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»ichcntlich »rei Mal:
Lienstag, Donnerstag!
und Gamfiag.
Alle Postanstalten
«nd Boten nehmen
Bestellungen an.
Mwchinger Wochenblatt
Viertelj. Abonnement
Für'» Wochenblatt bl k
Unterhaltungsblatt IS kr.
Inserate
bie viergespaltene
Petitzeile ober beren
Raum 4 kr.,
Garmonbreile k kr.
Amtsverkündigungsvkatt für den Aezirk Schwetzingen.
Badische Hopscnzeitung.
Allgemeiner Anzeiger für die badische und bayerische Rheinpsalz.
No. 141.
Samstag 28. November 1874.
VIII. Jahrgang.
Inserate von Auswärts nehmen für uns auch entgegen di- Annoncen-Bureaux von Kaasenffein L Magrer, Rudolf Waffe und K. L. Mauve L Ko., Süddeutsche Auuouceu-Krpeditien
von K. StüLhardt in Frankfurt, Stuttgart, Berlin, Lipzig, München, Wien, Zürich, Basel und Straßburg, so.»', das ASger'sche Central-Bureaux für Inserate in Frankfurt a./M.
Bestellungen
Badische Hopfenzeitung, für dx,, Monat Dezem-
ber nehmen noch alle Postanstalten, sowieTaschenboten und
ZrilungSträger entgegen.
* Wochenschau.
Schwetzingen, 26. November.
Die formelle Behandlung der Justizgesetzvorlagen wird
in einer Besprechung von Vertretern sämmtlicher Fraktionen
berathen werden. Die Entscheidung darüber ist natürlich
zunächst Sache des Reichstages, dem nach der neulich ge-
machten Erfahrung der Präsident sich wohl hüten wird auch
nur dem Scheine nach vorzngreifen. Die Entscheidung des
Reichstage« ist in so weit durch die Zustimmung des Bun-
deSrathr zu ergänzen, als die in Aussicht genommene große
Kommission (man spricht von 35 Mitgliedern) sowohl zwi-
schen der gegenwärtigen und nachfolgenden RcichStagS-Session
ihre Arbeiten fortsetzen, als auch in dieser nachfolgenden
ihr Mandat behalten soll. Bekanntlich sind bi« jetzt die
Arbeiten einer Kommission, über welche nicht in derselben
Session, der sie ihre Entstehung verdankt, vom Reichstage
beschlossen wurde, rechtlich nur „schätzbare» Material" und
die formelle Arbeit mußte mit jeder neuen Session aufs
Neu» beginnen. Man erwartet schon in den allernächsten
Tagen das volle Einverständniß zwischen Reichstag und Ban-
deSrath über diese Angelegenheit der Geschäftsführung, welche
in einem kurzen Gesetzentwurf zum Ausdruck gelangen wird.
Die Bankgcletz-Kommission hat Samstag Abend eine
Sitzung gehalten und darin das Verlangen festgestellt, vor
Eintritt in die Spezialbcrathung über die nunmehrige Stellung
der Reich«regierung zur Einfügung der RcichSbank in das
Gesetz Auskunft zu erhalten. Es kommen aus Kreisen der
Bankprakliker noch hinsichtlich verschiedener Einzclbestimmnngen
der Vorlage ernste Schwierigkeiten zur Sprache, für welche
ohne RcichSbank, d. h. bei der im Entwürfe festgehaltenen
völligen Gleichstellung der Preußischen Bank mit allen an-
deren deutschen Zeltelbanken, eine Abhilfe kaum zu finden
sein würdk
Die „National-Zeitung" erfährt, daß am 22. in einer
Sitzung der preußischen Staatsministeriums über die Mo-
dalitäten für die Umwandlung der Preußischen Bank in
eine ReichSbank verhandelt worden sei.
Die Kommission für daS Landsturmgesetz hat ihre Ar-
beiten zum Abschluß gebracht. Der Schwerpunkt des Ge-
setzes liegt im Z 3 der Regierungsvorlage, über welchen
in der ersten Lesung eine Einigung der Kommission nicht
zu erzielen war, so daß derselbe nach den Beschlüssen der
ersten Lesung gestrichen wurde. In zweiter Lesung wurde
dieser Paragraph nach einem Amendement des Abg. Or.
