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Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1874

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Oktober (No. 116 - 129)
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https://doi.org/10.11588/diglit.33305#0471

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Amtsverkündigungsbl'att Kr den

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Earmondzeile S kr.

Ka-ische H o p sc n z e i 1 u n g.
Allgemeiner Anzeiger für die badische und bayerische Rheinpfalz.

«0. 118.

Dienstag, 6. Oktober 1874.

VIII. Jahrgang.

J«s«r«1e v»n UuSwLrt» nehmen für uns auch entgegen die «nnoncen.Bureaur von Kaaseustei» L Magter, Mudoks Waffe und H./. Pauüe L -üddeuksche A»»»»ce».Gr,tditi«»
von g. Sttckyardt in Frankfurt, Stuttgart, Berlin, Lipzig, München, Wien, Zürich, Basel und Strahburg, sowie La« ASgersche Kentral-Burcaux für Inserate in Frankfurt a./M.


auf daS
»TÄwetzinger
Wochenblatt",
Badische Hopfenzeitung, nehmen noch alle Postan-
stallen, sowie Taschenbolen und Zeilungsträger entgegen.
* Wie stehen gegenwärtig die Ultra s mit
den deutschen Kriegervereinen?
AIS in den Jahren 1871 und 72 die Kriegervereine
entstanden, als die Söhne Deutschlands, welche die heißen
Kämpfe des letzten Krieges mitgemacht und so sich unbezahl-
bare Verdienste für ihr deutsches Vaterland erworben, als
diese Krieger sich verbanden zu sog. Krieger-, Veteranen- und
Soldaten-Vereine, dann haben die Ultramontanen instinktiv
gefühlt, daß diese Vereine, welche die Sympathien für unser
Vaterland und den deutschen Geist wecken, nicht nur unter
sich selbst, sondern auch unter allen denen, welche sich Freunde
dieser Vereine nennen, ihnen mit der Zeit höchst gefährlich
werden können und sie bestrebten sich, unter ihren Getreuen
ähnliche Vereine zu bilden, und stellten diese Vereine unter
die Obhut gewöhnlich eines ihnen ganz zuverläßigen Man-
nes, der aber von dem Kaplan oder Pfarrverweser ganz
inspirirt wurde. Auf diese Weise soü'en dann aus den
Mitglieder eines solchen schwarzen Kriegervereins sog. KaplanS-
soldateii gezogen werden. E- ist ihnen dies bis jetzt jedoch
nur in vereinzelten Fällen gelungen und sie sahen mit wach-
sendem Aerger die immer größere Kreise beschreibende Be-
wegung unler den ehemaligen deutschen Soldaten. Die
Nachricht von der auf dem Kriegertag zu Leipzig beschlösse»
neu Bildung einer Allgemeinen Deutschen Krieger-Kamerad-
schaft mit der Losung: „Allzeit für Kaiser und Reich!"
tönte vollend» wie die Posaunen des jüngsten Gericht« in'S
Lager der schwarzen Unfehlbarkeiisgarde hinein. Dieser Beschluß
lieferte ja der. besten Beweis, wie feste Wurzel — Gott sei
Dank! — endlich die nationale Idee, das Gefühl der Zu-
sammengehörigkeit im ganzen deuischen Volke gefaßt hat und
die Kaiser-Eiche Deutschland- nach und nach zu einem Baume
empörwachsen wird, die kein Sturm brechen, kein Schmaro-
tzer zu Grunde richten kann.
Die Führer der Uliramontanen haben mit einem Scharf-
blick, den man ihnen Nicht absprechen kann, ganz wohl er-
kannt, welch' großen Einfluß die deutschen Kriegervereine in
der kurzen Zeit ihres Bestehens auf die naiionale Entwicke-
lung unseres Volkes ausgeübt haben und ihnen darin ent-
gegen zu arbeiten, gehört gegenwärtig zu den Hauptaufgaben
der Ultramontanen. Sie bieten jetzt alle Mittel auf, um
die vom deuischen Geiste geborene Idee einer Bereinigung
säinmtljcher deutscher Kriegervereine z» einer großen Körper-
schaft zu Hintertreiben und die nur allzu gerechtfertigte For-
derung der preußischen Regierung an die Krieger-Vereine,
keine Mitglieder des rrichsfeindlichen Mainzer Katholiken-

