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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1874

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September (No. 103 - 115)
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https://doi.org/10.11588/diglit.33305#0415

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Amtsverkündigungsölatt für den Dezirk Schwetzingen.

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Raum 4 kr.,
Garmondzeile 5 kr.

Badische Hopsen Zeitung.
Allgemeiner Anzeiger für die badische und bayerische Rheinpsalz.

Fo. 104.

Donnerstag, 3. September 1874.

VIII. Jahrgang.

Inserate von Auswärts nehmen für uns auch entgegen die Annoncen-Bureaux von Kaasenstein L Aogker, Rudolf Waffe und H. T. Dauöe L Ko., Süddeutsche Annoncen-Krpeditkon
von K. StöLhardt in Frankfurt, Stuttgart, Berlin, Leipzig, München, Wien, Zürich, Basel und Straßburg, sowie das ISger'sche Central-Bureaux für Inserate in Frankfurt a./M.

Aus Spanien.
Die kleine kotalonische Veste Puycerda, welche gegen-
wärtig von den Carlisten arg mitgenommen wird, war am
Sonntag noch unbesiegt. Verschiedene Sturmangriffe der
Carlisten wurden abgeschlagen, die durch das Bombardement
angerichteten Schäden stets wieder ausgebessert, Munition und
Lebensmittel eingeschleppt, kurz — es ist zu erwarten, daß
die wackere republikanische Besatzung mit ihren tüchtig mit-
helfenden Weibern ausharrcn kann, bis Entsatz eintrifft.
Eine carlistische Depesche meldet zwar, eine den Belagerten
zu Hülfe eilende Colonnc sei von Tristany zurückgeschlagen
worden; indessen die aus der französischen Umgegend Puy-
cerda's, aus Bourg kommenden Telegramme wissen davon
Nichts zu melden, constatiren vielmehr, daß die Carlisten
schwere Verluste erleiden und das Belagerungscorps am Sonn-
abend sehr schwäche» mußten, um den heranrückenden republi-
kanischen Entsatzcolonnen die Spitze bieten zu können. Der
in jenen Gegenden, in Nordcatalonien, hausende Carlisten-
general SaballS hat indessen die Zahl der durch die „Roya-
listen" verübten Schandthaten um eine neue vermehrt. In
dem catalonischen Orte Valsogona ließ, wie der Telegraph
gemeldet, jene Bestie von 84 gefangenen Zollsoldaten 83 auf
scheußliche Weise niederschießen; nur einem unter den Un-
glücklichen gelang es, zu entkommen. — Auf dem Haupt-
kriegsschauplatze, in Navarra und am obern Ebro, bleibt es
vorläufig verhältnißmäßig ruhig. Was aber an Nachrichten
von dort kommt, lautet — leider — nicht zn Gunsten der
Republikaner. Der Commandeur der Nordarmee klebt am
Ebro in der Gegend von Miranda fest. Seine Soldaten
liegen unthätig umher, werden durch Krankheiten aller Art
schwer geplagt und verlieren mehr und mehr das Vertrauen
zu ihrem Führer. Die Carlisten aber streifen nach allen
Richtungen hin durch das Land, zerstören hier die Eisenbahnen,
erheben dort Contributionen und machen Gefangene; sie
treten mit einem Worte immer kühner und offensiver auf.
So haben sie neulich Haro an der Eisenbahn von Miranda
nach Tudela westlich von Logrono genommen; gleichzeitig
drangen sie in Calahorra, an derselben Bahn östlich von
Logrono gelegen, ein, um Gelder einzutreiben. Auch die
Wegnahme des Ortes Alcocer (Provinz Guadalajara) durch
Carlisten wird gemeldet. Don Alfons endlich mit seinen
Truppen ist in Alcaniz cingerückt. Dieser Carlistenführer
scheint also, gedrängt durch die republikanische Armee des
Centrums, mehr und mehr nach Norden auszuweichen. Alles
in Allem genommen aber geht aus diesen Nachrichten hervor,
daß die Carlisten mit immer wachsender Energie den Krieg
führen, daß sic an Offensivkraft gewinnen — Calahorra z. B.
wurde durch carlistische Cavallerie genommen — und immer
weitere Gebiete auf ihren Raubzügen heimsuchen. An diesen
Thatsachen ändert auch der kleine Sieg nichts, welchen offi-
ziellen Madrider Depeschen zufolge Zabala am 28. August
Feuilleton.
Der Armenarzt.
Fortsetzung.
Nun hatte er einen Blick hineingethan in diese Welt
und sollte wieder zurück in das alte Gefängniß, das um so
schmerzlicher werden mußte, als ihm zur Seite die Erinnerung
saß, ihm von goldenen Träumen erzählte, von den goldenen
Träumen, die jenseits der kalten feuchten Mauern lagen.
Hatte die Welt so mit ihm gebrochen, waren Falschheit
und Treulosigkeit ihm im gleißenden Gewände gegenüber
getreten, so wollte er ganz brechen und nie wieder mit Denen
zu schaffen haben, welche ihn auf das Tvdtlichste verletzt,
da sie seinen Glauben an die Menschheit wankend gemacht
hotten.
Er setzte sich hin und schrieb einen Brief an Emilie,
in welchem er ihr mit wenigen Worten das Vorgefallene
meldete und ihr sagte, daß er das frevelhafte Spiel, welches
sie mit ihm getrieben, verzeihe, daß er selbst wünsche, sie
möge einst Vergessen finden. Die Karte glättete er, legte sie
in den Brief und ließ denselben durch einen Expreßboten an
pen Ort seiner Bestimmung befördern.