Weber in folgender Fassung wieder hergestellt: „Der Land-
sturm erhält bei Verwendung gegen den Feind militärische,
auf Schußweite erkennbare Abzeichen, und wird in der Regel
in besonderen Abheilungen formirt. In Fällen außerordent-
lichen Bedarfs kann die Landwehr aus den Landsturmpflich-
tigen ergänzt werden, jedoch nur dann, wenn bereits säinint-
liche Jahrgänge der Landwehr und die verwendbaren Mann-
schaften der Ersatz-Reserve einberufcn sind. — Die Einstellung
erfolgt nach Jahresklassen, mit der jüngsten beginnend, so-
weit die militärischen Interessen dies gestatten.
Mit Bezug auf eine Aeußerung über die Schritte des
Grafen Arnim bei der ehemaligen „Spener'schen Zeitung"
ist dem „Berl. Tagebl." von Herrn Or. Karl Braun die
Erklärung gemacht worden, daß derselbe von dem beabsich-
tigten Verhältnisse der gedachten Zeitung mit Graf Arnim
gar nichts wisse und daß er jede Verantwortlichkeit für die
Verbreitung jener Nachricht ablehne; mit Herrn vr. Zeh-
lick- und der von demselben herausgegebenen „Deutschen
Allgemeinen Korrespondenz", welche jene Nachricht im Um-
lauf setzte, stehe er außer aller Verbindung.
Nach dem Ergebniß einiger rückständigen Gemeinden
ist im Kanton Argau auch das Gesetz über die Besoldung
des Polizeikorps mit geringer Mehrheit verworfen worden.
Das französische Budget des laufenden Jahres ist mit
einem Defizit von 35 Millionen abgeschloffen worden. Ehe
indeß die Kammer nach den Ferien die Mittel aufsuchen
wird, diesen Ausfall zu decken, wird sie das CadreSgesetz
durchberalhen, da die in demselben entworfene Heeresorgani-
sation das Jahreserforderniß des Kriegsministeriums voraus-
sichtlich um 21 (auf 514) Millionen erhöhen wird. Von
diesen 21 Millionen sollen 5*/» auf die Landwehr entfallen,
nämlich 1^/, für die^CadreS und 4 Millionen für die Kosten
der jährlichen Hebungen und Manöver. Die Nationalver-
sammlung wird also ein Defizit von 56 Millionen auSzu-
füllen haben.
Wie jedesmal in kritischen Zeilen taucht in der fran-
zösischen Presse auch jetzt wieder das Wort: „Staatsstreich"
auf. Die „Köln. Ztg," äußert sich darüber wie folgt:
Ein wirklicher Staatsstreich ist nur in zwei Fällen möglich:
Entweder jagt Mac-Mahon die National-Versammlung die
er nicht auflösen kann, gewaltsam auseinander, oder die Na-
tional-Versammluug jagt Mac-Mahon gewaltsam weg, da
sie ihn durch keine Beschlüsse todt machen und seine Regie-
rung durch keine Niederlagen beseitigen kann, wenn er es
nicht will. DaS Erstere indeß ist so wenig wahrscheinlich
wie das Zweite. Mac-Mahon kann ruhig bis 1880 sagen:
Seit umschlungen, Millionen! ohne sich in Unkosten oder
Gefahr zu setzen, und die National-Versammlung wird
trotz aller Donnerwetter keinen Gewaltstreich wagen, weil
ihr dazu die Macht fehlt. Ja, wenn sie Generale und
Truppen zur Verfügung hätte und wenn sie in Paris unter
einer revolutionslustigen und revolutionskundigen Bevölkerung
tagte! Aber d'e Pariser find nicht mehr die alten, und in
der Armee mag es Republikaner in Menge geben, aber eS
gibt keine republikanische Armee. In Anbetracht dieser zwar
leidigen und langweiligen, aber faktischen Zisstände ist zwar
eine stürmische Kammersession vorauszusehen, aber mit
großer Wahrscheinlichkeit zu berechnen, wie wenig Aussichten
die Linke hat, die Situation verändern zu können. Ist die
Fusion der Zentren nicht möglich, so wird die Konfusion
größer werden ; die Verwirrung wird auch in die Verwaltung
eingreifen und die Ultramontanen wie die BonapartisteN
werden fette Jahre haben; indeß so lange Mc-Mahon sich
auf seinen Schein beruft, so lange er nicht freiwillig einem
Ändern Platz macht, wird schwerlich Thiers oder Aumar
oder Rouher so hoch steigen, daß er sagen darf: „Stehen
Sie auf, damit ich mich setze!"
