Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1874

DOI Kapitel:
Juni (No. 65 - 76)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.33305#0271

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Erscheint
wöchentlich drei Mal:
Dienst«;» Donnerstag
und Samstag.
Alle Postanstalten
und Boten nehmen
Bestellungen an.


thwchmm Wochenblatt

Viertels. Abonnement:
Fiir's Wochenblatt 51 kr
Unterhaltungsdlatt 12 kr.
Insera > e
die «iergespaltene
Petitzerle oder deren
Raum 4 kr.,
Aarmondzeile 5 kr.

Amtsverkündigungsölatl für den Aezirk Schwetzingen.
Badische H g p sc u ^ e i t u n g.
Allgemeiner Anzeiger für die badische und bayerische Rheinpfalz.

Ao. 68.

Doimersiag, 11. Juni 1874.

VIII. Jahrgang.

Inserate von Auswärts nehmen für uns auch entgegen die Annoncen-Bureaux von Haasenstein L Mogler, Rudolf Woffe und H. L. Jauve L ßo., die Süddeutsche Anuoncen-Hrprditio»
von K. StöLyardt in Frankfurt, Stuttgart, Berlin, Leipzig, München, Wien, Zürich, Basel und Stratzburg, sowie das Aäger'sche Central-Bureaux für Inserate in Frankfurt a./M.

Badischer Landtag.
Karlsruhe, 6. Juni. 54. Sitzung der 2. Kummer
unter dem Vorsitze des Vizepräsidenten Kiefer.
Der Vorsitzende theilt ein Schreiben des Präsidenten
Kirsner mit, nach welchem die Genesung desselben nicht die
gewünschten raschen Fortschritte mache, daß er daher auf
dringenden ärztlichen Rath um 14tägigcn Urlaub nachsuche.
Derselbe wird ercheilt mit dem Wunsche besten Erfolges.
Zunächst kommt nun zur Verathung der Bericht des
Abg Huffschnsid über die Abänderung der Gerichtssporteln.
Zn ß 1 und 2 dieses Gesetzes stellt die klerikale Rechte die-
selben Anträge, wie gestern (1 Kreuzer ----- 3 Pfennig; 1
Gulden 1 Mark 80 Pfennig rc.) Die Begründung
und.Bekämpfung dieser Anträge führen zu einer ziemlich
erregten Debatte, bei welcher Geheime Rach v. Freydorf
der Rechten bewerklich macht, die Regierung habe das Be-
dürfnis. nach einer Umrechnung, die Rechte aber ein Be-
dürfiuß zu agitatorischen Zwecken dem Volle eine drohende
Steuererhöhung als Folge der Reichs- und Landespoliiik
vorzuhalten. Wer dieses Bedürfnis; nicht fühle, dürfe nicht
bei Gelegenheit einer Umrechnung von Steuererhöhung sprechen,
denn mit einer solchen habe die Erhöhung von Gebühren,
welche Solche zu bezahlen haben, die die Justiz in Anspruch
nehmen, nichts zu schaffen. Nachdem noch eine wahre Fluth
Von sachlichen und persönlichen Verhältnissen vorüderrauschte,
werden die Anträge der Klerikalen abgelehnt und das ganze
Gesetz- nach der Regierungsvorlage, beziv. den Kommissions-
anträgen angenommen.
Die Mrachouschc Syiwde iu Bonn.
In der dritten Sitzung der altlaiholischen Synode
wurden folgende „Erklärungen über Fasten und Abstinenz"
angenommen:
1. Die altkirchliche Uebnng des Fastens wurde, im
Anschluß an jüdische Litte und nach dem Vorbilde Christi
selbst, schon von den Aposteln gepflegt (Apg. 13, 2, f.
14, 22).
2. Außer dem ans bo,übergehende Verhältnisse berech-
neten, allmälig außer Hebung gekommenen Verbote des
Essens von Blut und durch Ersticken geiödteten Thieren
(Apg 15, 29) haben die Apostel im Einzelnen keine Vor-
schriften oder Gesetze über das Fasten g geben.
3. Die in der allen Kirche bestehenden Fasttage und
Zeiten sind als Zeiten resp. Tage der Buße oder der Vor-
bereitung auf die betreffenden kirchlichen Feste beiznbehatien.
4. Spccielle Anordnungen oder gar Gesetze über den
Umfang oder die Ari und Weise des Fastens zu geben,
liegt außerhalb der Eompetenz einer Kirchenbehöede, weil
die ModaUiülen dieser U billig von den kl,malischen Verhält-
nissen sowohl, wie von der Beschäftigung, den Gewohnheiten
und der körperlichen Beschaffenheit jedes Einzelnen beding!
sind.

