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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 10.1910/​1911

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Geht durch Bezahlung und Uebergabe der Originale auch das Urheberrecht über?: Entscheidung des Reichsgerichts vom 6. Juli 1910
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Herr v. Trott gegen die Kritik
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https://doi.org/10.11588/diglit.52067#0112

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W4

Die Werkstatt der Kunst.

Heft 8.

als Werke der bildenden Künste angesprochen werden könnten,
die den strafrechtlichen Schutz des H t des Urheberrechts-
gesetzes genießen. Molle man dies aber annehmen, so
würde das Urheberrecht an den Postkarten nur der Beklagten,
nicht aber der Klägerin zustehen. Möge auch die Idee
und die allgemeine Anweisung der technischen Ausführung
von der Klägerin stammen, so sei doch die das Urheber-
recht begründende künstlerische Ausführung durch die Be-
klagte erfolgt. Ls könne sich deshalb nur fragen, ob der
Klägerin das Urheberrecht oder ausschließliche Verviel-
fältigungsrecht vertragsmäßig übertragen sei. weder in
dem Auftragsschreiben des Reisenden Gr., noch in dem Be-
stellschreiben der Klägerin oder im Bestätigungsschreiben
sei davon die Rede, daß das Urheberrecht auf die Klägerin
habe übergehen sollen. Die Aussage des Zeugen Gr.
habe dies ausdrücklich verneint, wenn die Klägerin unter
Berufung auf Gutachten von Sachverständigen beweisen
wolle, daß das Urheberrecht auch ohne ausdrückliche Er-
klärung nach Handelsbrauch deshalb auf sie übergegangen
fei, weil die Musteroriginale extra berechnet und ihr zu
Besitz übertragen seien, so stehe dem die Aussage entgegen,
daß der Zuschlag nicht als Bezahlung der (Originale, sondern
als Beitrag zu den erhöhten Herstellungskosten der Muster
zu gelten habe. Ls seien ja auch nicht die Platten, sondern
nur die Vriginalmuster übergeben worden. Da somit die
Grundlage für den Beweis eines behaupteten Handels-
brauches fehle, erübrige sich, Gutachter über das Bestehen
eines solchen zu hören. Nach den Grundsätzen von Treu
und Glauben könne zwar mit Recht verlangt werden, daß
der Lieferant mit Rücksicht auf die Größe des bestellten
Postens sich für die Zeit des vermutlichen Absatzes seinerseits
der Konkurrenz enthalte. Das habe aber die Beklagte,
die erst nach 6 Jahren dieselben Karten feilgeboten habe,
ja auch getan, außerdem habe sie die Karten zuerst der
Klägerin selbst angeboten, die bei ihrer Ablehnung in
keiner weise geltend gemacht habe, daß das Verhalten der
Beklagten gegen Treu und Glauben gewesen sei. In ihrer
Revision vor dem Reichsgericht focht die Klägerin das
Urteil des Kammergerichts in seinem ganzen Umfange an.
Das Urteil habe es unentschieden gelaßen, ob die Ansichts-
postkarten Kunstwerke im Sinne des K t des Urheberrechts-
gesetzes seien, habe aber der Klägerin das Urheberrecht
abgesprochen. Die Feststellung jedoch, ob ein Kunstwerk
vorliege, sei nötig für die Beurteilung der Frage, nach
den Grundsätzen welchen Gesetzes ein Urheberrecht ent-
standen bez. übertragen sei. Dem Beweisantrage der
Klägerin, durch Gutachter festzustellen, daß nach Handels-
brauch bei Bezahlung und Uebergabe der Originale auch
das Urheberrecht übergehe, habe sich das Gericht nicht mit
der Begründung entziehen dürfen, daß es an jeglicher
Grundlage fehle. In der zwischen den Parteien gepflogenen
Geschäftskorrespondenz seien die Originale stets extra er-
wähnt und berechnet, das beweise, daß sie der Bestellerin
nicht nur zur Ansicht, sondern zur Erfüllung ihrer Vertrags-
pflicht geliefert worden seien. Die Beklagte beantragte
Zurückweisung der Revision, da der Klägerin ein Urheber-
recht weder gesetzlich noch vertraglich oder nach Handels-
brauch zustehe. Das von ihr in Anspruch genommene
Recht sei eine Art von Bestellerrecht, das das Gesetz
aber nur bei Porträts und Büsten anerkenne. Lin Beweis,
daß die Beklagte Konkurrenz mache, sei nicht erbracht.
Das Reichsgericht wies die Revision der Klägerin zurück.
In der Entscheidung der Frage, ob im vorliegenden Falle
ein Urheberrecht an den Postkarten begründet sei, könne
das Reichsgericht dem Gberlandesgerichte unbedenklich
folgen, wenn man unterstelle, daß die Karten als Kunst-
werke den gesetzlichen Kunstschutz genießen, so müsse man
doch als den Urheber nicht den ansehen, der den allgemeinen
Gedanken habe, sondern den, der diesen Gedanken künstle-
risch ausführe. Deshalb müsse das Reichsgericht auch die
Argumentation der Vorinstanz als richtig anerkennen, daß
im vorliegenden Falle die Beklagte Urheberin sein würde.
Das Reichsgericht wolle aber diese Frage ebenfalls mit
dem Berufungsgerichte dahingestellt sein lassen. Durch

