Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 10.1910/1911
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https://doi.org/10.11588/diglit.52067#0364
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Redaktioneller Teil
DOI article:Die Revision im Prozeß Schleusing
DOI article:Himmelstoß, Karl: E. Graul in Friedenau
DOI article:Posener, Moritz Moses: Kopieren in anderen Galerien, V
DOI article:Das Bismarck-Nationaldenkmal
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356
Die Werkstatt der Kunst.
Heft 26.
Begriffe, die sich nicht zusammenkoppeln ließen. Uebrigens be-
wertete er die meisten der Bilder in der Tat mit 25 Mk., nicht
aber mit 200—800 Mk. Der Sachverständige erklärte ferner,
daß nach seiner Meinung das Gewicht in diesem Prozesse
nicht so sehr darauf gelegt werden sollte, was die aktiven
Mitglieder lieferten und die passiven Mitglieder empfingen,
sondern auf die eigentümliche Bezeichnung des Schleusing-
schen Unternehmens „ Kunftvereinigung Berlin-
Münch e n - D r e s d e n - D ü f f e l d 0 rf
Damit war die Beweisaufnahme geschloffen und nach
einer, alle wichtigen Punkte noch einmal zusammenfassenden
glänzenden Verteidigungsrede des Syndikus der „Allge-
meinen Deutschen Kunstgenofsenschaft", Herrn Rechtsanwalts
Or. Friedrich Rothe, gelangte das Gericht zur Frei-
sprechung der an geklagten Redaktion und zur
kostenpflichtigen Abweisung der Berufungsklage
des Direktors Karl Schleusing der „Runstvereinigung Berlin-
München-Dresden-Düsseldorf".
wir werden das Urteil, sobald es ausgefertigt fein
wird, an dieser Stelle wörtlich abdrucken und hoffen, daß
der zweijährige Prozeß hiermit fein Gude erreicht hat. Es
ist allerdings nicht ausgeschlossen, daß Herr Direktor Schleusing
auch gegen dieses Urteil Revision beim Kammergericht ein-
legen wird.
O. W. O. X.
6. Graul m Friedenau
U)ir empfingen folgendes Schreiben:
Sehr geehrter Herr Redakteur!
Um dem Treiben eines gewissen „Herrn" L. Graul,
Friedenau, Th orwaldsenstr. 19, ein Lude zu bereiten,
wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie in der „Werkstatt der
Kunst" nachfolgendes veröffentlichen würden.
Dieser Herr erscheint im Atelier und legitimiert sich
gewöhnlich mit einer Karte als Vertreter von Lauer-
mann, Detmold. Gr bestellt dann möglichst viele Mo-
delle, verspricht resp. vereinbart angemessene Preise und
bezahlt, trotzdem er die Modelle ganz aus nützt,
hinterher keinen Pfennig. Die Firma, an welche ich mich
wandte, verwies mich an Graul nut der Bemerkung, daß
er die Bestellung gemacht. Nachdem ein anderer Kollege,
welcher auch von ihm geprellt worden ist, sowie ich den-
selben verklagt haben, erfuhren wir, daß er alles seiner
Frau verschrieben hat und er selbst keinen Pfennig bezahlt.
Um ihn nun der Staatsanwaltschaft übergeben zu
können, bitte ich alle Herren Kollegen, mir ihre eventuellen
Erfahrungen mitzuteilen, damit ein gemeinsames vor-
gehen möglich ist.
Berlin 8W, vorkstr. 8Ha.
Karl IKruruelstoss, Bildhauer.
Kopieren in unseren Galerien. V
Mit Bedauern muß ich mit einer sog. „Erwiderung"
die Geduld des Redakteurs und des Lesers belasten,
obgleich es mir sehr gegen den Geschmack geht, alte The-
mata ungebührlich zu zerreden. Aber Mißdeutungen, die
sogar die Redaktion zu meiner Genugtuung mit einen: er-
staunten Fragezeichen versieht, muß ich noch schnell erledigen.
Ich sollte die Juroren angreifen?
Ganz im Gegenteil habe ich Mitleid mit ihnen, wenn
die armen gehetzten Juroren von den 3000 eingelieferten
Bildern die 50—^00 wirklichen Künstler herausgesucht
haben, so werden sie aus guten Gründen einen großen
Teil des leidlichen Restes noch aufnchmen (mich, bitte,
nut eingeschlossen). Dabei wird wohl manche kleine Un-
gerechtigkeit mit unterlaufen. Line miserable Pinselei wird
ausgenommen sein und eine weniger elende abgcwiesen.
