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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 10.1910/​1911

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Redaktioneller Teil
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Künstlerproletariat
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Aus reiner Liebe zur Kunst
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Sind Entwürfe, die nicht ausgeführt werden, zu bezahlen?
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https://doi.org/10.11588/diglit.52067#0391

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heft 28.

Die Werkstatt der Kunst.

383

Größe 21X51 cm 60 Pfennige!
„ 13X20 „ 50
„ 26X52 „ 125 „
Origiualentwürfe in derselben Größe so — 50 pfg.
mehr! Ob Landschaft oder Figuren, die Preise bleiben
ziemlich gleich.
verkauft wurden die Sachen aber in billigen Gold-
rahmen z. B. zu folgenden Preisen:
55x?5 cm für HO—50 Mk.
70X100 „ „ 60—80 „
95X1HO „ „ 110—120 „ und mehr,
aber nicht unter ioo Mk.
26X57 cm für 18—25 Mk. usw.
Die Goldleisten und andere (schwarze) Rahmen kosten
den Händlern knapp dasselbe wie die Bilder. Somit kann
jeder sich leicht berechnen, mit welchem Prozentsatz die
Herren arbeiten, und wie das miltlere Publikum, das bei
Händlern diese Preise anlegt, im Verhältnis geschröpft
wird. Besonders wird mit der Bezeichnung „Gelegenheits-
kauf" ein arger Unfug getrieben, denn ständig sind Kräfte
an der Arbeit, für ein Butterbrot „Gelegenheitskäufe" her-
zustellen.
Und nicht genug, daß diese Bilder dann auch nur als
„Bilder" verkauft werden, nein, sie werden als „Kunst-
werke" angepriesen, und der Maler muß ohne weiteres
Gratiskorrekturen vornehmen, wenn der Käufer an diesem
oder jenem etwas auszusetzen hat.
wer nun durch verhältnismäßig gute Leistungen diese
Händler verwöhnt hat, ist viel schlimmer daran als jener,
der überhaupt nichts Gutes zu leisten imstande ist, denn
jener wird auch seine schlechten Bilder unter Umständen los.
Das schlimmste an allem ist, daß die Bezahlung häufig
noch in Raten erfolgt, nachdem man wegen der paar
Groschen noch verschiedene Mal gelaufen ist.
Diese Zustände werden sich nur dann bessern, wenn
das Publikum anfangen wird, mehr Fühlung mit den
Malern und nicht mit den Händlern zu nehmen. Für
Preise, die dem Händler bezahlt werden, liefert der Maler
etwas ganz anderes, als es durch den Händler bezogen
werden kann.
Daß einige Größen der Berliner Künstlerschaft solche
Zustände nicht kennen, ist dadurch zu erklären, daß es ihnen
durch eigene Mittel oder durch Protektion in der Studienzeit
erspart war, sich mit den kleineren Händlern, Gelegenheits-
ausstellern usw. Herumbalgen zu müssen, wen aber die
Rot über die Schwelle solcher Händler treibt, der wird
oftmals seinen Beruf und den Idealismus, der ihn dazu
getrieben hat, verflucht haben!
Aus remer Liebe zur ttunlt
Line bemerkenswerte Offerte verschickt Herr Arthur
Dahlheim in Berlin: „Gemäldesalons vereinigter
Künstler".
Herr Dahlheim stellt den Künstlern eine ganze I. Ltage
in der Kochstraße für eine permanente Ausstellung „zur
Verfügung". So was läßt inan sich gerne gefallen. Aber
weiter: Lr erhebt kein Lntree, sondern legt den hauptwert
auf den verkauf der Bilder (als ob das die Ausstellungen
in i t Lntree nicht auch täten). Nun kann er aber „aus
reiner Liebe zur Kunst das Unternehmen nicht ins Werk
setzen", sondern muß auch „einen Teil" der Unkosten decken.
Deshalb erhebt er von jedem Künstler, der bei ihm aus-
stellen will, einen Monatsbeitrag von 5 Mk. pro qm, 9 Mk.
pro 2 qm usf., kürzeste Bindung i Jahr. Rechnen wir
die Behangfläche gering mit 250 qm, so ergibt das allein
schon zur Deckung „eines Teiles" der Unkosten 15000 Mk.
jährlich. Dazu kommt dann noch die Verkaufsprovision
von 10°/g.
welche Vorteile hat nun der Künstler?
1. Lr zahlt für das Recht auf i qm Behangfläche
jährlich 60 Mk., und zwar zahlbar monatlich (!) post-
numerunclo (siehe Bestellkarte).

