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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 10.1910/​1911

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Rothe, Friedrich: Eine interessante Entscheidung!
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Verbotene Dachwohnungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.52067#0533

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Die Werkstatt der Kunst.

heft 38.

525

gestellte Ueblichkeit der Beklagten bekannt gewesen sei.
Denn die Anwendung der tztz 6^2, 632 BGB. erfordert
keineswegs, wie schon der Wortlaut dieser Vorschriften
ergibt, den Nachweis des Vorhandenseins eines, wenn
auch unausgesprochen gebliebenen Parteiwillens, vielmehr
gilt die Entgeltlichkeit kraft Gesetzes als gewollt, wenn
objektiv, nach den Umständen des Falles, die Herstellung
des Werkes nur gegen eine Vergütung erwartet werden
konnte."
Ich habe die Urteilsgründe ausführlich wieder-
gegeben, weil sie in mehrfacher Hinsicht interessant
und von prinzipieller Wichtigkeit sind.
Im Vordergrund steht die Anerkennung des
Honoraranspruchs für bestellte Skizzen auch in dem
Falle, daß der Entwurf der Skizzen die Hoffnung auf
einen Auftrag zum Anlaß hat und die erste Anregung
vom Künstler ausgegangen ist. Die vielfach im Publi-
kum vertretene Ansicht, die Skizze des Künstlers sei dem
Kostenanschläge und der Offerte des Kaufmanns
gleichzustellen und begründe daher keinen Honorar-
anspruch, wird damit gemißbilligt. Erfreulicher-
weise ist ferner die Behauptung, daß es sich um
eine Konkurrenz mehrerer Künstler gehandelt habe
und aus diesem Grunde der Honoraranspruch aus-
geschlossen sei, für unerheblich erachtet worden.
Die Unsitte, daß Privatleute „Konkurrenzen" ver-
anstalten und eine Anzahl von Künstlern in Be-
wegung setzen, um, ohne Honorar zahlen zu müssen,
möglichst viel Entwürfe zur Auswahl zu haben, muß
auf das Schärfste bekämpft werden.
Zutreffend wird auch die Behauptung als un-
beachtlich angesehen, daß der Kläger für die Skizzen
ältere Arbeiten verwendet habe. Hätte er allerdings
ohne Anwendung neuer Arbeit einfach schon vor-
handene ältere Skizzen vorgelegt, so könnte man im
Gegensatz zum Kammergericht wohl doch zweifelhaft
sein, ob darin nicht nur eine Offerte zu erblicken
sei, die den Empfänger zu keiner Zahlung ver-
pflichtet.
Endlich ist von Interesse, daß das Gericht nicht
die Sätze der Landeskunstkommission als die
angemessene Vergütung des Künstlers erachtet,
sondern gestützt auf das sachverständige Gutachten
das Honorar unter Berücksichtigung der auf-
gewendeten Arbeit, des Rufes des Künstlers und
der Vermägensverhältnisse des Bestellers selbständig
festgesetzt hat.
Vv. v. Idoblls, Rechtsanwalt.
Verboten? Oacb^obnungen
Den Baupolizeibehörden macht, wie das „Berl.
Tageblatt" berichtet, der Minister der öffentlichen
Arbeiten in einem Erlaß den Vorwurf, daß bei Neu-
bauten im Berliner Vorortgebiet, besonders in großen
Mietshäusern, häufig über dem zulässigen obersten Wohn-
geschosse Räume zu dauerndem Aufenthalt von Menschen ein-
gerichtet (!Red.) und benutzt werden. Der ministerielle Erlaß
führt diese Uebertretungen der baupolizeilichen Bestim-
mungen auf die allzu große Nachsicht der Polizeiorgane
zurück. „Ls liegt auf der Hand," heißt es in dem Erlaß,
„daß durch die Unachtsamkeit der Polizeibehörden und das