Die „Agence Havas" dementirt da» in Paris um-
laufende Gerücht, daß die Minister Tailhoft und Eumont,
sowie der Unterstaatssekretär im Unterrichtsministerium, Des-
jardinS, und der Museumsdirektor Chevreuil ihre Entlas-
sungsgesucht eingereicht hätten. Die Sache verhält sich in-
dessen so, daß die Herren ihre Eatlassung allerdings v.r-
langt, das Gesuch aber auf ausdrücklichen Wunsch Mac-
Mahons, der noch alle Veränderungen des Kabinets zu
vermeiden sucht, zurückgenommen haben.
Die Deputaten Larochefoucaüld-Bissaccia, Ernoul, La-
bouillerie und Lucien Brun sollen nach Frohsdorf berufen
werden, da Graf Chambord auf dem Punkte steht, ein
neues Manifest zu erlassen.
Aus London, 22. Nov., schreibt die „Köln. Ztg." :
Der spanische Gesandte hat seine Vorstellungen wegen Waf-
fenlieferung an die Karlisten wiederholt. DaS Schiff
„Notre-Dame de Fourrieres" rüstet sich zur dritte» Fahrt
nach Spanien mit Kriegsmaterial.
In der Thronrede bei Eröffnung deS italienischen
Parlaments dankt der König für die Beweise von Anhäng-
lichkeit, die ihm bei seinem fünfundzwanzigjährigen Regie-
rungsjubiläum gegeben worden, und spricht sodann die Hoff-
nung aus, die neue Legislatur werde das Werk der Reor-
ganisation des Staate« eifrig fördern. Es wird sodann
die Vorlage eines neuen Strafgesetzes, eines Gesetzentwurfs
über die Handelsgesellschaften, sowie eines solchen zur För-
derung der öffentlichen Sicherheit in einigen Provinzen des
Königreichs angekündigt. Der König bespricht ferner mit
Interesse die Organisation der Armee und Flotte, stellt
Gesetzentwürfe zur Reorganisirung mehrerer Steuern in
Feuilleton.
Pie WaVen.
(Fortsetzung.)
Einige Wochen verflossen und bald hatte Frau von
Ribiöre einen neuen Grund, ihren Schützling an sich zu
fesseln.
Ihre Tugenden und mütterlichen Zärtlichkeiten waren
grausam geprüft worden. In einem Zwischenräume von drei
Jahren, fast in demselben Alter — sechs bis sieben Jahre
— war der älteste Sohn und die Tochter an einer Krank-
heit gestorben, welche die Wissenschaft der Aerzte nicht er-
gründen konnte; Fieber oder Gehirncongestionen hatten in
wenigen Stunden diese armen kleinen Wesen unter schrecklichen
Krämpfen dahingcrafft.
Die Verzweiflung der Frau von Ribiöre bei dem Tode
ihres ersten Kindes war so groß, daß, als sie das zweite
verlor, man ernste Befürchtungen für ihr Leben hegte. Sie
erholte sich langsam wieder nnd einige Jahre nachher brachte
ihr ein reizende« Töchterchen eine unaussprechliche innere
Freude.
Al» ye da» Kind an ihre Brust drükte, glaubte sie in
demselben diejenigen zu erkennen, welche sic verloren, und
mit Aengstlichkeit fragte sie sich, ob dieser hohe Trost sich
nicht wieder in hohen Schmerz verwandeln werde.
Frau von Ribiöre, abwechselnd glücklich und unglücklich
durch diese Zweifel, hatte nür Augenblicke der Freude und
nicht einen Tag der Sicherheit. In dem reizenden Antlitz
ihrer kleinen Marie schien sie die Züge Georgs und Luisens
wiederzusehen, der beiden Kinder, welche sie beweinte.
