Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 10.1910/1911
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https://doi.org/10.11588/diglit.52067#0574
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Redaktioneller Teil
DOI Artikel:Rothe, Friedrich: Juristischer Briefkasten der "Allgemeinen Deutschen Kunstgenossenschaft": Leiter: Rechtsanwalt Dr. Fr. Rothe, Berlin
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566
Die Werkstatt der Kunst.
Heft HP
Redaktioneller Teil.
IuriNNcker Briefkasten der „Allgemeinen Deutschen Nunstgenossenschast"
Leiter: Rechtsanwalt Dr. ^r. Rotke-Berlin.
Die kostenlose Benützung dieser Auskunstsstelle steht den Mitgliedern der „Allgemeinen Deutschen Kunstgenossenschaft"
sowie den Jahres-Abonnenten der „Werkstatt der Kunst" frei. -- Als Mitglied der „Allgemeinen Deutschen Kunst-
genossenschaft" wende man sich an den Syndikus perrn Rechtsanwalt Or. Roth in Berlin XV, Französische
Str. 2qckl. — Als Abonnent schreibe man unter üblichem Nachweis des Jahres-Abonnements an die Schriftleitung
der „Werkstatt der Kunst". —
0 8. 8. in 8. Die Figur Ihres auf einem öffent-
licher: Platze stehenden Brunnens ist ohne Ihre Zustimmung
auf Postkarten reproduziert worden. Rönnen Sie sich hier-
gegen schützen? Ist es insbesondere zulässig, die Figur
ohne den übrigen Brunnen wiederzugeben?
Antwort: Nach K 20 K. G. ist die Verviel-
fältigung von Werken, die sich bleibend an öffent-
lichen Wegen, Straßen oder Plätzen befinden, durch
malende oder zeichnende Kunst oder durch Photo-
graphie ohne Zustimmung des Urhebers zulässig,
indessen darf nach A 2s a. a. O. an dem wieder-
gegebenen Werke keine Aenderung vorgenommen
werden, abgesehen von Uebertragungen in eine
andere Größe und von solchen Aenderungen, welche
das für die Vervielfältigung angewendete Verfahren
mit sich bringt.
Ist sonach die Weglassung einzelner Teile eines
Kunstwerkes an sich unzulässig, so wird man doch
die Widergabe eines Teils dann für zulässig halten
müssen, wenn dieser Teil ein selbständiges Kunstwerk
für sich ist. So bezeichnet der Allfeldsche Kommentar
die Wiedergabe des Neptun vom Begasschen
Schloßbrunnen in Berlin für zulässig und in der
Reichstagskommission ist ein Antrag, die Verviel-
fältigung einzelner Teile von der Freigabe aus-
zuschließen, als aussichtslos zurückgezogen worden.
2. L. 8. in 8. Ist ein Künstler mit unsicherem Ein-
kommen zur Einkommensteuer heranzuziehen? wie, wenn
er in den letzten Monaten vor der Veranlagung keine Ein-
nahmen hatte?
Antwort: Das berufliche Einkommen des
Künstlers ist in Preußen als Einkommen aus ge-
winnbringender Beschäftigung zu versteuern, gleich-
gültig, ob die Einkommensquelle unsicher ist oder
nicht. Die Veranlagung erfolgt nach den Ergeb-
nissen des den: Steuerjahr unmittelbar voran-
gegangenen Kalenderjahres und insoweit ein Iahres-
ergebnis noch nicht vorliegt, nach dem mutmaßlichen
Iahresertrage. Beträgt das Gesamteinkommen ein-
schließlich des Einkommens aus anderen (Puellen
nicht mehr als 900 Wk., so ist der Betreffende
steuerfrei.
z. w. 8. in e. Lin Architekt forderte ponorar für
Entwürfe zu einer Villa. Die Entwürfe waren künstlerische
Leistungen im Sinne des Kunstschutzgesetzes. Das Land-
gericht wies die Forderung als verjährt ab, weil der Ar-
chitekt seine Kunst zum Erwerbe ausübe, seine Tätigkeit
daher unter das Kunstgewerbe (!) falle und Ansprüche der-
jenigen, die ein Kunstgewerbe betreiben, der zweijährigen
Verjährung unterliegen.
Antwort: Die Entscheidung ist falsch. Selbst-
verständlich betreibt der Architekt kein Kunstgewerbe.
