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Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1874

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Dezember (No. 142 - 154)
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https://doi.org/10.11588/diglit.33305#0579

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Dienstag 8. Dezember 1874,

Erscheint
wöchentlich trei Mal!
Dienst«^, Donnerstag!
upp Samstag.
All« Postanstalten
und Boten nehmen
Bestellungen an. .zM

Amtsperkündigmigsölatt für den Mezirk Schwetzingen.

Viertels. ALiNrieMetit
FUr's Wochenblatt 51 kr
Unterhaltungsblatt 12 kr.
Inserate
die viergespaltene
Petitzeile oder deren
Raum 4 kr.,
Garmondzeile S kr.

Badische H o p s e n) e i 1 u n g.
Allgemeiner Anzeiger für die LMM und bayerische Rheinpfalz.

«0. 145.

Inserate von Auswärts nehmen für uns auch entgegen die Annoncen-BurcauL,vqK;Masenstein L Vogler, Itubolss Masse und Ä. L. Danke L Ko., Süddeutsche Amroncen-Krpeditien
von K. StöLhardt in Frankfurt, Stuttgart, Berlin, Lipzig, München, Wien, Zürich, Basel und Straßburg, sowie das Jäger'sche Central-Bureaux für Inserate in Frankfurt a./M.

* Botschaft des Marschall-Präsidenten.
Di?" in der Nationalversammlung am Donnerstag ver-
lesene Botschaft des Marschall-Pcüsidenten besagt:
! ..Jt^.Aem Augenblicke, in welchem Sie im Begriffe sind,
Ihre iHHeiten wieder aufzunehmen, hat die Regierung die
Pflicht, Ihnen eine Darlegung der allgemeinen Lage des
Landes zu geben , und schulde ich Ihnen auch eine loyale
Kundgebung menltr eigenen Gesinnungen. Ich bin während
Ihrer AbwesenEit bemüht gewesen, meine doppelte Mission
der Befestigung'MS Friedens und der Aufrechthaltung der
Ordnung gewissenhaft zu erfüllen. Keine innere Verwicke-
lung stellt dem Werke der Reorganisation, welchem wir uns
gewidmet haben, sich hemmend entgegen. Meine Regierung
hat keine Gelegenheit verabsäumt, durch Wort und That
ihren festen Entschluß zu bekräftigen, allen Verpflichtungen
treu gerecht zu werden und alle Verträge streng zu respek-
tiren. Diese Politik, welcher Sie immer Ihre Zustimmung
ertheilt und auf welcher wir beharrt haben, hat Pit jedem
Tage unsere Beziehungen mit den auswärtigen Mächten
vertrauenswürdiger gestaltet.. Keine von'diesen Mächten
zweifelt heute an unserem aufrichtigen Wunsche, mit allen
Cabineten friedliche und freundliche Beziehungen zu unter-
halten. Die Botschaft betont die Verbesserung der wirth-
schaftlichen Lage des Landes in Folge der reichlichen Ernte,
welche die industrielle Thätigkeit wiederbetebt habe. . Die
Ausfuhren des Jahres 1874 werden die des Jahres 1873
erreichen. Der den öff.ntlichen Arbeiten gegebene Aufschwung
wird die Anstrengungen der nationalen Arbeit unterstützen.
Der Finanzminister wird Gesetzentwürfe vorlegen, welche be-
stimmt sind, die Reformen der Verwaltung der Finanzen zu
verwirklichen und die fiskalische Gesetzgebung zur Verhütung
von Betrügereien zu vervollständigen. Der Spezialbericht
über die finanzielle Lage wird die Mittel zur Deckung des
Defizits aussetzcn, welches in dem Budget pro 1874 bestehen
blieb. In der Botschaft heißt cs dann ferner: Während
ich einige Departements bereiste, habe ich überall wahrge-
nommen, daß sich mit der Liebe zur Ordnung und dem
Wunsche nach Frieden und Sicherheit das Verlangen ver-
einigt, daß die von Ihnen als unerläßlich anerkannt- Orga-
nisation der Executivgewalt verliehen werde, wie sie aus
dem Gesetz vom 20. November hervorgegangen ist, eine
Kraft, deren sie zur Erfüllung der ihr von Ihnen anver-
trauten Misston benöihigt ist. Fortgesetzt durch verderbliche
Doctrinen aufgeregt, verlangt das Land von Ihnen, daß
der Gang der Regierung gesichert und durch Maßregeln wei-
ser Vorsicht die regelmäßige Ausübung der öffentlichen Ge-
walten garantirt werde. Ich hoffe, daß Sie in diesen so
wichtigen Fragen, über welche Sie demnächst berathen wer-
den, zu einem Einverständniß gelangen werden. Ich mei-