5. Die an das Pharisäerthnm erinnernden mannig-
fachen gesetzlichen Bestimmungen über Art und Quantität
der an Fastlag n gestalteten Speisen haben den richtigen,
der Uebnng des Fasllns zu Grunde liegenden Begriff ver-
dunkelt. Für die weniger Bemittelten ist das Fasten eine
drückende Last geworden, während die Wohlhabendem sich
das Entbehrte in anderer Weise mehr oder weniger zu er-
setzen oder gnr sich an dessen Stelle einen ihnen zusagen-
dem Genuß zu verschaffen vermögen. Das Verbieten von
Fleisch- und das Gestatlcn von Fischspeffui kann nach dem
individuellen Geschmacke Manchem selbst erwünscht erscheinen.
Der Genuß geistiger Getränke, welcher nach der in der
Kirche herrschenden Vorstellung das Fasten nicht brechen soll,
erleichtert das Fasten in hohem Maß.
9 Dem richtigen Begriff des Fastens widerspricht eS
nicht blos, für Geldspenden dasselbe zu erleichtern oder nach-
znlafsen, sondern überhaupt sogenannte Fastendispensen zu
ertheilen. Denn unter Fasten in dem geläuterten, christ-
lichen Sinne hat man Nicht die Entziehung der dem Körper
zu einem gesunden leiblichen und geistigen Leben nöihigen
Nahrung zu verstehen, sondern die Enthaltung, von allein
'. über das uuenibehrliche Maß Hinausgehenden an Speise
und Trank. In dieser Enlhallnng, wenn sie freiwillig und
in der rechten Gesinnung geüpt wird, liegt eine heilsame
Selbstbeschränkutig von retigiös-siitlichem Werthe.
7. Das Abstinenzgebot in der seit Jahrhunderten be-
stehenden Form beruht zum Theil auf irrigen Voraussetz-
ungen. Insofern durch die Beobachtung desselben der eben
für das Fasten angegebene Zweck erreicht wird, kann dessen
Heilkraft nicht besinnen werden. Die äußerlich gesetzliche
Auffassung desselben, nach welcher die Enthaltung von ge-
wissen Speisen an bestimmten Tagen ans Gehorsam gegen
das Kirchengedot eine tugendhafte Handlung, die Ueberlre-
tung desselben eine Sünde sein soll, verkennt hingegen die
eigentliche Bedeutung der Abstinenz. Auch in Bezug auf
sie hat darum Jeder »nt vernünftiger und christlicher Be-
rücksichtigung aller Umstände, seiner leidlichen Constitution,
häuslicher Verhältnisse, feststehender Gewohnheit und Sitte
in seiner Umgebung u. s. w. sich einzurichten.
Ferner wurden in der dritten Sitzung noch folgende
„Erklärungen über Einführung der Volkssprache bei dem
Gotiesdienste" angenommen:
1. Es ist wünschenswerth, daß bei dem öffentlichen
Gottesdienste und bei der Spendung der Sacrnmente die
Volkssprache als liturgische. Sprache angewendei werde.
2 Eene Reform in dieser Richtung vorzunehmen, darf
nicht den einzelnen Geistlichen und Gemeinden überlassen
werden, muß vietmebr der Synode Vorbehalten bleiben.
3. Eine sillche R form kann schon darum nur langsam
und allmälig dnrLgcftihrt werden, weil die Ausarbeitung
der nöihigen lüurgischen Bücher gründliche Vorarbeiten und
eilte sorgfältige Prüfung erheischt.

4. Diese Vorarbeiten sind vorerst auf das Rituale
zu beschränken. Nach dessen Ausarbeitung und Aimadme
durch die nächste Synode sind weitere Vorarbeiten in An-
griff zu nehmen.
5. Für si tzt bleibt der Beschluß des Kölner CongrcffeS
in Kraft (S. VIII , Nr. 7): „An den herkömmlichen li-
turgischen Einrichtungen ist möglichst festzuhalten. Der Ge-
brauch der deutschen Sprache bei der Spendung der Sacra-
menle und anderen kirchlichen Akien, z. B. bei der Be-
erdigung, ist in der Ausdehnung gerechtfertigt, in melier
er in verschiedenen Dlöcesen rechtmäßiges Herkommen ist
oder war."
Eine von der Synodal-Repräsentanz zu bildende Com-
mission soll ferner ein Rituale bearbeiten, worin FolgenoeS
ausgenommen werden soll:
1. Die in dem römischen Rituale und den hauptsäch-
lichsten Dmcesan-Agenden enthaltenen lateinischen Formulare
für die Spendung der Sucramente und die anderen ge-
bräuchlichen liturgischen Akte.
2. Eine aus den Diöcesan-Agenden zu entnehmende
oder neu anznfertigende deutsche Uebersetzung derjenigen Be-
standtheile jener Formulare, welche sich zum Gebrauche in
deutscher Sprache eignen.
3 Eine aus deutschen Ritualien (von Wessenberg u.
A.) auszuwählende oder neu auszuarbeitende deutsche Li-
turgie für die Spendung der Sacramente und andere Akte,
dazu einige Forinulare zu kurzen Anreden bei Taufen,
Trauungen. Beerdigungen u. s. w. (Eine Sammlung von
Gebeten für gemeinsame Andachten bleibt dem später abzu-
fassenden Gebetbuche Vorbehalten.)
Eine anoere Commission soll einen Katechismus und
eine biblische Geschichte ansarbeilen.
Neunte Post.
* Nerlin, 8. Juni. Aus Varzin hier
eingetroffene Nachrichten melden, daß das Befinden des
Reichskanzlers Fürsten Bismarck durchaus erfreulich sei,
unb daß der Keankheilszustand sichtlich im Forischreiten zur
Besserung sich befindet. Die kräftigende Seeluft, gemischt
mit der sauerstoffreichen der das Tusculnm des Reichskanzlers
umgebenden Waldungen soll von vem Augenblick des Ein-
triff ns des Reichskanzlers an überaus einen günstigen
Einfluß auf den Fürsten ansgeübt haben.
Fürst Bismarck wird, wie heute die Offiziösen
melden, vielleicht gar kein Bad besuchen; was er vor
Allem wünscht, ist möglichste Ruhe und Enthaltung von
allen Geschäften in Larzin.
Kurs, 7. Juni. Heute sind zum Besuche de? Kaisers
Alexand'r ber Herzog Wilhelm uo» M cklenburg und Prinz
Nicolaus von Nassau hier eingeiroffen. Dieselben werden
zum Diner eingelaoen. Ecwariet wico heule der Großfürst
Nicolajewnsch.

