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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 10.1910/​1911

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Marcus, Otto: Wettbewerbe
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Ausbeutung der Künstler beim Konkurrenzverfahren
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https://doi.org/10.11588/diglit.52067#0253

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heft ^8.

Die Werkstatt der Kunst.

2^5

bewerbsverhältnisse durch eigne Kraft für die Künstler
günstig zu beeinflussen. Lin naheliegender weg ist,
Wettbewerbe, deren Bedingungen nicht dem Künstler-
interesse entsprechen, zu boykottieren. Erfahrungs-
gemäß sind aber die Künstler sehr schwer zu bewegen,
persönliche Opfer im allgemeinen Interesse zu bringen,
die Organisationen haben wenig Gewalt über ihre
Mitglieder und noch weniger natürlich über Außen-
stehende. Am meisten können die Organisationen
durch Aufklärung, sowohl der Künstler als der Aus-
schreibenden, erreichen und aus diese weise scheinen
namentlich die Berliner Bildhauervereinigungen schon
viele Erfolge errungen zu haben. Ein Haupterforder-
nis ist selbstverständlich, daß Preisausschreiben, die
von Künstlervereinigungen selbst veranstaltet oder
arrangiert werden, in jeder Beziehung mustergültig
sind. Auch hier haben wohl die Bildhauer infolge
reicherer Erfahrung bessere Resultate erzielt. Bei
den Malern sind Wettbewerbe leider selten, und das
in diesem Blatt kürzlich kritisierte Preisausschreiben
für eine Berliner Aula z. B. hatte in der Tat manche
Fehler. Um so mehr sollten Künstlervereinigungen
bestrebt sein, Wettbewerbe zu veranlassen, sie selbst
in die Hand zu bekommen und aus den Erfahrungen
zu lernen.
Bezüglich eines Punktes, der viel umstritten ist,
dars ich vielleicht an dieser Stelle einen Borschlag
machen. Meistens wird bei Wettbewerben die Frage
gestellt: engerer oder allgemeiner sreier Wettbewerb.
Bei ersteren: werden den aufgeforderten Künstlern
bekanntlich Entschädigungen bezahlt, bei dem letzteren
haben alle Teilnehmer ihre Arbeit gratis zu liefern.
Man sollte nach Möglichkeit beide Systeme verbinden.
Es muß darauf Rücksicht genommen werden, daß
die Beteiligung bewährter Kräfte oft nur gegen
Entschädigung überhaupt zu erreichen ist. Ost werden
nun genügend Mittel vorhanden sein, um neben den
auszusetzenden Preisen noch eine Anzahl Entschä-
digungen zu gewähren. Für diese Entschädigungen
kämen in erster Linie solche Künstler in Betracht,
aus deren Beteiligung der Ausschreibende ganz be-
sonderen Wert legt. Bei der großen Zahl tüchtiger
Künstler können aber nicht alle in Betracht kommenden
dem Ausschreibenden genügend bekannt oder gegen-
wärtig sein, und eine weitere Anzahl von Ent-
schädigungen sollte deshalb bereitgehalten werden
für Künstler, die sich durch vorlegen einschlä-
giger Arbeiten oder Reproduktionen danach
als gleichfalls qualifiziert erweisen. Die
Entscheidung hierüber hätte rechtzeitig das gleiche
Preisgericht zu treffen und manche Ungerechtigkeit
könnte so vermieden werden. Wer nicht zu einer
Entschädigung zugelassen wird, müßte sich, wie
natürlich auch jeder andere, immer noch frei um
die Preise bewerben können, aber mancher würde
gewiß gern die unnütze Arbeit und die Kosten ver-
meiden, wenn ihm durch eine solche Vorentschei-
dung klar wird, daß er bei dem Preisgericht
keine Aussicht aus Erfolg hat.

Ausbeutung äer Künstler beim
Konkurrsnzverkabren
Lin angesehener Bildhauer schreibt uns:
„Zch war vor einigen Zähren durch die Aus-
führung einer Marmorfigur mit einem bekannten und,
wie es heißt, sehr reichen Rheder in Hamburg be-
kannt geworden.
Vor etwa einem Vierteljahr starben die Frau und
der Sohn desselben bald hintereinander; dies wurde
mir in einem von Schmerz erfüllten Briefe mit-
geteilt, der zugleich die Anfrage enthielt, ob ich einen
Entwurf zu einem .bedeutenden' Grabdenkmale zum
Gedächtnis dieser Angehörigen schaffen wolle.
Tief bewegt von dem Schicksal des Mannes er-
klärte ich mich dazu bereit, nachdem er mir auf
meine Anfrage noch nähere Angaben über seine
Wünsche in betreff der Gestaltung des Denkmals
gemacht hatte.
Zn 5—6 Wochen fleißiger Arbeit vollendete ich
den Entwurf, und im Begriff, ihn abzuschicken, erhielt
ich eine Anfrage, wann er der Einsendung des
.Konkurrenzentwurfs' entgegensehen könne. Auf
meine Erklärung, daß von einer Konkurrenz weder
in dem Briefe, der die Bestellung enthielt, noch in
der späteren Korrespondenz die Rede gewesen sei,
gestand er ein, daß er allerdings verschiedene Künstler
aufgefordert habe (jedenfalls wohl auch unter Ver-
schweigung der Mitbeteiligung anderer), daß er die
Vergebung des Auftrags davon abhängig mache,
welcher Entwurf ihm, auch in bezug auf den Kosten-
punkt (besonders hervorgehoben), am besten gefiele,
und daß er auch keine Entschädigung für die von
ihm nicht gewählten Entwürfe zahlen würde. Nur
unter dieser Bedingung sähe er der Einsendung der
Entwürfe entgegen. Zch befand mich nun, da mein
Entwurf fertig war, in einer fatalen Zwangslage
und stand vor der Eventualität, wegen Bezahlung
meines Entwurfs die Gerichte anzurufen, wobei ich
wohl die Aussicht hatte, ein Honorar dasür zu er-
halten, aber die Aussicht auf den Auftrag verlor und
alle Aufregungen und Zeitverluste eines Prozesses in
den Kauf nehmen mußte, hierzu hatte ich natürlich
keine Lust, außerdem sprach auch noch das unan-
genehme Gesühl dagegen, mit jemand, mit dem man
bisher aus angenehmem Fuße verkehrte, in Streit
zu geraten, was mir zu peinlich war.
Der Mann hatte es also erreicht, da ihm von
anderer Seite, wie er mir mitteilte, auch Entwürfe
gesandt wurden, sich dieselben ohne Wissen und
Wollen der Beteiligten, auf dem Wege einer sog.
Konkurrenz zu verschaffen, ohne Bekanntgebung der
Namen der Mitaufgeforderten, ohne Angabe des
anzulegenden Preises, ohne Honorar oder Preis-
auslobung und ohne Hinzuziehung von sachverstän-
digen Preisrichtern. Also ein Verfahren, welches
allen Bestrebungen der Fachvereine und den Publi-
kationen verschiedener Behörden geradezu ins Gesicht
schlägt.
 
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