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Bezirk Schwetzingen [Editor]; Amtsbezirk Philippsburg [Editor]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1874

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Oktober (No. 116 - 129)
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https://doi.org/10.11588/diglit.33305#0503

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Erscheint
»tchentlich drei Mal
Dienstag, Donnerstag!
uni> Samstag.
Alle Pastanstalten
und Baten nehmen
Bestellungen an.



Amtsverkündigrmgsökatt für den Bezirk Schwetzingen.
adisch e Hopsen Zeitung.
Allgemeiner Anzeiger für die badische und bayerische

Viertelj. Abonnement.
Für's Wachenblatt 51 kr
Unterhaltungsblatt 12 kr.
Inserate
die viergespaltene
Petitzeile oder deren
Raum 4 kr.,
Larmondzeile 5 kr.


M. 12k.

Samstag, 24. Oktober 1874.

VIII. Jahrgang.

Inserate von SlltsWSrts nehmen für uns auch entgegen die Annoncen-Bureaux von Kaasenstein » P-gker, Rudolf Wosse und H. Jauße L Ko., Süddeutsch« Aunoncen-Krpedition
von K. StöLhardt in Frankfurt, Stuttgart, Berlin, Lipzig, München, Wien, Zürich, Basel und Straßburg, sowie das Jüger'sche Eentral-Bureaux für Inserate in Frankfurt a./M.

auf das „Schtve-
tzinger Wochen-
blatt,

Bestellungen
Badische Hopfenzeitung, für die MonateNoVeM-
her L Dezember nehmen noch alle Postanstalten, sowie
Taschenboten und Zeiiungsträger entgegen.
' Wochenschau.
Schwetzingen, 23 Oktober.
Am 16. hat der B u n d e s r ath einen wichtigen Be-
schluß gefaßt. Es soll demgemäß der I u st i z a u s s ch uß
ersucht werden, bezüglich der Zusammensetzung der Kommis-
sion für das Reichszivilehegesetz Vorschläge zu
machen. Die Frage des Reichszivilehegesetzes wird also
wieder in Fluß kommen. Bekanntlich hat der Bundesrath
im abgelaufenen Sommer beschlossen, den vom Reichstag
angenommenen Entwurf eines Zivilehegesetzes abzulehnen
und den Reichskanzler um Aufstellung eines anderweitigen
Entwurfs zu ersuchen. Der Reichskanzler erließ deßhalb
eine Aufforderung an die Regierungen, ihre Vorschläge zur
Abänderung des Reichstags-Entwurfs dem Reichskanzleramt
einzusenden und behielt sich die Einsetzung einer Reichs-
kommission vor, welche auf Grund der von den Re-
gierungen abzugebenden Gutachten den neuen Entwurf eines
Reichszivilehegesetzes ausarbeiten solle. Nun hatten aber
Preußen und Bayern mit ihren Voten bis jetzt zu-
rückgehaltcn. Preußen hat seine Stimme nunmehr abgegeben
und das Votum Bayerns wird demnächst erwartet, so daß,
wenn die Kommission von dem Justizausschuß zusammenge-
setzt sein wird, es nicht unmöglich sein dürfte, daß der Reichs-
tag in der bevorstehenden Session die Berathung dieses Ge-
setzes in die Hand nähme.
Die Frage der Berufung des Reichstags
ist nunmehr endgültig und zwar im Sinne unserer neulichen
Meldung entschieden, daß der Beginn der Session auf einen
der letzten Tage des Monats fallen werde. Die Einberu-
fungsordre, deren Veröffentlichung bereits geschehen ist, lautet
auf den29. d. Der Bundesrath wird freilich seine Zeit sich zu
Rathe halten müssen, wenn es gelingen soll, die beiden
neben den organischen Justizgesetzen wichtigsten Vorlagen, das
Budget und das Bankgesetz fertig zu stellen. Der Militär-
etat ist bis jetzt noch nicht in den Händen der Mitglieder
des Bundesraths und auch der Marineetat, dessen Bera-
thung allerdings nicht viel Zeit in Anspruch nehmen dürfte
ist noch nicht in Sicht. Der Bericht der Ausschüsse über
das Reichsbankgesetz ist allerdings heute schon festgestellt
worden. Derselbe ist aber so umfangreich, daß die Druck-
legung desselben einige Tage in Anspruch nehmen wird.
Gleichwohl nimmt man an, daß die Berathung des Berichts