Vereins unter sich zu dulden, — infolge Nichterfüllung
dieser Forderung wurde u A. die dem Krieger-Verein zu
Koblenz ertheilte landesherrliä e Bestätigung zurückgezogen
und genannter Verein unter die Bestimmungen des Vereins-
gesetzeS gestellt — gibt dem Präsiveütkn'des genannten Ka-
thotiken-Vereins erwünschte Gelegenheit, für venselben unter
den Krieger-Vereinen Propaganda zü machen und die Brand-
sakel des Zweifels in die Herzen der katholischen Soldaten
zu schleudern, sie — »otadsns indirekt I gegen die Reichs-
regierung, gegen ihre» König und Kriegsherrn aufzuhetzen.
Er veröffentlicht nämlich in der ultranwntanen „Scmrzei-
tung folgenden Erlaß:
„Mitglieder deS Mainzer Vereins !"
Vor zwei Jahren wurde unser Verein ins Leben geru-
fen, mit dem Zwecke die Rechte und Freiheiten der katho-
lischen Kirche zu vertheitigen und die christlichen Grundsätze
auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens zur Geltung zu
bringen, und mit der Devise „Für Gott und Vaterland"
eilen wir zu Tausenden und aber Tausenden herbei, um unter
diese Fahne für die Zwecke deS Vereins zu kämpfen. Unsere
Gegner suchten unsere Bestrebungen zu vereiteln, indem sie
den Verein mit Verdächtigungen überschütteten; aber ihre
durch nichts bewiesenen Beschuldigungen vermochten nur, die
Festigkeit und Ausdehnung des Vereins zu fördern. Die
Fruchtlosigkeit dieser Machinationen erkennend, nölhigte man
die katholischen Beamten zum Austritt aus dem Verein, und
die Gerichte wurden, weil der Verein mit den Gesetzen in
Widerspruch stehen solle, um Hilfe angerufen. Und so ap-
pellirt mau auch jetzt an Eure kriegerische Ehre. Ihr Vereins-
mitglieder, die Ihr zugleich den Kriegervereinen angehvrt;
aber, wie nicht anders zu erwarten war, umsonst. Man
behauptet, Mitglied einer preußischen Kriegervereins und des
Mainzer Vereins zu sein, sei unvereinbar, und man hat an
manchen Orten den Austritt dem einen oder ändern Verein
gefordert; aber mit Festigkeit habt Ihr allen diesen Zumu-
thungen widerstunden. Ihr habt Euer Leben bereitwill g
der Bertheibigung des Vaterlandes geweiht und hinter Kei-
nem' an Tapferkeit zurückgestaudcn; die Mitglieder unseres
Vereins wollen sich von Keinem an Vaterlandsliebe' Über-
überlreffen lassen, und waS dem Vaierlande frommt, glau-
ben sie besser zu kennen als ihre Gegner. AVer jetzt, wo
man. unter Anrufung der miliiärischen Ehre Euch zum Aus-
tritt au? dem Verein bestimmen will, da zeiget Ihr in
Worten und in Thaten, daß Ihr Euer Vaterland liebt, Ihr
vor Allem treue Kinder Eurer Kirche bleiben und das Band
nicht zerreißen lassen wollt, welches Euch zur Vertheidigung
Ihrer und Eurer Rechte Freiheit mit Euren kathollischen
Mltbrüdern verbindet, Ihr zeigt durch die That, daß kein
Widerspruch bestehe zwischen der wahren Liebe (!!) zum
Vaterlande und der Treue gegen Gott und seine Kirche.
Lasset im Namen deS Vereins uns Euch den Dank aus-