beim Dorfe Tuyo, vier Stunden von Miranda erfochten hat.
Sechs carlistische Bataillone sollen dort unter Verlust vieler
Todten und Verwundeten in die Flucht geschlagen worden
sein. Die Madrider Regierung wird alle ihre Kräfte an-
strengen, die spanische Nation jeden waffenfähigen Mann zur
Armee schicken müssen, wenn der unheilvolle Carlistenkrieg
endlich zu Ende geführt werden soll. Daß laue, halbe Maß-
regeln dazu nicht taugen, das haben die Begebnisse der letzten
Zeit wahrlich zur Genüge bewiesen. — In Biscaya bereiten
sich die Carlisten darauf vor, einer Etwaigen Intervention
fremder Mächte entgegenzutreten. Sie haben z. B. die Berg-
werke in jener Provinz geschlossen und die an denselben an-
gestellten englischen und schweizerischen Ingenieure als Geißeln
für alle Eventualitäten nach Durango geschleppt. Die an
der biscayischen Küste jetzt kreuzenden Kriegsschiffe fremder
Nationen werden derart vielleicht in ganz kurzer Zeit ge-
nöthigt werden, zum Schutze ihrer Landsleute in Aktion
zu treten.
Au neuen karlistischen Heldenthaten sind zu verzeichnen:
Die Erschießung der Bürgermeister von Saint-Martin-Well,
Castellfullit und Batet, und ein grausiges Brandopfer in
Larra, zwei Kilometer von Gerona. Hier wurden achtzehn
Freiwillige von den Karlisten in einem Hause lebendig ver-
brannt. Wie der „Jrurac Bat" von Bilbao meldet, spiegeln
die karlistischen Führer ihren unwissenden Haufen jetzt vor,
die fremden Mächte hätten Don Karlos als rechtmäßigen
König von Spanien anerkannt!
Unterdessen hat der sogenannte „erste Staatssekretär
Sr. katholischen Majestät Don Karlos" an seine „offiziösen
Agenten bei den auswärtigen Regierungen" eine Zirkularnote
gerichtet. Dieses kuriose diplomatische Dokument hätte im
Jrrenhause entstehen können, wenn es nicht' im karlistischen
Lager zur Welt gekommen wäre. Am passendsten möchte
man es „Die verkehrte Welt" betiteln. Alle Gräuelthaten,
die nun seit Jahren schon die Banditen des Legitimismus
gegen ihr Vaterland verüben, werden ganz einfach den Re-
gierungstruppen zur Last gelegt, dies mit einer Frechheit
und einer souveränen Verachtung alles Tatsächlichen, daß
man kaum weiß, worüber mehr sich wundern, über die Lügen
selbst oder über die Naivetät des Lügners. Die „königliche"
Armee, welche die katalanischen Gefilde zu ihrem Uebungsfeld
auswählte, ermüdet sich dagegen in Handlungen erhabenster
Tugend und reinster Uucigenuützigkeit. Sie ist es, welche
für das Heil des sterbenden Vaterlandes in den Kampf, für
die Prinzipien der gesellschaftlichen Ordnung in den Tod geht.
An ihrem baldigen Siege ist nicht zu zweifeln,. dafür steht
der „König", dafür bürgt seine großartige versöhnliche und
anziehende Politik. Genug des lächerlichen Kauderwälschs!
Es liegt eine zu bittere Komik in der Thatsache, daß Don
Karlos, der Briganten-Chef. von gesellschaftlicher Ordnung
und von Versöhnung deklamiren kann, während die Leichname
Als Emilie den Brief erhielt, als sie das Couqeri
öffnete und die Karte sah, als sie die wenigen Zeilen gelesen
hatte, sank sie mit einem Schrei -zu Boden.
Als ihr Vater kam, fand er sie bleich und resignirt;
sie gab ihm die Karte mit den Worten: »I-s g au ost ksik!«
und wandte sich kalt von ihm ab. Dann sagte sie zu sich
selber:
„Ich will zu vergessen suchen und ich werde das Ver-
gessen finden."
Fünfzehntes Kapitel.
Bergesse«.
In der Wagenberg'schen Fabrik ging es während der
Frühstückszeit und den Mittagspausen nicht mehr so lebhaft
zu. Der traurige Ausgang des Komplottes, bei welchem
es auf den Volsntair abgesehen war, hatte den Besonneneren
die Augen geöffnet, sie sahen ein. was die einseitige Aus-
führung gewisser Ideen zur Folge haben kann. Sie Alle
hatten Lea gern gehabt und ihnen mußte daher der Tod des
armen Mädchens um so schmerzlicher sei».
Am tiefsten jedoch war Eberhardt gebeugt, obgleich
Keiner von ihnen den eigentlichen Beweggrund kannte, der
Lea vermocht hatte, sich zwischen das Opfer des Complottes