nesiheils werde jede Verantwortung ablehnen und mich jeder
Einmischung enthalten. Meine Regierung dagegen wird es
an ihrer Pfl-cht nicht fehlen lassen. Aber ich will Ihnen
heute schon sagen, wie ich meine Pflichten gegen die Natio-
nalversammlung und gegen das Land auffaffe: Ich habe
die Gewalt nicht angenommen, um den'Bestrebungen irgend
einer Partei zu dienen; ich Verfolgs nur das Werk der
Vertheidignng der Gesellschaft und der nationalen Wieder-
herstellung; ich rufe mir zur Erfüllung dieser Aufgabe, ohne
mich irgendwie excinsio zu zeigen, Jedermann von gutem
Willen, alle diejenigen zur Hülfe, deren persönliche Eigen-
schaften sich vor den gebieterischen Ansorderungen der Gegen-
wart, vor der geheiligten Sache des Vaterlandes verneigen.
Ich wünsche sehr, daß mir die Hülfe keines derselben fehlen
möge; ich reklamire ihn für mich ,m Namen Frankreichs,
dessen Heil und Größe ich ganz allein im Auge habe. —
Auf alle Fälle wird mich Nichts in der Erfüllung meiner
Ausgabe entmuthigen. Am 20. Navembec 1873 haben Sie
mir im Interesse des Friedens, der Ordnung 'und der öffent-
lichen Sicherheit ans sieben Jahre die Erecutivgewalt an-
vertrant. Dasselbe Interesse macht es mir zur Pflicht, nicht
von dem Posten zu desertiren, uns den Sie mich gestellt
haben, und ihn bis znm letzten Tage mit unerschütterlicher
Festigkeil und mit gewissenhaftester Ehrfurcht vor den Ge-
setzen einzunehmen,
Die Botschaft Mac Mahons an die französische Natio-
nalversammlung ist so, wie man sie erwartete. Als ein
übersinnlicher Freier bewirbt sich der Marschall noch-
mals bei der Affemblee um die Befestigung seiner Gewal-
ten, läßt aber zugleich die böse Ahnung dnrchschimmern, daß
ihn dieses Mädchen für alle Prätendenten und Factionäre
auch fernerhin nasführen werde. Das Gefühl von der Nich-
tigkeit der Constituirunzswünsche verleiht auch der Boischäft
einen elegischen Ton, der nur dort von einem energischen
Anschlag abgelöst wird, wo Mac Mahon sich auf die sieben
Jahren steift, während welcher sich Frankreich mit der Lea
des Seplenals begnügen muß. Der Schlußsatz, in dem der
Marschall-Präsident betont, er werde nicht von seinem Posten
deserliren, ist so unzweideutig als nur möglich, während in
den voransgehenden Erklärungen ein Hernmtasten nach rechts
und links sich knndgibt, und die Phrasengewandnng so weit-
faltig ist, daß sich darin die verseh'edensten Tendenzen unter-
bringen lassen. Wuchtig ist wohl noch der Passus, wodurch
Mac Mahon sich jeder persönlichen Initiative hinsichtlich
der constitutionellen Gesetze begibt, eine Resignation, zu der
er erst in letzter Stunde gelangt zu sein scheint, falls die
Versionen über den ursprünglichen Text der Botschaft richtig
waren.
Der erste Entwurf soll nämlich die endliche Organisation
der Executivgewalt als Forderung enthalten haben, die

Feuilleton.

