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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1874

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August (No. 90 - 102)
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https://doi.org/10.11588/diglit.33305#0367

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wöchentlich drei Mal:
Dienstag, Donnerstag!
und Samstag.
Alle Postanstalten
und Boten nehmen
Bestellungen an.


Amtsverkündigungsvlatt für den

Viertels. Abonnement :
Fiir's Wochenblatt 51 kr.
Unterhaltungsblatt 12 kr.
Inserate
die viergespaltene
Petitzeile oder deren
Raum 4 kr.,
Garmondzeile 5 kr.

Badische Hopsenzeitung.
Allgemeiner Anzeiger für die badische und bayerische Rheinpfalz.

No. S2.

Donnerstag, 6. August 1874.

VIII. Jahrgang.

Inserate von Auswärts nehmen sür uns auch entgegen die Annvncen-Bureaux von Kaasenstein L Mogler, Rudolf Waffe und H. L. JauSe L Ho., Süddeutsche Knuonceu-Krpedktion
von K. Slöckhardt in Frankfurt, Stuttgart, Berlin, Leipzig, München, Wien, Zürich, Basel und Straßburg, sowie das Jäger'sche Central-Bureaüx für Inserate in Frankfurt a./M.

auf das „Schwe-
tzinger Wochen-
blatts die Bad.

Bestellungen
Hopfenzeitung" für die Monate August und Se p-
tember werden von allen Postanstalten , Landpostboien u.
unseren Zeitungsträgern, sowie von der Expedition ange-
nommen__—_
Die Einführung der Reichsmark-Rechnung
in Baden.
Hierüber bringt die „Karlsr. Ztg." folgenden Artikel:
Das am 25. d. M. ausgegebene.Gesetzes- und Verordnungs-
blatt hat eine landesherrliche Verordnung vom 17. d. M.
und eine Vollzugsverordnung des Finanzministeriums vom
19. d. M. (Siehe Nro. 89 des Schwetzinger Wochenblattes)
gebracht, wornach auf 1. Januar des kommenden Jahres
dieReichsmark - Rechnung im Lande eingeführt wird.
Diese Maßregel greift so tief in alle Verkehrsverhältnisse
ein und berührt so sehr jeden Einzelnen in allen seinen
wirthschaftlichen Beziehungen, daß sie nicht ohne empfindliche
Störungen ins Leben treten kann. Denn es handelt sich
in noch ungleich höherem Grade, als seiner Zeit bei Ein-
führung des neuen Maß- und Gewichtssystems, um ein
Aufgeben von Vorstellungen und Gewohnheiten, in denen
wir Alle aufgewachsen sind und die um so fester haften,
als sie durch die tägliche, ja stündliche Hebung sich einem
Jeden in unvertilgbarer Weise eingeprägt haben. Der Ueber-
gang wird sich darum nur langsam vollziehen und auch
nach vollendetem Umtausch der alten Münzen gegen die neuen
Reichsmünzen wird es noch geraumer Zeit bedürfen, bis
wir uns in die neue Rechnung eingelebt haben und bis wir
in der neuen Währung nicht nur Zahlung leisten und em-
pfangen, sondern auch in der Thal in derselben zu rechnen,
d. h. zu denken vermögen. Trotz aller Vortheile, die
uuS die Einführung eines streng geordneten, ganz Deutsch-
land gemeinsamen Münzsystems verheißt, und die späterhin
bei einem Rückblick auf das überwundene Münzsystem —
wenn kommende Generationen überhaupt noch Erinnerung
und Verständniß dafür besitzen — in Süddeutschland mehr
als irgendwo, dankbar werden empfunden werden, wird da-
rum die Maßregel, welche in diesem Augenblick von der
Großh. Regierung getroffen worden ist, nicht überall zu-
stimmender Beurtheilung begegnen; namentlich wird dieselbe,
da sie nicht gleichzeitig in den süddeutschen Nachbarstaaten
eintritt. vielleicht als eine verfrühte bezeichnet werden. Die
Großh. Regierung ist sich dessen wohl bewußt und vermag
der Anschauung, daß es zu wünschen gewesen wäre, wenn
Baden den Uebergang der Markrcchnung gleichzeitig mit
ganz Süddeutschland hätte vollziehen können, eine gewisse
Berechtigung nicht zu versagen. Sie hat aber nach reifli-
cher Erwägung des Für und Wider und in der Ucberzcu-

