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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 10.1910/​1911

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Das Bismarck-Nationaldenkmal am Rhein, II
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Berger, Ernst: Der Internationale Kunstkongreß Rom 1911
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https://doi.org/10.11588/diglit.52067#0434

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426

Die Werkstatt der Runst.

heft Zs.

Energie gehört. — Was uns betrifft, so hatten wir mit
unserer Frage nach den Unterzeichnern des Protokolls nicht
die Absicht, die Ruhe zu stören oder den Kunstausschuß zu
kränken. Ulan hörte doch sehr viel von großen Uneinig-
keiten innerhalb des Preisgerichts, so daß, als die einzelnen
Unterschriften nicht angegeben wurden, die Frage wohl
berechtigt war, ob denn auch alle Preisrichter das Protokoll
genehmigt hätten. Etwas Verletzendes liegt in dieser Frage
gewiß nicht, oder sollte wenigstens nicht darin liegen. Je
größer die Aufgabe, desto größer die öffentliche Verant-
wortung. Wir haben es ja beim Wettbewerb Groß-Berlin
vor kurzer Zeit erlebt, daß mehrere Preisrichter die Unter-
zeichnung des Protokolls, das schließlich nur die Unterschrift
des Vorsitzenden, Herrn (Oberbürgermeisters Kirschner trug,
verweigerten. Etwas ähnliches befürchtete man eben
auch bei diesem Bismarck-Wettbewerb, haben wir uns
aber in diesem Falle geirrt, so wollen wir das gern an-
erkennen; bisher allerdings haben wir noch keine Antwort
auf unsere Frage erhallen.
Ulan war mit der Aufstellung des Programms und
mit der Entscheidung des Preisgerichts in Künstlerkreisen
nicht überall zufrieden und einverstanden, hier liegen eben
grundsätzliche ästhetische Meinungsverschiedenheiten vor,
deren Berechtigung man anerkennen oder verwerfen mag,
ohne irgend jemandes guten Glauben anzuzweifeln. Ent-
sprechend hat man gewiß auf feiten der Künstlerschaft
zum Kunstausschuß das volle vertrauen, daß er in
Wiesbaden nach bestem vermögen eine gerechte Entschei-
dung über das fernere Schicksal dieses so interessanten
Wettbewerbes treffen werde. v. W. O. X.

Der Internationale KunstkongrelZ
Korn 1911 (Schluß.)
Das Thema der Kunstästhetik in: öffentlichen Leben
wurde auch in der III. Gruppe verschiedentlich variiert.
Bertini Lalosso sprach über die Kunst in der Schule
und forderte zur Gründung eines Vereins auf, der sich die
Ausschmückung der Schulräume mit guten Illustrationen
zur Aufgabe stellen sollte, eine Forderung, die wir in
Deutschland längst erfüllt haben. In Italien, wo die
Kunst sozusagen auf der Straße liegt, wo jeder Brunnen,
jedes Monument Kunstwerke ersten Ranges sind, brauchten
den Jungen nur die Augen geöffnet zu werden, damit sie die
Schönheiten verstehen und schätzen lernen. Dazu diene zu-
erst die Reproduktion nach guten Vorbildern. Mezzera
referierte über die Stellung, die dekorative und angewandte
Kunst auf den Ausstellungen einnehmen sollte, im Gegen-
satz zur heute noch vielfach untergeordneten Rolle dieses
Kunstzweiges; endlich sprach Prof. Lomperez über die
Notwendigkeit der Restaurierung architektonischer Monu-
mente, eine Frage, die auch bei uns wiederholt erörtert
wurde und immer noch nicht in einheitlichem Sinne ent-
schieden ist. Die lebhafte Debatte zeigte, daß auch im
Süden verschiedene Meinungen darüber herrschen.
Bei der Menge der angemeldeten Themen (über so)
wurden die Sitzungen bis in die für „Konferenzen" bestimmten
Abendstunden ausgedehnt, es wäre sonst nicht möglich ge-
wesen, die Arbeit zu bewältigen, die der Gruppe IV Vor-
behalten war. Ls handelte sich zunächst um die Frage des
Eigentumsrechtes an Kunstwerken (Referenten Prof. Jose
Benlliure und Mr. G. Harm and) und die Bedingungen
der „Internationalen Konkurrenzen", über die außer har-
mond, Delegierter der Lociäte des ^rtistes Kram^ais,
auch der Architekt E. Thoumy, Generalkommissär der
genannten Gesellschaft, fein Votum abgab, die Regelung
dieser, alle Kunstzentren gleich interessierenden Fragen wird
erst möglich gemacht durch die Gründung eines internatio-
nalen Kunstkomitees, worüber noch zu berichten sein wird.
Mitteilungen über die Pflege der Medaille und Plakette
(Ricci), die Architektur auf den internationalen Ausstel-
lungen (Paterna-Baldizzi), die Schaffung einer Zentral-

