Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 10.1910/​1911

DOI Artikel:
Redaktioneller Teil
DOI Artikel:
Dringende Warnung vor Tauschgeschäften
DOI Artikel:
M. Felten, Kunstverlag in Berlin
DOI Artikel:
Schadenersatz für beschädigte Bilder
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.52067#0657

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Heft §7.

Die Werkstatt der Runst.

Redaktioneller Teil.

Dringende Marnung vor ^aulcb-
gescbäiten
In Berlin treibt sich in den Ateliers ein Agent
Earl Mahnkopf, wohnhaft Lharlottenburg, Mommsen-
straße so, herum, der im Auftrage der „D omus - G. m. b.H.,
Berlin XV zs, Potsdamer Straße 3t", von den Künstlern
Gemälde gegen wertlose Aktien zweifelhafter indu-
strieller Unternehmen eintauschen will. Da der Mann, wie
wir mit Bedauern hörten, schon manche Künstler mit seinen
Angeboten zu betören vermochte, so sei hiermit dringend
gewarnt, ihm auch nur die kleinste Skizze zu geben oder
ohne Tauschvertrag Aktionär seiner Unternehmungen zu
werden, handelt es sich doch bei diesen Aktien um
einen Schraubstock ohne Ende für ihren Besitzeri
Die Lrdölwerke „Maria", Bohrgesellschaft in
Hannover, deren Anteilscheine den Künstlern für 250 Mk.
aufgeschwatzt werden sollen, haben nämlich ein Bohrwerk,
das noch gar nicht „fündig" ist. Das Schlimmste
aber ist, daß es sich hier um zubutzepflichtige Anteil-
scheine handelt!! Der Besitzer eines Anteiles hat also
nicht nur den Kaufpreis bezahlt, sondern er ist verpflichtet,
auf Beschluß der Gesellschaft bare weitere Zah-
lungen zu machen.
Dieser Fall ist wieder einmal ein Beweis dafür, daß
sich die Künstler sehr vor Tauschgeschäften jeder Art
hüten müssen, was wird ihnen nicht alles angeboten:
Klaviere, besonders oft Teppiche, Schnaps, freie ärztliche
Behandlung bis ans (möglichst frühzeitige) Lebensende,
Kleider, Hoflieferantentitel und große goldene Medaillen usw.
Und fast immer werden sie mit erlesenster Schundware be-
trogen.
In einer rheinischen Zeitung stand kürzlich folgende
Annonce, mit der die Folgen des Schnapsboykotts
auf die lustigen Maler abgeladen werden sollen:
„Weingut und Großhandlung von der Mosel, die selbst
keltert, feinste Spirituosen zum Teil selbst brennt,
sämtliche, auch feinste französische Sektmarken liefert, fucht
einige gute Gemälde zu kaufen und einiges in Zah-
lung zu geben."
Wo schließlich die in Tausch gegebenen Kunstwerke
bleiben, erhellt aus nachstehendem Inserat, das am
iS. August t9lv in den „M. N. N." enthalten war:
»Herrschaften. Alte Schuhe und Kleider werden gegen
nur erstklassige Gelgemälde in Tausch genommen, ev.
gekauft."
And was wird aus den Künstlern, die ihre Arbeiten
gegen wertlosen Tand verschenkten? Beinahe am selben
Tage stand in den „M. N. N." eine andere Annonce:
„In verzweifelter Lage befindet sich ein verheirateter
Künstler (Stuckschüler), ohne Auftrag, ohne Geld; aber
er möchte arbeiten und sich Geld verdienen. Er nimmt
auch Stellung an als Modell, und wenn es gar nichts
geben sollte, als Ausgeher. Gest. Offerte usw."
vielleicht hat der Aermste bei einem der „Kunsthändler",
die ihn früher ausbeuteten, eine Anstellung gefunden. Hätte
er ihn doch damals gleich die Treppe hinuntergeworfen!
v. W. O. X.