Ist seine Tätigkeit eine künstlerische, so fällt sie
überhaupt nicht unter den Begriff „Gewerbe", wie
er dann auch nicht zur Gewerbesteuer herangezogen
werden kann. Kunstgewerbe betreibt er jedenfalls
niemals. Wäre, wie das Landgericht annimmt, jede
zu Erwerbszwecken ausgeübte Tätigkeit eine ge-
werbsmäßige, so gäbe es schließlich nur noch Ge-
werbetreibende. Die Verjährungsfrist für Künstler,
die kein Kunstgewerbe betreiben, ist die dreißigjährige,
wie auch schon in vielen gerichtlichen Entscheidungen
angenommen worden ist.
q.. 8. 8. in 8. Line Ausstellungsleitung hatte an
eine andere Ausstellung ein Bild auf Kosten der letzterer:
zu versenden. Sie schickte es als Eilgut und versicherte
es bei der Bahn mit 2000 Mk., so daß sehr hohe Spesen
entstanden, war sie hierzu ohne vorherige Anfrage berechtigt?
Antwort: s. Wenn die Ausstellungsleitung
einen höheren Wert als 5000 Mk. auf dem Fracht-
briefe angeben wollte, so war sie verpflichtet, sich
mit Ihnen dieserhalb vorher in Verbindung zu
setzen, da eine Wertangabe über 5000 Rlk. ohne
Zustimmung desjenigen, der die Transportkosten zu
tragen hat, nicht üblich ist.
2. Die Ausstellungsleitung hätte ferner bei
Ichnen anfragen müssen, ob sie durch laufende Police
gedeckt seien, ehe sie die Transportversicherung bei
der Bahn einging. Zum Windesten hätte sie den
billigeren Weg der Versicherung bei einer Versicherungs-
gesellschaft wählen müssen.
Z. Die Ausstellungsleitung war zur Lilgutsendung
nur nach Einholung Ihrer Zustimmung berechtigt.
5. lVl. 8. in O. Kann sich der Künstler die Kosten
einer Studienreise von der Einkommensteuer in Preußen
abziehen ?
Antwort: An sich unterliegt es keinem Be-
denken, die Kosten einer Studienreise als sogenannte
Werbungskosten zu betrachten und ihre Abzugsfähig-
keit anzuerkennen. Die Schwierigkeit würde indesten
in dem Nachweise liegen, inwieweit die Kosten der
Studienreise die sonst für den Lebensunterhalt not-
wendigen Aufwendungen übersteigen. Lediglich die
Differenz könnte als abzugsfähig in Betracht kommen.
Berlin, den s. Juli sßps.
I)r. Krieckrick I^otke, Rechtsanwalt.
Die Werkstatt der Kunst.
Heft HP
Redaktioneller Teil.
IuriNNcker Briefkasten der „Allgemeinen Deutschen Nunstgenossenschast"
Leiter: Rechtsanwalt Dr. ^r. Rotke-Berlin.
Die kostenlose Benützung dieser Auskunstsstelle steht den Mitgliedern der „Allgemeinen Deutschen Kunstgenossenschaft"
sowie den Jahres-Abonnenten der „Werkstatt der Kunst" frei. -- Als Mitglied der „Allgemeinen Deutschen Kunst-
genossenschaft" wende man sich an den Syndikus perrn Rechtsanwalt Or. Roth in Berlin XV, Französische
Str. 2qckl. — Als Abonnent schreibe man unter üblichem Nachweis des Jahres-Abonnements an die Schriftleitung
der „Werkstatt der Kunst". —
0 8. 8. in 8. Die Figur Ihres auf einem öffent-
licher: Platze stehenden Brunnens ist ohne Ihre Zustimmung
auf Postkarten reproduziert worden. Rönnen Sie sich hier-
gegen schützen? Ist es insbesondere zulässig, die Figur
ohne den übrigen Brunnen wiederzugeben?
Antwort: Nach K 20 K. G. ist die Verviel-
fältigung von Werken, die sich bleibend an öffent-
lichen Wegen, Straßen oder Plätzen befinden, durch
malende oder zeichnende Kunst oder durch Photo-
graphie ohne Zustimmung des Urhebers zulässig,
indessen darf nach A 2s a. a. O. an dem wieder-
gegebenen Werke keine Aenderung vorgenommen
werden, abgesehen von Uebertragungen in eine
andere Größe und von solchen Aenderungen, welche
das für die Vervielfältigung angewendete Verfahren
mit sich bringt.
Ist sonach die Weglassung einzelner Teile eines
Kunstwerkes an sich unzulässig, so wird man doch
die Widergabe eines Teils dann für zulässig halten
müssen, wenn dieser Teil ein selbständiges Kunstwerk
für sich ist. So bezeichnet der Allfeldsche Kommentar
die Wiedergabe des Neptun vom Begasschen
Schloßbrunnen in Berlin für zulässig und in der
Reichstagskommission ist ein Antrag, die Verviel-
fältigung einzelner Teile von der Freigabe aus-
zuschließen, als aussichtslos zurückgezogen worden.
