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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1874

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März (No. 26 - 38)
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https://doi.org/10.11588/diglit.33305#0111

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Amtsverkünbigungsölatt für den Aezirk Schwetzingen.
Badische H s p fe n ^ e i t u n g.
AWemeiuer Anzeiger für die badische und bayerische Rheinpfalz.

28.

Samstag, 7. März 1874.

VIII. Jahrgang.

Jnscrare don Änswärts nchnien fiir uns auch entgegen die Annoncm-Bureaux von Kuasenstein L Mogker, Audots Waffe und H. T- Jaube L Ko., die Süddeutsche Ailnoncen-ßrpedktio»
von H. Stöckljardt in Franksurt, Stuttgart, Berlin, Leipzig, München, Wien, Zürich, Basel und Siraßburg, sowie das ISger'sche Central-Burcaux für Inserate in Frankfurt a./M.

Deutscher Reichstag.
Berlin, 3. Mürz. Reichstagssitzung. Der Reichs-
kanzler übermittelt ein Schreiben, betreffend die strafgericht-
liche Verfolgung eines Herrn Größter wegen Beleidigung
des Reichstages, die derselbe angeblich durch eine Rede in
einer öffentlichen Versammlung zu München begangen. Das
Schreiben gehl an die Geschäftsordnungs-Commission. Der
Antrag wegen Sistirung des Strafverfahrens gegen die
Reichstags-Abgeordneten Mojunke und Sonnemann wird
ohne Debatte angenommen. Es folgt der Antrag Gnerber,
Minierer und Genossen, betreffend die Aufhebung des Z 10
des Gesetzes vom 30. Dez. 1871, welches die Einrichtung
der Verwaltung Eisaß-LoihringenS regelt. Gnerber moii-
virl den Alttrag. Ec rufe den Allmächtigen an, daß er
seine Worte füge, nicht um zu verletzen, sondern um schwere
Klagen vorznbringen. Z 10 enthalte die Hauptbestimmung
des Gesetzes, er lege dem Oberpräsidcnten eine größere
Macht bei, als irgend einem europäischen Monarchen inne
wohne. Die übernommene Bestimmung des französischen
Gesetzes datire aus den Stürmen des Jahres 1849, sei
nur für die nächste und äußerste Gefahr berechnet und
paffe durchaus nicht für die reichsländische Gesetzgebung.
Redner ergeht sich darauf in Anschuldigungen der deutschen
Regierung betreffs Maßregelung der Presse und Ausweisung
elsaß-lothringischer Landesangehörigcn, erinnert an den
Fall Rapp, dankt für die Geduld, womii er angehör! sei
und bitte! um die Annahme des Antrags. BundeS-Com-
missär H rzog bekämpft den Antrag und bittet den Reichs-
tag Namens der Reichs-Regierung, den Antrag abzulehnen.
Der Bundcs-Commiffär legt dar, daß der Belagerungs-
zustand bei der Annexion dcS Reichslandes ein unabweis-
bares Bedltrfmß gewesen sei. Man glaubte, daß die Un-
sicherheit im Lande allmählich weichen würde. Die Re-
gierung mußte Erhebungen über die vorhandenen Revo-
lutionäre anstellen Diese führten zur Nothwendigkeit, jenen
Z 10 in das Verwaltungsgesetz aufzunehmen. Die Resul-
tate der Gewaltherrschaft bestände in der Ausweisung we-
niger Agitatoren und der Unterdrückung der gefährlichsten
Blätter. Der Fall liege anders, als der Vorredner meine.
Rapp habe agitirt, um Elsässer Kinder außer Landes zu
führen und zu Feinden Deutschlands zu machen. Derselbe
habe ferner an der Spitze eines dcmschseindlichcn Vereins
gestanden. Von allen Leidenschaften sei die Anregung des
religiösen Hasses die furchtbarste, daher sei, um den Haupt-
Agitator nach dieser Richtung unschädlich zu machen, Rapp
ausgewicsen. Nur die gefährlichsten Blätter seien unter-
drückt. 200 französische Blätter seien in 8000 Exemplaren
im Elsaß verbreitet. Die Reichslande seien nach wie vor
Erregungen ausgesetzt, welche von Frankreich aus genährt
würben. Die Antipathien gegen Deutschland seinen in der
Rede des Abg. Deutsch im Reichstage glänzend hervorge-

