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Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1874

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Mai (No. 52 - 63)
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https://doi.org/10.11588/diglit.33305#0227

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UmMger Wochenblatt
Amtsverkündigungsökatt für den Aezirk Schwetzingen.
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die viergespaltcne
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Allgemeiner Anzeiger für die badische und bayerische Rheinpfalz.
M. Z>7. Donnerstag, 14. Mai 1874. VIII. Jahrgang.
Inserate von Auswärts nehmen für uns auch entgegen die Annoncen-Bureaux von Kaascnstein L Kogler, Rudolf Waffe und H. A. Aauöe L ßo., die Süddeutsche Annonccn-Hrpeditio»
von H. StöLyardt in Frankfurt, Stuttgart, Berlin, Leipzig, München, Wien, Zürich, Basel und Straßburg, sowie das Aäger'sche Central-Bureaux für Inserate in Frankfurt a./M.

Versa ffungsgcsctz über jährliche Versammlung
des Uandtags.
Die staatsrechtliche Commission der zweiten Kammer
verhandelte in gemeinsamer Berathung mit den Herren
Slaatsminister Iolly u. Staatsrath Ellstädter über
den Initiativantrag der Einführung jährlicher Sitzungen des
Landtags und jährlicher Budgets.
Von Seiten der Vertreter der Regierung wurde, wie
das auch früher geschehen war, anerkannt, daß diese Ein-
richtung der Entwicklung constitutionellen Lebens und dem
Vorbild des deutschen Reiches wie des preußischen Staates
entspreche. Aber es wurden manche Bedenken gegen die
jetzige Durchführung dieser Reform llorgetragen und insbe-
sondere auf die finanz-technischen Schwierigkeiten derselben
aufmerksam gemacht.
Die Commission erklärte sich bereit, der Verwaltung
die erforderliche Zeit zu ihren Vorarbeiten zu vergönnen;
aber zugleich sprach sie sich entschieden dafür aus, daß die
Reform gegenwärtig schon grundsätzlich zu sichern sei. In
der That sind wir in dieser wichtigen Beziehung noch hinter
der constitutionellen Entwicklung fast aller Verfassungsstaatcn
außer Deutschland zurückgeblieben und müssen verlangen,
daß die Wechselwirkung von Regierung und Landtag eine
regelmäßig, alljährlich wicderkehrende und nicht wie bisher
in einigen Monaten eine übermäßig mit Arbeit belastete sei
und dann während 20 Monaten gänzlich stille stehe. Wir
setzen dabei allerdings voraus, daß die Session des Land-
tags erheblich abgekürzt werde und jährlich im Durchschnitt
ans ungefähr 6 Wochen beschränkt werde. Man verständigte
sich schließlich, das Verfassungsgesetz zur Abnahme zu em-
pfehle» aber tue Bestimmung der Zeit der Ausführung dem
nächsten Landtage vorznbehalten, der sich dann mit der Re-
gierung darüber verständigen werde. Frühestens wird die
Reform daher im Jahr 1877 wirksam werden. Bis dahin
wird man auch darüber klar sein, wann regelmäßig der Reichs-
tag sich versammeln und auf welche Termine das Reichs-
budget in Zukunft berechnet werde. Reichstag und Land-
tage müssen sich endlich anseinandersetzen, damit sie neben
einander bestehen und arbeiten können und einander nicht
hemmen.

Badischer Landtag.
Karlsruhe, 8. Mai. 14. öffentliche Sitzung der
Ersten Kammer unler Vorsitz des Präsidenten Oberhofrichter
Obkircher.
Nach Eröffnung der Sitzung begrüßt der Präsident
die Mitglieder des Hauses und beeidigt das an Stelle des
verstorbenen Direclors Fecht neueingetrctene Mitglied Prä-
sident Renk.
Graf von Berlichingen übergibt eine Petition des