sprechen, Euch, die Ihr den Gesinnungen Eurer Kameraden
Ausdruck gabt, Euch, die Ihr durch Eure Abst.mmungen die
Uebereinstimmung der Gesinnungen kundgabl. Lasset unS
nicht zugeben, daß daS Band zerrissen werde, welches uns
als katholische Brüder verbindet; und wag eS gelingend die
jetzige Form zu zerbrechen, wir werden eine andere finden:
die Einigkeit muß immer wachsen und fest und unerschüttert
bleiben. Mainz, 18. September 1874. Felix Frhr. von
Los. Präsident. NicolauS Rais. Sekretär. Dieser in mehr
als einer Beziehung lehrreiche und interessante Erlaß deS Hrn.
von Loc liefert den besten Beweis, wie -weit der Ultramon-
tan'Smus von der Vaterlandsliebe, welche doch der Impuls
der Keiegervereine ist und sein soll, entfernt ist und, daß
wenn einmal die wahrhaft deuischgefinnten Kriegervcreine
Farbe zu bekennen haben und dazu muß und wird es früher
oder später kommen, daß dann die Bestrebungen der U'ttia-
montanen den getreuen deutschen Soldaten die Augen öffnen
werden ; wenn eS aber dann nur nicht zu spät ist.
Naturgemäß befinden sich unter den Mitgliedern der
deutschen Krieger-Vereine sehr Viele, welche über den jetzigen
Streit zwischen Staat und Kirche absolut keine klare Vor-
stellung haben. Wenn dieselben katholisch sind, wird eS für
einen zungenfertigen Geistlichen gar nicht so schwer sein, sie
zu „bekehren" und zu Mitgliedern irgend eines „kaiholischen"
Vereins zu Pressen. Diesen Bestrebungen gegenüber schwindet
der von einer gewissen Kategorie von Krieger-Vereinen auf-
gestellie Hauplgruudsatz: „Wir treiben keine Politik!" ganz
von selbst und für die Vereinsorgane der Krieger-Vereins
tritt ebenfalls die Verpflichtung in den Vordergrund, auch
den politischen Vorgängen ihre Aufmerlsamkcit zuzuwenden,
vor Allem aber den Ultramontanen und deren Bundesge-
noffen aus die Finger zu sehen.
Je früher dies geschähe, einen um so größeren Dienst
würde damit der deutschen Sache, der dereinst gen Allgemeinen
Deutschen Krieger-Kameradschaft und den Mitgliedern der
dazu gehörigen Krieger-Vereine geleistet werden. Entgegen-
gesetzten Falls aber erscheint uu« La« Zustandekommen jener
angestrebten Vereinigung sehr Problematisch. Wer die.schwarzen
in den gesegnetsten Gauen deuischen Vaterlands wühlMen
Herren kennen zu lernen Gelegenheit gehabt!.-hat, weiß-; daß
sie gar gesch'cki« Mineure sind und ihr Z'el gar oft jaus
krummen Wegen erreichen, wenn's nicht auf geraden geht.
Die politische Unreife der weitaus überwiegenden MrjorirLt
der Krieger-Vereine kommt ihnen gerade ganz besonders zu
Statten und erleichtert ihnen ihr Werk.
DaS Bestreben der Ultramontanen sih zu ihren Zwecken
der Krieger-Vereine zu bemächtigen, sollte aber nicht nur
diese veranlassen, den unsere Zeit bewegenden Fragen nahe
zu treten, sondern auch den Reichstreuen eine Lehre sein.
Sie vor Allem sollten da§ Wachsthum, die Ausbreitung-der
Krieger-Vereine fördern, auch für die nationalgesinnte Presst

Feuilleton.