gung, daß die mit dem Uebergang zu der neuen Rechnung
unvermeidlichen Störungen auch in einer späteren Periode
sich kaum in minderem Grade fühlbar machen werden, ge-
glaubt, nicht länger als unbedingt nöthig, zögern zu sollen,
aus dem dermaligen unleidlichen Uebergangszustand heraus-
zukommcn und unser Münzsystem mit dem des überwiegen-
den Theiles von Deutschland und namentlich auch mit dem
für die Handelsbeziehungen unseres Landes so wichtigen
Verkehrsplatze Frankfurt in Uebereinstimmung zu bringen
oder darin zu erhalten.
Wie bekannt, werden nämlich sämmtliche norddeutsche
Staaten, soweit sie nicht schon früher vorgegangen sind, und
außerdem auch das Reich für die gesammte Reichsverwal-
tung, also bei uns im Lande die Militär-, Post- und Te-
legraphenverwaltung, mit dem 1. Januar 1875 die Mark-
rechnung einführen.
Die unerläßliche Voraussetzung, von der unsere Nach-
folge abhängig zu machen war, daß nämlich bis zum Schluß
des Jahres ein genügender Vorrath an neuen Münzen
beschafft werden könne, um unter Zuhilfenahme der Thaler
und Drittels- und Sechstelsthaler (Einmark- nnd Halb-
märkstücke) die im Lande umlaufenden Münzen der süddeut-
schen Währung zum Umtausch zu bringen, kann mit Sicher-
heit als vorhanden angenommen werdest. Die Leistungen
der deutschen Münzstätten bieten hierfür volle Garantie und
ebenso wird es auch möglich sein, das Landespapiergeld
rechtzeitig zum Einzug zu bringen und durch Reichs-Kassen-
scheine zu ersetzen. Mit dem Umtausch der auf süddeutsche
Währung lautenden Noten gegen solche der Reichswährung
hat die Badische Bank bereits begonnen. Wesentlich erleich-
tert wird aber der Uebergang werden, wenn auch das Pu-
blikum seine Hilfe dazu leiht und die Mühe nicht scheut,
die Münzen der süddeutschen Währung gegen Reichsmünzen
oder solche der Thalerwährung umzuwechseln. Für die
groben Silbermünzen und für die Sechskreuzerstücke ist schon
jetzt bei der Generalstaatskasse und allen Bezirkskassen der
Finanzvcrwaltung hierzu Gelegenheit geboten und mit dem
15. November l. I. wird die gleiche Gelegenheit auch für
Groschen und Kreuzer geboten werden, deren Einzug zur
Zeit und so lange der Uebergang zur Rechnung in Mark
und Pfennige nicht unmittelbar bevorsteht, nicht zweck-
mäßig erscheint.
Die Großh. Fittanzverwaltung, welcher zunächst der
Vollzug der tiefeingreifenden Maßregel obliegt, wird es an
Vorkehrungen des Uebergangs niht fehlen lassen; möge»
aber alle Zusammenwirken, diesen Uebergang möglichst rasch
zu vollziehen und damit in tausendfacher Beziehung ein
neues Merkmal der Wiedergeburt unseres Vaterlandes, der
durch keine Grenze zwischen Nord und Süd geschiedenen
Einheit desselben, zum Ausdruck zu bringen.

