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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1874

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September (No. 103 - 115)
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https://doi.org/10.11588/diglit.33305#0419

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wöchentlich drei Mal:
Dienstag, Donnerstag!
und Samstag.
Alle Postanstalten
und Boten nehmen
Bestellungen an.


Amtsverkündigungsötatt für den Aezirk Schwetzingen.

Viertels. Abonnement:
Für'S Wochenblatt öl kr.
Unterhalt» ngSblatt 12 kr.
Inserate
die viergespaltene
Petitzeile oder deren
Raum 4 kr.,
Garmondzeile 5 kr.

Badische Hopsen Leitung.
Allgemeiner Anzeiger für die badische und bayerische Rheinpsalz.

«0. 1V5.
Samstag, 5. September 1874.
VIII. Jahrgang.
Inserate von Auswärts nehmen für uns auch entgegen di« Annoncen-Bureaux von Kaasenstein L Mogkcr, Audokf Waffe und K. L. Aauöe L Ko., Süddeutsche Anrroncen-Krpedktion
von K. Stöckhardt in Frankfurt, Stuttgart, Berlin, Leipzig, München, Wien, Zürich, Basel und Straßburg, sowie das ISger'sche Central-Bureaux für Inserate in Frankfurt a./M.
Bestellungen "U—'
werden von allen Postanstalten und unfern Aus-
trägern entgegengenommen.
Bürgermeister Erhard. Die Wsihrede machte einen tiefen
Eindruck, ebenso die Gesangsvorträge aller Gesangvereine.
Der Kapitän der Leibgarde, Generallieutenanl Frhr. v. Laroche,
dankte als ältester anwesender General Namens der Armee
für die den gefallenen Helden erwiesenen Ehren. Die Stadt
ist vielfach beflaggt. Abends ist große Festversammlung. —
Auch in Berlin wäre die Festfeier brillant. Die gesammte
Gardeinfanterie, das Cadettencorps, acht Gardecavallerie-
Regimenter und zwei Gardeartillerie-Regimenter mit gegen
100 Geschützen nahmen an der Parade Theil. Prinz August
von Württemberg commandirte. Der Kaiser, der Kronprinz
und der Prinz von Wales waren anwesend. Die Kaiserin,
die Kronprinzessin, die Prinzessin Friedrich Karl und die
Herzogin Wilhelm von Mecklenburg folgten in Wagen. Die
Straßen sind überall festlich decorirt. Der Kaiser wurde,
wo er sich zeigte, enthusiastisch begrüßt.
Daß eine Partei sich gegen dies- erhabene Feier deS
gestrigen Tages erhebt und wühlt, läßt unS kalt und über-
rascht uns nicht. Wer die Frucht verflucht, soll der daS
Samenkorn segnen, aus dem jene erwuchs? Wer sich ohn-
mächtig einer verhaßten Wirkung gegenüber sieht, soll der
die Ursache loben? Wir sind nicht- so ungerecht, das zu ver-
langen und verzeihen einzelnen Heißsporn dieser Partei ihre
Schmähungen, wie uns der Hohn der Sozialdemokraten und
Demokraten glcichgiltig läßt. DaS einzige Gefühl, welches
uns gestern gegenüber Denen beseelte, die sich Deutsche nennen
und doch nicht umhin können, einen der herrlichsten Ehrentage
des deutschen Volkes zu besudeln, ist Mitleid mit diesen un-
würdigen Gliedern unseres Volkes, welchen der Sinn für
die Größe und Ehre ihrer Nation abhanden gekommen ist.
In dem kleinen Städtchen XionS in der Provinz Posen
haben die kirchlichen Wirren zu höchst bedauerlichen Ruhestö-
rungen geführt. Der Anlaß dazu war folgender: Die Prop-
stei in Xwi'.s war erledigt und wurde durch den Ritterguts-