in dem Plenum des Bundesraths nicht lange auf sich war-
ten lassen werde, da durch die Ausschußberathungen und
durch die Mitthcilung des Resultates der ersten Lesung an
die Regierungen, die Stellung derselben sowohl zu dem Ent-
wurf selbst, als zu den von den Ausschüssen beantragten
Abänderungen, hinlänglich geklärt ist.
Auch Frankreich soll nach der Rückkehr der Na-
tionalversammlung in kleinerem Maßstab sein Analogon zu
dem Arnim-Prozeß erhalten. Es soll bei der Nationalver-
sammlung die Ermächtigung zu einer Verfolgung Rouher's
wegen ungesetzlicher Zurückhaltung diplomatischer Aktenstücke
gestellt werden. Ein ähnlicher Prozeß soll gegen Herzog
Gramont cingeleitet werden. Vorderhand hören wir die
Botschaft wohl, der Glaube aber fehlt.
Marschall Mac - Mahon hat den Herzog von Bsrog-
l i e auf dessen Schlosse besucht. Sprach man schon länger
von dessen Wiedereintritt in das Kabinet, so werden die
Gerüchte aus diesem Besuche neue Nahrung ziehen. Der
Liebling Broglie's, Fourtou, wird immer wieder genannt
als der nächste, der bei einer Modifikation des Kabinets
zum Eintritt Aussicht hätte. Der „offiziöse Moniteur"
schreibt über diese Angelegenheit: Die gegenwärtig umlau-
fenden Gerüchte Betreffs einer Modifikation des Kabinets
beruhen' bis jetzt auf keinen bestimmten Thatsachen. Ohne
Zweifel ist es nicht unmöglich, daß nach demnächster Rück-
kehr der Kammer mehr oder weniger wichtige Verändungen
im Kabinet stattfinden; sie werden aber nothwendiger Weise
von der parlamentarischen Lage abhängen, welche bis jetzt
nicht bekannt ist und erst bekannt werden kann, wenn das
politische Leben wieder in Paris konzentrirt sein wird.
In verflossener Woche schienen die Dinge in Nord-
Spanien eine Gestalt angenommen zu haben, welche auf
ein nicht fernes Aufhören des KarlistenkriegeS einige Hoff-
nung ließ. Die von verschiedenen Seiten stammenden Nach-
richten über Unzufriedenheit und schlechte Disciplin unter
den carlistische» Soldaten wurden als die Anfangssymtome
einer langsam sich vollziehenden Abzehrung der royalistischen
Kräfte aufgefaßt. Wie es sich indeß jetzt herausstellt, waren
jene Nachrichten übertrieben; jedenfalls sind die damals ge-
meldeten Fälle von Insubordination und von Friedensmani-
festationen isolirt geblieben. In wenigen Wochen nun wird
das Winterwetter militärische Operationen in den Gebirgs-
provinzen Nordspaniens sehr erschweren, die Entscheidung des
Krieges daher aller Voraussicht nach wieder um Monate
hinausgeschoben werden. Die Karlisten treten übrigens neuer-
dings wieder mehr aus der in den letzten Monaten gezeig-
ten Unthätigkeit heraus. Sie haben einerseits eine Angriffs-
bewegung gegen Lerin (im südlichen Navarra) gemacht, an-
dererseits ein Vordringen nach Westen, nach Castilien und
Asturien, versucht. Beide Manöver sind allerdings, Madri-

der Depeschen zufolge, mißglückt. Immerhin würde es uns
nicht sehr überraschen, wenn die Lässigkeit ihrer Gegner die
Royalisten zu einer plötzlichen Attakc auf dieselben reizen
würde, schon um derart ihre neu erhaltenen Geschütze einer
Probe zu unterziehen.
Was die Waffenlieferungen an die Karlisten betrifft,
so sind solche allerdings nicht bloß über die französische
Grenze borgekommen. Der Pariser Berichterstatter der „Times"
behauptet, daß ein bedeutender Theil der in letzter Zeit den
Karlisten gelieferten Waffen von Hamburg aus
verschifft worden sei, während andere ansehnliche Sendungen
von Antwerpen abgingen. Der Hergang des Geschäf-
tes, das seinen Mittelpunkt in Lüttich hat, ist nach Angabe
des Berichtserstatters folgender: Bis zum Ende des letzten
Krieges waren Agenten in Bordeaux und an andern Orten
sehr bereitwillig, bedeutende Posten Militärwaffen auslän-
discher Fabriken und Waffenlager der französischen Regie-
rung zu verkaufen. Sobald der Krieg zu Ende war, wurde
naturgemäß eine ungeheure Masse Waffen auf den Markt
geworfen, die zu bedeutend niedrigen Preisen ihren Weg
nach Lüttich fanden. Dort wurden sie von karlistischsn Agenten
angekauft und von deutschen oder belgischen Häfen verschifft.
Dierussischen Blätter schweigen noch immer über
die Bewegung im Südosten des Reiches. Hingegen soll nach
einem Berichte der „Times" der Aufstand der uralskischen
Kosaken bereits unterdrückt worden sein. Ob dieses Resul-
tat mit Waffengewalt erzielt oder ob die Emeute in unblu-
tiger Weise beendet wurde, ist in der erwähnten Quelle
nicht angegeben.
An der persisch-türkischen Grenze finden
fortwährend Räubereien statt, welche persische Unterthanen
auf türkischem Gebiete verüben. Da nun die persische Re-
gierung angeblich die zur Unterdrückung dieses Unwesens er-
forderlichen Schritte unterläßt , so hat jetzt die hohe Pforte
des Commandeur des 4. türkis Yen Armeecorps beauftragt
jeden persischen Räuber durch Soldaten auch dann noch ver-
folgen zu lassen, wenn derselbe sich auf persisches Gebiet ge-
flüchtet haben sollte.
lieber die Ergebnisse der brasilianischen Kam-
mersession, welche vorigen Monat geschloffen wurde, liegen
nun Mittheilungen vor. Aus derselbe» geht hervor, daß
das Kaiserreich der neuen Welt seit dem letzten langwierigen
Kriege mit Paraguay seiner kriegerischen Wehrfähigkeit eine
erhöhte Aufmerksamkeit zuwendct. Fast nur die militärischen
Vorlagen wurden zur Gesetzwerdung gebracht; so die Ar-
mee- und Flotten-Organisation und die Rekrutirungsordnung.
Der Wahlreformgesetzentivurf und andere Vorlagen dieser
Session können erst in der nächsten zur Erledigung gelangen.

