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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 10.1910/​1911

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Meyerheim, Paul Friedrich: Ludwig Knaus
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Rothe, Friedrich: Die Haltung der Ausstellungsleitungen für Verluste ausgestellter Kunstwerke
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https://doi.org/10.11588/diglit.52067#0170

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Lach, „Ls ist genug", vorgetragen vom philharmo-
nischen Thor, beschloß die Feierlichkeit in der Aka-
demie. Als der Sarg, geleitet von der Studenten-
schaft und den Senatoren im Ornate, hinausgetragen
wurde, spielte ein Militärorchester den Thoral „Was
Gott tut, das ist wohlgetan."
Der Sarg wurde dann zum Dahlemer Friedhof
überführt, wo die Künstler Looschen und Koberstein
im Auftrage des Vereins Berliner Künstler eine
schöne Dekoration geschaffen hatten. Beim Fackel-
scheine wurde die sterbliche Hülle des Verstorbenen
ins Grab gesenkt. Sein Andenken wird in der
deutschen Künstlerschaft lebendig bleiben!
O. O. K.
Oie Haftung cler Kusstellungsleitungen
kür ^eriulte ausgestellter Uunltwerke
Line wichtige Frage ist auf Veranlassung der All-
gemeinen Deutschen Kunstgenossenschaft kürzlich ge-
richtlich zum Austrag gebracht worden.
Line Ausstellungsleitung hatte in ihren Aus-
stellungsbedingungcn den üblichen Passus, daß die
Ausstcllungsleitung die zur Ausstellung eingesandten
Kunstwerke gegen Feuerschaden versichere, daß aber
„eine Haftung für etwaige Beschädigungen und Ver-
luste anderer Art nicht übernommen werde".
Als ein Künstler zwei in der betreffenden Aus-
stellung ausgestellte ungcrahmte Kuustblätter nach
Beendigung der Ausstellung abholcn wollte, konnten
ihn: die Kunstblätter nicht zurückgegeben werden, da
sie nicht auffindbar waren. Der Künstler forderte
Erstattung des Wertes der Kunstblätter und erhob,
da beide Teile die Frage der Haftung der Aus-
stellungsleitung prinzipiell zum Austrag bringen
wollten, gegen die Veranstalter der Ausstellung Klage
auf Zahlung des Wertersatzes.
Der Kläger vertrat den Standpunkt, daß der be-
treffende Passus der Ausstellungsbedingungen lediglich
die Haftung für solche Verluste ausschließe, die auf
höherer Gewalt oder sonstigen äußeren, dem Willen
der Ausstellungsleitung und ihrer Organe entzogenen
Umständen beruhen. Das Vorliegen derartiger Um-
stände aber habe die Ausstellungsleitung darzulegen
und zu beweisen, und cs genüge nicht die bloße Be-
hauptung, daß die ausgestellten Gegenstände ab-
handen gekommen seien.
Zm Gegensatz hierzu vertrat die Ausstellungs-
leitung den Standpunkt, daß durch ihre Ausstellungs-
bedingungen jede Haftung für Verluste ausgeschlossen
werde, und daß es Sache des Künstlers sei, darzu-
tun. daß die von ihm verlangten Ausstellungsgegen-
stände nicht verloren gegangen seien. Für alle Fälle
aber werde dafür Beweis angetretcn, daß die Kunst-
blätter bis zum Schluß der Ausstellung sich dort be-
funden hätten, daß nut ihnen ordnungsmäßig wie
nut allen Ausstellungsgegenständen verfahren sei,
daß sie aber gefehlt hätten, als der Künstler sie

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habe abholen wollen und auch nachher nicht auf-
zufinden gewesen seien.
Das Amtsgericht hat die Ausstellungsleitung zum
Wertersatz nach dem Klageantrags verurteilt. Die
Berufung der Ausstellungsleitung gegen das Urteil
ist vom Landgericht zurückgewiesen worden. Zn den
Urteilen wird entsprechend dem vom Kläger ein-
genommenen Standpunkt die Haftungsbestimmung
irr den Ausstellungsbedingungen nach ihrem ganzen
Zusammenhang und nach Treu und Glauben dahin
ausgelegt, daß die Veranstalter der Ausstellung für
ihr und ihrer Organe Verschulden aufzukommen
hätten, und für Beschädigungen und Verluste anderer
Art nicht hafteten. Sie seien daher an und für sich
zur Rückgabe der Ausstellungsgegenstände verpflichtet
und müßten sich, wenn sie diese Rückgabepflicht
nicht erfüllen könnten, exkulpieren und darlegen, daß
ein Verlust eingetreten sei, für den sie nicht auf-
zukommen hätten. Da die Ausstellungsleitung im
vorliegenden Falle sich feder Darlegung über die
Entstehung des Verlustes enthalten hätte, so sei der
ihr obliegende Beweis nicht geführt.
Die Urteile sind zu begrüßen. Sie entsprechen
dem Rechtsgefühl und tragen auch dem praktischen
Bedürfnisse Rechnung. Die in den meisten Aus-
stellungsbedingungcn enthaltene Ausschließung der
Haftung für Verluste soll die Ausstellungsleitung
doch nur davor bewahren, daß sie auch dann in
Anspruch genommen wird, wenn der Verlust sich
trotz sorgsamer Erfüllung aller ihr obliegenden
Pflichten nicht vermeiden ließ. Ls soll aber der
Ausstcllungsleitung nicht ermöglichen, daß sie sich
feder Haftung einfach dadurch entziehen kann, daß
sie sich auf die Unauffindbarkeit der Ausstellungs-
gegenstände beruft. So wird die Ausstellungsleitung
sich auf jene Bestimmung mit Erfolg berufen können,
wenn trotz ordnungsmäßcr Bewachung eine Bronze
gestohlen, ein Bild von einem Besucher zerschnitten
oder fahrlässig beschädigt wird oder dergleichen.
Sie wird aber in Anspruch genommen werden
können, wenn z. B. infolge Versehens des Packers
das Bild an eine falsche Adresse geschickt wird, wenn
das Bild infolge schlechter Befestigung herabfällt
u. dgl. Auch die Verteilung der Beweislast ist billig
und entspricht dem praktischen Bedürfnisse. Aller-
dings lassen sich Fälle denken, daß auch die Aus-
stollungsleitung, obschon der Verlust durch einen
nicht von ihr zu vertretenden Umstand herbeigeführt
worden ist, den ihr obliegenden Beweis nicht führen
kann, weil sich die näheren Umstände des Verlustes
uicht ermitteln lassen. Zn der Regel wird sie aber
durch Benennung ihrer Aufseher und sonstigen An-
gestellten als Zeugen dartun können, daß der Ver-
lust auf einem Umstande beruht, den sie trotz sorg-
fältiger Erfüllung der ihr obliegenden Pflichten
nicht vermeiden konnte. Wollte man dagegen dem
Aussteller die Bcweislast aufbürden, so würde inan
Unmögliches verlangen, da der Aussteller, der häufig
noch an einem anderen Orte wohnt, kaum jemals

Die Werkstatt der Kunst.
 
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