Auswärts nehmen für uns auch entgegen dis Annoncen-Bureaux von Kaascnssein L Aogker, Rudolf Masse und G. L. Aauöe L Go., die Süddeutsche Annoncen-Grpediiion
Stöckhardt in Frankfurt, Stuttgart, Berlin, Leipzig, München, Wien, Zürich, Bafel und Straßburg, fowie das Jäger'sche Central-Bureaux für Inserate in Frankfurt a./M.
Inserate von
von K.
Badischer Landtag.
Karlsruhe, 22. Mai. (47. Sitzung der 2. Kammer.
Abendsitzung. Den Vorsitz führt Anfangs Präsident Kirsner,
später Vizepräsident Kiefer.) Eingetaufen ist die Bitte vieler
Einwohner aus 28 Gemeinden um Erbauung einer Eisen-
bahn Leopoldshöhe-Lörrach und Schopfheim-Wehr-Säckingen
betr., übergeben von dem Abg. Geiger.
Nach dem Eintritt in die Tagesordnung (Berathung
des Gesetzentwurfs über die Einkommensteuer) theilt der Be-
richterstatter, Abg. Stösser, mit, die an die Kommission zu-
rückgewiesenen Theile des Art. 3 werden bei dem Art. 9
und 10 ihre Berücksichtigung finden.
Folgt nun die Berathung des Art. 6.
Zu Abs. 2 haben die Abgg. Junghanns, Lender u.
Reichert den Antrag eingebracht, nach dem Worte „auf
Aktien" einzuschalten: „Erwerbs- und Wirtschaftsgenossen»
schäften von größerem kaufmännischen Betrieb."
Der Abg. v. Buß spricht über die Natur und-das
Wesen der Aktiengesellschaften iu ziemlich abfälliger Weise
und nennt die Mannheimer Denkschrift hochtrabend und
verletzend für die Kammer.
Der Abg. v. Feder hebt dagegen die Vortheile und
die günstige Wirkung der Aktiengesellschaften, der soliden
nämlich, hervor, welche mit dem Aktienschwindel nicht ver-
wechselt werden dürfen.
An diese Rebe knüpfte sich nun eine ganze Vorlesung
über die Aktiengesellschaften. Als Dozenten treten auf,
außer den Genannten, noch Geh. Ref. Nicolai, die Abgg.
Friderich, Lenz, Blum, Hug rc.
Der Abg. Hug stellt den Antrag, bei Art. 3 Abs. 4
die Worte „und Dividenden" zu streichen und fügt erläu-
ternd bei, 5 Proz. solle das Maximum dessen sein, was
vom Reinertrag in Abzug kommen soll.
Die Abgg. Blum, Stösser, Friderich und Paravicini
beantragen an Stelle des Art. 3 Abs. 4 zu setzen: „Bei
Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien
besteht das steuerbare Einkommen in dem Reinerträge, ab-
züglich der an die Aktionäre zu vertheilenden Akiienzinsen
und Dividenden." Ferner an Stelle des Art. 6 Ziff. 2 zu
setzen: „Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Ak-
tien. welche im Großherzogthum eine Niederlassung haben,
rücksichtlich desjenigen Theils ihres steuerbaren Reingewinns,
welcher dem Umfange des inländischen Geschäftsbetriebs ent-
spricht."
Nach einer langen, ermüdenden Verhandlung schreitet
das Haus zur Abstimmung. Es zeigt sich aber, daß dieß
bei den vorliegenden zahlreichen Anträgen ein sehr ver-
wickeltes Geschäft ist. Endlich nach zahllosen Bemerkun-
gen und Vorschlägen „zur Geschäftsordnung" ergibt sich Fol-
gendes:
nehmende Hälfte des Antrags gefallen.
Nun tritt als Amendement Hug der Antrag auf, dem
Art. 3 Abs. 4 des Reg. Entwurfes beizufügen: „Dabei
können jedoch 5 Proz. des Aktienkapitals als Schuldzinsen
Vom Reinertrag in Abzug gebracht werden."
Ein Antrag Stösser's, dieses Amendement an die
Kommission zurückzuweisen, wird verworfen, worauf der
Antrag Hug angenommen und beschlossen wird, derselbe
soll auch für Art. 6 II. gelten.
Nach diesen Beschlüssen lautet jetzt der letzte Absatz
des Art. 3: „Bei Aktiengesellschaften nnd Kommanditgesell-
schaften auf Aktien besteht das steuerbare Einkommen im
Reinertrag, welcher als Aktivzinsen und Dividenden unter
die Aktionäre vertheilt oder zur Bildung von Reservefonds
oder zur Schuldentilgung verwendet wird. Dabei können
jedoch rc." (wie oben Amendement Hug).
Es wird nun die Diskussion Betreffs des Reichert'schen
Antrags über die Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften
eröffnet.
Steuerdirektor Regenauer spricht gegen denselben.
