als den höchst?» Zweck der Welt und alles Daseins auf-
faßte, die Naturwissenschaft nicht blos vernachlässigt, son-
dern als südlich Widerrathen wurde. Später freilich
glaubte man die alten überkommenen Wissenschaften
zu Hülfe rufen zu müssen, um den Inhalt des
neuen Glaubens zu erläutern, zu verteidigen oder
auch tiefer zu begründen; aber da wurde nicht mehr
die" Natur befragt, sondern nur die Bücher. Die christliche
Religion in ihrer Erscheinung als Kirche war jetzt nicht
mehr bwß die einzige Führerin für das sittliche Leben, son-
dern auch autonome Beherrscherin aller Wissenschaft, die sich
nach ihren Glaubenssätzen zu richten hatte. So bürgerte
sich unter ihrem Banner nach und nach eins geistige Tro-
ckenheit ein, ein knechtischer Sinn, der Wahres und Falsches,
Mögliches und Unmögliches nicht mehr zu unterscheiden
Weder den Muth noch die Kraft hatte: Hirngespinste wie
das Suchen nach dem Stein des Weisen, Hexen-, Zauber-
und Tenfelsglauben waren die würdigen Früchte. Und wollte
auch wirklich ein höher strebender Geist sich seiner Men-
schenwürde erinnern und der angelegten Fesseln sich ent-
schlagen, da besaß man in Tortur, Kerker und Holzstoß
Mittel genug, um ihn zum Widerruf oder zum — Schwei-
gen zu bringen.
So die Zustände im Mittelalter. Es bedurfte, um die
Menschheit aus ihrem Schlafe zu wecken, des glücklichen Zu-
sammentreffens großer Ereignisse, wovon die folgenden die
hauptsächlichsten sind:
1) Die Kreuzzüge, in denen die Menschen durch ihren
'Verkehr mit fernen Ländern und Völkern mit fremden Sit-
ten und Lebensanschauungen zum Nachdenken über die eige-
nen Zustände gezwungen wurden; theilweise Aufhebung der
Leibeigenschaft, Grundlegung zu einem freien Bauern- und
Bürgerstand, und dadurch daß der Bürgerfland sich hob und
der Ritteistand immer mehr sank, gegenseitige Annäherung
der Stände, das waren die hauptsächlichsten Früchte der
Kreuzzüge. 2) die Erfindung des Schießpulvers, die dem
Ritterstand, der bisher im Alleinbesitz der Waffen war, den
Lebensnerv durchschnitt. 3) Die Erfindung der Buchdrucker-
Kunst, die den Klöstern den größten Theil ihrer Beschäfti-
gung, der Kirche da? Machtgebot über den Geist der Zeit
entzog. Der Schwerpunkt des LehrenS und des Lernens
verschob sich und trat heraus aus der engen Klosterzelle in
die freie Ocffentlichkeit. Zu diesen Thaisachen gesellte sich
ein welterschütterndes Ercigniß: die Eroberung Konstan-
tinopels durch die Türken 1453. Indem jetzt die griechi-
schen Gelehrten und Vornehmen eine Zufluchtsstätte in Ita-
lien suchten und fanden, brachten siedemAbendlande lang vorent-
haltene wissentschaftliche Schätze mit und bewirkten dadurch
ein wunderbares Wiederaufleben der Künste und Wissenschaften.
So wurden jene barbarischen Horden unbewußt Werkzeuge zur
heilsamen Bewegung der Geister. Erinnern wir noch 5) an
die Reformation, wodurch die Menschheit ihrer Bevormun-
dung entrissen und sich selbst wieder znrückgegeben wurde,
so sind alle Hauptsaciorcn wiedergcgeben, die zu einer voll-
ständigen neuen Denkweise der Menschheit erforderlich wäre:..
Die Naturwissenschaft wurde zugleich auf neue Bahnen ge-
lenkt durch die Entdeckung Amerika's. So vereinigte sich
denn Alles, das wiederaufgenommene Studium der Mathe-
mathik der Griechen mit einem neuen Anstoß zu einem
rationelleren Studium der Naturwissenschaften, um auch das
alte Weltsystem, bei dem die Menschheit nahezu anderthalb
Jahrtausende stehen geblieben war, zu durchbrechen nnd ganz
Neues, ganz Unerhörtes, aber — Wahres dafür anfznstellcn.
Kapernicus ist der Mann, der die ersten Schritte dazu that.
(Schluß folgt.)
8 Schwetzingen, 13. März. Mit den Worten : Ende
gut, Alles gut," beginnen wir unfern Bericht über das 4.
und letzte Bbonnemcnts-Concert. Während man über den
Verlauf des 3. stillschweigend hinwegging, müssen wir con-
statiren, daß das gestrige 4. alle Erwartungen überlroffen
hat. Den ersten Theil bildete eine Militär-Symphonie in
6-äur von Hayden, welche Herr Noch die Freundlichkeit
hatte, zu dirigiren. Außer dem 3. Satze (dem lebhaften
Nouustto) nnd dem letzten (krosto), welches applalidirt
wurde, verdienen auch die ersten zwei Sätze (Hlogr«) und
besonders das herrliche J.UoZrstto unsere volle Anerkennung.
