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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1874

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August (No. 90 - 102)
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https://doi.org/10.11588/diglit.33305#0383

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M. SS.

Samstag, 15. August 1874.


Inserate va« U«swLrttS nehmen ?ür uns auch entgegen die Rnnoncen-Bureaux von Laaseustein LMogter, . Nudotf Woffe und O. rL. Zauke L tzo., Süddeutsche Kunouceu-Krpeditis«
von G. Stöckhardt in Frästifurt, Stuttgart, Berlin, Leipzig, München/ Wien, Zürich, Basel und StrLßburgi:sowie das ISget'sche Central-Bureaux für Inserate in Frankfurt a./M.

^-»1«/ ' Wochenschau. lAs
Schwetzingen, 13. August.
Fürst Bismarck wird nun bis Schluß unseres Blatte-
wohl in Berlin augekommen sein und seine Anwesenheit in
der Reichshauptstadt wird benutzt werden , um einige Regie-
rungsangelegenheiten zu fördern. Indessen kapn von der
Erledigung größerer Geschäfte schon darum keine Rede sein,
weil von den Ministern nur die^ Herren Graf Eulenburg. Dr,
Falk und Dr. Achenbach in Berlin anwesend sind, alle anderen.,
namentlich aber die Herren Camphausen und Delbrück noch
auf Urlaub sich befinden. Es sind also lediglich Verwaltüngs-
angelegenheiten. die der Entscheidung des Reichskanzlers und
Ministerpräsidenten warten. Dieser ist auch, wie verlautet,
jetzt vornehmlich mit den Sorgen um die auswärtige Politik
befaßt wo wir ihm wieder die Mehrung des Ansehens Deutsch-
lands zu danken haben werden. An der Anerkennung der
spanischen Regierung ist kein Zweifel mehr: das ist die Be-
deutung der Publikation der Nachricht von der Note der
deutschen Regierung, welche die Anerkennung fördert. Fürst
Bismark tritt mit diplomatischen Actio neu stets erst dann an
die Oeffentlichkeit, wenn er zugleich des Gelingens sicher ist.
Der Zustimmung Italiens gewiß, und versichert, daß Oester-
reich und Rußland sich nicht ausschließen werden, hat Fürst
Bismarck der englischen und französischen Politik ein köstliches
pruevenir«- gespielt; beide müssen folgen, um nicht eine gar
zu jämmerliche Rolle zu spielen. Den Hauptschaden trägt
freilich, wie billig, das französische Cabinet, warum, ist keine
Frage. Frankreich erntet in dieser Beziehung wieder einmal
die Frucht der Unterthänigkeit gegen ein System, das . noch
immer den Staaten, die demselben gedient haben, Uneh^e und
Erniedrigung gebracht hat. Statt in der JsoliMg,u'n die
der Krieg von 1870 es versetzt hat, wenigstens die romanischen
Staaten und Völker, Italien und Spanien, die ein natür-
liches Racengefühl zu Frankreich zieht, durch schonungsvolle
Rücksicht auf deren nationale Interessen sich zu verbinden,
hat es sich gerade diese durch Conspiration entfremdet und
der deutschen Politik den willkommenen Anlaß gegeben, durch
Wahrnehmung von deren Ehre sie an sich zu ziehen und so
die Ohnmacht Frankreichs vollständig zu machen. Nun schreit
man wieder über die Jntriguen Bismarcks, erfindet, ggr eine
Allianz desselben mit Italien und Spanien, wo doch nur die
unvermeidlichen Konsequenzen der Dinge vorliegen und die
Fehler der eigene» Verblendung. Wann werden die Fran-
zosen endlich lernen, Politik zu machen nach den Thqtsachen,
statt stach, ihren Wünschen?
Die Nachricht, daß der Kaiser das kriegsgerichtliche frei-
sprechende Ürtheil über den Kapitän Werner bestätigt

hat, ist Vollkommen richtig und hat im ganzest Reiche den
freudigsten Beifall gefunden. Die Bestätigung war kürzlich
an die Admiralität gelangt und von Seilen dieser hat man