Abg. Reichert empfiehlt ihn zur Annahme, wobei er
die Absicht äußert, daß die ländlichen Vorschußvereine von
dem Anträge nicht getroffen werden sollen. Er meine nur
jene Volksbanken, welche ganz dieselben Geschäfte treiben,
wie andere Bankiers auch. Gleichzeitig gibt sich bei dem
Redner (der in Baden einem Spezerei-Geschäfte vorsteht)
eine ziemliche Abneigung gegen die Konsum-Vereine kund.
v. Buß ist gegen den Reichert'schen Antrag.
Die Abgg. Müller von Radolfzell und Roder nehmen
die Vorschußvereine gegen die Angriffe Reichert's in Schutz,
weisen nach, daß sie bei grvßem Umsätze nur einen kleinen
Gewinn abwerfcn, und daß sie eine solche Besteuerung nicht
ertragen können.
Der Abg. Reichert zieht hierauf, Angesichts der Stim-
mung des Hauses seinen Antrag zurück, worauf Art. 6
mit dem Hug'schen Zusatze angenommen wird.
Art. 7 lautet: „Ausgenommen von der Einkommen-
steuer sind:
1) der Großherzog rücksichtlih des Einkommens aus
der Zivilliste, ferner die Milglieder des Großherzoglichen
Hauses rücksichtlich der in Gemäßheit des Apanagengesetzes
vom 21 Juli 1839 gewährt werdenden Bezüge; 2) Offi-
ziere, Aerzte und Beamte des Heeres und der Marine für
die Zeit, während weicher sie mobil gemacht sind oder zur
immobilen Fußartillerie, zu Ersatzabtheilungen mobiler Trup-
pen oder zu Besatzungen im Kriegszustände befindlicher Fest-
ungen gehören, rücksichtlich ihres Militärdiensteinkommens.
Dieselbe Befreiung genießen unter gleichen Verhältnissen auch
die mit Jnaktiuilätsgehalt entlassenen, die zur Disposition
gestellten und die mit Pension verabschiedeten Offiziere, Aerzte
und Beamte der Militärverwaltung hinsichtlich ihres Jnakli-
vitätsgehaltes oder ihrer Pension; 3) Unteroffiziere nnd Ge-
meine des Reichsheeres rücksichtlich ihres Militärdienst-Ein-
kommens; 4) alle diejenigen Personen, deren nach Art. 6
an sich in Betracht kommendes steuerbares Einkommen den
Betrag von 1500 Mark jährlich nicht erreicht "
Wird angenommen mit Vorbehalt der Ziff. 4, bezüg-
welcher die gleichzeitige Berathung mit Art. 9 beschlossen
wird.
Art. 8 lautet:
„Steuerpflichtige, welche im Großherzogthum ihren Wohn-
sitz haben (Art. 6 I. 1 und 3) werden mit ihrem gesamm-
ten steuerbaren Einkommen an dem Ort ihrer Hauptnieder-
lassung, ohne Rücksicht auf die Landrechtsätze 102 Ä und
107 u zur Besteuerung beigezogen. Steuerpflichtige, welche
nicht im Großherzogthum wohnen (Art. 6 I. 2), werden mit
ihrem gesammten steuerbaren Einkommen an demjenigen
Orte des Landes angelegt, woher der größere Theil ihres
inländischen Einkommens fließt. Aktiengesellschaften und Kom-
manditgesellschaften auf Aktien werden am Wohnsitz des
statutengemäß bestellten Vorstandes, beziehungsweise, wenn
dergleichen Gesellschaften ihre Hauptniederlassung im Aus-
land haben, am Wohnsitz des inländischen Geschäftsführers
bcigezogen."
Wird angenommen.
Sodann schließt der Präsident die Verhandlung.
Deutsches Reich.
Werkin, 27. Mai. Die ehemaligen Directoren der
Hypothekencredit- und Baubank, Hildebrandt und Seydler,
sind heute wegen Vergehens gegen das Actiengesetz und
Untreue zu je 1*/, Jahren Gefängniß und Verlust der
Ehrenrechte auf zwei Jahre verurtheilt worden. Der Ge-
richtshof beschloß zugleich ihre sofortige Verhaftung.
Am Dienstag den 26. d. M. Morgens ist in Berlin
der Reichstags- und preuß. Landtagsabgeordnete v.. Mal-
linckrodt an einer Rippenfellentzündung gestorben. Die
ultramontane Partei der dewschen Reichs- und der preuß.
Landesvertretung erleidet dadurch den schwersten Verlust;
ja in Viel weiteren Kreisen, bis znm Mittelpunkt der kaiho-
lischen Welt, dem Vatikan, wird der Hingang dieses Man-
nes als ein empfindlicher Schlag beklagt werden. Der
rüstige Vorkänipfer der Kurie ist nur 53 Jahre alt geworden.