Pie Waöen.
(Fortsetzung.)
Jakob war nicht mehr der starke und schöne junge Mann,
welcher ein Jahr früher mit so hurtigem und sicherem Fuße
die Weiden von Chadelbos und den Wald von Mercoire
durchstrich. Sein Gesicht hatte die Frische der Jugend ver-
loren, seine abgemagerten Züge, seine Bleichheit, seine schwarz-
umrahmten Augen gaben Kunde von seinen Leiden. Und
doch war es auch nicht dieser schreckliche Ausdruck stummer
Verzweiflung, die duldende Haltung eines ungerecht geschla-
genen Wesens, welche er fast beständig von seiner Verhaftung
bis zum Ende seines Prozesses beobachtet hatte.
Was in seiner neuen Gestalt in ihm herrschte, war eine
männliche Resignation, welche nichts gemein hatte mit der
Niedrigkeit seiner Kettengefährien. Unter dieser Livree der
Schande bewahrte er, was in dieser schrecklichen Lage am
schwierigsten ist, das Ansehen und die Haltung eines
Mannes.
Um ihm eine zu heftige Bewegung zu ersparen, hatte
ihn der Commiffar von dem Besuche, den er erhielt benach-

richtigt. Jakob hatte, wie wir wissen, vor seiner Abreise
nach Toulon .in seinem Gefängniß eine Unterredung mit
Susanne. Er kannte schon durch einen Brief des Herrn
von Esterac die Art des Wahnsinns, von der sie betroffen
war. Er hatte daher weder eine zu lebhafte Freude, noch
eine zu schmerzhafte Ueberraschnng.
Ein unsägliches Gefühl malte sich auf seinem Antlitz.
Seine Augen leuchteten von einem so milden Glanze, daß
alle Zeugen dieser Szene mitfühlten, was in seinem Herzen
vorging. Er ging mit offenen Armen auf das junge Mädchen
zu und rief mit erstickter Stimme:
„Susanne! Susanne!"
Sie blickte ihn starr an. War es, um sich an ein
Bild zu erinnern, das noch in ihrer Seele schwebte, wie
in einem zerbrochenen Spiegel? Ein Blitz kam in ihre Augen,
eine leichte Röthe färbte ihre Wangen. Sie that einige
Schritte zu ihm — alle Anwesenden glaubten, sie würde
den Namen Jakobs aussprechen, ihm um den Hals fallen
und in diesem Augenblicke ihre Vernunft wiedererlangen.
Doch so geschah es nicht. Sie war fast in seinen Armen,
als man sie plötzlich, nachdem sie mit ihm einen befremden-
den Blick gewechselt, zurücktreten sah. Ein Schrei entstieg
ihrer Brust und, die Augen verdrehend, rief sie:

