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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 10.1910/​1911

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Redaktioneller Teil
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Schmidkunz, Hans: Künstlerheil
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Langhammer, Carl: Eröffnung der Großen Berliner Kunstausstellung
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Eröffnung der Berliner Secessions-Ausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.52067#0448

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Die Werkstatt der Kunst.

Heft 32.

4H0

seeland oder in Hinterpommern. Auf solchen wegen
kommt schließlich doch noch mehr heraus, als mit unseren
gebräuchlichen Ausstellungen, seien sie jurylos oder juryfest.
Und vielleicht könnte auch der „Kunstattache", den die
„Tägliche Rundschau" in ihrem Unterhaltungsblatt, Nr. ^Z6
vom t^-Iuni t9lO, als Ergänzung unserer Gesandtschaften
und Konsulate fordert, sich hier wirksam beteiligen.
Das vermöchte eine wirkliche Kunsterziehung zu werden.
Allerdings müssen unsere Agenten auch das richtige Ansehen
genießen. Ihr ganzes Auftreten und wirken muß davon
ausgehen, daß gerade die Kunst der Unkunst entgegengesetzt
werde, und daß die Kunst nicht einmal gar so viel teurer
ist, als die Unkunst. Unsere Agenten müssen für ihre Sache
und für unsere Künstler den Rücken ganz steif haben.
Sie müssen den Leuten, d. h. den Reichen in der Kultur
ebenso wie den Armen in der Unkultur, begreiflich machen,
daß man ihnen eine Ehre antut, wenn man ihnen wirk-
liche Kunst vorlegt, und namentlich, wenn man dumme
Aufträge ablehnt und dumme Auffassungen berichtigt.
Auslachen soll man den Schreiber dieser Zeilen immer-
hin. Er weiß trotzdem, daß er auf diesem Wege wenigstens
ein klein wenig zur nächsten Hauptsache beitragen kann.
Diese nächste Hauptsache ist eben die, daß die Künstler und
die Künstlerkinder und vor allem die Künste selbst mal
etwas weniger hungern und frieren.
Eröffnung cler GrolZen kerUner
RunftausfleUung
Der Präsident der Großen Berliner Kunstausstellung,
Maler Karl Langhammer, hielt folgende Ansprache:
„In den vergangenen 25 Jahren hat sich nicht nur
die deutsche Kunst, sondern auch die allgemeine Ansicht
über das, was man unter einer Kunstausstellung zu ver-
stehen hat, sehr stark gewandelt. Ueber schwere Kämpfe
und tiefe Spaltungen in der Künstlerschaft hinweg sind
die Reformen erreicht worden, die unser Ausstellungswesen
zu einer achtunggebietenden Höhe geführt haben. Unsere
heutige Ausstellung trägt einen durchaus deutschen Lha-
rakter. Nur einer kleinen Gruppe der stammverwandten
Schweizer haben wir Gastfreundschaft gewährt, wir finden
in ihren Werken ein eigenes starkes Streben nach einer
neuen Kunstauffassung, einem neuen Stile. In einem
Falle haben wir eine Kollektivausstellung einem Toten zu-
gebilligt. Der Bildhauer Christian Behrens war eine der
stärksten Erscheinungen der deutschen Plastik. Aus der bei
uns vorgeführten Sammlung aus seinem Werk spricht der
problematisch-fragmentarische Charakter seines Wesens, der
Widerspruch und Begeisterung gleichermaßen weckt. Als
liebe Gäste begrüßen wir hier zum erstenmal unsere elsaß-
lothringischen Brüder. Durch das Kunstschaffen unserer
Tage geht ein Ringen nach Größe und Stil, und die Er-
kenntnis, daß diese beiden Eigenschaften am stärksten sich
in der Monumental- und dekorativen Malerei einer jeden
Zeit zeigen, hat uns veranlaßt, auch in unserer Ausstellung
eine Anzahl von monumentalen Kartons und Malereien
unterzubringen. Die Erkenntnis, daß einem solchen Werke
stets unrecht getan wird, wenn es gerahmt als eine Art
vergrößerten Staffeleibildes irgendwo in einer Ausstellung
aufgehängt wird, hat uns veranlaßt, die Werke in einer eigen-
artigen weise in die wände einzulassen und ihnen so den
Charakter, den sie tragen sollen, möglichst zu wahren. Das
Kunstgewcrbe ist in diesem Jahre bei uns nur spärlich
vertreten. Ls ist dies darauf zurückzuführen, daß wir nur
kunstgewerbliche Erzeugnisse ausstellen wollen, die in Art
und Erfindung den Charakter eines Kunstwerkes tragen,
was am meisten Interesse erheischt, ist die kleine Kollektiv-
ausstellung moderner deutscher figürlicher Porzellane, wir
haben heute gelernt, daß jede Kunst der prägnanteste und
konzentrierteste Ausdruck der geistigen und seelischen Emp-
findungen ihrer Zeit ist. Die Ewigkeitswerte, die in ihr
stecken, können nur gewertet werden nach dem Grad von