Die musikalischen Vorträge des zweiten Theil, dirigirt durch
Herrn Bletzer, wurden mit Beifall aufgenommen. Und
nun müssen wir mit großer Wärme auf die Gesangsvor-
träge zu sprechen kommen. Dies thun wir, indem wir
Fräulein Keller und den beiden Herren Max und Otto
Bass ermann ein wohlverdientes stürmisches Bravis-
simo zurufen. Zum Schlüße aber sehen wir uns veran-
laßt, Herrn Boch, sowie sämmtlichen sehr geschätzten Heidel-
berger Dilettanten, durch deren freundliche Mitwirkung die
4 Conzerte zu Stande kamen, nnssrn aufrichtigen Dank
entgegenzubringen. Einen bescheidenen Wunsch knüpfen wir
daran: Auf Wiedersehen im nächsten Jahr.
KoAetttzeim, 12. Mürz. Bei der am letzten
Montag stattgehabten Erueuerungswahl des Synagogen-
rathes der hiesigen israelitischen Gemeinde wurde der seit-
herige Vorsteher Herr A. Alexander beinahe einstimmig
und Hr. Hermann Halle für das zweite ausgetretene
Synagogenralhsmitglied gleichfalls mit großer Majorität er-
wählt. Die Wahl des Herrn Alexander anlangend, hat
die Mehrzahl der hiesigen Israeliten erkennen gegeben,
daß sie dessen seitherige Thätigkeit, welche er der Verwaltung
ihrer Kirche hinsichtlich der dem Zeitgeist angemessenen Or-
ganisation ihres Cultus widmete, dankbar anerkennt. Es
kann dieser Gemeinde nur zur Ehre gereichen, wenn sie ihre
kirchliche Verwaltung Männern in die Hände legt, die auf
der Höhe der Zeit stehend, den zeitgemäßen modernen An-
schauungen sich zuweuden und wir nehmen — obschon wir
der Sache ferne stehen — keinen Anstand, es hier auszu-
sprechen, daß die Vorstandsmahl der israel. Gemeinde Hocken-
heim als eine in jeder Beziehung gelungene, sie ehrende
Thatsache zu bezeichnen sei.
* WarmHeiM, im März. Je näher die Tage unserer
FrühjahrLmärkte herantreten, um so rühriger betreibt das
Markt-Comitc seine Arbeiten, und es fehlt nicht an Anre-
gung dazu. Anerbietungen des Verkaufs von Verloosungs-
gegenständen, Korrespondenzen mit auswärtigen Besuchern
des Marktes, mit befreundeten landwirthschaftlichen Verei-
nen und Gemeindebehörden, Beichassung eines Ausstellungs-
lokals, worin alle angekauften Sachen zur Schau gestellt
werden sollen, und eine Reihe anderer Dinge beleben die
Führung, lieber die am 3. und 4. Mai abzuhaltenden
Pferderennen, welche auf dem Rennplätze zwischen der Secken-
heimcr Chausee und dem Neckar stattfinden werden, können
wir einige vorläufige Miteheiliingen machen Sonntags:
Galoppreiten für deutsche Landwirthe, Eröffnungs-
renn c n für Pferde aller Länder, Osf i c i e r s h ü r d eu-
re n n e n, Jagdrennen für Pferde aller Länder; zwei-
tes I a g d r e n n e n, F l a ch r e n n e n, S t e e p l e-C h a s e.
Montags: Galoppreiten für deutsche Landwirthe,
H e r r e n r e i t e n, Flachrennen, Hürdenrennen
für Pferde aller Länder, Officiers-Jagdrennen,
Badenia-Steeple-Chase. Die größte Distanz ist
600 Meter mit 25—26 Hindernissen. So viel wir wissen,,
betrugen voriges Jahr, neben vier Ehrenpreisen, die Geld-
preise 7800 Mark, dieses Jahr sollen sie dem Verneh-
men nach noch höher sein. Märkte und Messen bringen
Leben.
Konstanz, 12. März. Das Schwurgericht hat den
Oberamtsrichter Beck von Heidelberg und vier milangeklagte
Zeitungsverleger von der Anklage wegen Herabwürdigunn
der katholischen Kirche, begangen in dem sogen. „Scheuerge-
purze l-Artikcl" frngcsprochen.
Aus Nah und Fern.
— Stuttgart, 10. März. Vor einiger Zeit
wurden mehrere Wirthe zu 2 Thaler Strafe verurthrilt,
weil sie den Gästen stets einen „unverschämten Feldwebel"
ans» Bier gemessen hatten. Der Richter meinte, der Schaum
sei zwar auch Bier, aber immerhin nichts von den, Bier,
daS die Gäste verlangten und bezahlen. Das Glas mtzu
voll und zwar bis zum Aichzeichcn voll sein.
— (Ans die Men s n r!) Auf dem Grünen Platz
in Posen fand unlängst zwischen zwei kleinen Schülern ei-
ner stenachbarlen Anstalt ein Zweikampf in aller Form statt.
