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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 10.1910/​1911

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Sandkuhl, Hermann: Juryfreie Kunstschau und Organisation!, II
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https://doi.org/10.11588/diglit.52067#0534

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526

Die Werkstatt der Runst.

heft 38.

^ur>>freie Runlllckau uncl Organisation! II
(vgl. den Artikel in heft 36)

Der Werberuf des Malers Herrn G. Marcus in
heft 36 der „W. d. K." für die A. D. K. G. wird hoffent-
lich nicht ungehört verhallen, denn nach ihrer ganzen
Struktur, nach der Zahl ihrer Mitglieder wie nach den
Persönlichkeiten und der Art ihrer Leitung gehört die
A. D. K. G. zu den Künstlerberufsorganisationen, auf die
unbedingter verlaß fein wird, wenn die Regierung mit
den Künstlern in eine ernsthafte Erörterung eintreten wird
über die Lösung spruchreifer, die Künstler wie die Allge-
meinheit angehender kunstwirtschaftlicher Fragen. Mit be-
sonderer Befriedigung erfüllt es, zu hören, daß in der
A. D. K. G. Raum geschaffen werden soll für junge Strö-
mungen, wodurch der Rahmen dieser Organisation eine
längst notwendige Erweiterung erfahren würde. Die Kunst-
genossenschaft wird trotzdem nicht davon absehen können,
eine bestimmte Kunstrichtung zu bevorzugen; dem steht
ihre alte Tradition, auf die Herr Marcus mit berechtigtem
Stolze hinweist, entgegen. Auf Ausstellungen der A. D. K. G.
findet man — oder fand man wenigstens bisher — Ver-
treter einer weit links stehenden Kunftauffassung nicht, und
die ideale Werbung der A. D. K. G. um Beitritt weiterer
Mitglieder beruht auf der Voraussetzung des Einverständ-
nisses mit der ihre Ausstellungen beherrschenden Kunst-
richtung.
Es gab bis heute in Berlin keine Organisation, die
eine wirklich juryfreie Ausstellung in großem Stil zu
veranstalten geneigt oder dazu imstande wäre, vornehmlich
aber aus dem oft und mit Recht, wie schon oben angeführten
Grunde, daß alle bestehenden Künstlervereinigungen unter
dem Zeichen einer bestimmten Kunstrichtung stehen. Wie
aber ohne eine Vereinigung, die als eingetragener Verein
für alle Verbindlichkeiten als juristische herson haftet,
die überaus schwierige Durchführung einer großen jury-
freien Kunstschau finanziell und organisatorisch ermöglicht
werden soll, ist unerfindlich. Also ist uck lloc eine Ver-
einigung zu schaffen, als die unabweisbare Vorbedingung
für die Ermöglichung einer „Iuryfreien". Es ist dem-
nach irrig, wenn Herr Marcus meint, es bestände die
Absicht, eine Vereinigung auf der „Iuryfreien Kunstschau"
aufzubauen — umgekehrt — die „Vereinigung Bil-
dender Künstler" ist begründet, besteht und wird ener-
gisch ausgebaut, um endlich für Berlin die große, all-
jährliche juryfreie Kunstschau zu verwirklichen, deren
Berechtigung und Notwendigkeit in ideeller und materieller
Hinsicht Herr Marcus, wie nicht anders zu erwarten war,
durchaus zugibt; er wird nun auch weiterhin zugeben, daß
eine Erstarkung der v. B. K. keine Zersplitterung der
Kräfte der Künstlerfchaft bedeutet, sondern eine notwendige
und begrüßenswerte Zusammenfassung, da die v. B. K. die
Künstler aller Richtungen — ganz ungeachtet ihrer Zu-
gehörigkeit zu anderen Organisationen — aufnimmt, alle
Richtungen als völlig gleichberechtigt anerkennt, allen gleich-
wertige Förderung verspricht.
Ueber die Veranstaltung einer alljährlichen juryfreien
Kunstschau hinaus beabsichtigt die v. B. K. erheblich mit-
zuarbeiten an der Verwirklichung mancher wirtschaftlichen
Forderung der bildenden Künstler. Ob Herr Marcus recht
hat, wenn er meint, die Behörden würden sich mit der
v. B. K. in Unterhandlung nicht einlassen, wollen wir ab-
warten. Die positiven Erfolge der A. D. K. G. in Hinsicht
auf ihren Einfluß auf die Gesetzgebung könnten, entgegen
Herrn Marcus, zu der Annahme berechtigen, daß doch
vielleicht kleine Mängel im Aufbau und in den Satzungen
dieser Körperschaft bei der Durchführung solcher Aufgaben
hinderlich gewesen seien. Die v. B. K. wird nicht mit einer
gewaltigen Mitgliederzahl aufwarten können, aber sie ist
sich bewußt, daß ihre Hauptveranstaltung, die „Iuryfreie
Kunstschau", ein Erzeugnis ist kunstwirtschaftlicher Not-