Klarheit, mit dem sie diese ihre Zeitempfindungen zum
Ausdruck bringt, von den Jahren t83v bis t850 trennen
uns heute zwei Menschenalter. Der Begriff „unmodern"
wie auch der Begriff „altmodisch" trifft diese Zeit nicht
mehr und manch ungekannter Schatz ist aufgetaucht, viel
Bekanntes erscheint in neuem Licht. In die ersten Jahre
unserer Epoche hinein ragt noch die weithin befruchtende
Gestalt des großen universellen Künstlers Schinkel. Line
Sammlung von Gemälden, von Abbildungen der Bauwerke
des Meisters, von Möbeln und anderen Kunstgewerbe-
erzeugniffen, die nach seinen Zeichnungen geschaffen sind,
von Wohnräumen, die in dem ihm eigenen Stil mit zeit-
genössischem Mobiliar ausgestattet sind, sollen uns in den
Zauberbann seiner aus Romantik und Klassizismus eigen-
artig zusammengesetzten Persönlichkeit und den Geist seiner
Zeit versetzen. Das Krügersche Paradebild, das wir aus-
stellen, auf dessen unterer rechten Ecke ein großer Teil der
bekanntesten Typen der damaligen Berliner Gesellschaft
mit treuer Sachlichkeit dargestellt ist, zeigt, wie sehr es sich
damals bei dem Begriff „Gesellschaft" in Berlin um Geist
und Kunst drehte. Der romantische Idealismus, der sich
in den wach, Rauch, Schinkel verkörperte, geht gepaart
mit dem echten Realismus, in dessen Zentrum Krüger
selbst und der junge Menzel stehen. Was alle diese Meister
jener Zeit auszeichnete, ist die selbstverständliche Beherr-
schung des Handwerklichen, daß nie bei ihnen die Absicht
zu empfinden ist, den Beschauer irgendwie zu verblüffen.
Jedes ernste Streben hat Anspruch auf ernste Wür-
digung, aber auf Einsicht rechnen wir für die Schwierigkeit
unseres Unternehmens, was uns ermutigt hat, war der
freudige Widerhall, den unser Suchen beinahe ausnahmslos
gefunden hat. Ich danke all denen, die unser Vorhaben
mit Rat und Tat unterstützt haben, an der Spitze dem
Kaiser, der Regierung, den staatlichen und städtischen
Sammlungen und all den Kunstfreunden, die das Dpfer
nicht gescheut haben, ihre Schätze einige Zeit entbehren zu
müssen. Ich bitte nunmehr den Herrn Minister, die Aus-
stellung zu eröffnen.
Darauf nahm der Kultusminister v. Trott zu
Solz das Wort. Seine Ausführungen lauteten:
„Meine sehr geehrten Herrschaften! Sehr geehrter
Herr Präsident! Mit dem lebhaftesten Interesse bin ich
Ihren Ausführungen über Ziel, Sinn und Wesen der Aus-
stellung gefolgt, wer weiß, wie viel Mühen und Anstren-
gungen es kostet, eine große Ausstellung zu arrangieren,
der wird Ihnen Dank und Anerkennung für die Mühe-
waltung zollen. Auch ich spreche Ihnen daher meinen
Dank für Ihre Bemühungen aus. Die besonderen Schwierig-
keiten bei der Veranstaltung großer Ausstellungen liegen
heute vornehmlich darin, aus den verschiedenen Geschmacks-
richtungen das wertvollste auszusuchen. Dazu kommt die
Stellungnahme zur auswärtigen Kunst. Es ist selbstver-
ständlich, daß der Künstler auch Interesse für die auslän-
dische Kunst haben muß, und gerne wird er über die
Grenzen seiner Heimat hinauswandern, um die Kunst des
Auslandes kennen zu lernen und zu studieren. Aber dar-
über darf man das Einheimische und die heimatliche Kunst
nicht vernachlässigen. Kunst hat ihre stärksten und größten
Wurzeln immer nur in der eigenen Heimat. Sie haben
in diesem Jahr eine Sammlung von Kunsterzeugnissen
unserer Heimat zusammengestellt. Ich will hoffen, daß
durch sie die Liebe zur Heimat gefördert und gestärkt wird.
In diesem Sinne eröffne ich die Große Berliner Kunst-
ausstellung und bitte Sie, mit mir einzustimmen in ein
Hoch auf den Kaiser, den machtvollen Beschützer und För-
derer der Kunst. Kaiser Wilhelm II. er lebe hoch!"
Eröffnung cter Verliner Seceffions-
Ausftellung
Zur Eröffnung der 22. Ausstellung der „Berliner Se-
cession" hielt der neue Präsident, Prof. Lovis Corinth,
folgende Ansprache:
 
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