M. gelten, Kunstverlag m 8er!m
wir empfingen nachstehende Zuschrift:
„Im Interesse meiner Kollegen habe ich Ihnen folgen-
des zu unterbreiten:
In HeftHH Ihres von mir geschätzten Blattes erschien
eine hochtrabende Annonce: .Grigin alradierer gesucht.
M. Felten, Kunstverlag, Berlin 8 59, Boeckhstr. 50.
Probedrucke nur per Drucksache einsenden/
Da mir letzterer Passus sehr verdächtig erschien, Kupfer-
drucke bekannterweise sehr kostbar sind, so einige drei bis
vier Exemplare einen Ladenpreis von t^o Mk. repräsen-
tieren, beschloß ich, der Sache auf den Grund zu gehen.
Beladen mit einer Riesenrolle von Probedrucken, fuhr
ich nach der Boeckhstraße an der Grenze Rixdorfs.
Im Haufe Boeckhstr. 50 kannte kein Mensch einen
Kunstverlag; es ist ein ganz schäbiges Haus. Nach Er-
kundigung beim Hauswirt wohnte ein Felten H Treppen,
Separateingang. Ich klingelte, niemand öffnete.
Line Karte steckte ich durch die Tür und erbot mich
noch brieflich, wieder vorzufprechen, um Probedrucke vor-
zulegen, und bat um Zeitangabe unter Betonung, daß eine
Einsendung als Drucksache mir zu riskant wäre.
Ich erhielt dann eine Postkarte von Felten, wonach
er, nach Orientierung über meine Arbeiten, von meinem
Anerbieten keinen Gebrauch machen könnte.
Ich komme nun zu folgendem Schluffe:
Lin Kunstverlag Felten existiert nicht.
Jur Herausgabe des annoncierten Mappenwerkes ge-
hört mindestens ein Betriebskapital von soooo Mk. Der
Mann ist unsicher und will nur die kostbaren Probedrucke
junger Griginalradierer haben, unter Ausrede nachher vor
Gericht, sie wären ihm als wertlose Drucksachen zugesandt
worden.
Die äußere Aufmachung in größter Schäbigkeit be-
stätigt diesen Eindruck. Das sind nachher die »billigen
Drucke', die in Schaufenstern für 3—H Mk. zum verkauf
stehen."

Schadenersatz kur beschädigte bilder
Der Vorstand der „Ostdeutschen Ausstellung in
Posen" wandte sich am 3. April ^9^ an einen aus
Posen stammenden Maler mit der Bitte, einige Bilder zur
Ausstellung einzusenden.
Der Künstler schickte ein Gemälde ein (im Preise von
500 Mk.), erhielt jedoch bald die Nachricht, daß das Bild
beim Auspacken durchlöchert worden sei. Der Riß ist
PH—2 cm lang und befindet sich fast mitten im Bilde,
und der Vorstand erbot sich, das Gemälde reparieren zu
lassen.
Natürlich lehnte der Maler diese Zumutung ab, indem er
dem Vorstande schrieb, daß er selbst nach einer guten Reparatur
beim späteren verkauf auf den Schaden als ehrlicher Mann
aufmerksam machen müßte; dann aber würde jeder Käufer
entweder ganz vom Kaufe zurücktreten oder nur einen
Bruchteil des Preises bieten. Kein Schuhmacher würde
gestickte Stiefel zurücknehmen. Der Vorstand verweigerte
jedoch jede Zahlung und stellte dem Beschwerdeführer die
Klage anheim.
Das „Börsenblatt für den deutschen Buchhandel"
schrieb hierzu: „Auch für Kunsthändler ist das Verfahren
des Vorstandes lehrreich, welch großer Schaden kann
jeden Aussteller treffen, der auf derartige Aufforderungen
eingeht und der Leitung von Ausstellungen, die auf dem
Standpunkte stehen, ihrer Pflicht genügt zu haben, wenn
sie beschädigte Gemälde einfach reparieren lassen, eventuell
teure Kunstwerke anvertraut! was sollen Kunsthändler
und Maler mit solch gestickten Gemälden wohl anfangen?"
 
Annotationen