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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 10.1910/​1911

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Grundsätze für öffentliche Wettbewerbe, V
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https://doi.org/10.11588/diglit.52067#0280

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Die Werkstatt der Kunst.

272

Heft 20.

Herr Saran erwidert, daß es Ehrenpflicht der Mit-
glieder des Verbandes sei, sich nur an Wettbewerben zu
beteiligen, die den Grundsätzen des Verbandes entsprechen.
Hieraus hat auch der Verband seine Mitglieder hingewiesen,
dabei aber trübe Erfahrungen gemacht. Ls ist ihm er-
widert worden: Wir sind froh, daß wir das aus dem
Bauherrn herausgeholt haben.
Herr Paulsen nahm darauf zu den einzelnen geäußerten
Bedenken Stellung. Die Beratungsstellen würden beiden
Parteien nützen, sie müßten sich bis auf weiteres an die
vorhandenen Organisationen anschließen. Das Skelett sei
schon jetzt durch die Ortsgruppen des B.D.A. gegeben.
Ein Zwang, die Beratungsstellen zuzuziehen, kann aller-
dings nicht ausgeübt werden, aber die Künstler haben
etwas zu bieten, sie können durch ihre Beratungsstellen
einen Wettbewerb durch Empfehlung fördern oder durch
Verruf lähmen. Dabei wird der Bauherr durchaus nicht
kaltgestellt. Wenn seine Bedingungen annehmbar sind,
dann nimmt sie die Beratungsstelle eben lediglich zur
Kenntnis und empfiehlt die Beteiligung. Die Listen für
Bewerber und Preisrichter würden jeweils ausgestellt werden
und sich durchaus nicht auf Mitglieder dieser oder jener
Organisation beschränken. Hiernach könne man die Be-
ratungsstellen auch nicht als einseitige Instanzen der Be-
werber auffassen.
Bezüglich der Frage, ob Ideen- oder Lntwurfswett-
bewerbe vorzuziehen seien, sei der Sprachgebrauch zurzeit
verwirrt. Wir wollen Ideenwettbewerbe da und nur da, wo
Vorfragen zu löfen sind, z. B. die Wahl des Bauplatzes.
Wo dagegen diese Fragen gelöst seien, sei ein sorgfältiges
Vorprojekt zu verlangen. Dann erst sei ein Wettbewerb
auszuschreiben. Die Tendenz nach Beschränkung der Zeichen-
arbeit durch kleinen Maßstab, Verzicht auf alles vorläufig
unnötige Detail, sei nach wie vor zu unterstützen.
Der Ghmannsche Satz sei nur der Ausdruck eines
billigen Gefühles gegen den Schöpfer einer Idee, dessen
Skizze man einem anderen zu mehr oder minder verständnis-
voller Weiterbearbeitung überliefere. Er müsse schon des-
halb durchgeführt werden, weil er der Zusammenfiickerei
heterogener Dinge zu einem lVlixtum compositum steuern
werde. Die jetzigen Verhältnisse lockten die Banausen ge-
radezu, daß sie aus allen Entwürfen irgend etwas ausläsen
und dann einen „neuen" Entwurf selbst machten.
Das Vertrauen zu den Preisrichtern, das gefordert
wird, möchten wir gern haben, manche aber halten es noch
sür ein Verdienst, überhaupt einen Wettbewerb durchgesetzt
zu haben, wenn auch gegen die allgemein anerkannten
Grundsätze. Auf solche Wettbewerbe können die Bewerber
aber verzichten.
Redner verliest dann die entsprechenden Absätze eines
Wettbewerbes in Posen, worin das ganze Eigentumsrecht
einschließlich des Rechtes der Veröffentlichung für den Aus-
lober in Anspruch genommen wird, obwohl er nicht einmal
die Verpflichtung übernimmt, die Entwürfe auszustellen.
Die fünf sachverständigen Preisrichter sind sämtlich auf die
Grundsätze des Verbandes ausdrücklich verpflichtet und be-
sonders aufmerksam gemacht.
Herr Körte bezeichnet es darauf als verfehlt, Vorschläge
zu machen, deren Durchführung nicht gesichert sei.
Herr Muthesius führt daraus aus, daß ein moralischer
Druck auf die Preisrichter ausgeübt werden müsse, dazu
müßten diese organisiert sein. Dieser Druck werde stark
sein, wenn sich alle Organisationen Zusammenschlüssen. Er
drückt dann seine Verwunderung aus, wie Fachleute Be-
dingungen wie die in Posen unterschreiben könnten.
Herr Pape hält einen Zusammenschluß und gemeinsame
Grundsätze aller Künstlerorganisationen sür empfehlenswert
zur Erlangung größerer Stoßkraft.
Herr Liier betont, daß die heutigen Verhältnisse nicht
mehr die Anwendung der Grundsätze erlauben, die vor
ts Jahren aufgestellt wurden. Die neuen Grundsätze
müssen eine moralische Macht sein.
Herr Boeltzig betont, daß die Bildhauer seit Jahren
ihre Grundsätze durchzusetzen suchen. Es fehle aber an den