Deutsches Reich.
Baden. Das Gesetzes- und Verordnungsblatt Nr. 34 vom 31.
Juli enthält: 1) Landesherrliche Verordnung: Die Bestimmung des
EinfsthrungstagS für das Gesetz, besondere Bestimmungen über Ver-
fassung und Verwaltung der Stadtgemeinden und 2) Verordnungen des
Ministeriums des Innern: die Lehraushilfe an Volksschulen und deren
Vergütung; die Theilnahme an dem allgemeinen Schullehrer-Wittwen
und Waisenfond betreffend.
* Schwetzingen, 4. August. Da die katholische n
Gesellevereine gelegentlich des, Kullmann'schen Atten-
tats in den Vordergrund getreten sind, so find jedenfalls
einige Notizen über die Ausdehnung und Einrichtung der-
selben von Interesse. Zur Zeit gibt es, der „Volkszeitung"
zufolge, 553 Gesellenvereine ; davon fallen auf Preußen
149, Baden 27, Hessen 6, Sachsen 7, Württemberg 19,
Bayern 118, also auf das gesammte Deutsche Reich 426;
eine beträchtliche Zahl von diesen besitzen eigenes Haus, als
bessere gesetzliche Ergenthümer, freilich meist irgend ein kirch-
liches Institut oder . eine.-einzelne Person vorgeschoben ist.
Außer jenen gibt es noch in Oesterreich 85, Holland 4.
Schweiz 15,:^in Dänemark, Italien und Egypten je.1 Ver-
ein, so daß die .Gesammtzahl . 533 beträgt. Die Mitglie-
derzahl mag 20, bis 30,000 betragen. Sämmtliche Vereine
stehen unter der Leitung eines Geistlichen (zur Zeit Gene-
ralpräses Schäffer in Köln) ; unter ihm stehen die Diöze-
sanpxäsides, ebenfalls Geistliche, an der Spitze der Vereine
jeder Diözese, Auch die Präsides der einzelnen Vereine
sind Geistliche. Diese. werden vom Diözesanbischof ernannt.
Zwar steht ihnen noch ein Vorstand zur Seite, der sich
durch KooPtqtM ergänzt ; aber seine Gewalt „vereinigt sich
im Präses" und hat eben jener nur „die Stelle eines Fa-
milienrathes" (Z 3 der Statuten). Absolute Zentralisation
und absolute Herrschaft des Klerus ist in der Einrichtung
unverkennbar.
* Schwetzinger», 4. Aug. Eine weitere Stylprobe
zu dem Ton, in dem sich bayerische '-klerikale Blätter über
Andersdenkende gefallen, liefert wieder das leitende „Vater-
land" mit folgender Auslassung: „Der preußische Reptilien-
bischof Reinkens hat im altkatholifchen Dome am Gasteig eine
Predigt gehalten, daß den „Neuesten" vor Rührung und Er-
bauung die Augen tropfen. Hunderte und Hunderte konnten
die Predigt nicht hören, sagt das Reptil allzu bescheiden, denn
es waren circa 175,000 Müncheners die sie nicht hören
kovnten, weil sie es einfach nicht der Mühe werth fanden,
hinauszugehen, um den Geschmierten Bismarcks zu hören,
der da predigte über: „Segnet, die euch fluchen." Richtiger
hätte er sage» sollen: segnet, die euch auslachen, denn über
die qltkatholische Reinkenstruppe kann man wirklich nur lachen.
Hierauf folgte eine altkatholische Katzemnaiermesie. Am lustig-
sten war's aber Nachmittags, wo zu Ehren des Reinkens sich
etliche Preußen, Altkalholiken und Freimaurer zu einer großen
Fresserei zusammenfanden und das „geistige Haupt der Be-

Millrltin.