Geschäftsgebaren der Unternehmer, die sich diese Unacht-
samkeit der Polizei zunutze machen, allmählich in weiten
Gebieten ein Zustand geschaffen wird, der mit dem Be-
streben der höheren Instanzen, die Zahl der zum dauernden
Aufenthalte von Menschen bestimmten Geschosse auf das
jetzt zugelassene Maß dauernd zu beschränken, nicht im
Einklang steht". Infolge dieses Erlasses gehen jetzt die
Polizeibehörden gegen die Unternehmer scharf vor. In
mehreren Fällen ist bereits die sofortige Räumung
von Dachwohnungen angeordnet worden.
Die „Werkstatt der Kunst" hat gegen die seltsamen
Bestimmungen, daß der fünfte Stock, gleichviel wie er ge-
baut sein mag, nicht bewohnt werden dürfe, schon oft
vergebens protestiert, während aber bisher das Be-
wohnen gutgebauter Dachgeschosse wenigstens stillschwei-
gend geduldet wurde, soll jetzt dies kategorische
verbot dem unerlaubten Provisorium ein Ende bereiten.
In der „Bau weit" macht Dr.-Ing. Feldgen-Wilmers-
dorf die nachstehenden, treffenden Ausführungen:
„Nur das rein schematische Festhalten an der vor
Jahren erlassenen Bestimmung, daß z. B. Dachgeschosse
nicht bewohnt werden dürfen, kann die Erklärung dafür
abgeben, daß Giebelzimmer im Dachgeschoß zum
ständigen Aufenthalt von Personen unzulässig sind. Sieht
man sich in einem modernen Hause ein solches Giebel-
zimmer an, zu dem von der Diele der Etage aus oft in
äußerst gefälliger architektonischer Ausgestaltung eine Treppe
hinaufführt, so schlägt der Laie sich unwillkürlich an den
Kopf, wenn er hört, daß der von dem Baumeister da oben
geschaffene schöne Raum, mit geraden wänden, tadelloser
Beleuchtung und Ventilation nicht bewohnbar sein soll,
daß sogar neuerdings verboten wird, einen Heizkörper
hineinzustellen, ja sogar den Schornstein so an den Raum
vorbeizuführen, daß eventuell die spätere Aufstellung
eines Gfens möglich wäre.
Gewiß muß eine Grenze bezüglich der Stockwerkzahl
und der Intensität der Bebauung gezogen werden, aber
warum in diesen Grenzen eine allen hygienischen Anforde-
rungen entsprechende Ausnutzung eines Straßengiebels
nicht stattfinden soll, ist ganz unerfindlich. Früher mag
ein derartiges verbot gerechtfertigt gewesen fein, wo man
verhindern wollte, daß auf dem öden, unausgebauten Dach-
boden, direkt unter den Dachziegeln, Menschen ein unwür-
diges, gesundheitsschädliches Dasein führen sollten. Aber
eine solche Bestimmung aus der „guten alten Zeit" kurzer-
hand auf unsere moderne Bauweise zu überpflanzen, ist
eine Bureaukratie schlimmster Art, und es ist recht be-
dauerlich, daß es z. B. in Düsseldorf erst eines drückenden
Wohnungsmangels bedurfte, bevor die dortige Behörde
die Benutzung selbst nach jeder Richtung hin tadellos aus-
gebauter Dachgeschosse zuließ. „Der Buchstabe tötet, nur
der Geist macht lebendig!" Dieses Wort sollte gerade bei
der Handhabung der Baupolizeiverordnungen über Be-
nutzung von Räumen den kontrollierenden Beamten etwas
mehr eingeprägt werden und überdies einen prägnanteren
Ausdruck in den Verordnungen selbst bekommen. Ls wäre
gerade eine Aufgabe praktischer Wohnungsstatistik, wenn
einmal zahlenmäßig festgestellt würde, wieviel hygienisch
einwandfreie Räume durch baupolizeiliche Bestimmungen
der ständigen Benutzung entzogen werden und wie oft da-
durch wiederum eine Ueberfüllung gerade bei Kleinwoh-
nungen hervorgerufen wird, wie oft ferner hygienisch ganz
bedenkliche Räume vermietet werden dürfen, während im
gleichen Hause gute Räume infolge bureaukratischer Hand-
habung der baupolizeilichen Bestimmungen brach liegen
müssen.
Auf diese wunde Stelle sollte die Wohnungsstatistik
einmal durch nüchterne, klare Zahlen Hinweisen, sie würde
sich ein Verdienst erwerben um die Besserung der Woh-
nungsverhältnisse nicht nur, sondern um die finanzielle
Unterstützung gerade des ärmsten Teils der Bevölkerung,
denen durch Freigabe des ausgebauten Dachgeschosses für
Wohnzwecke eine wesentliche Verringerug ihrer lffietaus-
gaben möglich sein würde."
 
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