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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 10.1910/​1911

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Hellwag, Fritz: Kaufmann und Künstler, II
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Beumers, C. A.: Künstlerische Entwürfe für gewerbliche Erzeugnisse, II
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Die Werkstatt der Kunst.

Iseft 6

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aber doch möglichst allgemeine Ausbildung zu geben. (Die
Redaktion behält sich vor, die Frage des akademischen Unter-
richts von anderer Seite ausführlich hier behandeln zu lassen.)
Der beste Vorschlag in bezug auf künstlerische Aus-
bildung wurde von Herrn Maler und Kunstgewerbler
Hermann Widmer gemacht, der wünschte, die Akademien
möchten eine voran gegangene kunstgewerbliche Aus-
bildung bei der Aufnahme zur Bedingung machen; ebenso
wie ja auch die meisten Kunftgewerbeschulen, z. B. die
Unterrichtsanstalt des Kgl. Kunstgewerbemuseums in Berlin,
von den aufzunehmenden Kunstgewerblern verlangen, daß
sie vorher eine mindestens zweijährige Lehrzeit im Hand-
werk durchgemacht haben. — (So würden allerdings
die künstlerischen und geschmacklichen wurzeln
wieder tief ins Handwerk getrieben. Nur das
allein kann uns wieder fest aus die Füße stellen und den
Begriff der Kunst wieder zu einer normalen Bewertung
bringen. Ls ist ja im Laufe des letzten Jahrhunderts fo
unendlich viel dem Begriff „Kunst" zugerechnet
worden, was von Rechts wegen zum optischen, handwerk-
lichen und geschmacklichen Besitz eines jeden gebildeten
Menschen gehören sollte. Erst dann, wenn es uns ge-
lingen wird, in allen Schulen die Durchbildung von Auge
und Hand wieder auf die gebührende und so lange ganz
vergessen gewesene Höhe zu bringen, erst dann werden vom
Künstler berufe alle die ungezählten Auchkünstler wie
Schuppen abfallen, da sie ja vor den allgemein Ge-
bildeten nichts mehr voraus und folglich keine Be-
rechtigung mehr haben werden, sich „Künstler" zu nennen.
Damit wird sich das jetzt so erschreckende Künstler-
proletariat z. T. von selb st erledigen! Dem Handwerk
werden aber gute Kräfte zugesührt, die ihm wieder die
alte, so schmerzlich entbehrte Achtung verschaffen können.)
wenn nun also die Versammlung feststellen sollte, ob
die akademisch gebildeten Künstler befähigt wären und sich
nicht etwa für zu gut hielten, an der Vertiefung der ge-
schmacklichen Volksbildung, an der Bewältigung von künstle-
rischen Aufgaben des Tages mitzuwirken, so ist ihr Resultat
scheinbar negativ geblieben. Die Künstler zeigten sich
ziemlich skeptisch, ob und wie es ihnen gelingen sollte, mit
den speziell kunstgewerblich ausgebildeten Kräften zu wett-
eifern; selbst nach dem ausgezeichneten Referat von Or. Leon
Zeitlin, der, als auf nur ein Beispiel eines möglichen
kunstgewerblichen Nebenerwerbes, auf die werkbündlerischen,
vom verband Berliner Spezialgeschäfte energisch unter-
stützten versuche der Schule für Dekorationskunst von Frau
Gppler-Legband hinwies, vor zehr: Jahren waren es
hauptsächlich Maler und Bildhauer, die zum Kunstgewerbe
„hinabstiegen", um es zu reformieren. Das waren starke,
schöpferische Kräste, die von unten herauf, also einer dilettan-
tischen Reformierungsmethode abhold, dem Kunstgewerbe
ein neues Fundament zu schaffen suchten und geschaffen
haben. Solcher schöpferischer Pioniere bedarf es heute
nicht so sehr als wie arbeitswilliger, geschmacklich unver-
bildeter und befähigter Nachfolger, die — und das ist das
wesentlichste Erfordernis — den neuen „kunstgewerblichen"
Zeitgeist in sich aufnehmen können. Dieser neue Geist
entspringt eben der Ueberzeugung, daß unsere nächstliegende
Aufgabe in der Verbreitung einer geläuterten Geschmacks-
kultur liege, wer sich zu solcher Mitarbeit berufen fühlt,
wird still in die Reihen eintreten und bald Gelegenheit
finden, sich an Aufgaben, die von gehobenen, praktischen
Berufen gestellt werden, in jener Richtung zu betätigen. Lin
engerer Anschluß an Gleichgesinnte würde ferner im „Deut-
schen Werkbunde", dessen Geschäftsstelle sich in Dresden-
Hellerau befindet, gefunden werden können. Der Ueber-
gang muß aber ganz freiwillig unternommen werden, und
jede Art von Proseltztenmacherei, insbesondere in jener
Versammlung, wäre vom Uebel gewesen.
Das stark hervorgetretene Ausstellungsbedürfnis der
Versammlungsteilnehmer ergab ein erfreuliches Resultat,
indem zunächst 60 junge Künstler sich zusammengeschlossen
haben, um in leerstehenden Läden Berlins vor Weih-
nachten Bilderverkäufe zu arrangieren. Mögen