wendigkeit und erwachender sozialer Erkenntnis in der
Künstlerschaft, und die V. B. K. wird vielleicht planvoller
und geschickter als andere Künstlerverbände diese beiden
Faktoren weiter benutzen, um den weg zu ebnen zur Er-
reichung fernerer Erfolge auf dem Gebiete der bei uns
arg vernachlässigten Kunstwirtschaft.
Aber das sind noch ungelegte Lier, vorläufig gilt's
nur der „Iuryfreien Kunstschau Berlin l9ll", und da er-
füllt es uns mit Genugtuung und Dankbarkeit, wenn ein
in praktischen und taktischen Kunstfragen so erfahrener
Mann und ernster Künstler wie Herr Marcus für ihr Zu-
standekommen das Wort ergreift und anerkennt, daß viele
einleuchtende Gründe für eine juryfreie Ausstellung sprechen.
Herr Marcus erhebt aber doch noch mal den Einwand be-
züglich des Dilettantismus, befürchtet, daß dort dessen
schlimmste Sorte Orgien feiern wird, daß sich dort mancher
„künstlerisch" betätigen wird, wie jener junge Mann, der
auf die Frage, ob er Klavier spielen könnte, antwortete,
er wisse es nicht, könne es aber inal versuchen. Na —
man weiß nicht, ob der junge Mann das in einem öffent-
lichen Konzert, das doch allein zum vergleich mit einer
öffentlichen Kunstausstellung herangezogen werden könnte,
versucht hat, wenn aber ja, dann geschah ihm wohl recht,
und er hat's wohl nie wieder versucht. Welch ein Er-
folg der freien Konkurrenz, der Iuryfreiheit!
Ls ist zuzugeben, daß auf einer juryfreien Kunstschau
noch mehr Minderwertiges sein wird, als wir auf den
Iuryausstellungen finden, aber es muß immer wieder be-
tont werden, daß es besser ist, zehn Dilettanten zuviel aus-
genommen, als aus Raummangel oder infolge eines be-
greiflichen Irrtums der Jury ein echter Künstler abgewiesen,
um ein Jahr zurückgeworfen, seelisch und wirtschaftlich
geschädigt zu haben.
Aufnahmekommission, Ausstellungsjury, Mitglieder-
ballot genügen nicht im Kampfe gegen das Unkraut des
Dilettantismus in der bildenden Kunst, denn man sehe um
sich! Auch die Iuryfreiheit, die öffentliche, durch das Testat
keiner Jury gedeckte Blamage des Nichtskönners genügt
nicht, man wird schon damit rechnen müssen, daß auch in
der Kunst der Kampf des Echten mit dem Schund in
Leternuin dauert, aber die Furcht vor dem Schund soll
uns nicht veranlassen, Ernstes und Gutes in die Gefahr
zu bringen, verborgen zu bleiben. Die Iuryfreiheit und
die Aussicht, daß es in den offenen Kampf geht gegen das
Minderwertige, wird die Künstler veranlassen, zur Jury-
freien nur das Allerbeste zu schicken, nur das, was sich
klar vom Minderwertigen als ernste Kunst abhebt. Das
Publikum allein soll über Wert und Unwert zu befinden
lernen, soll der einzige Juror sein. Es ist nicht auszu-
denken, welch eine Gesundung unseres gesamten Kunst-
lebens das bedeuten würde. Herman SanälnMI.

Die Sprechstunde des Redakteurs,
die bisher im Hotel „Askanischer Hof" wöchentlich zwei-
mal stattfand,
wurde aufgehoben.
Dagegen ist der Redakteur vormittags, am besten
zwischen 8 und tO Uhr, telephonisch unter
Aint Zehlendorf 10 5 3
zu erreichen, und ist bereit, falls wichtige Dinge vorliegen,
Besprechungen in Zehlendorf, Gertraudstraße O, oder
in Berlin zu vereinbaren.
(IIRein Stadtbriefporto nach Zehlendorf!!)
 
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