treten, einer Rede, welche kein anderes Parlament mit glei-
cher Geduld angehört hätte. (Sehr wahr!) Vierzehn Tage
nach einer solchen Kundgebung könne man der Regierung
nicht zumuthen, eines jener Mittel auszugeben, welche sie
besitzt, um staalSgefährliche Bewegungen zu unterdrücken.
Nachdem der elsaß-lothringische Abgeordnete Minierer für
den Antrag gesprochen und hervorgehoben hat, die katholische
Kirche werde verfolgt und solle vernichtet werden, beantragt
der Abg. v. Puttkamer Verweisung des Antrages an eine
Commission.
Fürst Bismarck nimmt hierauf das Wort und führt
aus: Ich halte, Angesichts meiner persönlichen Verantwort-
lichkeit, 'mich verpflichtet, meine Ansicht zur Sache zu äu-
ßernd Gegenüber den gehörten Klagen gereicht es mir zum
Trost, daß diese hier nicht in Versailles, vor dem Reichstag
und nicht vor der französischen Nationalversammlung ge-
äußert worden sind, wo man Ihnen im umgekehrten Fall
schwerlich die Rede-Freiheit wie hier gegönnt hätte, und
wenn, wie würde Sie da.S Publikuni auf der Straße be-
handelt haben? Wir haben nicht gehofft, daß die Herren,
welche hier heute sprachen, unseren Einrichtungen zujauchzen
würden. Man mutz sich an fremde Einrichtungen gewöh-
nen. Sind Sie einmal 200 Jahre wieder bei Deutsch-
land, dann wird ein Vergleich zu Deutschlands Gunsten
auSfallen, als dessen Stammesgenoffen Sie heute die freie
Behandlung der deutschen Sprache bekundete. Wir bedurf-
ten des Belagerungszustandes im Reichslande. Ich habe
nicht das Recht, schon jetzt die Machtbefugnisse des Ober-
präsidentcii zu stürzen.
In Frankreich sind 28 Departements im Belagerungs-
zustände. Unstreitig würde Frankreich im Elsaß den Be-
lagerungszustand sortwähren lassen. Reden, wie wir sie
hier von elsässischm Abgeordneten hörten, wurden im Elsaß
nicht gehalten, ob dieß auch ohne Belagerungszustand der
Fall gewesen wäre, bleibt jedenfalls dahin gestellt. Nach-
dem ich die Herren hier kennen gelernt habe, würde ich
meine Verantwortlichkeit schwer schädigen, wollte ich die
Machtbefugnisse üeS Oberpräsidenten schädigen. Bedenken
sie doch, wie wir zur Annexion kamen. Wir brauchten ein
Bollwerk zum Schutze des Reiches. Sie (die Elsässer) sind
durchaus nicht an der Vergangenheit unschuldig. Sie ha-
ben eine Mttschuld an dem ruchlos über uns bereinge-
brochenen Kriege. Sie haben damals nicht protestirt, heute
ist es leicht hier die volle Redefreiheit dazu zu verwenden,
unsere Einrichtungen zu schädigen. Der heutige Antrag steht
nicht außer Zusammenhang mit dem nenlichen. Welchen
Angriffen war Bischof Räß ausgesetzt nur weil er den
Frankfurter Frieden anerkannte? Wenn sie den Antrag
ablehnen, so läge darin ein Vertrauen für das Verhalten
der Regierung, nehmen Sie ihn an, so läge darin ihre
Zustimmung für das bisherige Auftreten und Verhalten

der elsaß-lothringischen Abgeordneten. Im Allgemeinen habe
ich nichts gegen die Beralhung in einer Commission, die
Regierung scheut sie nicht, dagegen halte ich dadurch eine
schnelle Erledigung nicht erzielbar. Beweisen Sie der Reichs-
regierung Ihr Vertrauen durch Ablehnung des Antrages.
(Lebhafter Beifall). Der Abgeordnete v. Puttkammer zieht
darauf seinen Antrag auf Berathung des Antrages in einer
Commission zurück.

Deutsches Reich.
HLerkin, 5. März. Der „Reichsanzeiger" meldet: Der '
Erkältungszustand, woran der Kaiser leidet, nimmt einen
regelmäßigen Verlauf, wird indessen die Wiederaufnahme
der Spazierfahrten in den nächsten Tagen noch nicht gestatten.
Ausland.
London, 5. März. Der „Times" wird aus Paris
ein Schreiben des Prinzen Don Carlo? mikgetheilt, wonach
derselbe beabsichtigt, sofort nach der Einnahme Bilbaos sich
in der dortigen Kathedrale krönen zu lassen, den Eid auf
die Freiheiten Spaniens und auf die Fueros der baskischen
Provinzen abzulegen, eine Regierung unter der Mini-
sterpräsidentschaft Elios zu *constituiren, bei den Mäch-
ten um Anerkennung der Carlisten als kriegführende Macht
nachzusuchen und die Spanier von dem einer andern Re-
gierung geleisteten Eide zu entbinden.

