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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 10.1910/​1911

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Grundsätze für öffentliche Wettbewerbe, V
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Ein neues Ausstellungsverfahren, II
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Schmidkunz, Hans: Geber und Nehmer der Kunstbildung, VI
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https://doi.org/10.11588/diglit.52067#0281

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Heft 20.

Die Werkstatt der Kunst.

273

vermag so wenig wie der einzelne Handarbeiter, aber die
Organisationen dieser beiden Stände haben ihnen ihre
Macht gegeben. Aber die Künstler können sich freuen,
wenn ihnen als Almosen, „um den jungen Kräften Ge-
legenheit zu geben, zu zeigen, was sie können", ein Wett-
bewerb hingeworfen wird, der allem billigen Empfinden
Hohn spricht, solange sie nicht organisiert sind. Sind sie's,
so bekommt ein Bauherr, der auf die Bedingungen nicht
eingeht, nur Kitsch, und im eigenen Interesse wird er Be-
dingungen eingehen, von denen er bei näheren: Kennen-
lernen sich sagt, daß sie ihn nicht belasten.
Noch ist die Organisation nicht erreicht, aber unsere
Zeit steht im Zeichen der Organisation, die nur ein Aus-
fluß des weitgetriebenen Individualismus ist, sein Gegen-
bild, seine Ergänzung, aber seine notwendige Ergänzung.
Em neues AuslteUungsverfakren. II
(Eine Entgegnung zu dem Artikel in Heft f8)
In dem Artikel „Lin neues Ausstellungsverfahren"
in Nr. ^8 der „Werkstatt der Kunst" finden wir folgenden
Satz: „Lin anderer Vorschlag, die juryfreie Aufstellung
betreffend, ist bereits, ich glaube sagen zu dürfen, zur
furchtbaren Tatsache geworden." wenn hier nur ein Druck-
fehler vorläge und es eigentlich fruchtbare Tatsache statt
furchtbare Tatsache heißen müßte, dann würde unge-
fähr das Richtige getroffen worden sein, denn die erste
juryfreie Kunstausstellung des Deutschen Künstlerverbandes
in München hat mit einem wirklichen Erfolg für
Kunst und Künstler abgeschlossen.
Da auch Stadt und Staat den Veranstaltungen der
„Iuryfreien" gewogen sind, was Landtag und Stadtmagi-
strat durch die Tat bewiesen haben, da ferner auch der größere
Teil der Presse, insbesondere auch die Münchener Lokal-
presse die Ausstellung günstig kritisierte, so geht der Deutsche
Künstlerverband seiner zweiten Iuryfreien im Jahre
in München mit den größten Hoffnungen auf günstige
Weiterentwicklung feiner Bestrebungen entgegen.
Der Deutsche Künstler verband (e. V.)
München, Sekretariat: Kaufinger Str.
Geber unck Debmer äer Runllbiläung. VI
von Vr. Hans Schmidkunz-Berlin-Halensee
(vgl. Heft ^o)
(Schluß.)
Und wie weit reichen nun Jach und Beruf? Sier
erst steht die Gefahr einer verengernden Einschränkung
bevor, wie traurig, wenn ein Künstler und namentlich
ein Kunstgewerbler nur in einer Sparte beschlagen ist,
wenn er also nur Bildhauerei oder nur Keramik beherrscht!
Mag er nötigenfalls auch fein bestes Können und schließ-
lich sein tatsächliches Schaffen auf ein solches Feld be-
schränken: sein Verständnis wenigstens und womöglich
seine Fähigkeit des raschen Hineinlebens soll so weit reichen,
wie eben der Gesamtumfang der bildenden Künste reicht.
Die „alten Meister", die Klassiker ans dein Mittelalter
und aus der Renaissance, waren in dieser Beziehung wohl
meist so musterhafte Vorbilder, daß es fast schwer hält,
jeden entweder als Goldschmied oder als Maler oder
als sonst einen Künstler zu bezeichnen. Aus der neuesten
Zeit schließt sich ihnen Gottfried Semper würdig an.
Und der Einblick, den jetzt eben die Dänen-Ausstellung im
Berliner Kunstgewerbemuseum in die gegenwärtige Blüte
des Kunstgewerbes von Dänemark ermöglicht hat, über-
rascht vielleicht am meisten durch die Herrschaft, welche sich
die dortigen Künstler über mehrfache Kunsttechniken er-
worben haben.
Darauf nun hinzuarbeiten, wird auch Aufgabe eines
würdigen Kunstunterrichtes, ja schon eines der Kunst nur