Wertin, 28. Mai. Heute Vormittag fanden in der
Hedwigs-Kirche die Exequien für den verstorbenen von Mal-
linckrodt statt. Der Sarg war vor dem Hochaltar aufge-
bahrt, von brennenden Kerzeu umgeben. Rechts und links
des Katafalks standen viele Mitglieder der Centrumsfraction,
namentlich beide Reichensperger und Windihorst, außerdem
Feuilleton.
Der Armenarzt.
Sechstes Kapitel.
In der Eisengießerei.
(Fortsetzung.)
Ach sie mußte immer Hinblicken nach dem fein geformten
Gesichte des Unbekannten, das sie schon irgendwo gesehen ha-
ben mußte und doch nirgends hinzubringen wußte. Das Bild
des jungen Mannes stahl sich unwillkürlich in ihr Herz, in ein-
samen Stunden stand es vor ihr und wenn sie auf dem
mittäglichen Gange das lebende blühende Original sah, klopfte
ihr Herz laut auf und es war ihr, als wenn der ganze Tag
nur dazu wäre, ihr diesen Anblick zu verschaffen.
Eines Tages, als sie wieder still beobachtend an dem
Gitter des Wagenberg'schen Gartens stand, war durch irgend
welchen Zufall, mochte es die Hand des Gärtners oder der
Wind gewesen sein, das bleibt dahingestellt, die kleine Blät-
teröffnung des Gebüsches, welches Lea barg, durch einen
Zweig verdeckt.
Lea näherte sich dem Gitter und versuchte, den Zweig
zur Seite zu bringen, allein dies Manöver gelang ihr nur
theilweise, sobald sie die Hand vom Zweige ließ, flog dieser
in seine alte Lage zurück und verdeckte den ersehnten Anblick.
Lea brach daher den Zweig ab. Durch das Rasseln
schon aufmerksam gemacht und durch das Geräusch beim
Brechen des Zweiges vollends aufgestört, stürtzte die große
Dogge mit mächtigem Satze über das Gitter und hatte im
Nu das unglückliche Mädchen niedergeworfen.
Lea stieß einen laute» Schreckensruf aus und schloß
die Augen vor Entsetzen, als sie dicht vor ihrem Gesichte
die blutunterlaufenen Augen des Hundes erblickte und den
heißen Athem fühlte.
Wie lange sie in der schreckensvollen Lage zugebracht,
vermochte sie sich nicht mehr zu erinnern, aber als sie wieder
aufblickte, befand sie sich auf der Bank in der schattigen
Laube sitzend und der schöne junge Mann hielt ihre Hand
und bat sie in den rührendsten Tönen um Verzeihung.
Lea schloß die Augen, sie war einer zweiten Ohnmacht
nahe, der Uebergang von dem fürchterlichsten Schreck bis
zur höchsten Freude war zu gewaltig. Wie hätte sie es sich
je träumen lassen, dem abgöttisch verehrten Menschenbilde
nahe zu kommen, wie würde sie daran gedacht haben, daß
dieser Mund je ein Wort zu ihr reden würde. Und nun
hielt er ihre Hand, strich die Haare aus ihrer Stirn und
bat sie um Verzeihung für ein Unrecht, das er nie began-
gen. Hatte sie nicht selber Schuld an dem Vorfall durch
das Brechen des Zweiges."
Lea klagte sich tief an, ihr Vergehen schien ihr entsetz-
lich und doch hielt sie die Augen geschlossen, sagte kein
Wort und glaubte zu vergehen vor einer unendlichen, ni
geahnten Seligkeit. —
Als sie die Augen aufschlug, wagte sie den jungen
Mann anzublicken und als er fragte, ob sie ihm zürne, ant-
wortete sie nur mit einem leise gehauchten „Nein," und als
er versprach, den Hund tödten zu lassen, weil er so unge-
schickt gewesen, ein hülfloses Wesen anzufallen, zuckte sie zu-
sammen und sagte kaum hörbar: „Der Hund ist unschuldig."
Nach einer Weile erhob sie sich und wollte gehen.
„Würden Sie den unglückseligen Vorfall auch wirklich
vergessen können?" fragte der junge Mann. „Und wenn
sie daran dächten, sich meiner ohne Groll erinnern?"
Lea nickte mit dem Kopfe.
„Und zum Zeichen, daß es Ihnen wirklich Ernst ist,
bitte ich Sie noch um Eins. Nehmen Sis diesen Ring
und so oft Sie denselben betrachten, denken Sie daran, daß
Sie mir versprachen, mir keinen Groll nachzutragen."
Und ehe Lea es verhindern konnte, hatte er einen Ring
mit grünem Stein von dem kleinen Finger seiner linken
Hand gezogen und Lea angesteckt. (Fortsetzung folgt.)
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Aintsnerkündignngsvkatt für den Aezirk Schwetzingen.
Badische H o p sc n z e i t n n g.
Allgemeiner Anzeiger für die badische und bayerische Rheinpfalz.
«0. «3.
Samstag, 30. Mai 1874.