Zur Tabaksteuerfragc.
Die Preise für den letztjährigen Tabak in der Pfalz
haben sich so ungünstig für den Pflanzer gestaltet, daß cS
wahrhaft beklagenswerth ist. Kaum daß die Selbstkosten ge-
deckt werden, von einer entsprechenden Belohnung für Mühe
und Arbeit kann gar keine Nede sein. Diese neueste Er-
fahrung spricht dafür, wie nothwendig eine Aenderung der
Besteuerung ist, soll der Landmann künftig noch den dafür
günstigen Boden bei uns zum Tabakbau benützen.
Diesen, für die Vorderpsalz so wichtigen Gegenstand,
bespricht in eingehender Weise ein Artikel der „A. A. Zig."
aus der Rheinpfalz, der alle Beachtung verdient. Wir lassen
denselben daher hier folgen:
Es ist nun bald ein Jahr, daß man in der Pfalz alles
aufbot, um eine Erhöhung der Tabaksteuer abzuwenden, und
'man ließ damals nichts unversucht, diese als ein Unglück für
Production und Handel geschilderte Steuererhöhung zu be-
festigen. In Folge dieses Steuerprojectes waren die Preise
für alle Sorten Tabak durch die Spekulation sehr hoch ge-
trieben, und konnte ein Zurückweichen beim vorläufigen Ab-
werfeu diese? Projectes einen Verlust für den Handel und
die Fabrikation nicht verhüten. An eine Rückwirkung beim
Verkauf der heurigen Ernte hat man Seitens der Producen-

Feuilleton.
Der Armenarzt.
Roman aus dem Leben einer großen Stadt,
von I. Steinmann.
» Erstes Kapitel.
Der geheimnißvolle Krank«.
(Fortsetzung.)
Ich werde hier unten warten," enlgegnete der Fremde.
„Beeilen Sie sich."
Nach wenigen Minuten war der Docter Feldmann,
in einen dichte» Ueberrock gehüllt, wieder bei dem Frem-
den und beide schritten aus dem Hause."
„Dort drüben hält mein Wagen," sagte der Fremde.
Sie schritten durch den Regen nach der andern Seite
der Straße, wo eine mit zwei Pferden bespannte Kalesche
hielt. Der Wagen stand ziemlich von den nächsten Gas-
laternen entfernt, so daß es dem Doktor kaum möglich war,
das Fuhrwerk und den Kutscher zu erkennen. Sie stiegen
ein.
„Ich bitte Sie", sagte Feldmann, „lassen Sie die
Fenster unverhüllt, ich lieb« dies, Dunkelheit nicht.«

„Die Fenster bleiben, Wie sie sind," erwiederie der
Fremde mit leiser aber fester Stimme. „Ich muß Sic
überhaupt ersuchen, sich ganz meinen Wünschen unterzuord-
nen." Der Ton, in dem dieser Befehl ausgesprochen, frap-
pirte den Dokior umsomehr, als der Fremde vor wenigen
Minuten in seinem Hause furchtsam und ängstlich gewesen.
„Ich hoffe, ich habe mit einem Ehrenmann zu thun,"
sagte Feldman» nach einer Pause.
„Man wird nichts Unrechtes von Ihnen verlangen,"
lautete die Antwort. „Nur Verschwiegenheit über Alles ist
unumgänglich nothwendig."
Feldmann antwortete hierauf nicht, sondern überlegte,
was zu ihn» sei. Schließlich kam er zu dem Resultat,
! nach den Umständen des Augenblicks und seinem Gewissen
i zu handeln.
Der Wagen schien zu fliegen. Längst schon hatten sie
' das holperige Steinpflaster verlassen und fuhren auf ebener
^ Chaussee. Jetzt schien der Wagen sich durch die tiefen Fur-
! cheu eines Sandweges durchzuarbeiten. Nun gingen die
Pferde langsamer. Deutlich spürte Feldmann, daß der
Wagen auf einen Hofraum fuhr und hörte wie die Thüre
zur Einfahrt wieder geschloffen wurde.
Der Wagen hielt. —

„Wir sind zur Stelle," sagte der Fremde.
Feldmann wollte den Wagenschlag öffnen, allein sein
Begleiter hielt ihn zurück:
„Warten Sie gefälligst einen Augenblick und gestatten
Sie mir, Ihnen diese Binde über die Augen zu legen."
Feldmann war nicht besonders erbaut von dieser Zu-
muthung und machte eine abwehrende Bewegung.
„Ich bitte Sie darum."
„Nun denn, in Gottesnamen, aber schnüren Sie nicht
zu fest."
Es war stockfinstere Nacht vor Feldmanns Augen, je-
doch führte sein Begleiter ihn so trefflich, daß er nicht ein
einziges Mal strauchelte. Sie schritten durch mehrere Zim-
mer, deren Fußböden mit weichen Teppichen belegt waren.
Thüren öffneten und schloffen sich. Endlich wurde Halt
gemacht und der Fremde nahm dem Doktor die Binde ab.
Feldmann blickte um sich.
Er befand sich in einem kleinen wohnlichen Gemache,
das warm geheizt, jedoch nur matt erleuchtet war. Das
einzige Fenster war dicht mit Laken und Vorhängen ver-
schlossen und gestattete keinen Blick in die Außenwelt.
(Fortsetzung folgt.)
 
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