2. Lr zahlt im Verkaufsfalle die „geringe" Provision
von io"/g.
5. „Die Gemälde sind frei einzuliefern und ist der
Rücktransport zu Lasten des Künstlers". Lin origineller
Satz! Frei nach dem Schema: Bald lag er oben, bald lag
i ch unten.
H. Dafür wird der Künstler aber gebeten, für den ver-
kauf möglichst niedrige Preise anzusetzen!
Allerdings, wer so große Vorteile genießt, der kann
schon mit den Preisen für seine Bilder heruntergehen!
In der Tat, Herr Dahlheim, ganz aus reiner Liebe
zur Kunst, wie Sie ja auch selbst sagen, und zu den
Künstlern setzen Sie Ihr Unternehmen nicht ins Werk.
Ws.
Smcl Entwürfe, clie nickt ausgekübrt
werclen, zu bszsblsn?
Urteil des Reichsgerichts vom 25. Dezember 1910.
Bearbeitet von Rechtsanwalt Or. Felix Walther-Leipzig
(Nachdruck, auch im Auszug, verboten.)
Ueber diese wichtige Frage hat das Reichsgericht
unlängst eine sehr beachtliche Entscheidung gefällt, die all-
seitiges Interesse verdient. Den Gegenstand des Rechts-
streites bildete der Anspruch auf Vergütung für sechs von
dem Prof. L. für die verwitwete S. angefertigte Entwürfe
zu einem von dieser ihrem verstorbenen Gatten zu errichten-
den Grabdenkmal. Prof. L. hatte brieflich bei Frau S.
angefragt, ob es ihr recht sei, wenn er ihr zu einem
solchen Denkmal Entwürfe fertigen und zusenden würde.
Frau S. antwortete ihm, es werde ihr angenehm sein,
wenn er ihr Entwürfe anfertigen und ihr zustellen wolle,
sie beabsichtige, ein schönes monumentales, künstlerisch aus-
geführtes Denkmal zu errichten, das der Tätigkeit ihres
verstorbenen Mannes Rechnung trage, nämlich den Salz-
bergbau versinnbildliche; zugleich bat sie um Angaben über
Material, Größe, Preis und Lieferzeit. In Beantwortung
einer Anfrage gab sie noch Auskunft über Lage und Be-
schaffenheit der Grabstätte und erklärte zugleich, daß sie
über den Preis von 15000 Mk. für das Grabdenkmal nicht
hinauszugehen wünsche. Prof. L. sandte dann das Modell
eines Grabdenkmals ein; da dasselbe jedoch nicht den Bei-
fall der Frau S. fand, bat sie, wenn möglich, noch ver-
schiedene andere Skizzen anzufertigen und ihr zu über-
senden. Sie hat darauf noch vier weitere Entwürfe und
schließlich noch einen sechsten Entwurf übersandt erhalten,
jedoch keinen der sechs Entwürfe genehmigt, sondern die
Arbeit einem anderen Künstler übertragen.
Prof. L. verlangte 5000 Mk. als angemessenes Ent-
gelt. vom Landgericht wurde Frau S. hierzu verurteilt.
Das Kammergericht Berlin macht die Entscheidung
davon abhängig, daß der Kläger schwöre, es sei von Un-
entgeltlichkeit der Entwürfe nicht gesprochen worden.
Die Beklagte wandte sich nunmehr ans Reichsgericht,
dessen 7. Zivilsenat sich wie folgt äußerte: Die Frage,
ob für Vorarbeiten der in Rede stehenden Art, wenn der
Verfertiger derselben den Auftrag zur Herstellung desjenigen
Merkes, zu dessen Vorbereitung sie angefertigt sind, nicht
erhalten hat, beim Mangel einer ausdrücklichen Abrede
über ihre Vergütung, eine solche beansprucht werden kann,
ist keineswegs, wie die Revision meint, unbestritten, die in
Wissenschaft und Rechtsprechung hervorgetretenen Ansichten
gehen vielmehr vielfach auseinander. Die Frage läßt sich
aber auch in so allgemeiner Fassung überhaupt nicht be-
antworten. Ihre Beantwortung ist vielmehr, wie sich aus
AZ 612, 652 B.G.B. ergibt, auf die Umstände des Einzel-
falles, nämlich darauf abzustellen, ob die Perstellung der
Vorarbeiten den Umständen nach nur gegen eine Vergütung
zu erwarten war. Zunächst kommt dabei in Frage, ob es
in der Absicht der Beteiligten lag, die Perstellung der Vor-
arbeiten überhaupt zum Gegenstände eines Vertrages
zu machen. Ls erscheint nicht zweifelhaft, daß der ver-
 
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