8 des Kunstschutzgesetzes vom 9. Januar t87S
werde der Urheber, welcher gestatte, daß ein Kunstwerk an
einem Werke der Industrie usw. nachgebildet wird, hin-
sichtlich des Schutzes gegen weitere Nachbildungen an Werken
der Industrie anstelle des Kunstschutzgesetzes auf das
Gefchmacksmusterschutzgesetz verwiesen. Dieser Fall
sei der vorliegende, so daß die Bestimmungen des Ge-
fchmacksmusterschutzgesetzes Platz zu greifen hätten.
Nach diesem werde aber ein strafrechtlich geschütztes Ur-
heberrecht nur durch Eintragung in die Musterrolle
begründet. Diese sei aber nicht erfolgt. Damit erledige
sich auch die Frage, ob ein Urheberrecht nach Handelsbrauch
durch Bezahlung und Uebergabe der Originale übertragen
worden fei. Lin Recht, das überhaupt nicht bestehe, könne
begrifflich auch nicht übertragen werden. Auch der Prüfung,
ob vielleicht durch Vertrag unter den Parteien infolge Ver-
zichtes oder nach den Grundsätzen von Treu und Glauben
der Beklagte nicht berechtigt gewesen wäre, die Postkarten
weiter herzustellen und feilzubieten, habe sich das Berufungs-
gericht unterzogen durch die Feststellung, die Beklagte habe
sich nach Verlauf von mindestens 6 Jahren von dieser Ver-
pflichtung befreit glauben dürfen. Hiergegen sei außerdem
Revision nicht erhoben.
Herr v. Trott gegen äie Kritik
Die zu Ehren des Kölner Ehrenbürgers Or. Schnütgen,
bei Gelegenheit der Einweihung des Schnütgen-Museums
in Köln, veranstalteten Festlichkeiten endeten mit einem
Festmahl, auf dem Kultusminister v. Trott zu Solz,
dem „Berliner Tageblatt" zufolge, eine bemerkenswerte
Ansprache hielt, in der er sagte: „Solche Tage wie die
heutigen, die einen Lichtpunkt in unserer schnellebigen,
kritisierenden Zeit bedeuten, haben wir nötig, wo das
öffentliche Leben gar zu sehr unter dem Zeichen der Kritik
steht. Auch Kritik brauchen wir, ohne sie ist ein gesunder
Fortschritt nicht denkbar. Kritik aber im Uebermaß an
allem und jedem zerstört, trübt den Blick, erschlafft, raubt
die Kräfte; dagegen sollten wir uns wehren mit aller
Macht, wenn wir den hohen Kulturaufgaben des deutschen
Volkes gerecht werden wollen. Gegenüber diesen hohen
Aufgaben muß der Streit des Tages als klein erscheinen.
Lassen wir uns von unseren hohen Aufgaben nicht ab-
drängen." (Die beste Abwehr gegen Kritik ist nicht Lamen-
tieren, sondern BessermachenI Die Red. des „B. T.")

(Die Kölner Kunststiftung Prof. Schnütgens.)
Dem Domkapitular Prof. Alexander Schnütgen ist am
27. Oktober in einer außerordentlichen Sitzung der Stadt-
verordneten das Ehrenbürgerrecht der Stadt Köln verliehen
worden. Prof. Schnütgen hat der Stadt Köln eine eigen-
artige Sammlung von Schätzen christlicher Kunst geschenkt,
die in einem Anbau des Kunstgewerbemuseums unter-
gebracht ist. In einer Rede äußerte sich Prof. Schnütgen,
wie die „Berliner Morgenpost" berichtet, über die Samm-
lung, daß er bei feinem Interesse für die theologische Lite-
ratur nebenbei auch mit alten Kupferstichen und Gemälden
in Berührung gekommen sei. viel habe er dann von den
alten Kunstsammlungen in Köln gelernt. Dann habe er
sich bei allen rheinischen Antiquaren und Altertumshändlern
umgesehen, sei nach Belgier: und Holland gereist und habe
namentlich in München große Eindrücke empfangen. Schon
im Jahre ^876 konnte er sich mit einer bedeutenden kunst-
historischen Sammlung von Aufsehen erregenden Geweben
und Stickereien beteiligen. Später folgten Reisen durch
Europa und in den Grient. Lr trat in Beziehung zu den
hervorragendsten Kunstgelehrten und übernahm im Jahre
^887 die Redaktion der Zeitschrift für christliche Kunst.
Das Ziel seiner Sammlungen sei rein idealer Natur.
Sie sollte:: namentlich den Priestern und noch viel mehr
den kirchlichen Künstlern Studienmaterial geben. Deshalb
fei er nicht nur wie ein Kunstliebhaber bemüht gewesen
 
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