sie einen recht guten Erfolg damit haben, als dessen erste
Vorbedingung wir allerdings eine recht sorgfältige Aus-
wahl der Ausstellungsobjekte ansehen müssen.
wir weiden über diesen Ausstellungsverein („Ver-
einigung bildender Künstler Berlins", Geschäfts-
stelle für Anmeldungen: Berlin ^V, Neue winterfeldt-
straße s?) in der nächsten Nummer unter „Vereine"
näheres berichten. — Mit dem plane, die Künstler mit
den Kaufleuten zusammenzubringen, hat diese Ver-
einigung aber nicht das mindeste mehr zu tun, nach-
dem ihr Sprecher es öffentlich bekannt hat, daß ihm und
seinen Freunden ihr Stolz (!) es verbiete, „den Kaufleuten
anders wie als Bilderkäufern eine Annäherung zu ge-
statten". wir sind jederzeit für Offenheit und können darauf
sagen: kmbeut slbl! — Man darf jetzt also hoffen, daß diese,
anderweitig ihre Befriedigung suchenden Idealisten die De-
vise: „Künstler und Kaufmann" nicht mehr verschleiern
werden, und daß die demnächst zu machenden positiven
Vorschläge allein mit denjenigen zahlreichen Künstlern
durchgeführt werden können, die uns inzwischen ihr Ver-
ständnis dafür direkt ausgesprochen haben.
Man kann an einem Abend weder die soziale noch
die künstlerische Frage, noch beide zusammen lösen. Man
kann aber bei solchen spontanen Gelegenheiten mit Schein-
werfern einmal recht in die Niederungen des schweren
Existenzkampfes hineinleuchten. Erfreulich ist das Schau-
spiel ja nicht, aber nützlich anzusehen. Dieser Auffassung
waren auch die vielen Vertreter der öffentlichen Meinung
und sie haben so in den Berliner Tageszeitungen geschrieben.
Die Künstler hatten also eine „gute presse" und das ist
ein nicht zu unterschätzender Vorteil. KM? Blellwu^.
Rünllleriseke Entwürfe für gewerb-
llcke Erzeugnisse. II
von Hofjuwelier L. A. Beumers-Düsseldorf
(vgl. den Artikel in Heft 37 vom f3. Juni fyfo)
Der Wille ist da, sagt der Autor des betreffenden
Artikels in Nr. 37 Ihres Blattes*). Man kann daran nicht
zweifeln, wenn man den Ausspruch unserer Industriellen
vernimmt: „Ich wäre froh, wenn mir jemand zu wirklich
guten Entwürfen verhelfen würde". Daß der Wille da ist,
daran ist nicht zu zweifeln. Der Wille ist nicht nur bei
den Industriellen vorhanden, sondern auch bei den Kunst-
handwerkern, bei den letzteren schon deshalb, weil der
Kunsthandwerker mehr noch wie die Industrie immer und
immer Neues bringen soll, und selbst der Geschickteste, der
wohl in der Lage ist, selbst gute Entwürfe zu machen, von
Zeit zu Zeit neuer Anregungen bedarf. Aber — aber —
ja, was soll das „Aber", wird mancher fragen, und darüber
möchte ich einiges sagen. Der bei uns vorhandene Wille
Hilst bei der Sache nichts, und zwar aus folgenden Gründen:
Jedes Geschäft hat seinen besonderen Kundenkreis und
hierfür muß gearbeitet werden; plötzlich, unvermittelt ganz
Fremdes diesem Kundenkreis vorzusetzen, ist nicht unge-
fährlich, und es wird ein vorsichtiger Fabrikant oder Kunst-
handwerker hierfür nicht ohne weiteres zu haben sein. Die
Künstler müßten also wohl oder übel in etwas den An-
gaben des Gewerbetreibenden nachkommen, und hier schon
beginnt die Stelle, wo es in vielen Fällen zu Meinungs-
verschiedenheiten kommt. Dazu kommt noch, daß der Ge-
werbetreibende gewisse Grenzen, was Preis angeht, sür
die einzelnen Gegenstände einhalten muß, und auch hier
*) Anmerkung derLchriftleitung. Freiherr von Pechmann
in München, der dort die Vermittlungsstelle für angewandte Aunst leitet,
batte vorgeschlagen, daß die Fabrikanten weniger neue Entwürfe,
die schließlich nur auf dem Papier entstanden wären, von den Künstlern
verlangen, sondern zunächst davon ausgehen möchten, die Künstler mit
ihrer bisherigen Fabrikation und deren technischen Vorbedingungen
bekannt zu machen. Erst dann würden die Künstler befähigt, Entwürfe
resp. Verbesserungen zu liefern, deren praktische und rentable Ausführung
sicher sei. Ferner möchten die Ausführenden von deni Künstler weniger
zeichnerische Entwürfe, als fertig ausgeführte Matertalmodelle ver-
langen. Auf diese Anregungen nimmt nun obiger Artikel des bekannten
Hofjuweliers L. A. Beumers in Düsseldorf Bezug.
 
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