Auf den leisesten Schrei, auf den leisesten Anfall von
Husten gab eS Schrecken und Unruhe ohne Ende. Es gab
Augenblicke, wo die süßen Liebkosungen Mariens sie erschreckten
wie eine Drohung; dann wieder, wo sie sich vorwarf, Gottes
Zorn auf ihr Kind zu ziehen, weil sie dieses mehr liebe, als
ihn. Aufrichtige Christin, aber noch mehr Mutter als Christin,
bat sie den Himmel, lieber ihr Leben zu nehmen und das
Mariens zu schonen, auf jeden Fall aber ihr genug
Resignation und Muth zu verleihen, um alle Prüfungen er-
tragen zu können.
Das Ende deS Mai brachte ein schmerzhaftes Jahres-
gedächtniß. In dem Augenblicke, wo Frau von Ribiöre sich
mit Susanne verbunden hatte, erreichte Marie daS Alter,
welche» für ihren Bruder und ihre Schwester so verhängniß-
voll gewesen war.
Gleich am ersten Tage war eine lebhafte Neigung zwi-
schen dem Kinde und der unglücklichen Kranken entstanden.
Marie reichte Susannen ihre rosigen Wangen und, sich in
den Armen emporheben lassend, gab sie ihr die Küsse mit
je,»ein hübschen Lärmen wieder, welcher zugleich Musik und
Sprache ist.
In Gegenwart dieses engelhaften Geschöpfes schien Su-
sanne zu vergessen, was ihre Seele, den Lauf ihrer Gefühle
und Gedanken gestört hatte, wie ein schnelles Wasser durch
daS Eis angehalten wird. Eine große Zärtlichkeit malte sich
auf ihrem Gesicht. Ihre Worte drückten aus, wie sehr sie
sich an ihrer neuen Freundin erfreue.
Es lag etwas Rührender in der plötzlichen Annäherung
dieser beiden Kindheiten; penn die Wesen, deren Vernunft
geschwächt ist, ohne daß ihre Narrheit einen Charakter von
Heftigkeit enthält, werden wieder Kinder; sie haben deren
Schwäche, deren Eigensinn und Anmuth.
Dieser Blitz von Freude und Hoffnung war von kurzer
Dauer. Acht Tage später wurde Marie schwer krank und
die ersten Syinptome erinnerten nur zu genau an daS, was
dem Tode Georg« und Luisen» vorhergegangen war. In
dem Hause herrschte eine solche Angst, daß man selbst die
Fähigkeit verlor, gegen di« Gefahr zu kämpfen. Herr von.
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bie viergespaltene
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Garmonbreile k kr.
Amtsverkündigungsvkatt für den Aezirk Schwetzingen.
Badische Hopscnzeitung.
Allgemeiner Anzeiger für die badische und bayerische Rheinpsalz.
No. 141.
Samstag 28. November 1874.
VIII. Jahrgang.
Inserate von Auswärts nehmen für uns auch entgegen di- Annoncen-Bureaux von Kaasenffein L Magrer, Rudolf Waffe und K. L. Mauve L Ko., Süddeutsche Auuouceu-Krpeditien
von K. StüLhardt in Frankfurt, Stuttgart, Berlin, Lipzig, München, Wien, Zürich, Basel und Straßburg, so.»', das ASger'sche Central-Bureaux für Inserate in Frankfurt a./M.
Bestellungen
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ber nehmen noch alle Postanstalten, sowieTaschenboten und
ZrilungSträger entgegen.
* Wochenschau.
Schwetzingen, 26. November.
Die formelle Behandlung der Justizgesetzvorlagen wird
in einer Besprechung von Vertretern sämmtlicher Fraktionen
berathen werden. Die Entscheidung darüber ist natürlich
zunächst Sache des Reichstages, dem nach der neulich ge-
machten Erfahrung der Präsident sich wohl hüten wird auch
nur dem Scheine nach vorzngreifen. Die Entscheidung des
Reichstage« ist in so weit durch die Zustimmung des Bun-
deSrathr zu ergänzen, als die in Aussicht genommene große
Kommission (man spricht von 35 Mitgliedern) sowohl zwi-
schen der gegenwärtigen und nachfolgenden RcichStagS-Session
ihre Arbeiten fortsetzen, als auch in dieser nachfolgenden
ihr Mandat behalten soll. Bekanntlich sind bi« jetzt die
Arbeiten einer Kommission, über welche nicht in derselben
Session, der sie ihre Entstehung verdankt, vom Reichstage
beschlossen wurde, rechtlich nur „schätzbare» Material" und
die formelle Arbeit mußte mit jeder neuen Session aufs
Neu» beginnen. Man erwartet schon in den allernächsten
Tagen das volle Einverständniß zwischen Reichstag und Ban-
deSrath über diese Angelegenheit der Geschäftsführung, welche
in einem kurzen Gesetzentwurf zum Ausdruck gelangen wird.