Dabei zog der eine von ihnen ein hölzerne» Stilet ans dem
Gürtel und versetzte dem Andern einen Kopfhieb, so daß Blut
floß. Dadurch war nach Ansicht der Sekundanten der Streit
geschlichtet; der mitanwesende kleine Paukarzt verband die
Wunde mit gekauter Semmel und Frankfurter Wurst.
— (Ein unnatürlicher Vater.) „Geschah eS
vor nicht gar langer Zeit, erzählt die Ldsh. Ztg., daß in
dem Gasthaus der Isarvorstadt zu München ein Mann mit
drei Kindern einirat und nachdem alle Platz genommen hatten
und auch Bier beschaft war, die Kinder fragte: „Kmdlein
habl'S Hunger ?" „Ja." Mögt's Bratwürste?" „Ja,
Ja." „Kellnerin bringen» ein, zwei, drei Dutzend Brat-
würste ; na, mir könnens auch ein Dutzend bringen, also
vier Dutzend." Die Würste kommen. "So Kinderln, laßts
euch nur schmecken; mögt's ihr auch Brod?" „Ja."
„Kellnerin, Brod." Feierliches Gabelgeklirr. Endlich sind
die Würste »erlügt; vergnügte Gesichter der Kinder. „Na
Kinerln, hat's euch g'schmeck-?" „Ja." „Wollt ihr viel-
leicht noch Würst ?" „Ja, ja." „Kellnerin, noch ein Dutzend."
Auch dieses verschwindet rn der unter der Nase befindlichen
Oe-ffnuug. Der Gast hat soeben ein frisches GlaS bekommen,
da erhebt er sich, nimmt Hut und Stock und sagt zu den
Kindern: „So Kinderln, daß es fein brav seid'» und euch
gut aufsührt; ich komm gleich wieder, ich hol' mir nur
schnell Cigarren." „O, Ja." Fünf Minuten, eine viertel —
ja eine halbe Stunde vergeht, der Mann kommt nicht. Da
spricht der Wirth zu den Kindern: „Aber euer Vater
bleibt lange aus?" „Das ist ja unser Vater nöt; wir
haben da draußen g'spielt; da kommt ein Herr daher zu
uns und sagt: „Kmüerln mögi's keine Bratwürst? Ob
wir die mögen? Wir haben Alle geschrieen: Ja. Da
hat dann der Herr zu uns g'sagi : „So geht's mit mir da'-
rein." Und da sind mir mtt'gangen. Der Wirth aber sagte
und sprach : „O Herrgott ! wenn ich nur den jetzt da hält' —
den schickte ich in's Cafe Paul, dort müßt er's grad so machen."
— Es wird dem „O. B." mitgetheitt, daß der Kassier
der Socialdemokralen zu Offenbach sich mit de r Casse, worin
etwa 500 fl. gewesen sein sollen, unsichtbar gemacht habe.
Hansel, Jnvustrie und Landwirthschaft.
Mannheim, 12. März.
Weizen hierländischer fl. 17. 45., russischer fl. 17. 30—, norddeut-
scher fl. 17. 80—45., amerikanischer fl. 17. 30—56. Roggen fran-
zösischer fl. 14. 15., Gerste hierländische fl. 14. 15 ., russische fl.
12. bis sl. 12. 30., französische fl. 14. bis fl. 14. 30., ungarische
fl. 13. 45. Hafer effekt. neuer fl. 10. 40. bis fl. 11. —. Kernen
fl. 19. —bis fl.-. Kohlreps deutscher fl. 16.30, ungarischer fl.
17. —. bis fl. —. Bohnen fl.13. —. bis fl. 15. — Kleesamen, deutscher,
prima fl. 26. 15., s-kunda fl. —. —. —, Luzerner fl. 26. 15.
bis —- —Esparsette fl. —. —. bis —.
Leinöl in Partien fl. 22. —. bis —. —Faßweise fl. 22
15. bis — . — Rilböl in Partien fl. 19. —. bis—. —.
Faßweise fl. 19 80. bis —. — Petroleum in Wagenladungen fl.
8. 45., Faßweise 9. 16. bis —. —.
Mannheim, 11. März. Der gestrig- Fettvichmarkt
wurde mit 44 Stück Ochsen und 128 Stück Schmalvieh befahren und
kostete: 1. Qualität Ochsenfleich Pr. Centr. fl. 41. 42.
2- - „ „ „ fl. 40. 41.
1. , Schmal-o.Rindfi. „ fl. 40. 41.
2- . „ „ „ fl. 35. 38.
Der Gssammterlös war fl. 33,968. —
Frankfurt, 11.März. Der heutige Heu- und Strohmark t
war ziemlich gut befahren. Heu kostet- per Ctr. 1 fl. 30 bis 2 fl 24.
Stroh per Ctr. 1 fl. 24—45. Butter I. Qual. 40 kr., II. Qual.
— kr. Lappenbutter das Psund im Ctr. 36— kr. Eier das Hundert
8 fl. 53 kr. Kartoffel 200 Z.-Pfd. fl. . —. bis fl. —.
Redaktion, Druck und Verlag von A. Katz in Schwetzing m.