schließlich nur als bescheidene Hoffnung hervorzutreten wagte.
Die Siellung über den Parteien, welche sich der Marschall-
Prolecwr seit der jüngsten Absage der Lilienritter beizulegen
sucht, gibt noch keine feste Gewähr, daß er die Männer „von
gutem Willen" wo anders suchen werde, als bei den Kern-
truppen der Mai-Coalitiou. Trotzdem scheint ein Theil deS
linken Zentrums eine Schwenkung der Regierung nach seiner
Seite hin zu erwarten und hat in diesem Sinne die von
Broglie'scher Zweideutigkeit durchhauchten Stellen von der
Vertheidignng der Gesellschaft, und von den verderblichen
Doctrinen, welche das Land aufregen, wenigstens nicht zu
seinen Uugunsten gedeutet. Uno wir glauben selbst, daß
die Nothwenüigkeiten der Lage schließlich Mac-Mahon gegen
die andere Seite zu drängen werden und daß in dieser Bot-
schaft eine Art Rettungsboot gezimmert wurde, worin der
Scptennator im äußersten Falle das sinkende Wrack der
Prütendentenparteien verlassen kann. Aber auch nur diese
Bedeutung möchten wir dem Schriftstücke zumessen, das durch
seine absichilich unbestimmte Fassung zu sehr verschiedenen
Auslegungen führen dürfte. Die Beziehungen zu den aus-
wärtigen Mächten werden in der Botschaft ebenfalls mög-
lichst allgemein behandelt, wodurch es auch allein möglich
war, denselben einen befrieöigenden Charakter zu verleihen.
Während mit Würve ertragenes Unglück dem Getroffenen
Achtung uno Freundschaft erweckt, haben die Lenker des
Volkes, das sich selbst so gerne die große Nation nennt,
bisher nur einen kleinen Sinn bewiesen und sogar Alles
gethan, um sich die zunächststehenden romanischen Schwester-
nalionen zu entfremden. Der Hinweis ans den günstigen
Ausfall der Ernte wird nur schüchtern von der Erwartung
einer Besserung der industriellen und der Handelsverhält-
nisie unterstützt, welche unter dem schwankenden Regiernngs-
systenl',' alle Uebel eines erschütterten Kredits erleiden müssen.
Nach Verlesung der Botschaft wurde über einen Gesetz-
entwurf berathen, welcher Zeugniß für das Bestreben der
Römlinge ablegt, Frankreich in ein dauerndes Vasallenver-
hältniß znm Jesuilismns zu bringen. Es handelt sich in
demselben nämlich um die sogenannte Freigebnng des höheren
Unterrichtes, d. h. um die lyatsichliche Auslieferung desselben
an den Episkopat. Unter diesen Zeichen nimmt die Natio-
nalversammlung ihre Verhandlungen wieder auf, von wel-
chen selbst die höchste sanguinischste Natur kein Heil für
Frankreich erhoffen kann. Es wäre deshalb wirklich zu be-
dauern, wenn die „France" Recht hätte mit ihrer neuesten
Mtttheilnug, daß der Auflösungsgedanke bei der Linken an
Terrain verliere und an seine Stelle das Surrogat einer
partiellen Erneuerung der Affemblee treten dürfte. Das
letztere Mittel wäre doch nur eine Verlängerung der Todes-
zncknngen für die Nationalversammlung, in welcher bereits
jede politische Lebenskraft erloschen ist.
„Das ist er nicht! Das ist nicht Jakob! Man hat ihn
mir genommen!"
„Ja, er ist es, es ist Ihr Bräutigam — er ist Ihrer
würdig — Gott wird ihn Ihnen früher oder später zurück-
geben," sprach der Geistliche und näherte sich schnell Jakob.
Ungeachtet seines Widerstandes ergriff er seine Hände und
legte sie in die Susannens.^
„Nein, nein, er ist es nicht!" wiederholte sie.
„Ach," rief der Galeerensträfling, „sie hat leider recht;
das bin ich nicht mehr, ich bin nicht mehr der Mann,
welchen sie geliebt Hai!"
Und große Thränen rollten ihm über das Antlitz.
Der Commiffar glaubte diese traurige Prüfung abkürzen
zu müssen. „Es ist nichts mehr zu hoffen," sagte er halb-
laut zu Frau von Ribisre.
„Leider! Es ist wahr, ich hoffe nichts mehr," antwortete
sie mit dem Ausdruck einer tiefen Traurigkeit.
Alles war indeß noch nicht zu Ende. Nach einem
Augenblick des Stillschweigens ergriff der Commiffar das
Wort und, sich der Reihe nach an den Sträfling und. an das
junge Mädchen wendend, sagte er ernst-: !
„Wir haben nicht ans das Urtheil zurückzukommen,
aber die königliche Milde kann die Strafe kürzen. Sie
 
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