Der Armenarzt.
Fortsetzung.
Und nun erzählte er dem ruhig Zuhörenden die Erleb-
nisse der Nacht, in welcher er mit verbundenen Augen fort-
geführt wurde, wie er den jungen Mann bewußtlos getroffen
hatte, und wollte schon weiter erzählen, wie ein junges Mäd-
chen dazwischen gekommen sei, welches ihn inständig gebeten
hätte, den für todt Daliegcnden zu retten, als er plötzlich
inne hielt, es kam ihm der Gedanke, wenn er nun das Mäd-
chen, welches er liebte, durch seine Erzählung in einen schimpf-
lichen Verdacht brächte, wenn sie erführe, daß er so an ihr
zweifeln konnte, daß er sie für fähig hielt, ihm nicht die
Wahrheit zu sagen, so mußte sie nie wieder Zutrauen zu ihm
fassen können.
Als er daher plötzlich eine Pause machte, blickte Emilicn's
Vater ihn lauernd an und fragte endlich;
„Und Sie haben noch keinerlei Ahnung, wo Sic ge-
wesen sein können?"
„Nein," antwortete Dr. Feldmann.
„Und wenn ich nun fragen darf, inwiefern ich Ihnen

Auskunft hierüber gebe» kann, so hoffe ich, daß Sie mir
den Grund sagen, weshalb Sie sich gerade an mich wenden?"
„Nun denn," antwortete Dr. Feldmann, der sich in die
Enge getrieben sah, „gerade heraus, in jener Nacht wurde
ich gewarnt von einer jungen Dame, welche plötzlich aus dem
Nebenzimmer trat, und diese junge Dame —"
„Und diese junge Dame?" fragte Emiliens Vater ge-
spannt.
„Gleicht Ihrer Tochter so außerordentlich, daß, sobald
ich sie sehe, ich immer glaube, es könne keine Andere gewesen
sein als sie.
„Sie müssen sich irren," war die Antwort, „das Beste
ist, daß Sie, sobald meine Tochter wieder zurückkehrt. Sie
dieselbe Frage an sie richten, ich bin überzeugt, daß wenn
Sie aus ihrem Munde hören, daß Sic sich täuschen, Ihre
Frage die Antwort findet, die Sie wünschen, denn ich kann
Ihnen pur so viel sagen, um die, Zeit, als jenes Ereigmß
stattfand, war meine Tochter verreist, war sie bei Verwandten
in Wiesbaden."
Dies Alles wurde in einem so ruhigen, sicheren Tone
gesagt, daß Dr. Feldmann keinen Augenblick an der Wahr-
heit des Gesagten zweifelte, ihm fiel eine Centnerlast vom
Herzen und er fragte:

„Wann wird cs mir möglich sein, Ihrer Tochter gegen-
über zu treten und ihr Abbitte zu thun?"
„In der nächsten Zeit," lautete die Antwort, „meine
Tochter ist augenblicklich verreist."
Als Dr. Feldmann sich verabschiedete, bat er nochmals
höflich um Verzeihung und entfernte sich dann.
Im Nebenzimmer hatte Emilie jedes Wort verstehen
können, sie wollte aufspringen, hineinlrctcn in's Zimmer und
rufen: „Du irrst Dich nicht, ich war es, die in jener Nacht
ihre ArMe um Deinen Hals schlang, die Dich bat, Jenen
zu reiten, ich war es, die sticht aufrichtig und wahr gegen
Dich, gewesen ist, aber das Wort ihres Vaters, der gesagt
hatte, baue Dein Glück aus mein Elend, hielt sie zurück und
als Feldmann ging, als sie den freudigen Ton seiner Stimme
vernahm, welchen ihm die unwahre Antwort ihres Paters
verursacht hatte, wstr ihr Entschluß gefaßt, sie yollte ihn nie
wieder sehen, und ihren Vater nicht in's . Elend- stoßen. Es
war ein kurzer, aber harter Seelenkampf, den sie durchmachte,
aber ihr Entschluß stand fest. Sie trat in das Zimmer und
sagte ihrem Vater:
„Feldmann wird nichts erfahren, keine Silbe, es soll
so geschehen, wie Du wünschest."
(Fortsetzung folgt.)
 
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