Für Form und Inhalt der Inserate sind nur die Einsender
derselben verantwortlich, nicht die Redaktion.
die Erfolge, selbst beiden schwierigstenKrank-
VvlvYillllsH heiter,, welche durch das b e rü h m t - i l lust-
rirte ou. 260 Selten starke Buch : „Sr. Airy's Naturheil-
methode" erzielt wurden, wir empfehlen dasselbe daher dringend allen
Kranken. Preis nur 86 Kreuzer; zu beziehen durch jede Buchhand-
lung, am schnellsten aber direct von Richters Verlags-Anstalt in Lu-
xemburg und Leipzig.
Kichenverbremrmig.
Wenn die Wiedereinführung de- uralien Gebrauches
der Lcichenverbrennnng von der jüngsten Wissenschaft unserer ^
Zeit, von der „Gesundheitspflege," erstrebt wird, so Hai diese
für ihr Verlangen den gewiß stichhaltigen Grund ausznweisen :
die Todien unschädlich zu machen für die Lebenden, d. h.
Erde, Bodenlnft nnd Brunnenwasser rein nnd möglichst
frei von KrankhettSkeimen zu erhallen.
Die Porosüä! unserer Erdkruste ist längst erwiesen;
daß sie aber jo reichliche Zwischenräume zwischen Staub,
Sand und Gerölle aufwcist, daß unter Umständen nahezu
die Hälfte des Kubikraumes des sogenannten festen Bodens ^
für Luft oder Wasser übrig bleibt, dürfte in größeren Kreisen
minder bekannt sein. Es wird diese Thatsache leichter ^
glaublich werden, wenn man erführt, daß auch die festesten
Stoffe, welche inan für vollkommen dicht und von Pore»
frei hatten soll», für Lust n. Wasser durchlässig sind, nämlich
Porccllan und Glas. Schon vor 30 Jahren erkannte Brong-
niart, daß aus diesem Grunde Porcellan nicht der geeignete
Stoff sei. um als Lufibehälter für einen Luftthermometer
zu dienen, durch welchen er die Ofentemperatur prüfen wollte.
Und neuerlich erst hat Salveltat der Sooist« ä'sLLonr-tFsmsvt
Beucht erstatte! über die Durchlässigkeit des glacirten Porcel-
lans für gelöste Anilinfarben. Dgß aber auch das gewöhn-
liche Fensterglas für Luft nnd Wasserdunst durchlässig sei,
darüber wurde jüngst eine Beobnchtnng im schönen, vor
wenigen Jahren neu erbauten, Leipziger Krankenhanse ge-
mach!, dessen Küche im Kellergeschoß sich befindet nnd zur
Abwehr der grellen Temperaturunterschiede mit doppelt ver-
glasten Fenstern versehen ist; an einem trockenen, heißen
Angnstlag ließ der bcaufsichiigende Ingenieur die etwa 1>
Centimeter von einander abstehenden Scheiben in den guß-
eisernen Rahmen sorgfältig verkitten; noch jetzt haftet der
Kitt und verbindet Glas nnd Eisen so fest mit einander,
daß auch die achtsamste Untersuchung mit der Loupe kein ^
Ritzchen zu entdecken vermag; allein — zwischen beiden
Scheiben befindet sich Wasser und erfüllt den Jnnenraum
fast bis zur halben Höhe. Wie kam es hinein ? Gewiß nicht
durch Ritzen und Riffe; denn sonst wäre es auch durch die-
selben ausgeflossen oder verdunstet. Es kam hinein durch
die Poren derjenigen Glasscheibe, welche dem Küchenraum
zunächst gelegen und von der warmen Lnft etwas ausge-
dehnt war — und schlug sich nieder an der äußeren Pa-
rallelscheibe, wie sich der Wasserdunst unserer Zimmer an
den Fensterscheiben niederschlägt, wenn die äußere Lust sie kühlt.
Sind scheinbar undurchdringliche Stoffe, wie Pozellan
nnd GlaS, für Wasser und Luft durchlässig, so darf es
uns nicht wundern, daß auch unsere Erdkruste von Luft
durchdrungen wird, und daß sie die verderblichen AuShauch-
ungen faulender Leichen weiter teil und den Lebenden zu-
führt. Zwar gibt cs Gewerbe genug (könnte man einwenden),
welche mit fanlendcn Stoffen gewerbsmäßig in Berührung
kommen und doch den Nachtheilen nicht unterliegen; allein
iheils sind sie durch andauernden Anfeuhalt in freier Lnft
und überreich gelüfteten Localen geschützt, wie die Gerber
und Fleischer, theils hat man erst in jüngster Zeit die Ur-
sachen richtig crkannl, wie z. B. die von faulenden Stoffen
und den in diesen wuchernden Krankheitskeimen hervorge-
rufene tödtliche „Pilzsuchi" der Wollsortirer nnd Bürsten-
fabrikantcn. Daß aber faulende Menfchenleichen todtbringend
sind, dies besiegelten schon Hannibals Krieger vor Syrakus
mit ihrem Leben, als sie zum Hohn der Belagerten die
Grabstätten öffneten und die Leichen auf dem Felde zerstreu-
ten. Nicht minder beweisen es die Typhus-Epidemien, welche
auf das Umwühlen der Begräbnißfelder häufig genug ge-
folgt sind.