jedenfalls dem Bekänntwerden derselben kein HindMiß bereitet,
da es dort erwünscht sein mußte, daß ein tapferer und ge-
schickter Offizier endlich gerechtfertigt' dastehe. Es ist auch
positiv, daß das Urtheil schon vor der Abreise des Kaisers
gefällt war und daß dasselbe schon damals dem ^abinet vorlüg.
Aus welchen Ursachen die Bestätigung so lange hat auf sich
warten lassen, ist sticht bekannt.
Das Durchbrennen Bazaine's kommt gerade gelegest, um
dem ,mit der Ferienflucht der Nationalversammlung einge-
tretenen Mangel an politischen Skandalen, abzuhelfen. Die
ungläubige Welt schüttelt den Kopf über das Erfigniß und
M«nt, daß die Ehrenwächter in Versailles, namentlich der gute
Camerad Mac-Mahon, weniger von jenep Selbstranzionirung
Überrascht waren, als das übrige Publikum. Die Versuche
der officiellen Berichterstattung, die Flucht mit möglichst vielen
romanhaften Momenten auszuschmücken, tragen keineswegs
dazu bei, den Verdacht, abzuschwächen.. Und wenn selbst die
öffentliche Meinung diesmal Unrecht hätte, wenn die stürmische
Nacht, das schwankende Seil, die Blutspuren u. s. w. nicht
blos aus Dumas'schen Romanen entlehnt wären, wer anders
trägt daran die Schuld, als jene Staatscomödianten, die uns
daran gewöhnt hatten, die von ihnen veranstalteten Ehren-
rettungen Frankreichs als Couliffenkünste der schlechtesten
Sorte anzusehen? Der Prozeß Äazaine war eine Farce der
widerlichsten Art. Nur die verblendeM Nationaleitelkeit
konnte glauben, durch die Verurteilung des Gefangenen von
Metz ihre eigenen Sünden, Schwächen und Thorheiten den
Augen der streng prüfenden Geschichte zu entziehen, sich vor
Mit- uud Nachwelt rein zu waschen. Nicht jener furchtbar-
naive Aberglaube, der auf ein schuldiges oder unschuldiges
Haupt die Schicksalslast eines Volkes legt, nicht jene unver-
nünftigen aber gewissensernsten Gottesgerichte, wo der Zufall
zum Richter eingesetzt wurde, sind uns als eine so große
Abirrung erschienen, wie dieses frivole Spiel, welches man
dem französischen Chauvinismus zum Besten gab. Fingirte
Motive der Anklage, eine hieraus gezogene Scheincondam-
' Nation, sie mußten selbstverständlich eine Scheingefangenschäst
und scheinbare Flucht nach sich ziehen. Der Name Bazaine's
wurde mit allem Pech Umwickelt, Mit dem sich die französischen
Heere im Jahre 1870 beklebt hatten, dann ein großes Feuer-
werk gemacht, "welches den Mürschallsstab des Emporkömmlings
verzehrte — und die gealterte Coquette Gloire glaubte, daß
sie ihre Jugendreize wiedergewonnen, ist deren Glanze sie der
erste Napoleon gestellt. Mn'jdie Komödie hat ihren förtstst
lichen Abschluß gefunden, und wir bezweifeln, daß die jetzt
eingelcitete Scheinuntersuchung, mit deren Führung inan den
General Laval betraut hat. irgendwie bemerkenswenhe Re-
sultate ergeben werde, bemerkenswerth -jst der Richlüng, dätz
der Verdacht einer Mitwiflenschaft des Versailler Gouverne-

ments durch beweiskräftige Widerlegung zerstreut wird. Zwar
wurde der Oberst Billetts , der frühere Adjutant Bazaine's,

welcher ihm freiwillig in die Gefangenschaft gefolgt, als an-
geblicher Helfershelfer hei der Flucht verhaftet. Es dürfte
auch sonst noch viel Staub aufgewirbelt werden, um den
eigentlichen Hergang der Dingen zu verbergen. Aber der
Zweck ist erreicht, der Vogel ist entkommen und der Kriegs-
kamerad, gerettet, und wer weiß — in Frankreich ist Alles
möglich, — vielleicht ist in kurzer Zeit Bazaine Richtest und
seine früheren Ankläger die zu Verurtheilenden. Bei uns
in Deutschland wird über die Flucht des alten Marschalls
gelacht, denn das offizielle System Frankreichs verdient nichts
besseres, als die Freiheit RochefortS und Bazainrs, öder besser
gesagt — die Zügellosigkeit und der Schwindel in jeder
Gestalt.
In Frankreich suchen die Ultramontanen und Le-
gitimisten hinsichtlich der spanischen Frage auf mehr indirekte
Weise die Welt mit Schreckbildcrn zu allarmiren, da die
Regierung dem Drucke der äußern Lage nachgeben mußte.
Die legitimistisch-klerikale „Union" verkündet, Serrano habe
den Großmächten feine Absicht kundgegeben, den Golf von
Gascogne in Blokade zu setzen, worauf das Käbinet von
London sofort erwidert habe, daß e^ alsdann ohne Weiteres
die Karlisten als kriegsführende Macht anerkennen würde.
Nach einem Pariser Telegramm wird allerdings die Ankunft
von Kriegsschiffen verschiedener Nationalität im Golf von
Gascogne gemeldet, wie auch nach dem „Moniteur" das
französische Kanonenboot „Oriflämme" zur Verstärkung der
französischen Kreuzer in den spanischen Gewässern dorthin
abgegangen ist. Ob damit im Zusammenhang steht, daß
der deutsche Konsul in Bayonne, Roth, um feine Entlassung
eingekommen, und daß vom auswärtigen Amte bereits der
bisherige Konsul in Marseille, Lindau, zur Wahrnehmung
des erledigten Postens nach Bayonne abgesandt worden ist,
ist aus der kurzen Notiz nicht hinlänglich klar. Auch darüber
gehen die Berichte auseinander, welches der Zweck der An-
kunft Kastelars in Paris sei. Nach den einen fall er dem
Wunsche Serranos um Anerkennung in Versailles Nachdruck
geben, was wohl am natürlichsten wäre. Jedenfalls hat,
wie wir gestern schon gemeldet, der deutsche Botschafter schon
am Samstag im französischen Amte des Auswärtigen die
Anzeige gemacht, daß die deutsche Regierung die spanische
anerkennen Vierde, ohne übrigens die mündliche Anzeige-durch
eine Note zu verschärfen.
Außer der spanischen Frage liegt, nüch ein Alp auf
der Versailler Regierung — die Frage des „Orsnoque",
Und die Pariser Journale liegen sich über dieser Frage in
^'dkU Haaren. Der „FrangaiS" sagt, eS sei falsch, daß die
italienische Regierung die Abberufung des „OrLnoque" ver-
langt habe. „La Presse" behauptet, daß weder der fran-
zösische Botschafter in Rom Reklamationen wegen deS Ore-
noque erhalten, noch Nigra solche gemacht habe. In diplo-
matischen Unterredungen sei nicht davon die Rede und der