besitzer Kennemann als Patron auf Grund der Kirchenge-
setze oem Bikar Kubcczak übertragen, einem staatstreuen Prie-
ster, welcher die Verleihung annahm. Der Dekan RzeniewSki
und der dermalige Vikar von XionS verweigerten jedoch die
Herausgabe des KirchenschlüffelS und der Kirchenbücher, wetz-
halb Kirche und Kirchenbücherschrank zwangsweise geöffnet
wurden. Diesen Vorgänge mag sich wohl die ultramontane
Agitation bemächtigt haben, um die Bevölkerung aufzureizen.
Letzten Sonntag bei Beginn des Gottesdienstes drang ein
Volkshaufe, meist aus Bauern bestehend, in die Kirche, trug
Fahnen, Kreuze und Bilder herum und insultirte den neuen
Probst Kubeczak, so daß schließlich Militär von Schlimm re-
quirirt werden mußte. ES ist nur zu wünschen, daß die
Untersuchung die wahren Urheber dieser Exzesse ausfindig
mache und die Strafe nicht bloS die verblendeten Werkzeuge
treffe.
Eine interessante Nachricht, welche den ultramontanen
Konjekturen über die Pariser Reise des Königs Ludwig von
Bayern ein drastisches Dementi entgegengestellt, kommt der
Wiener „Presse" soeben aus München zu. Danach sind
einige Tage vor der Abreise des Königs von Schloß Berg
aus telegraphische Mittheilungen an den Fürsten Bismarck
nach Barzin abgegangen und von dort auf gleichem Wege
beantwortet worden.
Der „Petit Moniteur" will bezüglich der Untersuchung
wegen der Entweichung Bazaines erfahren haben, es sei kon-
statirt, daß Bazaine durch ein Wallthor gelaffen wurde und
sich in einem Boot an Bord deS ihn erwartenden Dampf-
schiffer begab. Die romantische Erzählung der Frau Bazaine,
die Entweichung durch einen Dohlen und da§ gefahrvolle
Herablaffen an einem Seil sei eine Fabel, nur ersonnen,
um die Mitschuld des Gefängnißpersonals zu verbergen.
Die militärische Besatzung deS Forts, sowie der Kommandant
sollen unschuldig sein. Einem Kerkermeister der von dem
Obersten Billette bestochen worden sei, falle die Hauptschuld
zu; außerdem sei eine Schildwache durch einen Gefängniß-
wärter zu einem disziplinwidrigen Verhalten verleitet worden,
um die Flucht zu ermöglichen. Gegen alle beteiligten Per-
sonen soll Anklage erboben werden. Neuerdings wurde auch
Kapitän Doinau in Nizza wegen Verdacht der Mitschuld bei
der Flucht Bazaine'S verhaftet. Doinau ist der Offizier,
welcher vom Asfisenhof in Oran wegen Betheiliguug an einer
Mordthat zu Tode veruriheilt, von Napoleon III. aber be-
gnadigt wurde.
Eine recht unangenehme Wendung scheinen nachträglich
noch die Negerkrawalle in Nordamerika nehmen zu wollen.
Einem Telegramm der „Jndep. belg." aus New-Pork, 27.
August zufolge hätte» die Neger in Trenton (Teneffee) sich
organisirt und drohten alle Weißen auSzurotten. Die Letzte-
ren dagegen sollen sechszehn Neger, die sie zu Gefangenen
gemacht, ohne Weiteres hingerichtet haben.
Deutsches Reich.
Sein« Majestät der Kaiser und König haben mittelst
Allerhöchster KabinetS-OrdreS vom 20. August Folgendes Allergnä-
digst zu bestimmen geruht: Der Assistenzarzt 2. Klaffe vr. Feiber
vom 1. Badischen Leib-Grenadier-Regiment Nr. 109 scheidet au? und
tritt zu den Berzten der Reserve der 1. Bataillons (Kirn) 7. Rheini-
schen Landwehr-Regiment; Nr. 69 über. Die Unterärzte vr. Bischoff
desselben Regiment; und vr. Kunze» des 1. Oberschlesischen Jnsanterie-