Die Verkennung trifft immer bas Neue, das Genie. Das
ist erst recht menschlich und bei der Seltenheit des Genies
eben sehr selten. Man mildere diese schroffen Sätze, wenn
sie zu hart scheinen; im ganzen stimmt es; und ich wenig-
stens bin durchaus für Juroren. Auch die kopierenden
Dilettanten will ich nicht durchaus in meinen Schutz nehmen.
Aber! Ls gibt ja leider gar keine mehr. Dem Dilettanten,
der Ehrfurcht vor der Kunst hat, dem seinen, bescheidenen,
kenncrhasten, pietätvoll und hingebungsvoll arbeitenden,
dem zartfühlenden Dilettanten, der manchen heutigen
„Künstler" sehr beschämen könnte, bin ich äußerst selten
begegnet. Der Künstler von Fach hat dem Dilettanten
durch sein edles Beispiel die Ehrfurcht längst abgcwöhnt.
Ls gibt heute nur den Künstler und den Auchkünstler, be-
sonders seitdem Seele und klare Bewußtheit aus der Kunst
verdrängt sind.
Auf Holz gemalte Bilder aus Leinwand zu kopieren,
verbietet das Stilgefühl.
Die hoffnungsvolle Tempera-Untermalung fällt bei
Könnern gewöhnlich nicht „kläglich" aus. IVI. Wössner.
Das Vismarck-Hationaläenkmal
Endlich, sieben Wochen nach der Sitzung des Preis-
gerichtes, wurde das Protokoll der Sitzungen des Preis-
gerichtes für das Bismarck-Nationaldenkmal auf der
Llisenhöhe (der Sitzungen zu Düsseldorf am 23.—26. Januar
ausgegeben.
Das Preisgericht besteht aus den Herren:
z. Prof. Or. P. Llemen, provinzialkonfervator der
Rheinxrovinz, Bonn,
2. Prof. Or. Max Dessoir-Berlin,
3. Prof. Ludwig Dill-Karlsruhe,
H. Prof. I)r. Theodor Fischer-München,
5. Prof. Josef Floßmann-Pasing b. München,
6. Prof. August Gaul-Berlin,
7. Geh. Baurat Or. Ludwig Hoffmann-Berlin,
8. Prof. Leopold Graf v. Kalckreuth-Hamburg-Eddelscn,
9. Geh. Kommerzienrat E. Kirdorf-Streithof-Mülheim-
Ruhr, Speldorf,
tO. Museumsdirektor Prof. I)r. Lichtwark-Hamburg,
tt- Geh. Reg.-Rat Dr.-Ing. H. Muthesius-Nicolassee
b. Berlin,
t2. Or. Walther Rathenau-Berlin,
t5. Geh. Reg.-Rat Prof. Vr. Max Schmid-Aachen,
lH. Stadtbaudirektor Prof. Vr. Fritz Schumacher-Ham-
burg,
l5. Prof. Or. L. Tuaillon-Berlin,
t6. Museumsdirektor Prof. Or. Volbehr-Magdeburg.
Das Preisgericht versammelte sich zu einer Grts-
besichtigung am Sonntag, den 22. Januar t9ll, vor-
mittags in: Hotel Victoria in Bingen.
Zunächst wurde auf einer Dampferfahrt die Lage des
Denkmalsplatzes vom Rhein aus aufwärts und abwärts
beobachtet.
Darauf wurde eine Besteigung der Elisenhöhe und eine
Besichtigung des Plateaus und der Zugänge vorgenommen.
Line ausführliche Besprechung über den Lharakter der Land-
schaft, über die Wirkung der Llisenhöhe in dieser Landschaft
und über die Gestaltung des Geländes ergab Gemein-
samkeit der Anschauungen über die Eigenart des
Platzes und seine Eignung zu Denkmalzwecken.
I. Sitzung.
Am Montag, den 25. Januar t9lU vormittags 9 Uhr,
wurde die erste ordentliche Sitzung des Preisgerichts durch
den Alterspräsidenten, Herrn Geh. Kommerzienrat L. Kir-
dorf, eröffnet. Es wurden alsdann gewählt zum Vor-
sitzenden: Herr Prof. Vr. Lichtwark, zum 2. vo: sitzenden:
Herr Geh. Reg.-Rat Prof. Or. Max Schund.
Hierauf eröffnete der Vorsitzende die Versammlung.
Er verwies zunächst auf das den Mitgliedern des Preis-
gerichts zur versügung gestellte gedruckte „Verzeichnis
der 57Y ein gegangenen Wettbewerbsentwürfe".