(Fortsetzung folgt.)
faßte, die Naturwissenschaft nicht blos vernachlässigt, son-
dern als südlich Widerrathen wurde. Später freilich
glaubte man die alten überkommenen Wissenschaften
zu Hülfe rufen zu müssen, um den Inhalt des
neuen Glaubens zu erläutern, zu verteidigen oder
auch tiefer zu begründen; aber da wurde nicht mehr
die" Natur befragt, sondern nur die Bücher. Die christliche
Religion in ihrer Erscheinung als Kirche war jetzt nicht
mehr bwß die einzige Führerin für das sittliche Leben, son-
dern auch autonome Beherrscherin aller Wissenschaft, die sich
nach ihren Glaubenssätzen zu richten hatte. So bürgerte
sich unter ihrem Banner nach und nach eins geistige Tro-
ckenheit ein, ein knechtischer Sinn, der Wahres und Falsches,
Mögliches und Unmögliches nicht mehr zu unterscheiden
Weder den Muth noch die Kraft hatte: Hirngespinste wie
das Suchen nach dem Stein des Weisen, Hexen-, Zauber-
und Tenfelsglauben waren die würdigen Früchte. Und wollte
auch wirklich ein höher strebender Geist sich seiner Men-
schenwürde erinnern und der angelegten Fesseln sich ent-
schlagen, da besaß man in Tortur, Kerker und Holzstoß
Mittel genug, um ihn zum Widerruf oder zum — Schwei-
gen zu bringen.
So die Zustände im Mittelalter. Es bedurfte, um die
Menschheit aus ihrem Schlafe zu wecken, des glücklichen Zu-
sammentreffens großer Ereignisse, wovon die folgenden die
hauptsächlichsten sind:
1) Die Kreuzzüge, in denen die Menschen durch ihren
'Verkehr mit fernen Ländern und Völkern mit fremden Sit-
ten und Lebensanschauungen zum Nachdenken über die eige-
nen Zustände gezwungen wurden; theilweise Aufhebung der
Leibeigenschaft, Grundlegung zu einem freien Bauern- und
Bürgerstand, und dadurch daß der Bürgerfland sich hob und
der Ritteistand immer mehr sank, gegenseitige Annäherung
der Stände, das waren die hauptsächlichsten Früchte der
Kreuzzüge. 2) die Erfindung des Schießpulvers, die dem
Ritterstand, der bisher im Alleinbesitz der Waffen war, den
Lebensnerv durchschnitt. 3) Die Erfindung der Buchdrucker-
Kunst, die den Klöstern den größten Theil ihrer Beschäfti-
gung, der Kirche da? Machtgebot über den Geist der Zeit
entzog. Der Schwerpunkt des LehrenS und des Lernens
verschob sich und trat heraus aus der engen Klosterzelle in
die freie Ocffentlichkeit. Zu diesen Thaisachen gesellte sich
ein welterschütterndes Ercigniß: die Eroberung Konstan-
tinopels durch die Türken 1453. Indem jetzt die griechi-
schen Gelehrten und Vornehmen eine Zufluchtsstätte in Ita-
lien suchten und fanden, brachten siedemAbendlande lang vorent-
haltene wissentschaftliche Schätze mit und bewirkten dadurch
ein wunderbares Wiederaufleben der Künste und Wissenschaften.
So wurden jene barbarischen Horden unbewußt Werkzeuge zur
heilsamen Bewegung der Geister. Erinnern wir noch 5) an
die Reformation, wodurch die Menschheit ihrer Bevormun-
dung entrissen und sich selbst wieder znrückgegeben wurde,
so sind alle Hauptsaciorcn wiedergcgeben, die zu einer voll-
ständigen neuen Denkweise der Menschheit erforderlich wäre:..
Die Naturwissenschaft wurde zugleich auf neue Bahnen ge-
lenkt durch die Entdeckung Amerika's. So vereinigte sich
denn Alles, das wiederaufgenommene Studium der Mathe-
mathik der Griechen mit einem neuen Anstoß zu einem
rationelleren Studium der Naturwissenschaften, um auch das
alte Weltsystem, bei dem die Menschheit nahezu anderthalb
Jahrtausende stehen geblieben war, zu durchbrechen nnd ganz
Neues, ganz Unerhörtes, aber — Wahres dafür anfznstellcn.
Kapernicus ist der Mann, der die ersten Schritte dazu that.
(Schluß folgt.)
8 Schwetzingen, 13. März. Mit den Worten : Ende
gut, Alles gut," beginnen wir unfern Bericht über das 4.
und letzte Bbonnemcnts-Concert. Während man über den
Verlauf des 3. stillschweigend hinwegging, müssen wir con-
statiren, daß das gestrige 4. alle Erwartungen überlroffen
hat. Den ersten Theil bildete eine Militär-Symphonie in
6-äur von Hayden, welche Herr Noch die Freundlichkeit
hatte, zu dirigiren. Außer dem 3. Satze (dem lebhaften
Nouustto) nnd dem letzten (krosto), welches applalidirt
wurde, verdienen auch die ersten zwei Sätze (Hlogr«) und
besonders das herrliche J.UoZrstto unsere volle Anerkennung.
