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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1874

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November (No. 130 - 141)
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https://doi.org/10.11588/diglit.33305#0559

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wöchentlich drei Mal:
Dienstag, D»nnerstag>
und Samstag.
Alle Postanstalten
und Boten nehmen
Bestellungen an.


Amtsverkündigungskkatt für den Aezirk Schwetzingen.
Kadisch e H o p s e 11) e i 1 u n g.
Allgemeiner Anzeiger für die badische und bayerische

Birrttlj. Abonnement
Füe't Äochendlatt 81 kr:
ÜnMhaÜünMatt 12 kr.
Inserate
bst viergesdaltene
Petitzeile »der deren
Raum 4 kr.,
Larmondzeile 5 kr.


No. 14V.

Donnerstag 26. November 1874.
.—^ i ,--0,-.4-.:»-.

- Jahrgang.

Inserate von Auswärts nehmen für UNS auch entgegen die Annoncen-Bukeaux von Kaasenstei« L Aogker, Rudolf Masse und H. L. Ztauöe L Ko., Süddeutsche Anaoncen-Krpeditton
von H. Stöckhardt in Frankfurt, Stuttgart, Berlin, Lipzig, München, Men, Zürich, Basel und Strastburg, sowie das ISger'sche Central-Bureaux für Inserate in Frankfurt a-/M.
. . .. H l >l! -. -... »

auf das „Schwe-
tzinger Wochcir-
btatt.

Bestellungen
Badische Hopfenzeitung, für den Monat Dezem
der nehmen noch alle Postanstalten, sowieTaschenboten und
Zeitungsträger entgegen.
K Aus dem Reichstag.
Schwetzingen, 24. November. In der Samstags-
Sitzung des Reichstages führte Herr v. Forck e n -
b e ck wieder den Vorsitz. Nach der Tagesordnung war eine
etwas unruhige Sitzung zu erwarten, eS scheint jedoch Alles
ganz friedlich verlaufen zu sein. Die Interpellation des
clsässtschen Abgeordneten Minierer betr' das Verfahren ge-
gen einzelne Obtanten wurde durch den Bundeskommissär
Herzog einfach und sachgemäß beantwortet. Bei der spä-
ter folgenden Berathnng des Antrags Liebknecht betr. die
Aussetzung der Strafhaft gegen zwei sozialdemokratische Ab-
geordnete spielte der Abgeordnete Windthorst auf die Verhaf-
tung des Grafen Arnim an und rief dadurch eine schlag-
fertige Entgegnung Bismarck's hervor. Er sprach: „Der
Herr Vorredner veranlaßt mich, gegen meine ursprüngliche
Absicht, mich mit einigen Worten in die Debatte zu mischen,
dadurch, daß er die Häufigkeit der Einsperrungen, die That-
sache, daß es sich sehr häufig wiederholt, daß Leute in das
Gefängniß kommen, in einer Art und Weise vortrug, als
wenn sich daraus ein Vorwarf gegen einzelne Regierungen
oder gegen die Reichsregierung begründen ließe, einer von
diesen Vorwürfen, die nicht ausdrücklich ausgesprochen wer-
den ; man überläßt dem Leser, daß an all diesen Nebeln
irgend eine Ungerechtigkeit des Reiches oder der Regierungen
Schuld wäre, zwischen den Zeilen zu lesen. Es genügt da-
zu der Vortrag mit dem Tone sittlicher Entrüstung. Ein
Schuldiger muß doch sein, und als schuldig, sobald die An-
klage von der Stelle des Vorredners und des ersten Herrn
Redners ansgeht, denkt man sich natürlich die Regierung.
Ich möchte diesem Eindruck doch mit wenigen Worten ent-
gcgentceien, indem ich sage: wenn sehr viele Beispiele vor-
liegen von, ich wiederhole den Ausdruck, Einsperrnugen —
denn ich finde kein entsprechendes Substanlivum, was ich
aus Gefängniß bilden könnte —, wenn das also sehr häu-
fig vorkommt, so ist das allerdings eine sehr bedauerliche
Erscheinung, keineswegs aber ein Beweis, daß die Regierung
nicht ihre Schuldigkeit thäte; der würde erst dann geführt
werden, wenn man auch nur in irgenv einem Beispiele Nach-
weisen könnte, daß die Gefängnißhaft im Widerspruch mit
den Gesetzen verfügt wäre. (Sehr richtig!) Das zu ver-
suchen, hat sich der Herr Vorredner, der letzte sowohl wie
der erste, sehr wohl gehütet; er hat dunkel ein Mißbehagen ,
angedeutet, daß häufig Leute unerwartet in's Gefängniß ge- '