Die Anordnung entspreche der Saalfolge im Knnstpalasi
und das Ergebnis der technische:: Vorprüfung sei
Die Werkstatt der Kunst.
Heft 26.
Begriffe, die sich nicht zusammenkoppeln ließen. Uebrigens be-
wertete er die meisten der Bilder in der Tat mit 25 Mk., nicht
aber mit 200—800 Mk. Der Sachverständige erklärte ferner,
daß nach seiner Meinung das Gewicht in diesem Prozesse
nicht so sehr darauf gelegt werden sollte, was die aktiven
Mitglieder lieferten und die passiven Mitglieder empfingen,
sondern auf die eigentümliche Bezeichnung des Schleusing-
schen Unternehmens „ Kunftvereinigung Berlin-
Münch e n - D r e s d e n - D ü f f e l d 0 rf
Damit war die Beweisaufnahme geschloffen und nach
einer, alle wichtigen Punkte noch einmal zusammenfassenden
glänzenden Verteidigungsrede des Syndikus der „Allge-
meinen Deutschen Kunstgenofsenschaft", Herrn Rechtsanwalts
Or. Friedrich Rothe, gelangte das Gericht zur Frei-
sprechung der an geklagten Redaktion und zur
kostenpflichtigen Abweisung der Berufungsklage
des Direktors Karl Schleusing der „Runstvereinigung Berlin-
München-Dresden-Düsseldorf".
wir werden das Urteil, sobald es ausgefertigt fein
wird, an dieser Stelle wörtlich abdrucken und hoffen, daß
der zweijährige Prozeß hiermit fein Gude erreicht hat. Es
ist allerdings nicht ausgeschlossen, daß Herr Direktor Schleusing
auch gegen dieses Urteil Revision beim Kammergericht ein-
legen wird.
O. W. O. X.
6. Graul m Friedenau
U)ir empfingen folgendes Schreiben:
Sehr geehrter Herr Redakteur!
Um dem Treiben eines gewissen „Herrn" L. Graul,
Friedenau, Th orwaldsenstr. 19, ein Lude zu bereiten,
wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie in der „Werkstatt der
Kunst" nachfolgendes veröffentlichen würden.
Dieser Herr erscheint im Atelier und legitimiert sich
gewöhnlich mit einer Karte als Vertreter von Lauer-
mann, Detmold. Gr bestellt dann möglichst viele Mo-
delle, verspricht resp. vereinbart angemessene Preise und
bezahlt, trotzdem er die Modelle ganz aus nützt,
hinterher keinen Pfennig. Die Firma, an welche ich mich
wandte, verwies mich an Graul nut der Bemerkung, daß
er die Bestellung gemacht. Nachdem ein anderer Kollege,
welcher auch von ihm geprellt worden ist, sowie ich den-
selben verklagt haben, erfuhren wir, daß er alles seiner
Frau verschrieben hat und er selbst keinen Pfennig bezahlt.
Um ihn nun der Staatsanwaltschaft übergeben zu
können, bitte ich alle Herren Kollegen, mir ihre eventuellen
Erfahrungen mitzuteilen, damit ein gemeinsames vor-
gehen möglich ist.
Berlin 8W, vorkstr. 8Ha.
Karl IKruruelstoss, Bildhauer.
Kopieren in unseren Galerien. V
Mit Bedauern muß ich mit einer sog. „Erwiderung"
die Geduld des Redakteurs und des Lesers belasten,
obgleich es mir sehr gegen den Geschmack geht, alte The-
mata ungebührlich zu zerreden. Aber Mißdeutungen, die
sogar die Redaktion zu meiner Genugtuung mit einen: er-
staunten Fragezeichen versieht, muß ich noch schnell erledigen.
Ich sollte die Juroren angreifen?
Ganz im Gegenteil habe ich Mitleid mit ihnen, wenn
die armen gehetzten Juroren von den 3000 eingelieferten
Bildern die 50—^00 wirklichen Künstler herausgesucht
haben, so werden sie aus guten Gründen einen großen
Teil des leidlichen Restes noch aufnchmen (mich, bitte,
nut eingeschlossen). Dabei wird wohl manche kleine Un-
gerechtigkeit mit unterlaufen. Line miserable Pinselei wird
ausgenommen sein und eine weniger elende abgcwiesen.