Pie Hlaöen.
Lu« dem Französischen de« A. de Pontmartin, übertragen von
Albert Mttstock. (Omnibus)
Erster Thel».
1.
Das WtrlhShaus der Mutter Coucourde in Fontanes
(Departement dein Lozöre) bot nur eine sehr entfernte Aehn-
keit mit den Cafo'S von Paris.
Draußen ein großer vertrockneter Zweig, der im Winde
hin- und herschwankte und als Zeichen diente; drinnen ein
langer niedriger Saal, dessen schwarze und verräucherte
Balken bereit schienen, auf die Köpfe der Gäste hernieder-
zufallen.
Die ganze Ausschmückung -bestand in altersschwachen
Bänken und Strohstühlen um den wackeligen Tisch herum.
An den Mauern erblickte man drei oder vier Meisterwerke
der Holzschnittkunst von Epinal, die mit Nägeln befestigt
waren.
Während der ganzen Poche bis zum Sonnabend Abend
wa» da« WirthShauS der Mütter Eoucourdt beinahe ganz

öde, aber am Sonntag strömten die Gäste herbei, und der
S7. November 1825 war ein Sonntag
Und dieser Sonntag war ein ganz besonderer. An
diesem Abend feierte man die Rückkunft von Simon Berns»,
einem Kinde de» Dorfes, der seine Dienstjahre beendet und
in hem jüngsten spanischen Feldzüge den Grad eines Unter-
offiziers erhalten hatte und nun in die Heimath zurückkam.
die Taschen, wie man behauptete, voll von Piastern und
Ouadrupeln. Dieser letzte Umstand war der wichtigste; er
war die hauptsächlichste Beschäftigung der ausschließlichste
Unterhaltungsstoff für die Mitbürger SimonS; die Wichtig-
keit des Unteroffiziers, der wieder Ackerbauer wurde, nahm
in ihren. Augen eine ganze ungeheure Ausdehnung an.
Wie um sie völlig zu blenden, halt- Vernou soeben
ein Landstück gekauft und boar bezahlt, das im Gebirge , lag
zwischen ChodelboS und LeSpervelaise. ein Landstück von
magerem Erträgniß, aber ziemlicher Größe. Wenn noch
etwas SimonS Macht über die Phantasie seiner Landsleute
erhöhen konnte, so war eS die Thaisache, daß er gergdc dieses
Besitzthum angekauft hatte, und kein anderes.
Er hatte eS beinahe umsonst erhalten, weil eS übel
berüchtigt war. Ein alter Aberglaube entfernte die Käufer
von demselben. Man nannte eS das Priesterseld, weil nach

einer allseitig für richtig angenommenen Ueberliefrrmig zpr
Zeit der Religionskriege ein Priester daselbst geiödtei und
begraben worden war. Man versichert, daß seit diesem Er-
eigniß da« Landstück seinen verschiedenen Besitzern stets Un-
heil gebracht habe; die Einen hatten sich ruinirt, die Änderen
waren gewaltsam umgekomen, so daß es am Ende brach
liegen blieb.
So erklärte sich da« Uebergewicht, da» Simon Vernou
auf die Einwohner seines Dorfes erhalten hatte, auf mannig-
fache Weise: er kehrte in seine Heimath zurück mit den Unter»
osfizierslressen, er brachte dis freundlichen und selbstbewußten
Umgangsformen deS Regiments mit, er kam weit her, er
hatte die Welt gesehen, er war reich, und schließlich, um
ein gutes Geschäft zu machen, setzte er sich kühn über die
Schwächen und Vorurlheile seiner Ortschaft hinweg. Däz
war drei odrr vier Mal mehr, als er nöthig hatte, um als
Triumphator in seinem Dorfe aufzutrete», daS- ihn als fine»
furchisqmcn Rekruten und arm wie Hiob hakte Weggehen
sehen.
Diesen Abend nun that Simon Vernou noch mehr : um
seiner Pepularität die Krone aufzusetzen und um yie beiden
merkwürdigen Ereignisse — seine Rückkehr mnd seinen Kauf
« zu feiern, hewirthete er die Jugend der Gegend und
 
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