Psalzgau-Verbandes, „die Besteuerung des Grundbesitzes,
bezhw. die neue Katastrirung des landwirthschaftl. Geländes"
betr.
Bei der hierauf vorgenommenen Ergänznngswahl der
Kommissionen wurde in die Petitionskommission, Gemeinde-
gesetzgebungs-Kommission und sog. staatsrechtliche Kommission
an Stelle des Direclors Fech! der Präsident des Verwal-
tungs-Gerichtshofs Renk gewühlt. Ferner wird beschlossen,
den Initiativantrag der Zweiten Kammer bezüglich der
Rechtsverhältnisse der Altkatholiken der staatsrechtlichen Ko-
mmission zur Berathung zu übergeben, sobald derselbe ein-
kommt.
Als neu eingekomme» wird angezeigt:
1) Das Gesuch der Stadtgemeinde Stockach um Ver-
theilung einer gedruckten „Erörterung über die Zugsrichtung
der Bodensee-Gürtelbahu" an die Mitglieder des Hauses.
2) Die Petition des evangelischen Kirchengemeinde-
Raihs in Pforzheim, „die Erlassung eines kirchlichen Um-
lagegesetzes betr."
3) Die Eingabe des geschäftsführenden Ausschusses für
das Projekt einer Kaiserstuhl-Schwarzwald-Bahn durch das
Elzlhal.
4) Die Petition der Gemeindevertretungen der Städte
Rastatt und Gernsbach, sowie der Gemeinden des Murg-
thals, „den Fortbau der Murg-Eisenbahn in der Richtung
von Gernsbach nach Freudenstadt betr."
Schließlich bringt das Präsidium eine von Freiherrn
v. Röder an die Regierung gerichtete Anfrage folgenden
Inhalts zur Kenntniß des Hauses:
In Betreff der Pensionserhöhungen der vormals großh.
badischen, jetzt im kgl. preuß. Militärverbande sich befin-
denden Offiziere, sowie auch derjenigen Offiziere und Unter-
offiziere, die in großh. Diensten verblieben sind;
1) Welches Resultat hatten die Unterhandlungen, welche
von der großh. badischen Regierung mit der tgl. preußischen
Regierung in Betreff dieser Pensionserhöhung gepflogen
wurden, bezhw.
2) was beabsichtigt die großh. R-giernng in dieser
Angelegenheit zu thun?
In Betreff der Militärwittwengehalte:
1) Welchen Beschluß hat das großherzogl.Finanzmini-
sterium wegen Erhöhung der Militär-Wittwengehalte gefaßt?
2) Wann wird die Abänderung der Statuten und
der Verwaltungsinstruktion der Militär-Wittwenkasse in
Angriff genommen und in welcher Form ?
In Betreff des beim vormaligen großh. badischen
Kriegsministerium bestandenen Gratialfonds zur Unter-
stützung bedürftiger Hinterbliebenen vorstorbener Offiziere
und Unteroffiziere:
1) besteht dieser Gratialfond noch? und wenn dies
der Fall, 2) wer verfügt jetzt über diese Gnadengehalte?

Frhr. v. Röder betont mündlich, daß das verlesene Schrift-
stück nicht eine eigentliche Interpellation, sondern lediglich
eine einfache Anfrage an die Regierung bilde, bezüglich
deren er zum Voraus überzeugt sei, völlig zufriedenstellende
Antworten zu erhalten,
Der Präsident erklärt hierauf, die Anfrage zeschäfts-
ordnungsgemäß der großh. Staatsregierung müzutheilen,
und schließt damit die Sitzung.

Neueste Post.
Doeöekn, 10. Mai. Eine äußerst zahlreich aus ganz
Sachsen beschickte Versammlung reichstreuer Männer hat
heute einen „Reichsverein für Sachsen" gegründet. Zweck
des Vereins ist die Bekämpfung der reichsfeindlichen Be-
strebungen durch festes Zusammenhalten und thatkräftiges
Zusammenwirken Aller, denen die Größe und Wohl-
fahrt des Reichs am Herzen liegt, besonders bei
den Reichswahlen. Den Vorstand bilden: Biedermann,
Ludwig, Dr. Blum, Kohner und Dr. Kuehn aus Leipzig.
Kassel, 10. Mai. Aus Valhorn erfahren die „Heff.
Bl.", daß sich dort 102 Familienhäupter (c. 600 Seelen)
und in Altenstädt, einem Filial von Valhorn, 45 Familien-
häupter (c. 200 Seelen) als „renitirte" Gemeinde consti-
tuirt haben.
Madrid, 11. Mai. Imperial will wissen, die Mini-
sterkrisis sei bereits in dem gestrigen Ministerrathe ausge-
brochen. Martoz habe die Nothwendigkeit betont, bei der
bisherigen versöhnlichen Politik zu beharren. Serrano habe
die Entscheidung bis heute vertagt. Gerüchtweise verlautet,
Zabala sei mir der Bildung eines Ministeriums beauftragt,
dessen Aufgabe die Parteienversöhnung sei.