von 185 meuchlings erschossenen Gefangenen noch warm find
und fast in allen Staaten Europas offene oder verkappte
Bewunderer solcher Ehrenthaten herumlaufen.
Deutsches Reich.
* Aus Baden wird der „Fr. P." geschrieben: Die
ultramontanen Blätter unseres Landes, allen voran der „B>
Beob.", können nicht Tinte, bez. Druckerschwärze genug gebrau-
chen, ihren Lesern zu versichern, daß der altkatholische Bischof
Reinkens auf sein er Reise durch unser Land überall einen um
sehr kühlen Empfang gefunden habe. (Von einzelnen dieser
Blätter wird er sogar als Geschäftsreisender betitelt. D. R.)
In die Sprache gewöhnlicher Menschenkinder übersetzt, besa-
gen diese Tiraden über „den kühlen Empfang" nicht anderes
als daß das auf den Knieen herumlungernde Frauenpubli-
kum bei dem Empfange des altkatholischen Bischofs nicht
zur Hand ist, daß die bei dem Empfang der katholischen
Bischöfe sich oft komisch genug ausnehmenden Vorreiter nicht
aufgepflanzt sind, daß keine weißgekleideten Festjungfrauen
als Staffage siguriren u. dgl. Wenn die innerlich freudige,
gehobene Stimmung gewogen werden könnte, in welche die
allerdings der Zahl noch nach kleinen Altkatholiken ihren
Bischof empfangen, so wäre sofort entschieden, daß der wirk-
lich herzliche Empfang auf altkatholischer Seite zu finden
ist. Den Prozessionspomp, die an Menschenvergötterung
streifende Priesterverehrung, den Mißbrauch vor Allem kirch-
licher Feste zu sehr weltlichen Demonstrationen, solches über-
der Altkatholicismus den Ultramontanen. Es dürfte übri-
gens dem Umstand, daß die Schaustellungen und der Pomp
mit Vorreitern, Fahnen, Kränzen und dergl. bei den Bischofs-
reisen nichts als eitle, unwürdige und verwerfliche Demon-
strationen sind, wenigstens in unseren Tagen nur als solche
in Scene gesetzt und dann ausgebeutet werden — es dürfte
diesem Umstand von Seiten des Publikums mehr Rechnung
getragen werden. Die Ultramontanen wollen aus Trauer
über die an der katholischen Kirche verübten angeblichen Ge-
walthaten den Sedanstag nicht als ein Freudenfest mit dem
deutschen Volke feiern. Und an manchen Orten ist man so
toleranzselig schwach, daß man den sich zur Zeit in offener
Auflehnung gegen die Staatsordnung befindlichen Bischöfen
gelegentlich ihrer Firmungsreisen Huldigungen bereitet. Diese
Huldigungen gelten wohl, vorab die, welche in paritätischen
Orten auch von anderen Confessionsgenoffen gebracht werden,
nicht dem Bischof persönlich und »och weniger dem von ihm
vertretenen kirchenpolitischeu Princip. Sie werden aus so-
genannter toleranter Gesinnung dargebracht, denjenigen ka-
tholischen Kirchengenossen zu Liebe, welche auf solchen Promp
bei einer JirmungSreise ihres Bischofs Werth legen. Aber
die Deutung, welche kirchlicherseits der Sache gegeben wird,
ist eine ganz andere. Die bei den Firmungsreisen von Sei-
j teu des Publikums bereiteten Ovationen werden in unseren
und der Ausführung desselben zu stellen, so mochten sie doch
instinktiv fühlen, daß der That ein Motiv za Grunde lag,
welches auf die edlen Regungen des Herzens zurückgeführt
wurde. Während die Andern hin und wieder über die Sache
sprachen, schwieg Eberhard beharrlich und redete mit Keinem,
und Niemand wagte, auch nur eine leise Andeutung fallen
zu lassen, denn der Blick, mit dem er einen der Arbeiter
angesehen hatte, der auf den Tod Lea's zu sprechen kam,
weissagte ihnen nichts Gutes.
Eberhardt selbst ging meistens durch die Fabrik mit
gesenktem Blick, er war aufmerksam in der Ausführu g der
ihm obliegenden Pflichten, er that aber Alles mechanisch wie
im Traum.
Einer aber mied ihn besonders, das war Kurz. Dieser
hatte sich ein anderes Resultat versprochen. Er hätte ge-
glaubt, daß in der Wagenberg'schen Fabrik das Signal ge-
geben worden wäre, auf welches hin sich in weiteren Kreisen
die Opposition gegen das bestehende Verhältniß verbreitet
hätte. Als er nun sah, daß sein Plan mißlungen, brütete
er auf andere Mittel und Wege, seine Pläne zur Geltung
zu bringen.
(Fortsetzung folgt.)
 
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