Feuilleton.

Die Waöen.
(Fortsetzung.)
Susanne blickte sie mit einer naiven und erstaunten
Miene an, ging auf den Mann zu, der zur Verurtheilung
Jakobs sehr viel beigetragen hatte, und ohne zu zögern, ohne
daß ihre Hand zitterte, befestigte sie eine hübsche Ros« an
dem Rocke Favernay'S. Dieser war bleicher als sie.
„Es ist klar", murmelten die Anwesenden, „sie weiß von
nichts mehr, das Uebel ist unheilbar."
Susanne machte eine Verbeugung und ging hinaus —
auf der Treppe hörte man sie den reizenden Gesang der
Magali anstimmen, so populär in jener Gegend:
,O Magali, wärst du in den Lüften das Vögclein, so wollte ich
dein Jäger sein, ich würde nach dir jagen, o Magali,
O Magali, wärst du ein schöner Röselein, so wollte ich der
Schmetterling sein, ich würde dich dann küssen, o Magali."
Unter den Frauen, welche dieser traurigen Scene bei-
wohnten, war eine, von fünfunddreißig bis vierzig Jahren,
welche sich ein wenig entfernt gehalten hatte. Ihre Figur
Hot nichts Bemerkenswerthes und man sah leicht aus der

riethen, hat es aber dem Publikum überlaffen, den Misse-
thäter zu erraihen, der eigentlich Schuld daran ist. Ja, m.
H., das ^st, wie bei der Abschaffung der Todesstrafe Je-
mand sagte: Laßt hoch die Herren Verbrecher erst anfangen
mit der Aufhebung des Mordes! Das häufige Einsperren
liegt nicht an Denen, die das Gesetz handhaben und es mit
pflichtmäßiger Strenge und Gleichmäßigkeit handhaben; es
liegt an Denen, die das Gesetz übertreten. (Sehr, richtig!)
Das, was der Herr Vorredner anführte, ist uns ein Beweis,
daß die Gesetzesübertretungen in neuerer Zeit zahlreicher
sind, wie früher, daß die Achtung vor den'Gesetzen.erheblich
geschwunden ist. (Sehr richtig!) Fragen wir uns nun :
woran liegt das ? An der übermäßig gesteigerten Strenge
unserer Gesetzgebung? Das kann man doch nach unserer
neuen Geseßgebvng wahrlich nicht sagew; im Gegentheil,
ich hörte sie vielfach zu großer Milde anklagen. Es liegt
darin, daß die Tendenz der Kritik, die Tendenz der Aufleh-
nung gegen die Gesetze überhaupt Schichten der Gesellschaft
ergriffen hat, in denen sie früher nicht heimisch war; eS
liegt in den hochstehenden Beispielen derer, die vorzugsweise
auf die Achtung vor dem Gesetze halten sollten, die aber in
erster Linie das Beispiel der Mißachtung, der Bekämpfung,
der Gesetze, der Auflehnung, gegen, die Gesetze geben. (Sehr
richtig! Murren im Zentrum.) Diese Beispiele wirken sehr
nachtheilig. Es liegt außerdem wahrscheinlich in den Grund-
sätzen, die auf Erziehung unserer Jugend unter dem in den
