Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 10.1910/1911
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https://doi.org/10.11588/diglit.52067#0027
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Redaktioneller Teil
DOI article:Loosli, Carl Albert: Der Wettbewerb um das Welttelegraphendenkmal in Bern
DOI article:Vermischter Nachrichtenteil
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Heft 2.
Die Werkstatt der Kunst.
19
gekommen sind, gerade deswegen aber nichts zustande ge-
bracht haben, was der Prämiierung würdig wäre. Infolge-
dessen entscheidet der Auslober: wir sind den Preis-
bewerbern die programmatisch festgesetzte prämicnsumme
nicht schuldig, mögen sie die Kosten tragen, denn (und das
sagte mir dieser Tage wörtlich ein Bundesrat): „sie brauchten
die Konkurrenz nur nicht mitzumachen!"
was nun folgt, ist ein Zug so rührender Naivität,
daß einem buchstäblich Tränen des Mitleides die Augen
trüben: Die Jury beschloß nämlich gleichzeitig, es sei so-
fort ein neuer Wettbewerb zur Erlangung von Entwürfen
für das Telegraphendenkmal zu veranstalten, und zwar
unter den bisherigen Programmbedingungen! Gerade das
fehlte noch, um die Künstler aus aller Herren Länder zur
Arbeit zu begeistern. Viele der besten Bildhauer sind dem
Wettbewerb aus den in meinem früheren Artikel erwähnten
Gründen ferngeblieben; jetzt, nachdem sich eine Jury ge-
funden hat, die sich nicht einmal an das miserable Pro-
gramm hält, wird ihr Zutrauen erst recht wachsen, jetzt
werden sie in Hellen Scharen mitmachen, um ebenfalls ge-
prellt (man nennt doch das so, nicht wahr?) und über den
Löffel balbiert zu werden! Nein, allen Ernstes: Glaubt
denn irgendein Mitglied der Jury und des Bundesrates,
daß sich in Zukunft noch ein einziger Künstler an einer
Konkurrenz beteiligen werde, deren Programm keine künstle-
rischen Garantien bietet und dessen materielle Garantien
im Gegensätze zu seinem Wortlaute nachträglich einfach
umgangen werden? So naiv sind sogar die uneigen-
nützigsten Künstler nicht, dazu braucht es schon wohldotierte
Akademiker!
Ich eile zum Ende. Ich habe jetzt die Ausstellung
der Entwürfe gesehen. Es ist bemühend zu konstatieren,
aus welchem Tiefstand die Ausstellung steht, weil sich die
Künstler zu genau an das Programm gehalten haben.
Andererseits aber sind Sachen vorhanden/ welche viel, viel
besser sind als beispielsweise das seinerzeit ausgeführte
Weltpostdenkmal, und vor allen Dingen: es sind immerhin
eine ganze Anzahl von Arbeiten vorhanden, welche Schnabel
und Klaue haben und eine Auslobung wohl rechtfertigten.
Ich mache mich wenigstens anheischig, deren zum mindesten
acht bis zehn an den Fingern herzuzählen, und will nachher
meine Auswahl durch eine Expertenkommission, bestehend
aus den besten schaffenden Bildhauern der Gegenwart,
nachprüsen lassen, ohne ein Dementi zu befürchten. So
schlecht sind die Sachen denn doch nicht, daß man sie nicht
hätte prämiieren dürfen, um so weniger, als mit der Prä-
miierung laut Programm ausdrücklich keine Ausführungs-
verpflichtung verbunden war.
Kr^o komme ich zum Schluffe:
l. Die Jury hat die Bestimmungen des Programmes
Art. l2 und nicht erfüllt und deshalb ihre Arbeit von
neuem zu beginnen und eine Anzahl von Entwürfen zu
prämiieren, so daß die Summe von 20 000 Frcs. aus-
gegeben werde. 2. Für den eventuellen zweiten Wettbewerb
muß ein anderes Programm aufgestellt werden, das eine
wirkliche und annehmbare Lösung wenigstens nicht von
vornherein unmöglich macht. Ich schlage vor, es sei erstens
die Platzfrage noch einmal in Erwägung zu ziehen und
zweitens den: Art. 3 folgende Fassung zu geben: „Den
Künstlern ist jede Freiheit der Durchführung zugesichert,
vorausgesetzt, daß das Denkmal dem Platze angepaßt sei
und die Ausführungssumme von ;?0 000 Frcs. nicht über-
schreite. Es ist dein Künstler freigestellt, das Denkmal zu
einem Brunnen zu gestalten." And zu Art. ö möchte ich
Vorschlägen, daß das Modell nicht wie bisher im Maßstabe
von l : lO, sondern im Maßstabe von w 20 einzureichen
sei. Das ohnehin große Risiko des Wettbewerbers wird
dadurch wesentlich verringert, und im Maßstab von ; : 20
läßt sich ebensogut wie in dem von s: ;o ermitteln, ob
der Projekteinreicher ein Stümper oder ein Künstler ist.