Die Bankgcletz-Kommission hat Samstag Abend eine
Sitzung gehalten und darin das Verlangen festgestellt, vor
Eintritt in die Spezialbcrathung über die nunmehrige Stellung
der Reich«regierung zur Einfügung der RcichSbank in das
Gesetz Auskunft zu erhalten. Es kommen aus Kreisen der
Bankprakliker noch hinsichtlich verschiedener Einzclbestimmnngen
der Vorlage ernste Schwierigkeiten zur Sprache, für welche
ohne RcichSbank, d. h. bei der im Entwürfe festgehaltenen
völligen Gleichstellung der Preußischen Bank mit allen an-
deren deutschen Zeltelbanken, eine Abhilfe kaum zu finden
sein würdk
Die „National-Zeitung" erfährt, daß am 22. in einer
Sitzung der preußischen Staatsministeriums über die Mo-
dalitäten für die Umwandlung der Preußischen Bank in
eine ReichSbank verhandelt worden sei.
Die Kommission für daS Landsturmgesetz hat ihre Ar-
beiten zum Abschluß gebracht. Der Schwerpunkt des Ge-
setzes liegt im Z 3 der Regierungsvorlage, über welchen
in der ersten Lesung eine Einigung der Kommission nicht
zu erzielen war, so daß derselbe nach den Beschlüssen der
ersten Lesung gestrichen wurde. In zweiter Lesung wurde
dieser Paragraph nach einem Amendement des Abg. Or.
Weber in folgender Fassung wieder hergestellt: „Der Land-
sturm erhält bei Verwendung gegen den Feind militärische,
auf Schußweite erkennbare Abzeichen, und wird in der Regel
in besonderen Abheilungen formirt. In Fällen außerordent-
lichen Bedarfs kann die Landwehr aus den Landsturmpflich-
tigen ergänzt werden, jedoch nur dann, wenn bereits säinint-
liche Jahrgänge der Landwehr und die verwendbaren Mann-
schaften der Ersatz-Reserve einberufcn sind. — Die Einstellung
erfolgt nach Jahresklassen, mit der jüngsten beginnend, so-
weit die militärischen Interessen dies gestatten.
Mit Bezug auf eine Aeußerung über die Schritte des
Grafen Arnim bei der ehemaligen „Spener'schen Zeitung"
ist dem „Berl. Tagebl." von Herrn Or. Karl Braun die
Erklärung gemacht worden, daß derselbe von dem beabsich-
tigten Verhältnisse der gedachten Zeitung mit Graf Arnim
gar nichts wisse und daß er jede Verantwortlichkeit für die
Verbreitung jener Nachricht ablehne; mit Herrn vr. Zeh-
lick- und der von demselben herausgegebenen „Deutschen
Allgemeinen Korrespondenz", welche jene Nachricht im Um-
lauf setzte, stehe er außer aller Verbindung.
Nach dem Ergebniß einiger rückständigen Gemeinden
ist im Kanton Argau auch das Gesetz über die Besoldung
des Polizeikorps mit geringer Mehrheit verworfen worden.
Das französische Budget des laufenden Jahres ist mit
einem Defizit von 35 Millionen abgeschloffen worden. Ehe
indeß die Kammer nach den Ferien die Mittel aufsuchen
wird, diesen Ausfall zu decken, wird sie das CadreSgesetz
durchberalhen, da die in demselben entworfene Heeresorgani-
sation das Jahreserforderniß des Kriegsministeriums voraus-
sichtlich um 21 (auf 514) Millionen erhöhen wird. Von
diesen 21 Millionen sollen 5*/» auf die Landwehr entfallen,
nämlich 1^/, für die^CadreS und 4 Millionen für die Kosten
der jährlichen Hebungen und Manöver. Die Nationalver-
sammlung wird also ein Defizit von 56 Millionen auSzu-
füllen haben.
