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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 10.1910/​1911

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Meyerheim, Paul Friedrich: Ludwig Knaus
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heft 12.

Die Werkstatt der Kunst.

Leitung des Direktors w. v. Achadow es mir
weniger gut erging. Derselbe hatte nur Duldung
für die christlich-katholische Malerei und verabscheute
meine naturalistische, scharf charakterisierende Auf-
fassung; ich entrann also bald dem Banne der Aka-
demie. Es war um das Jahr s8^8. Ich ging
nach Kurhessen in das Dörfchen Willinghausen bei
Treysa (welches ich seitdem noch manchmal wieder
aufsuchte) und zeichnete und malte dort alles, was
mir vor die Augen kam. Nach halbjährigem Aufent-
halt kam ich reichbeladen mit Studien nach Düssel-
dorf zurück und fand mich nun sofort in meinem
Fahrwasser zurecht. So malte ich damals unter
anderen Bildern eine große hessische Kirmes mit
vielen Figuren.
Als ich mich dann s85O nach längerer Zeit im
badischen Schwarzwald aufgehalten hatte, entstand in
rascher Folge Bild auf Bild, so das Leichenbegängnis
im Walde, die Spieler, der Jahrmarkt usw. usw.
Aus dieser Zeit datiert auch meine erste Begegnung
mit meinem alten Freunde Herrn Barthold Suermond
aus Aachen, welcher ein großer Kunstfreund und
Sammler war. Ich besuchte mit ihm im Laufe der
Jahre die meisten Gemäldegalerien und wichtigen
Privatsammlungen in Italien, Holland, Belgien und
England, wo er mir sehr behilflich war, eine hübsche
Sammlung von niederländischen Meisterwerken zu-
sammenzubringen.
Im Jahre s852 unternahm ich eine Reise nach
Paris, wo ich drei Wochen zu bleiben gedachte, statt
dessen aber acht Jahre blieb. Ich malte dort ein
Bild: ,Der Morgen nach einem ländlichen Feste',
womit ich sofort auf der Ausstellung von (853 durch
die Medaille zweiter Klasse ausgezeichnet wurde."
Soweit Knaus eigne Aufzeichnungen.
Knaus verließ, nachdem er sich in Deutschland
verheiratet hatte, Paris, mit Ehren und Auszeich-
nungen überschüttet, und besuchte ohne große künst-
lerische Ausbeute Italien, vor seinem definitiven
Scheiden von Paris malte er die beiden Werke,
die das geistige Eigentum aller zivilisierten Völker
geworden sind, deren Nachbildungen eine grenzenlose
Verbreitung bei arm und reich gefunden haben:
„Die goldne Hochzeit" und „Die Taufe".
Nach Deutschland zurückgekehrt, wohnte er erst
in Wiesbaden, später in Berlin und dann in Düssel-
dorf, wo er sich ein eignes Haus erbaute, hier, in
deutscher Heimat, entstanden noch eine ganze Reihe
wertvollster Schöpfungen.
Von Düsseldorf folgte Ludwig Knaus einem Rufe
an die Berliner Akademie der Künste, um ein Meister-
Atelier zu leiten, und erbaute sich hier ein neues heim
in der hildebrandstraße, welches er mit den Seinigen
bis zu seinem Tode bewohnte. Und wenn wir sein
künstlerisches Glaubensbekenntnis kennen lernen wollen,
so brauchen wir uns nur in seinem traulichen heim
umzusehen. Da hängen sie alle, seine Führer.
Rubens und Seydcns, Iordaens und Franz hals,
Terborch und Lukas Lranach, wilkie und and-e mehr.

16s

Und in einem andern Zimmer kann jedem Besucher
das Herz aufgehen beim Anblick der Meisterwerke,
die Knaus von den Mitgliedern seiner Familie ge-
schaffen hat. wie herrlich sind der Vater und
Schwiegervater, die miteinander Schach spielen! wie
lebenswahr und holdselig die Bilder der Gattin und
der Töchter. Ueberhaupt ist in der Meisterschaft, das
Wesen des Kindes innig zu erfassen und wunderbar
darzustellen, unserem Knaus auf der ganzen Welt
wohl niemand an die Seite zu stellen.
Ich schließe mit dem Wunsche und der Hoffnung,
daß die herrliche goldene Saat, welche unser Meister
in seinem langen Leben so reichlich ausgestreut hat,
nicht auf unfruchtbaren Boden gefallen sein möge,
und daß bei unserem künstlerischen Nachwuchs und
unserer Jugend recht viele Samenkörner segensreiche
gesunde wurzeln schlagen mögen, um später der
Kunstwelt erfreuliche, schöne, reife Früchte zu bringen.
.ff: H
Die Trauerfeier, die ihrem verstorbenen ordent-
lichen Mitglieds und Ehrensenator von der König-
lichen Akademie der Künste zu Berlin am
ss. Dezember, mittags s2 Uhr, bereitet wurde, ver-
lief außerordentlich weihevoll.
In vollendet schöner weise war der Sarg :m
großen Ehrensaal inmitten von Palmen und lor-
beerbekränzten elektrischen Katafalken aufgebaut, um-
geben von einer diskreten und feierlichen Trauer-
dekoration.
Als Gäste hatten sich die Angehörigen des Ver-
storbenen, Vertreter des Kaisers und der Ministerien,
Abgesandte der Allgemeinen Deutschen Kunstgenossen-
schaft und der Secession und viele Geladene ein-
gefunden.
Die Feier wurde durch einen Trauermarsch aus
dem Oratorium von G. F. Händel eingeleitet, dem
der Vortrag des „Deutschen Requiems" von Jo-
hannes Brahms durch den philharmonischen Thor,
unter Leitung von Siegfried Ochs und mit Orgel-
begleitung von Bernhard Irrgang folgte. Dann
hielt der Universitätsprofessor Or. tbeol. Freiherr
v. Soden eine sehr ergreifende und formvollendete
Ansprache, der er einen Spruch Salomonis, „Ein
gutes Auge wird gesegnet", zugrunde legte.
Der Präsident des Senates der Akademie, Geheimrat
Prof. v. Großheim, widmete dem Menschen und Kollegen
Knaus warme Worte der Dankbarkeit. Schließlich
sprach Prof. Schulte im Hofe im Namen der Berliner
Künstlerschaft: „Ein heiliges Feuer ist erloschen,
ein Großer ist aus unserer Mitte gegangen, Knaus
ist uns entrissen. Die Berliner Künstlerschaft hat
ihren berühmtesten Repräsentanten verloren. Lud-
wig Knaus hat die Klassiker seiner Kunst verehrt
und ist selbst ein Klassiker geworden, der auf ihre
Entwicklung einen hervorragenden Einfluß hatte,
wenn wir seinen Namen aussprechen, spüren wir
die Sonne, ihre Reinheit, ihren Glanz und ihre
Wärme!" Lin Schlußchoral von Ioh. Sebastian
 
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