Endlich, im Namen des Heimatschutzes und in dem der
baulichen Tradition der Stadt Bern, sowie im Interesse
der harmonischen Eingliederung des Denkmales irr unser
Land- und Stadtbild, schlage ich vor, es seien der Jury
noch zwei gute schweizerifche Bildhauer zuzugesellen.
Vor allen Dingen aber darf im Interesse des Ansehens
unseres Landes und unserer obersten Behörde eine Kon-
kurrenz, wie die, welche ich, trotz allem was geschah, noch
nicht als erledigt betrachten kann, nicht mehr stattsinden.
o. Koosli.
Vermischter NachrichtenteiL.
- Geplante AusslLUnngen -
Berlin. Die neugegründete Künstlergruppe „pankraz"
wird außer den sechs Ausstellungen, welche sie in ver-
schiedenen deutschen Städten während des winters ver-
anstalten wird, im März oder April auch im Nassauischen
Kun st verein zu Wiesbaden ihre Werke zur Ausstellung
bringen. ' K
Breslau. (Gemäldeausstellung Arthur Lichtenberg —
Schlesischer Kunstverein — im Museum der bildenden
Künste Breslau.) Jubiläumsausstellung Schlesischer
Künstler wird Mitte November stattsinden. (Die Aus-
stellung Lichtenberg besteht jetzt HO Jahre. Red.) Die
Jury haben übernommen die Herren: Kunstmaler Hans
Dreßler, Sigfried Haertel, Prof. Eduard Kacmxffer, Paul
weimann, Bildhauer Prof. Werner-Schwarzburg. Jury-
frei sind die Künstler, welche bereits eine Medaille
aus einer Ausstellung Berlin, München, Wien erhalten
haben, oder einer Vereinigung mit eigener Jury an-
gehören. " Kl
Brüssel. Der Lonseil Lnperienr der Kederution
Internationale ckes Lornites DerrnLnents cl'Kx-
positions ist für den 2;. Oktober in Brüssel zu einer
Tagung einberufen. Außer Belgien, Dänemark, Frank-
reich, Italien, den Niederlanden, Oesterreich, der Schweiz
und Ungarn wird Deutschland vertreten sein durch die
„Ständige Ausstellungskommission für die Deutsche In-
dustrie". Auf der Tagesordnung stehen als Beratungs-
gegenstände: t> die von der deutschen Reichsregierung an-
gekündigte diplomatische Ausstellungskonferenz; 2. die
III. Internationale Konferenz der Ständigen Ausstellungs-
komitees in Berlin; 3. dringliche Fragen, wie Feuerschutz
auf Ausstellungen usw. KI
Budapest. Ueber die nächstjährige, in Rom stattsindende
ungarische Kunstausstellung, die im Rahmen der
Internationalen Ausstellung veranstaltet wird, liegen
orientierende Mitteilungen vor. Der Regierungskommissär
Magnatenhausmitglied Edmund von Miklos hat bei den
Entwürfen für das Ausstellungsgebäude die Sicherheits-
rücksichten in die vorderste Linie gestellt. Der Bau wird
ganz aus Eisen und Beton ausgeführt, aus einem großen
Prunksaal und tH kleineren Räumen bestehen. Die Kunst-
ausstellung wird retrospektiv sein und so ziemlich alles
umfassen, was zu unserer entsprechenden Repräsentation
nötig erscheint. Aucb die Hauptfigur von Fadruß' Matthias-
Denkmal und die Reiterstatue des Prinzen Eugen von
Savoyen von Josef Rona, das große Millenniumsbild von
Bcnczur werden in Rom zu sehen sein, die plastischen
Werke natürlich in Abgüssen. Die Eröffnung der Ausstel-
lung ist für Ende März t9N ins Auge gefaßt. Kl
Budapest, wie verlautet, soll der ehemalige Minister des
Innern, Herr Josef von Kristoffy, im Verein mit anderen
Interessenten beim Handelsministerium um die Bewilligung
zur Errichtung von öffentlichen Lizitationshallen
angesucht haben. Es sollen auch Kunstgegenstände feil-
geboten und Auktionen abgchalten werden. Kl
Florenz. Der Airiiiclöeteriniir für die Ausstellung der
„Kssociurüone cleAli Krtisti Ituliuni" ist auf unser
Die Werkstatt der Kunst.
