Neu-
gier sich in sanftes Mitleid verwandelte.
„Ja, um sie zu trösten," sagte die Mutter, immer Su-
sanne anblickend, die in ihrem Stillschweigen beharrte.
„Lazare, es ist spät, kehren wir nach Carqueirannne
zurück!" sagte Frau von Ribisre zum Schiffer.
Sie dachte ohne Zweifel, daß diese Vorbereitung für
heute genügend sei.
5.
Frau von Ribisre wurde am andern Tage im Arsenal
mit ganz besonderer Auszeichnung empfangen. Ungeachtet
ihrer natürlichen Schüchternheit und bescheidenen Stellung
als Frau eines Beamten in einer kleinen Stadt, hatte man
für sie Aufmerksamkeiten, wie für eine große Dame. Sie
theilte sich indeß die Ehre nicht zu, sondern schrieb einen
großen Theil den Umständen bei, welche sic hierhergeführt
hatten und hauptsächlich der Anwesenheit Susannens.
Es wurde mit dem Commiffär die Verabredung'getroffen,
daß man nach dem gewöhnlichen Spaziergang durch die Säle
des Arsenals Marie, um sie zu amüsiren, in das Magazin
 
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