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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 10.1910/​1911

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Redaktioneller Teil
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Riess, Paul: Abermals: Zur Geschmacksbildung des Kaufmanns
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Vermischter Nachrichtenteil
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https://doi.org/10.11588/diglit.52067#0352

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Die Merkstatt der Kunst.

Heft 25.

übrig, weil das arme Leben gelebt werden must,
als sich dem Ungeschmack, der künstlerischen Unkultur,
dein kommandierenden Kaufmann und Fabrikanten
in die Arme zu werfen. Das ist aber gleichbedeutend
mit ethischer und ästhetischer Entartung.
Daß solche Zustände unhaltbar sind, unwürdig
der Kunst und einer Nation, wie es die deutsche ist,
braucht weiter keiner näheren Ausführung. So heißt
cs denn für uns aus der Selbstachtung heraus, auf
Selbstbefreiung und Selbsthilfe zu sinnen. Der Weg,
den führende, warmherzige Menschen uns zur Er-
reichung ideeller und materieller Gesundung gezeigt
haben, muß von uns gangbar gemacht und be-
schritten werden. Auf Grund unserer künstlerischen
Nechts- und Vollkraft sind wir dazu berufen, in der
heute angestrebten Geschmacksbildung des Volkes
das kräftigste Mort mitzureden und vorerst einmal
den Boden zu bereiten für eine künstlerische Aussaat.
Es will mich heute oft bedünken, als wenn wir in
der Kunstkultur immer in: Frack herumliefen und
dabei das grundlegende Hemd vergessen hätten.
Mir müssen nut unserer künstlerischen Erziehung
von unten auf beginnen, müssen die breiten Schichten
mit unseren künstlerischen Lehren durchsetzen, wenn
wir für unsere Produkte größere Resonanz haben
wollen. Läßt sich der Kaufmann heute nicht be-
kehren, so müssen wir das Publikum gefeit machen
gegen die Znvasionen des Ungeschmacks. Lehnt
inan von dieser Seite Schundliteratur, Schundindustric
und Schundkunst ab, dann werden sich die Dinge
von selber bessern.
Mie man eine Sprache in den Schulen lehrt,
so sollte inan auch die Geschmacksbildung lehren:
ganz systematisch und in pädagogischen Portionen.
Unseren ganzen Zeichenunterricht sollten wir aber-
mals reformieren, diesmal mehr nach der Gefühls-
und Phantasieseite hin. Die manuelle Geschicklichkeit
mag sa — unbestritten — eine ganz schöne Sache
sein, doch Gemüt und Sinnenlust dürfen darüber
nicht verkümmern.
Mie oft bedaure ich aus diesem Grunde, daß
heute unser Zeichenunterricht auf fast allen Schulen
in der Hand des Pädagogen, des oft so unkünst-
lerischcn Lehrers liegt, der in 2—Eemcstern die
Sanktion zur „künstlerischen" Zugenderzichung er-
langt hat. Mas für Fehlgeburten hier entstehen,
wie wenig hier die Rede von Sache und Zweck
sein kann, wissen wir alle zur Genüge, wir, die wir
uns, ohne zu murren, diesen wichtigen Lehrzweig
der Kunst aus der Hand nehmen ließen. So soll
es und darf es uns in der Geschmacksbildungsfrage

nicht wieder ergehen, denn unser Volk verlangt nach
dein Künstler, der sich seiner mit Liebe und Treue
annimmt. Mir klagen heute über ideelle und
materielle Schädigungen, führen Beschwerde, wenn
man miser Tw: für überflüssig hält und es als
Luxus hinstellt — und lassen alle ernsten Fragen,
die Volk, Zeit und — Notwendigkeit an uns stellen,
unbeachtet. Mollen wir Früchte ernten, müssen wir
es dem Landmann gleichtun und unser Feld selber
bestellen. Mir dürfen nicht an unserer Mission, die
nicht nur in: Bilder- und Bildchenmalen oder in
der Erfindung eines drei- oder sechsbeinigen Stuhles
besteht, dünkelhaft vorübergehen. Zn allen unseren
Arten und Abarten gibt es nur eine Programm-
erfüllung und die heißt: Künstlerische Er-
ziehung unseres Volkes. Nur auf einem solchen
Boden, der da nimmt und gibt, werden die Zu-
kunftstaten unserer Ganzgroßen gedeihen und all-
gemein verstanden werden. Es ist daher mit Freuden
zu begrüßen, wenn auch der in diesen: Zahrc in
Nom stattfindende Kunstkongreß sein Arbeitsgebiet
auf eine Kunstlehre fürs Volk erstreckt und die Not-
wendigkeit einer künstlerischen Propaganda entzieht.
Zn seinem Programm sind Vorschläge und Themen
enthalten, die darauf abzielen, den künstlerischen
Zntellekt in Bewegung zu setzen, ihn vorerst zu
sammeln und dann zu verallgemeinern. Auch hier
dürfen wir Künstler die Geschmacksbildung nicht
aus dem Auge lassen, und wir müssen unsere schöne
Pflicht dahin ausbauen, daß sie für alle zu einen:
selbstverständlichen Recht wird.

Die Sprechstunde des Redakteurs,
die bisher in: Hotel „Askanischer Hof" wöchentlich zwei-
mal stattfand,
wurde aufgehoben.
Dagegen ist der Redakteur vormittags, am besten
zwischen 9 und ti Uhr, telephonisch unter
Aint Zehlendorf 1«5S
zu erreichen, und ist bereit, falls wichtige Dinge vorliegen,
Besprechungen in Zehlendorf, Gertraudstraße to, oder
in Berlin zu vereinbaren.
(üAein Stadtbriefporto nach ZehlendorfI!)

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cbemiscbe Analysen uncl äie ckecbnib äer römiscb-
pompesanisobeu XVanämalerei. Von birnst LerZer.
(z. b'ortsetrunA.) — blocbmals äie Viliäo-Varben.
1. llüiäärunA betreffs äer Villäo-bürben. II. 2u-
sebritt äer bürmL Vr Karl KöniZ, 6. m. b. Iü,
Düsseldorf.

vermischter NachrichtenteiL.

Laufende Preisausschreiben

Dannover. Der Termin für die Anmeldung der Ivett-
bewerbsarbeiten zum Preisausschreiben der Firma Günther
rvagner rückt heran Z. bis tO. April), ohne daß gewisse
prinzipielle Bedenken, die vom Hauptausfchusse
der „Allgemeinen Deutschen Kunstgenossenschaft" in Heft 5

dieses Blattes geäußert worden waren, genügend beseitigt
worden wären Tine längere Erklärung der ausschreibenden
Firma in Heft 6 zeigte wohl deren guten Millen, enthielt
aber keinerlei bindende Verpflichtungen in bezug auf die
hauptsächlich beanstandeten Punkte. Die Schriftleitung
hat deshalb in einem Briefwechsel mit der Firma
Günther Magner folgendes festgelegt:
 
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