Die musikalischen Vorträge des zweiten Theil, dirigirt durch
Herrn Bletzer, wurden mit Beifall aufgenommen. Und
nun müssen wir mit großer Wärme auf die Gesangsvor-
träge zu sprechen kommen. Dies thun wir, indem wir
Fräulein Keller und den beiden Herren Max und Otto
Bass ermann ein wohlverdientes stürmisches Bravis-
simo zurufen. Zum Schlüße aber sehen wir uns veran-
laßt, Herrn Boch, sowie sämmtlichen sehr geschätzten Heidel-
berger Dilettanten, durch deren freundliche Mitwirkung die
4 Conzerte zu Stande kamen, nnssrn aufrichtigen Dank
entgegenzubringen. Einen bescheidenen Wunsch knüpfen wir
daran: Auf Wiedersehen im nächsten Jahr.
KoAetttzeim, 12. Mürz. Bei der am letzten
Montag stattgehabten Erueuerungswahl des Synagogen-
rathes der hiesigen israelitischen Gemeinde wurde der seit-
herige Vorsteher Herr A. Alexander beinahe einstimmig
und Hr. Hermann Halle für das zweite ausgetretene
Synagogenralhsmitglied gleichfalls mit großer Majorität er-
wählt. Die Wahl des Herrn Alexander anlangend, hat
die Mehrzahl der hiesigen Israeliten erkennen gegeben,
daß sie dessen seitherige Thätigkeit, welche er der Verwaltung
ihrer Kirche hinsichtlich der dem Zeitgeist angemessenen Or-
ganisation ihres Cultus widmete, dankbar anerkennt. Es
kann dieser Gemeinde nur zur Ehre gereichen, wenn sie ihre
kirchliche Verwaltung Männern in die Hände legt, die auf
der Höhe der Zeit stehend, den zeitgemäßen modernen An-
schauungen sich zuweuden und wir nehmen — obschon wir
der Sache ferne stehen — keinen Anstand, es hier auszu-
sprechen, daß die Vorstandsmahl der israel. Gemeinde Hocken-
heim als eine in jeder Beziehung gelungene, sie ehrende
Thatsache zu bezeichnen sei.
* WarmHeiM, im März. Je näher die Tage unserer
FrühjahrLmärkte herantreten, um so rühriger betreibt das
Markt-Comitc seine Arbeiten, und es fehlt nicht an Anre-
gung dazu. Anerbietungen des Verkaufs von Verloosungs-
gegenständen, Korrespondenzen mit auswärtigen Besuchern
des Marktes, mit befreundeten landwirthschaftlichen Verei-
nen und Gemeindebehörden, Beichassung eines Ausstellungs-
lokals, worin alle angekauften Sachen zur Schau gestellt
werden sollen, und eine Reihe anderer Dinge beleben die
Führung, lieber die am 3. und 4. Mai abzuhaltenden
Pferderennen, welche auf dem Rennplätze zwischen der Secken-
heimcr Chausee und dem Neckar stattfinden werden, können
wir einige vorläufige Miteheiliingen machen Sonntags:
Galoppreiten für deutsche Landwirthe, Eröffnungs-
renn c n für Pferde aller Länder, Osf i c i e r s h ü r d eu-
re n n e n, Jagdrennen für Pferde aller Länder; zwei-
tes I a g d r e n n e n, F l a ch r e n n e n, S t e e p l e-C h a s e.
Montags: Galoppreiten für deutsche Landwirthe,
H e r r e n r e i t e n, Flachrennen, Hürdenrennen
für Pferde aller Länder, Officiers-Jagdrennen,
Badenia-Steeple-Chase. Die größte Distanz ist
600 Meter mit 25—26 Hindernissen. So viel wir wissen,,
betrugen voriges Jahr, neben vier Ehrenpreisen, die Geld-
preise 7800 Mark, dieses Jahr sollen sie dem Verneh-
men nach noch höher sein. Märkte und Messen bringen
Leben.
Konstanz, 12. März. Das Schwurgericht hat den
Oberamtsrichter Beck von Heidelberg und vier milangeklagte
Zeitungsverleger von der Anklage wegen Herabwürdigunn
der katholischen Kirche, begangen in dem sogen. „Scheuerge-
purze l-Artikcl" frngcsprochen.
Aus Nah und Fern.
— Stuttgart, 10. März. Vor einiger Zeit
wurden mehrere Wirthe zu 2 Thaler Strafe verurthrilt,
weil sie den Gästen stets einen „unverschämten Feldwebel"
ans» Bier gemessen hatten. Der Richter meinte, der Schaum
sei zwar auch Bier, aber immerhin nichts von den, Bier,
daS die Gäste verlangten und bezahlen. Das Glas mtzu
voll und zwar bis zum Aichzeichcn voll sein.
— (Ans die Men s n r!) Auf dem Grünen Platz
in Posen fand unlängst zwischen zwei kleinen Schülern ei-
ner stenachbarlen Anstalt ein Zweikampf in aller Form statt.