erst mehr oder weniger nahekommenden Gewerbeunterrichtes
sein. Was fangen wir mit einem „bloßen" Tapetenmann
an?! was fängt er mit uns an?! Allerdings ist eine
solche Aufgabe überaus anspruchsvoll. Aber ernstlich durch-
gesührt, stellt sie den Fachmann auf ein Niveau, von dem
aus er auf sonstige Bildungsansprüche lächelnd herabsehen
kann (um keinen zutreffenderen Ausdruck zu gebrauchen).
Denn in einer so erweiterten und vertieften Fach-
bildung liegt für den Fach- und Berufsmenfchen die für
ihn tauglichste und einzig gut erreichbare „Allgemeinbildung".
Versenkt er sich wirklich in die Welt der Bronze, in die
Welt der Gewebe, in die Welt der Farben (einschließlich
der jetzt von Hugo Struck wieder aufgenommenen Lasier-
technik der alten Maler), und verbreitet er sich dabei auch
in die historischen Erscheinungen dieser Spezialitäten, so
durchdringt er weite Bildungsgebiete und bleibt dabei doch
auf der festen Grundlage seines eigensten Bedarfes stehen.
Das ist fein Konzentrationspunkt.
Man hat in diesem Sinne von „spezifischer Allgemein-
bildung" und von einem „im Einseitigen allseitigen
Interesse" (gegenüber dem „vielseitigen Interesse" der
eigentlichen Allgemeinbildung) gesprochen. Man wird nun
hauptsächlich dafür sorgen müssen, daß in der „Ausbildung"
des angehenden und in der „Fortbildung" des gerechteren
Künstlers das alles auch wirklich in genügender Um-
fänglichkeit und Planmäßigkeit eingerichtet werde. Man
wird dabei viel mit sogenannten Hauptfächern und Neben-
fächern zu tun bekommen und wird wohl bald darauf
stoßen, daß das Lehren und Lernen von Hauptfächern
verhältnismäßig leichter ist, als das von Nebenfächern.
Denn dort können Lehrender und Lernender sich viel eher
ins Breite ergehen; hier aber müssen sie sich aufs Wichtigste
beschränken und haben weniger intensive Interessen zur
Verfügung. Hier wird es sich auch weniger als dort um
ein Können, und mehr um ein Wissen, oder sagen wir:
um ein verstehen, handeln.
Aber:
Willst du dein Brotfach recht verstehen,
Mußt auch in Nebenfächer sehen;
Wer nicht mehr lernte, als er mußt',A
Hat, was er mußte, nie gewußt.
Diesen Spruch (der alt an Weisheit, wenn auch
vielleicht neu an Text ist) bringt der Berliner Physiologe
Max Rubner in seiner Rektoratsrede vom Oktober t9>o
(„Unsere Ziele für die Zukunft", S. 27); und der Redner
führt uns damit den neueren Bestrebungen nahe, die be-
sonders schwierige hochschulpädagogische Aufgabe einer
genügenden, aber nicht belastenden und ablenkenden Neben-
fachbildung — sagen wir: Lrgänzungsbildung — so
förderlich wie möglich durchzuführen.
Jedenfalls empfiehlt es sich, an Universitäten, tech-
nischen Hochschulen, Handelshochschulen und Kunstakademien
eigene Vorlesungen (und eventuell auch „Uebungskollegien")
einzurichten, in welchen den Künstlern das dargeboten wird,
was sie nach dem hier von uns Auseinandergesetzten
brauchen. Die pädagogische Geschicklichkeit, zwischen den
Extremen des Zuviel und des Zuwenig sowie zwischen
denen der unverständlichen Uebergelehrtheit und der „populär"
schillernden Seichtigkeit hindurchzukommen, insonderheit
aber weite Gebiete durch scharf eindringende Sonderung
des Wesentlichen und des Unwesentlichen zusammenzufassen:
diese Geschicklichkeit muß allerdings erstens vom „Geber"
und zweitens vom „Nehmer" in hohem Maß betätigt werden.
Es läßt sich da — bei aller Aufmerksamkeit auf den
Wert des „unmittelbar Praktischen" — auch viel Gutes
durch historische und systematische Uebersichten wirken,
allerdings immer im Anschluß an den Fachbedarf. Nochmal
sei auf die Fülle dessen hingewiesen, was in einer breit
und tief angelegten Farbenlehre geboten werden kann;
nochmals fei auf einen Kunstführer wie Semper auf-
merksam gemacht, dessen „Stil" schon wegen seiner Lektüre-
schwierigkeiten eine Erläuterung und Verwertung in
Kollegien nahelegt; nochmals sei auf die „alten Meister"
 
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