Preisrichtern ebenso wie an den Auslobern. Lin Zusammen-
schluß der Organisationen sei nötig. Lin von ihnen er-
nanntes Ehrengericht werde auch auf die Juroren Einfluß
haben.
Herr Bachmann verweist auf die Arbeiten der „Ver-
einigung Berliner Architekten", die tyo? sich mit derselben
Sache befaßt habe. Im verband sei damals die Arbeit
unter den Tisch gefallen.
Herr Dülfer schlägt darauf vor, zu den einzelnen Vor-
schlägen überzugehen, die ganz aussichtslosen fallen zu
lassen und den anderen eine Form zu geben, in der sie die
Unterlage für weitere Verhandlungen in den einzelnen
Vereinen werden können. Nötig ist erstmals, daß wir kurz
und klar unsere wünsche zusammenfassen, um den Preis-
richtern eine Marschroute geben zu können.
Herr Franzius bittet, zuweitgehende Vorschläge zurück-
zuflellen, die annehmbar erscheinenden aber dem Verbände
als Anträge zu überweisen. Das Bedürfnis einer Marsch-
route sei schon auf den Verbandstagen anerkannt.
Danach wurden die vorgeschlagenen Sätze mit einigen
Aenderungen und Streichungen angenommen.
Der Verlauf der Konferenz zeigte, daß von keiner
Seite mehr die heutigen Grundsätze als zeitentsprechend
angesehen werden. Einmal ist das unbeschränkte Aufgeben
des Rechtes am Resultat der geistigen Arbeit unzeitgemäß,
wie sich der Begriff geistiges Eigentum erst allmählich ge-
bildet hat und sich weiterbildet, so müssen sich dieser Um-
bildung die Gesetze anpassen. Von einem Buch eine un-
berechtigte Vervielfältigung herzustellen, galt vor HOO Jahren
noch nicht als Diebstahl, sondern als Ehrung des Autors.
Das Uebernehmen einer Idee in die bildende Kunst ist
noch viel länger ganz harmlos geübt. Heute hat sich der
Ligentumsbegriff verfeinert und damit die Rücksichtnahme.
Damit ist auch der Gedanke entwickelt worden, daß es
ein Zusammenfügen der künstlerischen Elemente vieler
selbständiger Arbeiten nicht gibt. Schon das Altertum
spottete leise über die gebundene Kunst der (damals) starren
ägyptischen Bildhauerschule, die eine Statue von zwei Künstlern
machen lassen könne, vom einen die obere, vom anderen
die untere Hälfte, sie würden zusammenpassen. Und in der
Architektur soll's gehen, da soll der Bauherr einem An-
gestellten sagen: von dem den Grundriß, von dem die
Fassaden, dann noch diesen Turm, jenen Giebel, dies
Portal und das Ganze vereint die Tugenden alles Ge-
plünderten. Diesem System entspricht die Forderung, der
Bauherr muß doch die von ihm bezahlten (also gekauften?)
Entwürfe benutzen können! Nein, das muß er nicht, er
muß nicht das Recht haben, die ihm anvertrauten Arbeiten
zu verhunzen. Bauen lassen darf er natürlich jeden ein-
zelnen.
Der Umfang des Eigentumsrechts an den Entwürfen
durch Zuerkennung eines Preises muß genau begrenzt sein
bezw. werden, wenn ein Bauherr das nicht will, so soll
er sich, statt fünf Preise auszusetzen, von fünf Künstlern
ebensoviele Entwürfe machen lassen, und die unter der
Erklärung, sie nach Belieben zusammenzuwersen und zu
verschandeln, bezahlen. Aber wer statt der fünf sich ioo
oder 200 Entwürfe machen läßt, die er nur bekommt, weil
jeder hofft, seine Idee ausführen zu können, der hat das
Recht einer sachgemäßen Auswahl, mehr aber nicht. Er
darf nicht Rechte irgendwelcher Art erwerben, die über
die Mittel zur Erreichung feines Zieles hinausgehen.
Dazu braucht er aber nur einen Entwurf. Die übrigen
mögen den: zur Weiterarbeit berufener: Künstler Studien-
material sein, ausplündern darf er sie nicht und wird das,
wenn er als Mensch und Künstler etwas auf sich hält,
auch nicht tun.
Das zweite Resultat war die Erkenntnis, daß es ohne
Organisation nicht geht, wer nicht geschäftlich dem Kon-
sumenten gegenüber' ebenbürtig ist, der wird übervorteilt.
Einige große Namen können für Jahrzehnte auf Orga-
nisation in ihrem persönlichen Umkreis verzichten und
schließlich leiden auch sie unter Verhältnissen, in denen ihr
Stand an die wand gedrückt ist. Der einzelne Agrarier
 
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