Dabei zog der eine von ihnen ein hölzerne» Stilet ans dem
Gürtel und versetzte dem Andern einen Kopfhieb, so daß Blut
floß. Dadurch war nach Ansicht der Sekundanten der Streit
geschlichtet; der mitanwesende kleine Paukarzt verband die
Wunde mit gekauter Semmel und Frankfurter Wurst.
— (Ein unnatürlicher Vater.) „Geschah eS
vor nicht gar langer Zeit, erzählt die Ldsh. Ztg., daß in
dem Gasthaus der Isarvorstadt zu München ein Mann mit
drei Kindern einirat und nachdem alle Platz genommen hatten
und auch Bier beschaft war, die Kinder fragte: „Kmdlein
habl'S Hunger ?" „Ja." Mögt's Bratwürste?" „Ja,
Ja." „Kellnerin bringen» ein, zwei, drei Dutzend Brat-
würste ; na, mir könnens auch ein Dutzend bringen, also
vier Dutzend." Die Würste kommen. "So Kinderln, laßts
euch nur schmecken; mögt's ihr auch Brod?" „Ja."
„Kellnerin, Brod." Feierliches Gabelgeklirr. Endlich sind
die Würste »erlügt; vergnügte Gesichter der Kinder. „Na
Kinerln, hat's euch g'schmeck-?" „Ja." „Wollt ihr viel-
leicht noch Würst ?" „Ja, ja." „Kellnerin, noch ein Dutzend."
Auch dieses verschwindet rn der unter der Nase befindlichen
Oe-ffnuug. Der Gast hat soeben ein frisches GlaS bekommen,
da erhebt er sich, nimmt Hut und Stock und sagt zu den
Kindern: „So Kinderln, daß es fein brav seid'» und euch
gut aufsührt; ich komm gleich wieder, ich hol' mir nur
schnell Cigarren." „O, Ja." Fünf Minuten, eine viertel —
ja eine halbe Stunde vergeht, der Mann kommt nicht. Da
spricht der Wirth zu den Kindern: „Aber euer Vater
bleibt lange aus?" „Das ist ja unser Vater nöt; wir
haben da draußen g'spielt; da kommt ein Herr daher zu
uns und sagt: „Kmüerln mögi's keine Bratwürst? Ob
wir die mögen? Wir haben Alle geschrieen: Ja. Da
hat dann der Herr zu uns g'sagi : „So geht's mit mir da'-
rein." Und da sind mir mtt'gangen. Der Wirth aber sagte
und sprach : „O Herrgott ! wenn ich nur den jetzt da hält' —
den schickte ich in's Cafe Paul, dort müßt er's grad so machen."
— Es wird dem „O. B." mitgetheitt, daß der Kassier
der Socialdemokralen zu Offenbach sich mit de r Casse, worin
etwa 500 fl. gewesen sein sollen, unsichtbar gemacht habe.
Hansel, Jnvustrie und Landwirthschaft.
Mannheim, 12. März.
Weizen hierländischer fl. 17. 45., russischer fl. 17. 30—, norddeut-
scher fl. 17. 80—45., amerikanischer fl. 17. 30—56. Roggen fran-
zösischer fl. 14. 15., Gerste hierländische fl. 14. 15 ., russische fl.
12. bis sl. 12. 30., französische fl. 14. bis fl. 14. 30., ungarische
fl. 13. 45. Hafer effekt. neuer fl. 10. 40. bis fl. 11. —. Kernen
fl. 19. —bis fl.-. Kohlreps deutscher fl. 16.30, ungarischer fl.
17. —. bis fl. —. Bohnen fl.13. —. bis fl. 15. — Kleesamen, deutscher,
prima fl. 26. 15., s-kunda fl. —. —. —, Luzerner fl. 26. 15.
bis —- —Esparsette fl. —. —. bis —.
Leinöl in Partien fl. 22. —. bis —. —Faßweise fl. 22
15. bis — . — Rilböl in Partien fl. 19. —. bis—. —.
Faßweise fl. 19 80. bis —. — Petroleum in Wagenladungen fl.
8. 45., Faßweise 9. 16. bis —. —.
Mannheim, 11. März. Der gestrig- Fettvichmarkt
wurde mit 44 Stück Ochsen und 128 Stück Schmalvieh befahren und
kostete: 1. Qualität Ochsenfleich Pr. Centr. fl. 41. 42.
2- - „ „ „ fl. 40. 41.
1. , Schmal-o.Rindfi. „ fl. 40. 41.
2- . „ „ „ fl. 35. 38.
Der Gssammterlös war fl. 33,968. —
Frankfurt, 11.März. Der heutige Heu- und Strohmark t
war ziemlich gut befahren. Heu kostet- per Ctr. 1 fl. 30 bis 2 fl 24.
Stroh per Ctr. 1 fl. 24—45. Butter I. Qual. 40 kr., II. Qual.
— kr. Lappenbutter das Psund im Ctr. 36— kr. Eier das Hundert
8 fl. 53 kr. Kartoffel 200 Z.-Pfd. fl. . —. bis fl. —.