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gekommen sind, gerade deswegen aber nichts zustande ge-
bracht haben, was der Prämiierung würdig wäre. Infolge-
dessen entscheidet der Auslober: wir sind den Preis-
bewerbern die programmatisch festgesetzte prämicnsumme
nicht schuldig, mögen sie die Kosten tragen, denn (und das
sagte mir dieser Tage wörtlich ein Bundesrat): „sie brauchten
die Konkurrenz nur nicht mitzumachen!"
was nun folgt, ist ein Zug so rührender Naivität,
daß einem buchstäblich Tränen des Mitleides die Augen
trüben: Die Jury beschloß nämlich gleichzeitig, es sei so-
fort ein neuer Wettbewerb zur Erlangung von Entwürfen
für das Telegraphendenkmal zu veranstalten, und zwar
unter den bisherigen Programmbedingungen! Gerade das
fehlte noch, um die Künstler aus aller Herren Länder zur
Arbeit zu begeistern. Viele der besten Bildhauer sind dem
Wettbewerb aus den in meinem früheren Artikel erwähnten
Gründen ferngeblieben; jetzt, nachdem sich eine Jury ge-
funden hat, die sich nicht einmal an das miserable Pro-
gramm hält, wird ihr Zutrauen erst recht wachsen, jetzt
werden sie in Hellen Scharen mitmachen, um ebenfalls ge-
prellt (man nennt doch das so, nicht wahr?) und über den
Löffel balbiert zu werden! Nein, allen Ernstes: Glaubt
denn irgendein Mitglied der Jury und des Bundesrates,
daß sich in Zukunft noch ein einziger Künstler an einer
Konkurrenz beteiligen werde, deren Programm keine künstle-
rischen Garantien bietet und dessen materielle Garantien
im Gegensätze zu seinem Wortlaute nachträglich einfach
umgangen werden? So naiv sind sogar die uneigen-
nützigsten Künstler nicht, dazu braucht es schon wohldotierte
Akademiker!
Ich eile zum Ende. Ich habe jetzt die Ausstellung
der Entwürfe gesehen. Es ist bemühend zu konstatieren,
aus welchem Tiefstand die Ausstellung steht, weil sich die
Künstler zu genau an das Programm gehalten haben.
Andererseits aber sind Sachen vorhanden/ welche viel, viel
besser sind als beispielsweise das seinerzeit ausgeführte
Weltpostdenkmal, und vor allen Dingen: es sind immerhin
eine ganze Anzahl von Arbeiten vorhanden, welche Schnabel
und Klaue haben und eine Auslobung wohl rechtfertigten.
Ich mache mich wenigstens anheischig, deren zum mindesten
acht bis zehn an den Fingern herzuzählen, und will nachher
meine Auswahl durch eine Expertenkommission, bestehend
aus den besten schaffenden Bildhauern der Gegenwart,
nachprüsen lassen, ohne ein Dementi zu befürchten. So
schlecht sind die Sachen denn doch nicht, daß man sie nicht
hätte prämiieren dürfen, um so weniger, als mit der Prä-
miierung laut Programm ausdrücklich keine Ausführungs-
verpflichtung verbunden war.
Kr^o komme ich zum Schluffe:
l. Die Jury hat die Bestimmungen des Programmes
Art. l2 und nicht erfüllt und deshalb ihre Arbeit von
neuem zu beginnen und eine Anzahl von Entwürfen zu
prämiieren, so daß die Summe von 20 000 Frcs. aus-
gegeben werde. 2. Für den eventuellen zweiten Wettbewerb
muß ein anderes Programm aufgestellt werden, das eine
wirkliche und annehmbare Lösung wenigstens nicht von
vornherein unmöglich macht. Ich schlage vor, es sei erstens
die Platzfrage noch einmal in Erwägung zu ziehen und
zweitens den: Art. 3 folgende Fassung zu geben: „Den
Künstlern ist jede Freiheit der Durchführung zugesichert,
vorausgesetzt, daß das Denkmal dem Platze angepaßt sei
und die Ausführungssumme von ;?0 000 Frcs. nicht über-
schreite. Es ist dein Künstler freigestellt, das Denkmal zu
einem Brunnen zu gestalten." And zu Art. ö möchte ich
Vorschlägen, daß das Modell nicht wie bisher im Maßstabe
von l : lO, sondern im Maßstabe von w 20 einzureichen
sei. Das ohnehin große Risiko des Wettbewerbers wird
dadurch wesentlich verringert, und im Maßstab von ; : 20
läßt sich ebensogut wie in dem von s: ;o ermitteln, ob
der Projekteinreicher ein Stümper oder ein Künstler ist.