Aer Armenarzt.

Fortsetzung.
Die Hitze war so groß, daß selbst die daran-gewöhnten
Arbeiter einige Schritte zurücktraten, als plötzlich Alphons
erschien und laut rief:
„Es ist nicht genug Eisen im Ofen, die Form wird
nicht gefüllt!"
In der That floß die Masse in langsamer werdendem
Strome, der ihm als alten Praktiker sagen mußte, daß ein
Jrrthum stattgefunden hatte.
„Also doch wieder ein Streich, um das Gelingen des
GußeS zu verhindern," rief Alphons.
„Wem sagen Sie das?" schrie Eberhardt, der seinen
Jrrthum einsah, aber ihn nicht eingestehen wollte- „Wer
ist schuld daran? Früher ging ja Alles in Ordnung, nur
Sie mit Ihren neumodischen Einrichtungen bringen hier Ver-
wirrungen."
„Wir sehen, daß wir mit den alten Einrichtungen nicht
weiter kommen," war Alphons Antwort. „Dies ist das

zweite Mal, daß der Guß gehindert wird, ich mache Sie
dafür öerantwortlich, Eberhardt."
„Ich habe keine Verantwortung und will keine haben,"
schrie dieser, „und wenn die Form nicht gefüllt ist, so werfen
wir hinein was wir haben." ünü).. r,,- ^ i .
Bei diesen Worten nahm er die eiserne Stange und
schlug mit derselben nach Alphons, der rasch zurückwich. In
diesem Augenblick entstand ein Gedränge unter den Arbeitern,
„Jetzt ist es Zeit, nieder mit ihm, hoch lebe die Arbeit,,
hinein mit ihm in die Gluth, er hat uns lange genug gemiß-
handelt." -- -
Alphons, der nicht wußte, was geschehen sollte, stand
einen Augenblick verwundert, dan» aber merkte er, daß man
di« Absicht:,hatte, ihn in das glühende Metall, welches in
der Form wogte, hinein zu drängen.
„FeigeMenfchew!«o rief er, „ist das Euer Muth, so
' ^ Ni':'',:: , , ' 7' > 77,, 7 .7

mfh'Hm^Hrie es, „wir wollen frei sein!"
In demselben Augenblick hörte man einen markdurch-
dringenden Schrei.: Aus.der Grube schlugen die Flammen
empor, es rauchte undtzzischte aus derselben und sämmtliche
Arbeiter standen wie vom Blitze getroffen.

Diejenigen Arbeiter, welche hinten standen, hatten ge-
glaubt, das lange vorbereitete Werk sei geschehen, denn sie
waren darin übereingekommen, bei dem Gnße ganz wie durch
Zufall den Volontair in die Gluth hineinzudrängen, nicht
gerade um ihn zu tödten, sondern, wie sie sagten, ihm einen
gehörigen Denkzettel zu geben. ES war dies die Ausführung
eines Gedankens, welchen Kurz gehegt und welchen er Eber-
hardt so lange cingeflüstert, bis dieser ihn zu dem seinigen
gemacht hatte. Nun aber stand der Volontair unversehrt
da und, ein Anderer war hineingefallen in die entsetzliche
Gluth. ' ' ^','7 - - : .
Wer war es, wer von ihnen konnte es sein?
Im ersten Augenblick wußte sich Niemand Rechenschaft
zu geben, dann ober hörte man Eberhardt'S Stimme in Ver-
zweiflung rufen:
„Mein Kind, meine Lea !"
In der That, es war Leo, welche von dem glühenden
Metall verzehrt wurde.
Als sie ruhig hinter dem Pfeiler gesessen hatte sie jedes
Wort, welches in der Fabrik gefallen war, gehört. Jetzt,
da Alphons nicht mehr in ihrer Nähe war, wagte sie es
die Augen aufzuschlagen und verfolgte seine Gestalt.
(Fortsetzung folgt.)
 
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