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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 10.1910/​1911

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Redaktioneller Teil
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Potthoff, Heinz: Kann das Reich etwas für die Künstler tun?, II
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II. öffentliche Künstlerversammlung in Berlin
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Heinrich Deiters in Düsseldorf: zu seinem 70. Geburtstag
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https://doi.org/10.11588/diglit.52067#0069

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Die Werkstatt der Kunst.

Heft 5.

6^

Viel wichtiger wäre ein gesetzlicher Zwang für den je-
weiligen Eigentümer, das Kunstwerk selbst in geeigneter
weise der Geffentlichkeit zugänglich zu machen (man denke
an Danneckers Ariadne in Frankfurt) oder es einem öffent-
lichen Museum dauernd zur sachgemäßen Verwertung zu
überlassen, wem das Bild gehört, kann uns gleichgültig
sein. Nur daß es da ist, daß jeder es sehen kann, daß
man nicht in ständiger Sorge zu sein braucht, es könnte
weggeholt, vernichtet werden, darauf allein kommt es an.
Line fast selbstverständliche Folge eines solchen Vor-
gehens müßte es sein, daß derartige Kunstwerke unbe-
schränkter Nachbildung und Vervielfältigung frei-
gegeben würden.*) Denn nicht jeder hat Zeit und Geld,
um an den Standort des (Originals zu reisen. Und unsere
Technik erlaubt es uns ja, einen Teil des Kulturwertes
der Kunstwerke durch Guß, Photographie, Druck usw. zu
vertausendfachen. Dieser Gesichtspunkt müßte allein maß-
gebend sein gegenüber literarischen und musikalischen Lei-
stungen, die ja in unbeschränktem Maße vervielfältigt
werden können. Pier müßte das Lnteignungsverfahren
auf Vervielfältigung gerichtet sein. Denn für Dichtungen
besteht nicht die Gefahr eines Verlustes, sondern nur die
Gefahr, daß sie nicht genügende Verbreitung finden. Auch
der Bücherverlag, ja vielfach das Bücherschreiben wird
mehr unter privatwirtschaftlichen als sozialen Gesichts-
punkten bewertet. Dem Verleger, und oft auch dem Ver-
fasser, ist die Hauptsache, daß mit dem Werke Geld ver-
dient wird. Die kulturelle Wirkung auf die Gesamtheit
kommt erst in zweiter Linie. Die Schutzfrist im Urheber-
gesetze ist ja eine direkte Anerkennung der geistigen Pro-
stitution: daß der Zweck der Preisgabe von Gedanken
Gelderwerb sei.
Demgegenüber ist schon manchmal bei Geldsammlungen
für das Denkmal eines verstorbenen Dichters vorgeschlagen
worden, lieber das Geld für die Ablösung des Verlags-
rechtes, für die Freigabe des Nachdrucks oder für die Ver-
anstaltung einer ganz billigen Volksausgabe des Dichter-
werkes zu verwenden. Dieser Vorschlag berührt sich mit
dem hier angedeuteten. Zn das Verlagsrecht müßte eine
Ausnahme kommen. Gegenüber schriftstellerischen, musi-
kalischen oder verwandten Leistungen, deren weiteste Ver-
breitung im Interesse der Volkserziehung, der Kultur
dringend erwünscht wäre, müßte der Staat das Recht der
Enteignung besitzen. Lr müßte entweder den Verfasser
oder den Verleger nötiger: können, ein solches Werk in
einer billigen Massenauflage herzustellen, oder er müßte
gegen angemessene Entschädigung das Verlagsrecht auf-
heben und Druck, Verbreitung, Aufführung völlig freigeben
können, wenn von: Staate oder von privaten Ehren-
geschenke oder Pensionen an verdiente Literaten gegeben
werden, so sollten sie auch jetzt schon mit derartigen Maß-
nahmen zur Verbreitung der Leistungen verknüpft werden.
Das nähme den Gaben ihren Almosencharakter und machte
sie doppelt nützlich. Besonders geeignet für gesetzliches
Vorgehen scheint mir eine Bestimmung, wonach die Erben
eines gestorbenen Großen genötigt werden könnten, gegen
eine angemessene Rente oder sonstige Entschädigung auf
die dreißigjährige Schutzfrist zu verzichten. Ich bekämpfe
durchaus nicht den Gedanken, daß der Dichter oder sonstige
Schriftsteller mit seiner Arbeit Geld verdienen will. Das
ist durchaus berechtigt und notwendig, wogegen ich mich
wende, das ist nur das ausschließliche Herrschen solcher
xrivatwirtschaftlicher Anschauungen, ist der Gedanke, daß
auch hohe Kulturwerte und Gemeinschaftsinteressen hinter
dem Privateigentum und dem Privatinteresse zurückstehen
sollen.
Es hat keinen Zweck, etwa einen fertigen Gesetz-
entwurf in Vorschlag zu bringen. Denn von dieser An-
regung bis zu ihrer Durchführung ist ein weiter weg.
worauf es mir ankommt, ist nur einmal weiteren Kreisen

*) In Frankreich zum Beispiel steht die Reproduktion staatlich an-
gekaufter und ausgestellter Merke der Allgemeinheit frei. Unser Urheber-
recht ist darin viel euger und kapitalistischer. A.-L.