Regiment; Nr. 22 werden zu den Assistenzärzten 2. Klaffe, der Assi-
stenzarzt 2. Klaffe vr. Slocin vom 3. Badischen Fnsänterie-Regiment
Nr. 3 zum Assistenzarzt 1. Klaffe und der Unterarzt der Reserve vr.
Frey vom 1. Bataillon (Bruchsal) 3. Landwehr-Regiment; Nr. 111
zum Assistenzarzt 2. Klaffe der Reserve befördert. Der Assistenzarzt
2. Klasse Vr. Wald vom 2. Badischen Feld-Artillerie-Regiment Nr.
30 wird zum Hannoverschen Füsslier-Regiment Nr. 73 versetzt. Der
Assistenzarzt 1. Klaffe der Reserve vr. Fröhlich vom 2. Bataillon
(Wohlau) 1. Schlesischen Landwehr-Regiment; Nr. 10 wird im aktiven
SanitätStorp;, nnd zwar al; Assistenzarzt 1. Klaffe bei dem 2. Ba-
dischen Feld-Artillerie-Regiment Nr. 30 angestellt.
' Wochenschau.
Schwetzingen, 3. September.
ES war «ine erhebende Thalsache, daß gestern im ganzen
deutschen Vaterlande ein allgemeines Nationalfest gefeiert wurde,
daß Nord und Süd, daß Sachse, Bayer, Preuße, Schwabe,
alle die sonst so uneinigen Söhne der Mutter Germania sich
in dem Gedanken an Deutschlands Macht, Größe und Einheit
zusammengefunden, zusammengefunden zur würdigev Begehung
eines TageS der mit goldenen Buchstaben im Buche der
deutschen Geschichte verzeichnet sein wird. Wir begrüßen eS
aufrichtig, wenn, wie rS immerhin da und dort geschehen
ist, auch die Ultramontanen sich der Feier angeschlossen. So
haben wir doch wenigstens einen Tag im Jahre, wo wir deS
innern Haders vergessen dürfen und uns noch durch ein ge-
meinsames Band mit unfern Gegnern und Feinden verbunden
fühlen. Im nächsten Jahre wird sich hoffentlich die Grund-
idee deS Feste? noch reiner offenbaren und der Parteigegensatz
vollständig verschwinden. Aus allen Städten und zahlreichen
Ortschaften Badens laufen Festberichte ein; aber Schwetzingen,
mit ihren Einwohnern sie haben gezeigt, daß sie nicht zurück-
bieiben, wenn «S gilt den patriotischen Gefühlen Ausdruck ^
zu verleihen. In der Liste derjenigen Städten Badens,
welche diese Feier so würdig, so herrlich und mit dankbarer
Erinnerung an alle Jene, welche mitgewirkt, daß wir jetzt in
der glücklichen Lage sind dieses frohe Fest zu begehen, steht
unsere Stadt jedenfalls an hervorragend» Stelle.
Aber auch aus den andern Theilen unseres großen
Vaterlandes kommen Berichte über die festliche Begehung des
SeburlstageS unseres neuen Reiches. In Mainz, der
Residenz des Bischofs Ketteler, welcher sich so sehr gegen diese
Feier gewehrt und — blamirt hat, wurde die Festrede von
einem kath. Geistlichen gehalten. Aus München wird tele-
graphitt: Die Sedanfcier wurde Hierselbst mit Eröffnung
des Kriegerdenkmals in der feierlichsten, erhebendsten Weise
unter großer Theilnahme der Bevölkerung eröffnet. Alle zur
Zeit anwesenden GarnisonSabiheilungen, alle Krieger- und
Veteranen-Bereine der Hauptstadt nebst den Vorständen um-
standen den Festplatz mit Musik-Corps und Fahnen. Ferner
waren anwesend der Generallieutenant des Königs, General-
lieutenant Frhr. v. Jeetze, mit der gesammten Generalität
und dem Offizier-CorpS, die Gesandten Preußens, Sachsens
und Württembergs, der Justizminister v. Faeustle mit Ver-
tretern der anderen Ministerien, die StaatSräthe Daxenbcrger,