Wie jedesmal in kritischen Zeilen taucht in der fran-
zösischen Presse auch jetzt wieder das Wort: „Staatsstreich"
auf. Die „Köln. Ztg," äußert sich darüber wie folgt:
Ein wirklicher Staatsstreich ist nur in zwei Fällen möglich:
Entweder jagt Mac-Mahon die National-Versammlung die
er nicht auflösen kann, gewaltsam auseinander, oder die Na-
tional-Versammluug jagt Mac-Mahon gewaltsam weg, da
sie ihn durch keine Beschlüsse todt machen und seine Regie-
rung durch keine Niederlagen beseitigen kann, wenn er es
nicht will. DaS Erstere indeß ist so wenig wahrscheinlich
wie das Zweite. Mac-Mahon kann ruhig bis 1880 sagen:
Seit umschlungen, Millionen! ohne sich in Unkosten oder
Gefahr zu setzen, und die National-Versammlung wird
trotz aller Donnerwetter keinen Gewaltstreich wagen, weil
ihr dazu die Macht fehlt. Ja, wenn sie Generale und
Truppen zur Verfügung hätte und wenn sie in Paris unter
einer revolutionslustigen und revolutionskundigen Bevölkerung
tagte! Aber d'e Pariser find nicht mehr die alten, und in
der Armee mag es Republikaner in Menge geben, aber eS
gibt keine republikanische Armee. In Anbetracht dieser zwar
leidigen und langweiligen, aber faktischen Zisstände ist zwar
eine stürmische Kammersession vorauszusehen, aber mit
großer Wahrscheinlichkeit zu berechnen, wie wenig Aussichten
die Linke hat, die Situation verändern zu können. Ist die
Fusion der Zentren nicht möglich, so wird die Konfusion
größer werden ; die Verwirrung wird auch in die Verwaltung
eingreifen und die Ultramontanen wie die BonapartisteN
werden fette Jahre haben; indeß so lange Mc-Mahon sich
auf seinen Schein beruft, so lange er nicht freiwillig einem
Ändern Platz macht, wird schwerlich Thiers oder Aumar
oder Rouher so hoch steigen, daß er sagen darf: „Stehen
Sie auf, damit ich mich setze!"
Die „Agence Havas" dementirt da» in Paris um-
laufende Gerücht, daß die Minister Tailhoft und Eumont,
sowie der Unterstaatssekretär im Unterrichtsministerium, Des-
jardinS, und der Museumsdirektor Chevreuil ihre Entlas-
sungsgesucht eingereicht hätten. Die Sache verhält sich in-
dessen so, daß die Herren ihre Eatlassung allerdings v.r-
langt, das Gesuch aber auf ausdrücklichen Wunsch Mac-
Mahons, der noch alle Veränderungen des Kabinets zu
vermeiden sucht, zurückgenommen haben.
Die Deputaten Larochefoucaüld-Bissaccia, Ernoul, La-
bouillerie und Lucien Brun sollen nach Frohsdorf berufen
werden, da Graf Chambord auf dem Punkte steht, ein
neues Manifest zu erlassen.
Aus London, 22. Nov., schreibt die „Köln. Ztg." :
Der spanische Gesandte hat seine Vorstellungen wegen Waf-
fenlieferung an die Karlisten wiederholt. DaS Schiff
„Notre-Dame de Fourrieres" rüstet sich zur dritte» Fahrt
nach Spanien mit Kriegsmaterial.
In der Thronrede bei Eröffnung deS italienischen
Parlaments dankt der König für die Beweise von Anhäng-
lichkeit, die ihm bei seinem fünfundzwanzigjährigen Regie-
rungsjubiläum gegeben worden, und spricht sodann die Hoff-
nung aus, die neue Legislatur werde das Werk der Reor-
ganisation des Staate« eifrig fördern. Es wird sodann
die Vorlage eines neuen Strafgesetzes, eines Gesetzentwurfs
über die Handelsgesellschaften, sowie eines solchen zur För-
derung der öffentlichen Sicherheit in einigen Provinzen des
Königreichs angekündigt. Der König bespricht ferner mit
Interesse die Organisation der Armee und Flotte, stellt
Gesetzentwürfe zur Reorganisirung mehrerer Steuern in
Feuilleton.