2. L. 8. in 8. Ist ein Künstler mit unsicherem Ein-
kommen zur Einkommensteuer heranzuziehen? wie, wenn
er in den letzten Monaten vor der Veranlagung keine Ein-
nahmen hatte?
Antwort: Das berufliche Einkommen des
Künstlers ist in Preußen als Einkommen aus ge-
winnbringender Beschäftigung zu versteuern, gleich-
gültig, ob die Einkommensquelle unsicher ist oder
nicht. Die Veranlagung erfolgt nach den Ergeb-
nissen des den: Steuerjahr unmittelbar voran-
gegangenen Kalenderjahres und insoweit ein Iahres-
ergebnis noch nicht vorliegt, nach dem mutmaßlichen
Iahresertrage. Beträgt das Gesamteinkommen ein-
schließlich des Einkommens aus anderen (Puellen
nicht mehr als 900 Wk., so ist der Betreffende
steuerfrei.
z. w. 8. in e. Lin Architekt forderte ponorar für
Entwürfe zu einer Villa. Die Entwürfe waren künstlerische
Leistungen im Sinne des Kunstschutzgesetzes. Das Land-
gericht wies die Forderung als verjährt ab, weil der Ar-
chitekt seine Kunst zum Erwerbe ausübe, seine Tätigkeit
daher unter das Kunstgewerbe (!) falle und Ansprüche der-
jenigen, die ein Kunstgewerbe betreiben, der zweijährigen
Verjährung unterliegen.
Antwort: Die Entscheidung ist falsch. Selbst-
verständlich betreibt der Architekt kein Kunstgewerbe.
Ist seine Tätigkeit eine künstlerische, so fällt sie
überhaupt nicht unter den Begriff „Gewerbe", wie
er dann auch nicht zur Gewerbesteuer herangezogen
werden kann. Kunstgewerbe betreibt er jedenfalls
niemals. Wäre, wie das Landgericht annimmt, jede
zu Erwerbszwecken ausgeübte Tätigkeit eine ge-
werbsmäßige, so gäbe es schließlich nur noch Ge-
werbetreibende. Die Verjährungsfrist für Künstler,
die kein Kunstgewerbe betreiben, ist die dreißigjährige,
wie auch schon in vielen gerichtlichen Entscheidungen
angenommen worden ist.
q.. 8. 8. in 8. Line Ausstellungsleitung hatte an
eine andere Ausstellung ein Bild auf Kosten der letzterer:
zu versenden. Sie schickte es als Eilgut und versicherte
es bei der Bahn mit 2000 Mk., so daß sehr hohe Spesen
entstanden, war sie hierzu ohne vorherige Anfrage berechtigt?
Antwort: s. Wenn die Ausstellungsleitung
einen höheren Wert als 5000 Mk. auf dem Fracht-
briefe angeben wollte, so war sie verpflichtet, sich
mit Ihnen dieserhalb vorher in Verbindung zu
setzen, da eine Wertangabe über 5000 Rlk. ohne
Zustimmung desjenigen, der die Transportkosten zu
tragen hat, nicht üblich ist.
2. Die Ausstellungsleitung hätte ferner bei
Ichnen anfragen müssen, ob sie durch laufende Police
gedeckt seien, ehe sie die Transportversicherung bei
der Bahn einging. Zum Windesten hätte sie den
billigeren Weg der Versicherung bei einer Versicherungs-
gesellschaft wählen müssen.
Z. Die Ausstellungsleitung war zur Lilgutsendung
nur nach Einholung Ihrer Zustimmung berechtigt.
5. lVl. 8. in O. Kann sich der Künstler die Kosten
einer Studienreise von der Einkommensteuer in Preußen
abziehen ?
Antwort: An sich unterliegt es keinem Be-
denken, die Kosten einer Studienreise als sogenannte
Werbungskosten zu betrachten und ihre Abzugsfähig-
keit anzuerkennen. Die Schwierigkeit würde indesten
in dem Nachweise liegen, inwieweit die Kosten der
Studienreise die sonst für den Lebensunterhalt not-
wendigen Aufwendungen übersteigen. Lediglich die
Differenz könnte als abzugsfähig in Betracht kommen.
Berlin, den s. Juli sßps.
I)r. Krieckrick I^otke, Rechtsanwalt.