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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 10.1910/​1911

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Himmelstoß, Karl: E. Graul in Friedenau, III
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II. Urteil im Prozeß Schleusing
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https://doi.org/10.11588/diglit.52067#0419

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Heft 30.

Die Werkstatt der Kunst.


6. Graul in ^rieclenau. HI
(vgl. die Artikel in den Besten 26 und 29)
perr Bildhauer Karl pimnrelstoß schreibt uns:
„Auf die Zuschrift der Firma Alb. Lauermann-Detmold
möchte ich in Nachstehendem einige Punkte der Wahrheit ge-
mäß näher aufklären und bitte Sie höflichst, mein Schreiben
zu veröffentlichen. Wie ich nachträglich erfahren habe,
bietet Graul, der Vertreter der Firma Alb. Lauermann,
allen möglichen Firmen seine plastische Reklame an mit
der Zusicherung, Modelle zu liefern, die nur, wenn sie
gefallen, bezahlt werden brauchen. Den Bildhauern aber
gibt er feste Aufträge, korrigiert die Arbeiten, trotzdem er,
wie er selbst sagt, nichts davon versteht, vereinbart Preise
und weigert sich zum Schluß, wenn'er kein Geschäft ab-
geschlossen hat, auch nur einen Pfennig zu bezahlen.
Mit der fraglichen Büste hat Graul, nach Aussage des
perrn Bildhauer Madson, noch mehrere Bildhauer beglückt
und perrn Madson ebensowenig bezahlt wie mich.
In einein mir vorgelegten Schreiben wird gesagt, daß
die Büste verunglückt sei, sedoch wäre erst zu beweisen,
welche, da ja, wie schon gesagt, mehrere angefertigt wurden.
Auch erfuhr ich dies erst einige Wochen später, nachdem
Graul die Büste in meinem Atelier für gut befunden
und sie selbst nach Detmold abgesandt hatte.
Dort hat die Firma Alb. Lauermann ihren Namen
in sie eingraviert, die Lüste geformt und in mehreren
Exemplaren ihren Runden zum Rauf angeboten. Mit
verunglückten Arbeiten pflegt inan gewöhnlich anders um-
zugehen.
Auf jeden Fall ist die Büste nach diesen Manipulationen
abgenommen worden und zu bezahlen. Dies ist der
rechtliche Standpunkt, den ich hier nachdrücklich betonen
möchte.
Linen passenden Ausdruck für ein derartiges geschäft-
liches Gebahren zu finden, überlasse ich dein Leser. Zum
Schluß bemerke ich noch, daß ich nicht die Annahme der
150 Mk. Anzahlung abgewiefen habe, sondern nur meine
Unterschrift unter eine höchst merkwürdig abgefaßte (Quit-
tung." Kurl Niruruelstoss, Bildhauer,
Berlin LV/, porkstr. 8-1D.
Ab 1. Mai 1911 in Selb in Bayern bei perrn
Schleuzig.
II. Urteil ini Prozeß Sckleulmg
Im Namen des Königs!
12. k. 55. 10.
96.
Lingegangen am 10. April 1911.
In der Privatklagesache des Direktors Karl Schleu-
sing in Berlin, Mansteinstraße 2,
Privatklägers,
gegen den Redakteur Fritz pell wag zu Zehlendorf,
Gertraudstraße 10,
Angeklagten,
wegen Beleidigung
hat auf die von dem Privatkläger gegen das Urteil des
Königlichen Schöffengerichts in Groß-Lichterfelde vom
1^. Juni 1910 eingelegte Berufung die z. Strafkammer
des Königlichen Landgerichts II in Berlin in der Sitzung
vom 16. März 1911, an welcher teilgenommen haben:
Landgerichtsrat Gerhard
als Vorsitzender,
Landrichter Or. Andrcke,
Amtsrichter Or. paech
als beisitzende Richter,
Referendar Vogt
als Gerichtsschreiber,
für Recht erkannt:

Die Berufung des Privatklägers wird auf
seine Kosten verworfen.
Gründe:
Der Angeklagte ist durch das angefochtene Urteil von
der Anklage der Beleidigung des privatklägcrs freigesprochen
worden. Dagegen richtet sich des letzteren schrift- und form-
gerechte Berufung.
Die erneute Pauptverhandlung der zweiten Instanz
hat folgenden Sachverhalt ergeben:
Der Angeklagte ist Ehefredakteur der Zeitschrift „Die
Werkstatt der Kunst", die mehreren Künstlervereinigungen,
insbesondere der „Allgemeinen Deutschen Kunstgenofsen-
schaft" als Vereinsorgan dient. Der Privatkläger ist der
Vorstand der „Deutschen Kunstvereinigung Berlin-München-
Dresden-Düsseldorf".
Der Angeklagte hat den Geschäftsbetrieb dieser Ver-
einigung und den Privatkläger in mehreren Artikeln seiner
Zeitschrift angegriffen, insbesondere in den pesten -10 und -11
vom 5. und 19. Juli 1909. Diese beiden Artikel, die laut
des Eröffnungsbeschlusses den Gegenstand des Verfahrens
bilden, haben folgende Fassung: (Folgen die Abschriften
der beiden Artikel. Red.)
Dies steht auf Grund der eigenen Angaben des An-
geklagten fest.
Beide Artikel sind an und für sich beleidigend, und
zwar insoweit, als der erstere von einem „unlauteren
und schwindelhaften Treiben" der Kunstvereinigung
spricht und behauptet, der Privatkläger sei „als Titel-
schwindler amtlich entlarvt", der letztere angibt, daß
sich die Vermutung, die Vereinigung treibe mit dem
Namen eines Königlichen Amtsrichters Unfug,
bestätigt habe; dabei ist nicht zu verkennen, daß durch die
Vorwürfe, die der Vereinigung gemacht werden, auch, und
zwar in der Pauptsache, der Privatkläger als deren Vor-
stand getroffen wird. Ferner kann es keinem Zweifel
unterliegen, daß der Angeklagte sich des offensichtlich be-
leidigenden Eharakters der Behauptungen auch bewußt war.
Der übrige Inhalt der Artikel enthält keine Lhrenkrän-
kungen, insbesondere geht, wie der erste Richter zutreffend
ausführt, der Schlußsatz des zweiten Artikels nicht über
das Maß einer erlaubten Kritik hinaus.
In den beleidigenden Teilen der Artikel behauptet
der Angeklagte Tatsachen, die den privatkläger verächilich
zu machen und in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen
geeignet find (K 186 Str.G.B.). Der Vorwurf des unlauteren
und schwindelhaften Treibens der Vereinigung ist zwar ein
Urteil; dieses enthält jedoch die Behauptung einer kon-
kreten Tatsache. Der Artikel verweist nämlich ausdrücklich
auf das Pest 10 der Zeitschrift, in welchem dieses so be-
zeichnete Treiben geschildert worden sei. In Pest 10 stellt der
Angeklagte aber ausdrücklich das von ihm verurteilte Treiben
unter genauer Angabe der Tatsachen dar.
Ebenso liegt in dein Vorwurf, die Vereinigung treibe
mit dem Namen des Amtsrichters Unfug, die Behauptung
einer Tatsache, im unmittelbaren Anschluß wird nämlich
geschildert, worin der Angeklagte dieses Treiben erblickt.
Der Angeklagte hat den Beweis der Wahrheit für die
von ihm behaupteten Tatsachen geführt. Das Gericht
erachtet zunächst für dargetan, daß der Geschäfts-
betrieb der Vereinigung wirklich unlauter und
schwindelhaft ist. Eine ^Handlungsweise ist unlauter,
wenn sie dein im Verkehr gewöhnlich geübten Grad von
Moral nicht entspricht, sie ist schwindelhaft, wenn sie ge-
flissentlich auf Täuschung abzielt, ohne daß damit
das Bewußtsein des Geeignetseins der Vermögensschädi-
gung verbunden ist, das sie zu einer betrügerischen machen
würde.
Ueber den Geschäftsbetrieb der Vereinigung hat nur
die Pauptverhandlung auf Grund der glaubhaften eidlichen
Aussagen der Zeugen Selig und Lorenz-Morowana folgen-
den Sachverhalt ergeben:
Die „Vereinigung" hat aktive Mitglieder (Maler) und
passive („Bilderbezieher") — die letzteren erhalten gegen
 
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