ZUM Bewußtsein zu bringen, welche enormen Schäden das
Privateigentum in seiner krassen Durchbildung unseren
wichtigsten Kulturgütern bringen kann. Die Rücksicht auf
Verkehr, auf Gesundheit und manches andere hat schon
bescheidene Breschen in dieses geheiligte Recht geschossen,
vielleicht wäre es doch nicht unberechtigt, wenn wir auch
der Kunst zuliebe noch einen kleinen Schritt weiter gingen.
rtlsivL Vottllotk.
I!. ökkerttULde MMlerverlammlung
in Verlin
Im Anschluß an die Versammlung bildender Künstler
vom 22. Oktober im Saale des Vereins Berliner Kaufleute
und Industrieller (über die wir Näheres noch berichten werden
Red.) hat sich am Dienstag, den 25. Gkt. eine neue Ver-
einigung bildender Künstler und Künstlerinnen gebildet,
welche es sich zur Aufgabe gemacht hat, dem großen Publi-
kum gute Kunstwerke zugänglich zu machen. Ls wird
durch eine Jury dafür gesorgt, daß trotz der erschwing-
lichen Preise nur ernste Arbeiten zur Ausstellung gelangen.
Die erste Ausstellung soll schon in nächster Zeit eröffnet
werden. Interessenten werden gebeten, sich Alsntag, den
Zp Oktober, crbends 8^/g Ahr in den Victsria-Sälen,
Lutherstrasze 51s, einzufinden. (Eingesandt.)
ysmricb Oerters in Oülseläork*)
(Zu seinem 70. Geburtstag)
„Als Heinrich Deiters im Jahre f857 nach Düssel-
dorf kam, hatte man hier gerade die Allgemeine Deutsche
Kunstgenossenschaft gegründet. Lr stellte seine Kräfte so-
gleich in den Dienst dieser Sache — der Sache der All-
gemeinheit — und blieb ihr bis auf den heutigen Tag in
einer weise treu, daß die Genossenschaft ihn, in richtiger
Würdigung dessen, was er persönlich geleistet, gearbeitet
und erreicht hat, bereits vor einigen Jahren zu ihrem
Ehrenmitglieds machte.
Ls ist natürlich unmöglich, im Rahmen einer engen
Skizze zu schildern, was in mehr als 50 Jahren innerhalb
eines Verbandes an intensiver Arbeit geleistet worden ist,
von Einzelheiten ganz zu schweigen, was Deiters in
seiner langjährigen Tätigkeit, namentlich als Schriftführer,
zu der Zeit, als der Hauptvorstand der Genossenschaft
seinen Sitz in Düsseldorf hatte, anstrebte, war, um es kurz
zusammenzufassen, folgendes: Er wünschte, durch und im
engen Zusammenschluß der freien, d. h. der außerhalb der
staatlichen Lehrtätigkeit stehenden Künstlerschast, Gewicht
und Bedeutung — staatliche Anerkennung und staatliche
Unterstützung zu erlangen, zum Zwecke besserer und einheit-
licherer Ausstellungsmöglichkeiten, namentlich der deutschen
Künstler im Auslände. Und er brachte es fertig, für die
auswärtigen Ausstellungen vom Reich Subventionen zu
erlangen: was das heißt, wird jeder, der je mit inter-
nationalen Ausstellungen zu tun gehabt hat, ohne weiteres
begreifen. — Sein Hauptstreben ging also auf eine Einigung,
ein Zusammenschließen der gesamten deutschen Künstler-
schaft, zur Wahrung gemeinsamer Interessen —
im Gegensatz zu der leider immer mehr auftretenden Zer-
splitterung durch persönliche Sonderinteressen, die die deutsche
Künstlerschaft, namentlich dem Auslande gegenüber, ins
Hintertreffen drängt und die deutschen Ausstellungen ein-
seitig und infolgedessen uninteressant zu machen droht.
Daß Deiters dabei einer der ersten war, der den ungeheuren
Anregungswert des Austausches der Länder untereinander
erkannte, vergißt man leicht in einer Zeit, in der man
den Austausch als etwas Selbstverständliches anzusehen
sich gewöhnt. Tatsächlich war er einer der ersten, der be-
deutende spanische und französische Ausstellungen herüber-
brachte.
 
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