Pie WaVen.
(Fortsetzung.)
Einige Wochen verflossen und bald hatte Frau von
Ribiöre einen neuen Grund, ihren Schützling an sich zu
fesseln.
Ihre Tugenden und mütterlichen Zärtlichkeiten waren
grausam geprüft worden. In einem Zwischenräume von drei
Jahren, fast in demselben Alter — sechs bis sieben Jahre
— war der älteste Sohn und die Tochter an einer Krank-
heit gestorben, welche die Wissenschaft der Aerzte nicht er-
gründen konnte; Fieber oder Gehirncongestionen hatten in
wenigen Stunden diese armen kleinen Wesen unter schrecklichen
Krämpfen dahingcrafft.
Die Verzweiflung der Frau von Ribiöre bei dem Tode
ihres ersten Kindes war so groß, daß, als sie das zweite
verlor, man ernste Befürchtungen für ihr Leben hegte. Sie
erholte sich langsam wieder nnd einige Jahre nachher brachte
ihr ein reizende« Töchterchen eine unaussprechliche innere
Freude.
Al» ye da» Kind an ihre Brust drükte, glaubte sie in
demselben diejenigen zu erkennen, welche sic verloren, und
mit Aengstlichkeit fragte sie sich, ob dieser hohe Trost sich
nicht wieder in hohen Schmerz verwandeln werde.
Frau von Ribiöre, abwechselnd glücklich und unglücklich
durch diese Zweifel, hatte nür Augenblicke der Freude und
nicht einen Tag der Sicherheit. In dem reizenden Antlitz
ihrer kleinen Marie schien sie die Züge Georgs und Luisens
wiederzusehen, der beiden Kinder, welche sie beweinte.
Auf den leisesten Schrei, auf den leisesten Anfall von
Husten gab eS Schrecken und Unruhe ohne Ende. Es gab
Augenblicke, wo die süßen Liebkosungen Mariens sie erschreckten
wie eine Drohung; dann wieder, wo sie sich vorwarf, Gottes
Zorn auf ihr Kind zu ziehen, weil sie dieses mehr liebe, als
ihn. Aufrichtige Christin, aber noch mehr Mutter als Christin,
bat sie den Himmel, lieber ihr Leben zu nehmen und das
Mariens zu schonen, auf jeden Fall aber ihr genug
Resignation und Muth zu verleihen, um alle Prüfungen er-
tragen zu können.
Das Ende deS Mai brachte ein schmerzhaftes Jahres-
gedächtniß. In dem Augenblicke, wo Frau von Ribiöre sich
mit Susanne verbunden hatte, erreichte Marie daS Alter,
welche» für ihren Bruder und ihre Schwester so verhängniß-
voll gewesen war.
Gleich am ersten Tage war eine lebhafte Neigung zwi-
schen dem Kinde und der unglücklichen Kranken entstanden.
Marie reichte Susannen ihre rosigen Wangen und, sich in
den Armen emporheben lassend, gab sie ihr die Küsse mit
je,»ein hübschen Lärmen wieder, welcher zugleich Musik und
Sprache ist.
In Gegenwart dieses engelhaften Geschöpfes schien Su-
sanne zu vergessen, was ihre Seele, den Lauf ihrer Gefühle
und Gedanken gestört hatte, wie ein schnelles Wasser durch
daS Eis angehalten wird. Eine große Zärtlichkeit malte sich
auf ihrem Gesicht. Ihre Worte drückten aus, wie sehr sie
sich an ihrer neuen Freundin erfreue.
Es lag etwas Rührender in der plötzlichen Annäherung
dieser beiden Kindheiten; penn die Wesen, deren Vernunft
geschwächt ist, ohne daß ihre Narrheit einen Charakter von
Heftigkeit enthält, werden wieder Kinder; sie haben deren
Schwäche, deren Eigensinn und Anmuth.
Dieser Blitz von Freude und Hoffnung war von kurzer
Dauer. Acht Tage später wurde Marie schwer krank und
die ersten Syinptome erinnerten nur zu genau an daS, was
dem Tode Georg« und Luisen» vorhergegangen war. In
dem Hause herrschte eine solche Angst, daß man selbst die
Fähigkeit verlor, gegen di« Gefahr zu kämpfen. Herr von.