Fruillrton.

Der Armenarzt.
Siebentes Kapitel.
Räthselhafte Achnlichkeit.
(Fortsetzung.)
„Sie geben mir keine Antwort?" fragte der Arzt.
„Nein," sagte Eva. „Ich kann Ihnen augenbticklich
keine Antwort geben, es sei denn die Frage, ob Sie mir
sagen können, seit wann denn der Sohn der alten Frau
Dorn eine solche Zuneigung zu mir gefaßt hat, daß ich die
Seine werden soll."
Der Arzt, sonst competent in der Beantwortung auf
Fragen, die schwereres Interesse darboten, für ihn wenig-
stens, betrachtete das junge Maschen und konnte augen-
blicklich auch nicht begreifen, wie der junge Mensch den
Muth gehabt haben konnte, oiese holde Erscheinung für sich
in Anspruch zu Rehmen.
„Ich komme nur als Werber für einen Andern,"
fuhr er fort, „nicht in meinem eigenen Namen, ich kannte
weder Sie noch die Verhältnisse."
„Ich würde auch nie über mich selbst verfügen," ant-

wartete Eva; „ich müßte doch erst hören, wie meine Mutter
über den Fall denkt, nicht wahr, Mama?"
Die Alte nickte mit dem Kopfe.
„Du hast ganz Recht, mich zu fragen, und doch würde
ich nicht über Deine Hand verfügen, wenn Du in Deinem
Herzen nicht die Allgewalt der Liebe fühltest; nie würde
ich mich unterfangen, Dich von dem Manne zu trennen,
den D» liebtest, nie aber werde ich Dir rathen, Jemandem
vie Hand zu reichen, den Du nicht liebst. Wir leben im Elend,
wir sind arm, aber einen Reichihnm besitzen wir. das sind
wir selbst. Wehe dem Mensche», der sein Eigen dahin
gibt und sich selbst verliert im große» Strome der Welt."
Der Arzt warf wiederum einen überraschten Blick auf
die Kranke ; wieder kam ihm der Gebaute, daß diese Frau
in den Verhältnissen, in denen sie sich augenblicklich befand,
nicht ausgewachsen sein konnte, wieder drängte das Näthsel,
welches er hier gefunden, sich ihm auf, vergebens suchte er
die Lösung.
„Es thut mir leid, daß ich auch an dieser Angelegen-
heit einen Fehlgriff gethan; ich hoffe, liebe Frau," wendete
er sich an die Kranke, „daß sie mir verzeihen» es war aber
nicht meine Absicht, Sir zu kränken, eS war der gute Wille.

der alle meine Handlungen leitet, zu helfen, wo ich zu
helfen im Stande bin."
„Ich danke Ihnen für ihre g ite Meinung," sagte die
alte Frau.
„Ich darf wiederkommen?" fragte der Arzt, „darf
mich nach Jprem B finden erkundigen und Sie verschmähen
meine Hülfe nicht, wenn Sie ihrer bedürfen?"
Tie Alte warf einen Blick auf das Bild.
Der Arzt verstand sie.
„Ich werde diese Frage nie wieder berübren. Sie
können sich darauf verlasse»."
„Und augenblicklich bedürfen Sic meiner nicht?" fragte
der Arzt.
„Ich befinde mich kö perlich Wähler als sonst, ich habe
Hülfe von guten Nachbarn, ich danke Ihnen nochmals. Da-
mit Sie aber sehen, daß ich keinen Groll mehr hege, ver-
spreche ich Ihnen, Sie um Hülfe zu bitten, wenn ich ihrer
bedarf."
Und für meinen Clienten, für den ich ein ungeschickter
Advokat war, habe ich keine günstigere Nachricht mitzuneh-
men ?" *
»Ich glaube kaum." antwortete Frau Hellenberg,
(Fortsetzung folgt.)
 
Annotationen