Redaktion, Druck und Verlag von A. Katz in Schwetzing m.
Für Form und Inhalt der Inserate sind nur die Einsender
derselben verantwortlich, nicht die Redaktion.
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Kranken. Preis nur 86 Kreuzer; zu beziehen durch jede Buchhand-
lung, am schnellsten aber direct von Richters Verlags-Anstalt in Lu-
xemburg und Leipzig.
Kichenverbremrmig.
Wenn die Wiedereinführung de- uralien Gebrauches
der Lcichenverbrennnng von der jüngsten Wissenschaft unserer ^
Zeit, von der „Gesundheitspflege," erstrebt wird, so Hai diese
für ihr Verlangen den gewiß stichhaltigen Grund ausznweisen :
die Todien unschädlich zu machen für die Lebenden, d. h.
Erde, Bodenlnft nnd Brunnenwasser rein nnd möglichst
frei von KrankhettSkeimen zu erhallen.
Die Porosüä! unserer Erdkruste ist längst erwiesen;
daß sie aber jo reichliche Zwischenräume zwischen Staub,
Sand und Gerölle aufwcist, daß unter Umständen nahezu
die Hälfte des Kubikraumes des sogenannten festen Bodens ^
für Luft oder Wasser übrig bleibt, dürfte in größeren Kreisen
minder bekannt sein. Es wird diese Thatsache leichter ^
glaublich werden, wenn man erführt, daß auch die festesten
Stoffe, welche inan für vollkommen dicht und von Pore»
frei hatten soll», für Lust n. Wasser durchlässig sind, nämlich
Porccllan und Glas. Schon vor 30 Jahren erkannte Brong-
niart, daß aus diesem Grunde Porcellan nicht der geeignete
Stoff sei. um als Lufibehälter für einen Luftthermometer
zu dienen, durch welchen er die Ofentemperatur prüfen wollte.
Und neuerlich erst hat Salveltat der Sooist« ä'sLLonr-tFsmsvt
Beucht erstatte! über die Durchlässigkeit des glacirten Porcel-
lans für gelöste Anilinfarben. Dgß aber auch das gewöhn-
liche Fensterglas für Luft nnd Wasserdunst durchlässig sei,
darüber wurde jüngst eine Beobnchtnng im schönen, vor
wenigen Jahren neu erbauten, Leipziger Krankenhanse ge-
mach!, dessen Küche im Kellergeschoß sich befindet nnd zur
Abwehr der grellen Temperaturunterschiede mit doppelt ver-
glasten Fenstern versehen ist; an einem trockenen, heißen
Angnstlag ließ der bcaufsichiigende Ingenieur die etwa 1>
Centimeter von einander abstehenden Scheiben in den guß-
eisernen Rahmen sorgfältig verkitten; noch jetzt haftet der
Kitt und verbindet Glas nnd Eisen so fest mit einander,
daß auch die achtsamste Untersuchung mit der Loupe kein ^
Ritzchen zu entdecken vermag; allein — zwischen beiden
Scheiben befindet sich Wasser und erfüllt den Jnnenraum
fast bis zur halben Höhe. Wie kam es hinein ? Gewiß nicht
durch Ritzen und Riffe; denn sonst wäre es auch durch die-
selben ausgeflossen oder verdunstet. Es kam hinein durch
die Poren derjenigen Glasscheibe, welche dem Küchenraum
zunächst gelegen und von der warmen Lnft etwas ausge-
dehnt war — und schlug sich nieder an der äußeren Pa-
rallelscheibe, wie sich der Wasserdunst unserer Zimmer an
den Fensterscheiben niederschlägt, wenn die äußere Lust sie kühlt.
Sind scheinbar undurchdringliche Stoffe, wie Pozellan
nnd GlaS, für Wasser und Luft durchlässig, so darf es
uns nicht wundern, daß auch unsere Erdkruste von Luft
durchdrungen wird, und daß sie die verderblichen AuShauch-
ungen faulender Leichen weiter teil und den Lebenden zu-
führt. Zwar gibt cs Gewerbe genug (könnte man einwenden),
welche mit fanlendcn Stoffen gewerbsmäßig in Berührung
kommen und doch den Nachtheilen nicht unterliegen; allein
iheils sind sie durch andauernden Anfeuhalt in freier Lnft
und überreich gelüfteten Localen geschützt, wie die Gerber
und Fleischer, theils hat man erst in jüngster Zeit die Ur-
sachen richtig crkannl, wie z. B. die von faulenden Stoffen
und den in diesen wuchernden Krankheitskeimen hervorge-
rufene tödtliche „Pilzsuchi" der Wollsortirer nnd Bürsten-
fabrikantcn. Daß aber faulende Menfchenleichen todtbringend
sind, dies besiegelten schon Hannibals Krieger vor Syrakus
mit ihrem Leben, als sie zum Hohn der Belagerten die
Grabstätten öffneten und die Leichen auf dem Felde zerstreu-
ten. Nicht minder beweisen es die Typhus-Epidemien, welche
auf das Umwühlen der Begräbnißfelder häufig genug ge-
folgt sind.
(Fortsetzung folgt.)