letzten 25 Jahren bestandenen Aussichtswesen angewendet
sind. (Gelächter im Zentrum. Sehr richtig! auf den
anderen Seiten des Hauses.) Di« Thatsache ist, daß unter
diesen Einwirkungen eine Verwilderung In unseren sozialen
Verhältnissen cingegriffen ist (sehr gm), die in der neuesten
Lossagung von der Pflicht, den Gesetzen gehorchen, die von
hoher L-telle gegeben sind, nur ihre Bestätigung gefunden
hat. Was übrigens den vorliegenden Fall betriff:, so stunme
ich dann mit dem Herrn letzten Vorredner vollständig überein,
daß sich von den, „Herrn Reichskanzler" sehr wohl erwarten
läßt (Heiterkeit), daß, wenn die Bitte ihm gestellt wird, er
sie bereitwillig erfüllen, wird- und zu ihrer Erfüllung thun
wird, was er kann, um den Herren die Freiheit zu ver-
schaffen, denn solche Reoen, wie die der beiden letzten Herren
Redner, sind ja außerordentlich lehrreich und fehlten uns
seit lange. (Große Heiterkeit.:)"
Herr Windthorst, der Führer des Zentrums mit seiner
scharfen Äeifenznnge, hätte gat daran g rhan, in der Ver-
handlung über die Einsperrnng der Sozialdemokraten zu
schweigen, statt sich sogar zu einer H:rbeiziehnng des Arnim-
schen Falles zu »ersteigen. .Denn mit wahren Keulenschlägen
hat der Reichskanzler ihm und seiner Partei geantwortet.
Die häufigen Verhaftungen seien : die Folge er gehäuften
Gesetzübertretungen — wer kann an der W hrheit dieses
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Einfachheil ihrer Haltung, daß sie nicht bemerlt sein wollte.
Der ganze Reiz ihres Gesichtes bestand in einem unwider-
stehlichen Ausdruck von Sanftmuth und Güte.
Es tyar eine von den Frauen, denen man manchmal
in der Welt begegnet. Anfangs beachtet man sie kaum, aber
wenn ein Zufall uns ihnen nähert, so sehen wir gern dies«
Figur, von der ein inneres Licht auf uns überströmt. ES
ist keine Leidenschaft, aber Liebe, wir wünschten, daß diese
Krau unsere Schwester wäre.,
Diese DaMe folgte Susannen auf dem Schritte nach;
sie holte sie auf der Straße ein und neben ihr gehend,
sagte sie:
„Susanne, mein theures Kiiid, wollen Sie nicht zu mir
kommen, sich ein wenig ausruhen? Sie find en bei Mir lauter
Freunde."
Susanne machte noch einige Schritte, wie eine Maschine,
und blieb dann stehen.
„Kommen Sie," sagte die Dame, „Sie sollen meine
kleine hübsche Marie sehen, sie ist sehr liebenswürdig."
Dasselbe Stillschweigen, dieselbe Unbeweglichkeit Su-
sannens.
„Ach, es ist wahr," sagie sie darauf, „Sie wissen nicht
meinen Namen, ich heiße Frau von Ribiöre.