Die Verkennung trifft immer bas Neue, das Genie. Das
ist erst recht menschlich und bei der Seltenheit des Genies
eben sehr selten. Man mildere diese schroffen Sätze, wenn
sie zu hart scheinen; im ganzen stimmt es; und ich wenig-
stens bin durchaus für Juroren. Auch die kopierenden
Dilettanten will ich nicht durchaus in meinen Schutz nehmen.
Aber! Ls gibt ja leider gar keine mehr. Dem Dilettanten,
der Ehrfurcht vor der Kunst hat, dem seinen, bescheidenen,
kenncrhasten, pietätvoll und hingebungsvoll arbeitenden,
dem zartfühlenden Dilettanten, der manchen heutigen
„Künstler" sehr beschämen könnte, bin ich äußerst selten
begegnet. Der Künstler von Fach hat dem Dilettanten
durch sein edles Beispiel die Ehrfurcht längst abgcwöhnt.
Ls gibt heute nur den Künstler und den Auchkünstler, be-
sonders seitdem Seele und klare Bewußtheit aus der Kunst
verdrängt sind.
Auf Holz gemalte Bilder aus Leinwand zu kopieren,
verbietet das Stilgefühl.
Die hoffnungsvolle Tempera-Untermalung fällt bei
Könnern gewöhnlich nicht „kläglich" aus. IVI. Wössner.
Das Vismarck-Hationaläenkmal
Endlich, sieben Wochen nach der Sitzung des Preis-
gerichtes, wurde das Protokoll der Sitzungen des Preis-
gerichtes für das Bismarck-Nationaldenkmal auf der
Llisenhöhe (der Sitzungen zu Düsseldorf am 23.—26. Januar
ausgegeben.
Das Preisgericht besteht aus den Herren:
z. Prof. Or. P. Llemen, provinzialkonfervator der
Rheinxrovinz, Bonn,
2. Prof. Or. Max Dessoir-Berlin,
3. Prof. Ludwig Dill-Karlsruhe,
H. Prof. I)r. Theodor Fischer-München,
5. Prof. Josef Floßmann-Pasing b. München,
6. Prof. August Gaul-Berlin,
7. Geh. Baurat Or. Ludwig Hoffmann-Berlin,
8. Prof. Leopold Graf v. Kalckreuth-Hamburg-Eddelscn,
9. Geh. Kommerzienrat E. Kirdorf-Streithof-Mülheim-
Ruhr, Speldorf,
tO. Museumsdirektor Prof. I)r. Lichtwark-Hamburg,
tt- Geh. Reg.-Rat Dr.-Ing. H. Muthesius-Nicolassee
b. Berlin,
t2. Or. Walther Rathenau-Berlin,
t5. Geh. Reg.-Rat Prof. Vr. Max Schmid-Aachen,
lH. Stadtbaudirektor Prof. Vr. Fritz Schumacher-Ham-
burg,
l5. Prof. Or. L. Tuaillon-Berlin,
t6. Museumsdirektor Prof. Or. Volbehr-Magdeburg.
Das Preisgericht versammelte sich zu einer Grts-
besichtigung am Sonntag, den 22. Januar t9ll, vor-
mittags in: Hotel Victoria in Bingen.
Zunächst wurde auf einer Dampferfahrt die Lage des
Denkmalsplatzes vom Rhein aus aufwärts und abwärts
beobachtet.
Darauf wurde eine Besteigung der Elisenhöhe und eine
Besichtigung des Plateaus und der Zugänge vorgenommen.
Line ausführliche Besprechung über den Lharakter der Land-
schaft, über die Wirkung der Llisenhöhe in dieser Landschaft
und über die Gestaltung des Geländes ergab Gemein-
samkeit der Anschauungen über die Eigenart des
Platzes und seine Eignung zu Denkmalzwecken.
I. Sitzung.
Am Montag, den 25. Januar t9lU vormittags 9 Uhr,
wurde die erste ordentliche Sitzung des Preisgerichts durch
den Alterspräsidenten, Herrn Geh. Kommerzienrat L. Kir-
dorf, eröffnet. Es wurden alsdann gewählt zum Vor-
sitzenden: Herr Prof. Vr. Lichtwark, zum 2. vo: sitzenden:
Herr Geh. Reg.-Rat Prof. Or. Max Schund.
Hierauf eröffnete der Vorsitzende die Versammlung.
Er verwies zunächst auf das den Mitgliedern des Preis-
gerichts zur versügung gestellte gedruckte „Verzeichnis
der 57Y ein gegangenen Wettbewerbsentwürfe".
Die Anordnung entspreche der Saalfolge im Knnstpalasi
und das Ergebnis der technische:: Vorprüfung sei