Aus Stadt und Land.
Karlsruhe, 12. Mal. Ihre Königliche Hoheit die
Großherzogin hat heute Nachmittag 3 Uhr 10 Minuten
Karlsruhe verlassen, um Sich zum Besuch Seiner Majestät
des Deutschen Kaisers nach Wiesbaden zu begeben. In
der Begleitung der Großherzogin befinden sich Ihre Excel-
lenz die Oberhofmeisterin Frau von Holzing, die Hofdame
Freifräulein von Schönau sowie der Oberhofmeister Freiherr
von Edelshmn.
Mannheim, 11. Mai. (EinAnlauf zu einem
Bi er kra w a l l), welcher sich am Sonntag Abend vor
einer hiesigen Brauerei durch unzweideutige Drohungen rc.
äußerte, wurde durch verschärfte Polizeimaßregeln im Keim
erstickt. Dem Vernehmen nach ist Untersuchung eingeleitet.
Ans Maden, 11. Mai. In Mahlberg, einem
Städtchen zwischen Lahr und Ettenheim, trat am gestrigen
Sonntag nach vollendetem Gottesdienst der kath. Geistliche
Pfarrer Feig vor den Altar und eröffnete seiner Gemeinde,

Feuilleton.
Z>er Armenarzt.
Roman aus deni Leben einer großen Stadt
von I. Steinmann.
Fünftes Kapitel.
Das Medaillonportrait.
(Fortsetzung.)
Und dann wurde getanzt. Die Walzer und Märsche
gingen deni heute ruhmgekrönten Club „Amphion" besser
von den Fingern, als die langen Quvcrlüren und als gar
die „schöne blaue Donau" ertönte — da schwamm Alles
in voller Seligkeit.
An Tänzern fehlte es den drei jungen Mädchen nicht:
Cousin Christian schickte immer neue Ablösung vor, immer
mit dem verabredeten Stichworte.
Der Zeiger der unerbittlichen Uhr rückte langsam vor-
wärts — was kümmert auch das seelenlose Machwerk aus
Walzen und Rädern die fröhliche Lust dort unten im Saale?
Uhr, böse Uhr. warum ist es gerade dann am schönsten,

wenn deine ehernen Finger und deine schrille Stimme zum
Aufbruch mahnen?
Für viele Menschen erwacht das Vergnügen erst mit
der späteren Stunde und hier und da tauchten im Saale
Gestalten auf, denen man ansah, daß sie dem kommenden
Tag entgegen zu leben gesonnen seien.
Draußen an der Kasse stand eine Gesellschaft von drei
Herren, die höflich fragten, ob der Eintritt gestattet sei, oder
ob eine Privatgesellschaft ein Fest feiere.
„O nein, meine Herren," erwiederte der Kassirer. „An-
ständigem Publikum ist der Zutritt gegen Entroe gestattet."
„Nun anständig genug sind wir doch hoffentlich?"
fragte einer der Herren, ein großer, blonder Mensch mit etwa?
röthlichem Backenbarte und beginnender Vorderkopfsglatze.
„Brillanter Witz," lachte der Zweite, ein bleicher Jüng-
ling mit schwarzem Haar.
„Du, Alfons," rief der Erste. „Bezahle für uns
Alle, das ist viel bequemer."
Der mit Alfons angeredete zog eine rcichgespickte Perlen-
börse und zahlte ohne eine Miene zu verziehen mit einer ge-
wissen Nonchalance, die den Kavalier ächter Art kennzeichnet. ^
Dann traten sie ein.
»Ich bin heute kaum zum Scherzen aufgelegt," nahm ^

Alfons das Wort. „Ueberhaupt, wenn das Leben in Hamburg
keine Abwechslung böte, möchte ich hier nicht begraben sein."
„Du kennst Hamburg noch nicht. Theuerster," nahm
der mit dem röthlichen Backenbarte das Wort. „Du wirst
einsehen lernen, daß keine Stadt sich mit Hamburg messen
kann."
Alfons Lippen zogen sich ein wenig verächtlich in die
Höhe, dann erwiderte er:
„Ich glaube kaum, Alexander."
„Nun, warte nur, bis Du unsere Erfahrungen hast.
Sie sind schön, kosten viel Geld," setzte der kleine bleiche
Schwarzhaarige hinzu.
„Ja, Ernst hat Erfahrung," bestätigte der blonde
Alexander mit höllischem Lächeln.
„Horch wie sie drinnen rasen," sagte Ernst. „Ich kann
nicht begreifen, wie ein vernünftiger Mensch noch am Tanzen
Vergnügen und Freude finden kann."
„Freilich," stichelte der Blonde, „wnin die Gehwerk-
zeuge nicht mehr mitwollen, macht so Envas keinen Spaß."
„Immer besser wie Nervenschwäche, die mit Selter-
wasser groß gezogen werden muß," gab Ernst zurück und
bestellte an der Schenke einen Punsch von PLle-Cognac.
(Fortsetzung folgt.)
 
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