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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 10.1910/​1911

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Moy de Sons, Maximilian von: Wie können wir den fliegenden Kunsthandel bekämpfen?, III
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https://doi.org/10.11588/diglit.52067#0518

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Die Werkstatt der Kunst.

Heft 37.

5s0

Mir können wir den kliegenÄen Kunst-
kanclsl bekämpfen? Hl
(vergl. die Artikel in den Heften 52 und 55.)
Der verband Deutscher Run st vereine richtete
an das Reichsamt des Inneren in Berlin die
nachstehende Eingabe, der sich möglichst viel Aspi-
rationen anschließen mögen:
München, den Mai t9N-
Betreff: Abänderung der Reichsgewerbeordnung
Einem hohen Reichsamt des Innern gestatten wir
uns folgende Petition ganz ergebenst in Vorlage zu
bringen.
In der Sitzung des preußischen Abgeordnetenhauses
vom 5. Mai t9ll hat der Abgeordnete Hammer einen
Antrag auf Abänderung des tz 56c der Reichsgewerbe-
ordnung eingebracht, der im Verlauf einer längeren Debatte
modifiziert in folgender Fassung zur Annahme kam:
Das Haus der Abgeordneten wolle beschließen: die
Königliche Staatsregierung zu ersuchen:
v bei den verbündeten Regierungen dahin wirken zu
wollen, daß dieselben dem Reichstage möglichst noch
in der laufenden Session einen Gesetzentwurf vor-
legen, durch den der tz 56c der Reichsgewerbeordnung
(Manderlager) durch eine Bestimmung ergänzt wird:
wonach für den Betrieb eines Manderlagers eine
besondere Erlaubnis erforderlich ist, die von dem
Nachweise eines vorhandenen Bedürfnisses abhängig
zu machen ist, und die Landesregierungen verpflichtet
sind, den Betrieb eines Manderlagers über die
Dauer von tH Tagen nicht zuzulassen;
2. zum K 56c der Reichsgewerbeordnung (Manderlager)
Ausführungsanweisungen anordnen zu wollen, wo-
nach die Genehmigung zum Beginn eines Mander-
lagers mindestens 8 Tage vorher bei der Grtspolizei-
behörde nachzusuchen ist mit Angabe der Zeit und
des Mrtes, wo sich die Verkaufsgegenstände bis zum
Verkaufstermin befinden.
Namens des Verbandes Deutscher Kunstvereine, zu dem
sich die Zt größten deutschen Kunstvereine mit insgesamt
57 000 Mitgliedern zusammengeschlossen haben, begrüßen
wir die Anregung des Herrn Abgeordneten Hammer aufs
allerwärmste. Menn die hohe Reichsregierung sich ent-
schließen könnte, dem Antrag stattzugeben, wäre damit in
erster Linie der deutschen Kunst und den deutschen Künstlern,
dann aber auch einer außerordentlich großen Anzahl von
Kunstfreunden ein wesentlicher Dienst getan.
Einer hohen Reichsregierung ist sicherlich nicht un-
bekannt, welch schwere Auswüchse die unbeschränkte Ge-
werbefreiheit gerade auf dein Gebiete der bildenden Kunst
— auf diese allein wollen wir uns hier beschränken —
gezeitigt hat.
Der Handel mit Kunstwerken erfordert nicht nur
gründliche und gediegene Fachkenntnis, die nur durch eine
entsprechende Lehrzeit erworben werden kann, er ist auch
in ganz besonderem Maße Vertrauenssache. Das große
Publikum, das in Dingen der Kunst vielfach nur ganz
geringe Urteilsfähigkeit besitzt, kann vor schweren finan-
ziellen und ideellen Schädigungen nur dann bewahrt bleiben,
wenn das Kunsthändlergewerbe ausschließlich von ent-
sprechend vorgebildeten, kundigen und vor allem
absolut verlässigen Persönlichkeiten ausgeübt wird.
Nun beschäftigen sich heutzutage mit dem Vertrieb
von Merken der bildenden Kunst weit mehr Unberufene
als Fachleute. Ehemalige Modelle, packträger, Spediteur-
gehilfen wenden sich dem Kunsthandel zu, Zigarrenverkäufer,
Friseure, Hotelportiers, ja Lharkutiers und Käsehändler
betreiben ihn „nebenbei".
Mürde es sich dabei um Umwertung der Erzeugnisse
unbekannter, junger, aber tüchtiger Künstler handeln, wäre
nicht das mindeste dagegen zu sagen. In Wirklichkeit
aber verschleißen fast alle diese Leute ininderwertigste
Schundware, die in großen Fabriken unter Anlehnung an