Schubert, Fischer und diele andere höhere Staatsbeamte und
Feuilleton.
Aer Armenarzt.
Fortsetzung.
Es war die Lust am Bösen, welche diesen Menschen
beseelte, in Verbindung mit den Ideen, welche Agitatoren
auSstreuten, die im Auftrag Anderer handelten. Er selbst
fühlte, daß er vorläufig durchgefallen sei.
Das aber wußte er nicht, daß einer unter den Leuten
der Wagenberg'schen Fabrik ihn tödtlich haßte, und dieser
Eine war Eberhardi. Dessen Anschauungen waren zu gesund,
seine Augen zu offen, als daß er sich hätte fortdauernd der
Täuschung hingeben können, in welche Kurz ihn mit glatten
Reden gewiegt, jetzt sah er klar und deutlich, wohin ihn
dieser Teufel geführt hatte, und nur der Gedanke, Lea'S
Tod zu rächen, gab ihm die Kraft, ruhig und gemessen zu
erscheinen.
Seiner Frau gegenüber äußerte Eberhardt nichts, nur
einmal sagte er zu ihr:
„Wenn Du nicht hättest Alles anders und besser haben
wollen, dann wäre Alles beim Alten geblieben, dann lebte
unsere Lea noch, dann könnten wir noch froh und zufrieden
sein wie seither, nud es ist mir einerlei, wohin wir ziehen,
unser Glück, unsere Herzensfreude ist für immer dahin mit
Lea."
Frau Eberhardt erwiderte nichts, sie ging, hinaus und
weinte.
Nach dem Gespräche mit Dr. Feldmann süchte AlphonS
Gelegenheit, mit Herrn Wagenberg zu reden. Er wußte aus
Erfahrung, daß nicht jede Zeit hierzu günstig sei, denn oft
hatte er versucht, eine Unterhaltung mit dem Alten anzu-
knüpfen, hatte aber keine Antwort bekommen, so daß er von
selbst jedes Gespräch aufgeben mußte. Herr Wagenberg starrte
dann wie geistesabwesend vor sich hin, murmelte hin und
wieder ein Wort, das nicht im Geringsten im Zusammenhang
mit dem stand, worauf Alphons seine Aufmerksamkeit zu
lenken suchte. Der Volontair dachte, dieses Wesen muß ein
Ende nehmen, ich werde energisch mit ihm sprechen und ihn
aus seiner Lethargie aufrütteln.
ES schien, als wenn die Gelegenheit diesmal günstiger
sei als je, denn auf einige geschäftliche Fragen antwortete
Herr Wagenberg klar uns bestimmt. Seine Ansichten über
die in der Fabrik stattgehabten Vorfälle zeigten, daß er sehr
wohl über das Ganze nachgedacht haben muhte; seine Pp?
ordnungen zeigten von einer klaren Auffassung der Ver-
hältnisse. Nachdem daS Geschäftliche erledigt war. begann
AlphonS:
„Ich muß Sie bitten, mir auf eine Frage eine Ant-
wort nicht zu versagen, denn es handelt sich nicht allein
um mein LebenSglück, sondern auch um die Zukunft anderer
Menschen."
„Ich bin bereit zur Antwort," erwiederte der Alte.
„Nun denn," fuhr AlphonS fort, „itz will Ihnen von
Vorneherein gestehen, daß ich während meiner Anwesenheit
hier in Hamburg mich im Anfänge recht verlassen und einsam
fühlte. Ich hatte Niemanden, dem ich mich hätte ganz an-
vertrauen mögen. Die sogenannten Freunde, welche ich fand,
konnten für mich "nie Freunde werden, es war mir nicht
möglich, ihnen gegenüber rückhaltZlos zu sprechen, mit ihnen
über Dinge zu sprechen, die mein Inneres bewegten. Sie
nannten sich Frennde, waren cs aber nur dem Namen
nach. Hätte ich Jemand Anderes gehabt, ich wäre froh
gewesen."
„Und war Niemand da, an den Sie sich hätten an-
schließen können?" fragte der Alte.
(Fortsetzung folgt.)
 
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