Satzes zweifeln, wenn er täglich lieSt, wie daS Volk durch
die widerspenstige Geistlichkeit verhetzt und ausgewiegrlt wird?
Es wäre ein Wunder, wenn nicht eine gewisse Gesetzlosig»
keit einreißen würde- wenn-man hört, daß von den auf
die Freiburger Vorschlagsliste gesetzten Geistlichen kein ein-
ziger sich zum unbedingten Gehorsam gegen Gesetz und Ob-
rigkeit verpflichten zu könneN erklärte. Wenn die Unbot»
Mäßigkeit, die Auflehnung, der Aufruhr so hoch oben ge-
predigt wird, so muß nach unten gar Vieles von der Dra-
chensaat absallen. Mit Recht , betonte deßhalb der Kanzler,
daß die Tendenz der Auflehnung gegen daS Gesetz immer
stärker in Gesellschaftsschichten eindringe, deren erste Aufgabe
darin bestehe, die Achtung des Gesetzes zu pflegen, die aber
in erster Linie das Beispiel der Gesetzesmißachtung gäben.
Man hätte sich zu Windthorst, dem alten Büreaukraten, so
vielen Taktes versehen dürfen, daß er die Arnim'sche Sache,
in der die Gerichte in Kurzem zu sprechen haben, von der
Tribüne fferngehalten hätte. Liegt für ihn ein innerer Grund
oder, als Kämpe für ^Arnim aufzutreten, so mußte er sich
sagen, daß das Hereinziehen in den Reichstag die schlechteste
Unterstützung seiner „Freundes" sei; wollte er aber nur
dem vitlgehaßten Kanzler Eines anhaben, so wird er bei
Arnim keinen Dank dafür finden, daß er seine Sache als
Waffe brauchte. Das Einstehen für die Sozialdemokraten,
diese geschworenen Feind der Gesellschaft, hatte denn auch
keine andere Folge, als daß Fürst Bismarck mit -Nachdruck
auf die Verbindung der Ultramontanen mit Jenen hinwies:
„Sie (die Ultramontanen) läugnen die Majestät des Gesetzes
und stehen darum mit den Sozialdemokraten auf demselben
Standpunkte." Es dürfte den Windthorst, Reichensperger
und Genoffen schwer fallen, sich von diesen durch sie provo-
zirlen vernichtenden Vorwürfe zu säubern.
Deutsches Reich.
Baden. Zur Frag- wegen Besetznng des erzbischöf-
lichen Stuhles enthält die „Karls. Zg." folgende offiziöse
Auslassung: Verschiedene Blätter bringen dir-Nachricht, auch
die zweite von dem Domkapitel in Freiburg vorgelegte Liste
für die Wahl eines Erzbischofs sei von der Regierung ab-
gelehnt worden. Wir können nach eingezogenen Erkundi-
gungen diese Nachricht bestätigen ; nur ist Bischof v. Hefele,
wie dies übrigens von einzelnen Blättern bereits richtig be-
merkt wurde, nicht abgelehnt worden, vielmehr hat derselbe
bestimmt erklärt, ei«e Wähl in keinem Falle anzunehmen, »>
so daß, nachdem er in dieser Weise aus der Liste auSge-
schieden war, dir Regierung keinen Anlaß hatte , sich über
denselben jetzt zu äußern. Wenn im Uebrigrn die „Ger-
mania" riud Gesinnungsgenossen das außerordentliche Ent-
gegenkommen der Kurie rühmen und auf das Verhalten der
Regierung den Schein des Gegentheils sollen lassen, so ist

Sic suchte die Hand des jungen Mädchens zu nehmen;
dieses aber zog seine Hand zurück und antwortete nicht, Die
Dame fuhr fort:
„Frau von Ribiöre, Schwester des Herrn vonEsterac,"
sie betonte diesen Namen mit tiefem Gefühl, „Herr von
Esterar, welcher Sir liebt und welcher, so wie Sie, sicher
an die Unschuld Jakobs glaubt. Nun, mein Kind,-! wollen
Sir kommen?" : - . i.
Diesmal leuchtete ein Blitz in Susannens Augen, sie
heftete auf Frau von Ribiöre einen ergebenen und dankbaren
Blick, wie ein Hund, den man liebkos't, nachdem ihn Andere
geschlagen.
Uvd sie antwortete: „Ja."
3.
Versetzen wir uns einen Monat später in ein einfaches
Landhaus in der Nähe von Mendt, an dem Wege nach
Villefort gelegen. - 1
Dieses HauS gehört Herr von Ribiöre. Seiüe Frau
bewohnt es während der schönen Jahreszeit, und. Susanne,
immer von einer'Art Instinkt geleitet, hatte , sich allmälig
daran gewöhnt, fast alle Tage hierherzukommen.
 
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