stelle für die Registrierung verkaufter Kunstwerke (Besr 0 dny)
schlossen sich an.
Nicht minderem Interesse begegneten die Verhand-
lungen der Gruppe V. (Studien und Experimente über
Kunsttechnik), bei welchen ältere Anschauungen mit neueren
abwechselten. Prof. Lremonini, ein Vertreter der älteren
Richtung, sieht das heil in der Wiederkehr der früheren
Kunstprinzipien, und forderte zum Studium der Leonar-
dischen Theorien auf, zur pflege der Freskotechnik, die
allein imstande sei, gesunde Technik und große Kunst zu
fördern. Im Gegensatz dazu empfahl Alb. Silvy Leli-
gois das Studium neuester physiologischer Erfahrungen,
die auf die chromatischen Funktionen unserer Sehnerven
begründet sind, so daß die Kunst des Schaffens mit wissen-
schaftlicher Erkenntnis verbunden werde. Line neuartige
„Stufenleiter" der Graphischen Kunst führte der Spanier
I. Larnelo y Aida an einigen Beispielen vor, wobei er
mit Hilfe eines Apparates die Töne vom hellsten Licht bis
zum dunkelsten Schwarz in (00 Grade teilt; auch ein In-
strument eigener Erfindung, um die Abweichung von der
horizontalen genau zu präzisieren, wurde von ihm gezeigt.
Daß der Schreiber dieser Zeilen einen Vortrag an-
gemeldet hatte, ist den Lesern der „W. d. K." bekannt, und
er kann annehmen, daß der Inhalt: „Ist die Technik der
römisch-pompejan. Wandmalerei verloren gegangen?", den
meisten wohl geläufig sein wird. Aber den Italienern war
es neu, zu erfahren, daß die römisch-pompejan. Technik
mit dem „Stuccolustro" auffallende Ähnlichkeiten zeigt!
Gerade in Rom, wo es an trefflichen Beispielen antiker
Wanddekoration nicht fehlt (Tusu viviLuu am Palatin, die
neuausgegrabenen Malereien im Thermen-Museum, in
krimL Dortu u. a.), mußte es interessieren, worin diese
Technik bestanden haben mag, und um an der Hand der
vorgelegten Mriginalstücke sowie von in antiker Technik
gefertigter Probemalereien möglichst verständlich zu fein,
hatte ich es vorgezogen, den Vortrag in italienischer Sprache
zu halten, wofür von dem Neapler Architekten Paterna-
Baldizzi besonderer Dank ausgesprochen wurde. In der
folgenden Diskussion konnte ich, von Prof. Moriani auf-
gefordert, die Technik dahin präzisieren, daß sie als eine
eigenartige Kombination von Fresko, Tempera und En-
kaustik anzusehen sei, da auf frischem Grunde, mit Binde-
mitteln unter Zuhilfenahme erhitzter Eisen gearbeitet
werde, wodurch sowohl die Glättung als auch die, auch
im chemischen Sinne, innige Verbindung der Malschichten
möglich werde.
Die Sitzung brachte noch den Vortrag von Prof. Or.
Libner (München), der auch italienisch sprach, über „Die
schädigende Wirkung von Zinkweiß auf Farbe", insbeson-
dere auf Teerfarbstoffe, unter Vorweisung verschiedener mit
Zinkweiß gemachter, dem Sonnenlichte ausgesetzter Auf-
striche. Er kam zu dem Schluffe, daß Zinkweiß in Ver-
bindung mit solchen Farben zu meiden und durch andere
Weißpigmente zu ersetzen sei. In der gleichen Gruppe
sprach noch (am nächsten Tage) Maler G. Bakenhus
(Oldenburg) über „Zinnober, seine Bedeutung und Ver-
wendung"'und er hatte seinen Vortrag durch eine ganze
Reihe von Probeaufstrichen (wohl etliche hundert!) trefflich
zu erläutern verstanden. Daß man sich (5 Jahre lang mit
einer Sache befassen kann, schien den Italienern etwas
Merkwürdiges. Aus den Schlußfolgerungen der Baken-
husschen Untersuchungen mag erwähnt fein, daß es unter
den zahlreichen Zinnobersorten manche gute gibt (hollän-
dische und chinesische), daß aber die meisten im Sonnenlicht
schwärzen. Der Firnis ist kein Schutz dagegen, wohl aber,
wenn unter diesen eine Gelatineschicht gelegt war.
Kopaivabalsam befördert die Schwärzung und ätherische
Mele scheinen einen schlechten Einfluß zu haben. Besonders
schädliche Wirkung habe Feuchtigkeit. Bakenhus mußte
noch von seinen Erfahrungen über Firnisse ^manches zum
besten geben, was für die Anwesenden von Interesse war.
Der Schlußsitzung am 8. April, bei der Höflichkeits-
erklärungen ausgetauscht und der Dank der Teilnehmer
ausgesprochen wurde (an Stelle von Prof. Kampf (Berlins,
 
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