Miktion.

^ie Maßen.
(Fortsetzung.)
„Ist Euch vielleicht bekannt," fragte er, „ob Simon
Vernou in der Gemeinde noch andere Feinde hatte, als Jakob
Boucard?"
„Nein, Herr."
„Ihr kennt Niemanden, welcher verdächtig wäre, Simon
gemordet und sein Geld gestohlen zu haben?"
„Niemand."
„Nur der Beutel ist da. Eure Arbeiten nöthigen Euch,
alle Tage draußen auf dem Felde zuzubringen."
»Ja."
„Und es giebt unter Euch Holzschläger, welche täglich
in den Weiden von Lespervelaise und im Walde von Mercoire
umhergehen?"
»Ja."
„Und Ihr habt seit zwei oder drei Tagen nirgends
Jemanden bemerkt, keine verdächtigen Gestalten oder fremden
Roderer?"

„Nein."
„Kein Vagabund von verdächtiger Miene ist im Wirths-
Haus der Couconrde gewesen?"
„Nein."
„Es stimmt Alles," bemerkte leise der Procurator zum
Untersuchungsrichter.
„Ja, um einen Kopf fallen zu lassen," antwortete mit
besonderem Tone Herr von Ribiere, und er fuhr fort:
„Erwögen Sic wenigstens, daß wir in der Ausübung
unserer peinlichen Pflichten selten solchen Seelen begegnen.
Es ist hier ein Verbrechen geschehen, ohne Zweifel, aber ein
Verbrechen, welches durch eine brennende Leidenschaft hcrvor-
gerufen wurde.
„Zu wem sagen Sie das?" erwiderte Favcmoy, der
sich am liebsten die Hände gerieben hätte. Der Prozeß wurde
für ihn sehr interessant und Susanne erschien ihm durch ihre
heroische Lüge wie eine Romanheldin.

Jakob fiel nach dem Verhör in sein Schweigen wieder
zurück und schien entschlossen, darin zu verharren.
Ein Mensch, welcher sich plötzlich in eine so schreckliche
Anklage versetzt sieht, gerätst, in einen Zustand von Rath-

losigkeit und Hoffnung, wo cs ihm immer scheint, als müßt?
irgend ein glücklicher Zufall ihn rechtfertigen, als müßte
seine Unschuld klar vor Aller Auge» stehen. Wenn er sich
aber in dieser Erwartung getäuscht sieht, dann kommt Nacht
und Kälte in diese Seele, welche sich für ein Opfer des un-
glücklichen Znfalls hält. Die Idee des Verbrechens beherrscht
ihn schließlich, ebenso wie die Idee des Wahnsinns sich all-
mälig bei Demjenigen festsetzt, dem man alle Tage sagt, daß
er verrückt sei. Von da ist eS nicht mehr weit bis zu einer
duldsamen Ergebung, und Jakob war nahe daran.
Dieser überzeugende Zustand findet sich selbst bei Menschen
von höherer Intelligenz. Die Bildung Jakob Boiicards ging
nicht viel über die der gewöhnlichen Bauern hinaus, sein
Wissen beschränkte sich nur auf Lesen, Schreiben und Rech-
nen. Für ihn war die Ermordung Vcrnou's ein schreck-
liches Ereignis;, das alle seine Gefühle und Gedanken durch-
kreuzte.
Daß seine Liebe zu dem Mädchen, dessen Hand Simon
begehrte, auf ihn den ersten Verdacht gelenkt hatte, darüber
wunderte er sich nicht. Aber daß das ganze Dorf ihn an-
schuldigte, daß man sagte, es könne keinen anderen Mörder
geben, daß die Beamten ihn sogleich als Verbrecher behan-
delten. daß der Geldbeutel des Tobten in seinem Zimmer
 
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