Endlich, im Namen des Heimatschutzes und in dem der
baulichen Tradition der Stadt Bern, sowie im Interesse
der harmonischen Eingliederung des Denkmales irr unser
Land- und Stadtbild, schlage ich vor, es seien der Jury
noch zwei gute schweizerifche Bildhauer zuzugesellen.
Vor allen Dingen aber darf im Interesse des Ansehens
unseres Landes und unserer obersten Behörde eine Kon-
kurrenz, wie die, welche ich, trotz allem was geschah, noch
nicht als erledigt betrachten kann, nicht mehr stattsinden.
o. Koosli.
Vermischter NachrichtenteiL.
- Geplante AusslLUnngen -
Berlin. Die neugegründete Künstlergruppe „pankraz"
wird außer den sechs Ausstellungen, welche sie in ver-
schiedenen deutschen Städten während des winters ver-
anstalten wird, im März oder April auch im Nassauischen
Kun st verein zu Wiesbaden ihre Werke zur Ausstellung
bringen. ' K
Breslau. (Gemäldeausstellung Arthur Lichtenberg —
Schlesischer Kunstverein — im Museum der bildenden
Künste Breslau.) Jubiläumsausstellung Schlesischer
Künstler wird Mitte November stattsinden. (Die Aus-
stellung Lichtenberg besteht jetzt HO Jahre. Red.) Die
Jury haben übernommen die Herren: Kunstmaler Hans
Dreßler, Sigfried Haertel, Prof. Eduard Kacmxffer, Paul
weimann, Bildhauer Prof. Werner-Schwarzburg. Jury-
frei sind die Künstler, welche bereits eine Medaille
aus einer Ausstellung Berlin, München, Wien erhalten
haben, oder einer Vereinigung mit eigener Jury an-
gehören. " Kl
Brüssel. Der Lonseil Lnperienr der Kederution
Internationale ckes Lornites DerrnLnents cl'Kx-
positions ist für den 2;. Oktober in Brüssel zu einer
Tagung einberufen. Außer Belgien, Dänemark, Frank-
reich, Italien, den Niederlanden, Oesterreich, der Schweiz
und Ungarn wird Deutschland vertreten sein durch die
„Ständige Ausstellungskommission für die Deutsche In-
dustrie". Auf der Tagesordnung stehen als Beratungs-
gegenstände: t> die von der deutschen Reichsregierung an-
gekündigte diplomatische Ausstellungskonferenz; 2. die
III. Internationale Konferenz der Ständigen Ausstellungs-
komitees in Berlin; 3. dringliche Fragen, wie Feuerschutz
auf Ausstellungen usw. KI
Budapest. Ueber die nächstjährige, in Rom stattsindende
ungarische Kunstausstellung, die im Rahmen der
Internationalen Ausstellung veranstaltet wird, liegen
orientierende Mitteilungen vor. Der Regierungskommissär
Magnatenhausmitglied Edmund von Miklos hat bei den
Entwürfen für das Ausstellungsgebäude die Sicherheits-
rücksichten in die vorderste Linie gestellt. Der Bau wird
ganz aus Eisen und Beton ausgeführt, aus einem großen
Prunksaal und tH kleineren Räumen bestehen. Die Kunst-
ausstellung wird retrospektiv sein und so ziemlich alles
umfassen, was zu unserer entsprechenden Repräsentation
nötig erscheint. Aucb die Hauptfigur von Fadruß' Matthias-
Denkmal und die Reiterstatue des Prinzen Eugen von
Savoyen von Josef Rona, das große Millenniumsbild von
Bcnczur werden in Rom zu sehen sein, die plastischen
Werke natürlich in Abgüssen. Die Eröffnung der Ausstel-
lung ist für Ende März t9N ins Auge gefaßt. Kl
Budapest, wie verlautet, soll der ehemalige Minister des
Innern, Herr Josef von Kristoffy, im Verein mit anderen
Interessenten beim Handelsministerium um die Bewilligung
zur Errichtung von öffentlichen Lizitationshallen
angesucht haben. Es sollen auch Kunstgegenstände feil-
geboten und Auktionen abgchalten werden. Kl
Florenz. Der Airiiiclöeteriniir für die Ausstellung der
„Kssociurüone cleAli Krtisti Ituliuni" ist auf unser