die Motive hervorragender Meister ucl üoc angefertigt und
dann unter allerlei schwindelhafter Anpreisung als „be-
sonders günstiger Gclegenheitskauf" dem ahnungs-
losen Kunstfreund aufgehängt wird.
Hnnderttausende gehen auf diese weise Jahr um
Jahr der ernsten Kunst und ihrer Förderung verloren.
Die oben geschilderten „Händler" beschränken sich nun
keineswegs darauf, an ihren Wohnorten allein ihr Un-
wesen zu treiben. Nach wohlvorbereitetem Plan bereisen
sie zu bestimmten Zeiten bestimmte Gegenden, zumeist
Badeorte, und eröffnen dort für kurze oder längere Zeit
„Kunsthandlungen" oder inszenieren „Ausstellungen von
Gelegenheitskäufen". Regelmäßig werden zu derartigen
Veranstaltungen eine kleine Anzahl künstlerisch einwand-
freier Werke mitgeführt, die dann als Lockvogel in der
Auslage prangen oder dazu dienen, etwaigen Recherchen
der Behörde gegenüber die „künstlerische Vollwertigkeit"
des Unternehmens zu beweisen.
vor der Abreise wird dann gewöhnlich noch unter
irgendeinem Vorwande eine Auktion veranstaltet, wenn
man nicht vorgezogen hatte, schon gleich zu Anfang mit
einer solchen zu beginnen. Je nach Nachfrage und Kauf-
lust wird dabei natürlich nach Möglichkeit Ware in un-
geniertester Weise nachgeschoben.
Alle diese Unternehmungen, die nichts weiter als
Manderlagerbetriebe sind, wirken deshalb so außer-
gewöhnlich schädlich, weil sie das vom Zauberwort „Ge-
legenheitskauf" geblendete Publikum zum Erwerb ausge-
sprochenen Schunds verleiten. Dann aber auch sind sie der
verderbliche Anlaß zu einer eigenen Industrie „billiger
Kunstwerke". Der Prozeß des Direktors der Kunstvereinigung
Berlin — Düsseldorf — München, Schleusing, gegen den
Redakteur der „Werkstatt der Kunst", Fritz Hellwag,
beim Landgericht Berlin hat ein grelles Schlaglicht auf
die unerhörten Zustände in dieser Richtung geworfen.
Ls ist unseres Erachtens ein ganz hervorragendes
Verdienst, das sich Herr Abgeordneter Hammer auch um
die deutsche Kunst erwirbt, wenn er gegen die Mißstände
in der Ausübung des Wandergewerbes die Hilfe der Reichs-
regierung anruft.
Ihn hierbei nach Kräften zu unterstützen, halten wir
als Vertreter der deutschen Kunstvereine für unsere Pflicht
und erlauben uns darum, an das hohe Reichsamt des
Innern die ganz ergebenste Bitte zu stellen, wenn irgend
möglich die von Herrn Abgeordneten Hammer vorgeschla-
genen Aenderungen der Reichsgewerbeordnung zu berück-
sichtigen.
In ausgezeichneter Hochachtung für den
verband Deutscher Kunstvereine
Der v Vorsitzende: Der 2. Vorsitzende:
IVIux Qrak v. IVloz-, Lrwin vixis.
Gberftzeremonienmeister.

Die Sprechstunde des Redakteurs,
die bisher im Hotel „Askanischer Hof" wöchentlich zwei-
mal stattsand,
wurde aufgehoben.
Dagegen ist der Redakteur vormittags, am besten
zwischen 8 und t0 Uhr, telephonisch unter
Amt Zehlendorf 1053
zu erreichen, und ist bereit, falls wichtige Dinge vorliegen,
Besprechungen irr Zehlendorf, Gertraudstraße t0, oder
in Berlin zu vereinbaren.
(IIRein Stadtbriefporto nach Zehlendorf II)

tMigk öeilsgg, lliö Metins kimttöM. M1ök kik. 19,
bat kolbenden Inlmlt: Oie Zerstörende Wirkung des
Zinkweiss auf Rczuarelllürden und clie KraZe cler
KinbülnKLrkeit von Oeerbarloen in clie Kunstrnalerei.
Von kroß Or. 7V Kidner. (vorts.) — Seltener ver-
wendete trocknende Oele. Von Kd^. Kndes. —
KlLmuco-Künstler-OeUarben. — DatentanrneldunZ.
 
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