Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 10.1910/​1911

DOI article:
Redaktioneller Teil
DOI article:
Forrer, Ludwig: Der Wettbewerb um das Welttelegraphendenkmal in Bern
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.52067#0128

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
!(20

Die Werkstatt der Kunst.

heft 9.

Redaktioneller Teil.

Oer Mettbenerb um clas Melt-
lelegrapkenctenkmal in Vern
(Dgl. den Artikel in peft 2)
Das Welttelegraphen-Bureau in Bern hat uns das
Protokoll des ersten internationalen Wettbewerbes über-
sandt, das zugleich die Ausschreibung des zweiten Wett-
bewerbes enthält. Dieses Protokoll hat nach seiner Ueber-
setzung ins Deutsche dem Sinne nach den folgenden Wortlaut:
-M Bericht der Jury. Die vom Bundesrat der Schwei-
zerischen Eidgenossenschaft eingesetzte Jury zur Beratung der
Entwürfe, die im internationalen Wettbewerbe um ein Welt-
telegraxhendenkmal eingegangen waren, trat am t-September
(9tO unter dem Vorsitz des Architekten Lugen Io st-Lau-
sanne in Bern zusammen. Die Beratungen der Jury haben
zwei Tage gedauert. Es waren 92 Entwürfe zu beurteilen.
Die Jury begann ohne Diskussion damit, diejenigen Ent-
würfe auszuscheiden, die sich als ungenügend darstellten
oder keine Beziehungen zu der darstellenden Idee besaßen.
70 Entwürfe wurden im ersten Wahlgang ausgeschieden.
Es genügte eine Stimme, um ein Projekt aufrechtzuerhalten
und zur weiteren Prüfung zuzulassen. (Diese 70 Entwürfe
haben also nicht einmal eine einzige Stimme im Preis-
gericht erhaltenI Red.) Die verbleibenden 22 Entwürfe
wurden einer gründlichen Prüfung unterzogen, der eine
geheime Abstimmung folgte, die nur acht Entwürfe übrig-
ließ, und zwar die Nummern H, t3, 27, 29, H5, H6, H7.
Nach nochmaliger, genauer Prüfung wurden wiederum vier
Entwürfe, und zwar wie die vorigen mit Stimmenmehrheit,
ausgefchieden. Ls waren dies die Nummern 27, qt, H5.
Die Jury prüfte die vier verbleibenden Entwürfe (Nr. H,
29, H6, ^7) noch einmal mit größter Sorgfalt, konnte sich
aber einmütig nicht entschließen, irgendeinem davon weder
den ersten Preis zuzusprechen, noch einen zur Ausführung
zu empfehlen. Ls folgten lange Beratungen, an denen
sich alle Preisrichter beteiligten, ob man unter den Ur-
hebern dieser vier Entwürfe einen neuen engeren Wett-
bewerb ausfchreiben und ob man die Preise oder Ent-
schädigungen verteilen sollte. Nachdem dies erörtert worden
war, faßte die Jury einstimmig folgende Be-
schlüsse: Der Wettbewerb bleibt resultatlos; es werden
keinerlei Entschädigungen bezahlt, und es wird dem Bundes-
rat vorgeschlagen, einen neuen Wettbewerb zu eröffnen. —
Die Unterlagen für diesen neuen Wettbewerb
wurden unverzüglich beraten. Von unwesentlichen
Zufügungen abgesehen, wurde das Programm des ersten
Wettbewerbes auch für den zweiten Wettbewerb bei-
behalten (! Red.). Ls sollen Maßnahmen getroffen werden,
das Programm später in den interessierten Kreisen zu ver-
breiten. Uebersetzungen der Wettbewerbsbedingungen wer-
den veranstaltet in der deutschen, englischen, spanischen und
italienischen Sprache, und der Wettbewerb wird in einer
bestimmten Anzahl von Zeitungen der verschiedenen Länder
angezeigt werden. Die Einlieferung der Entwürfe für
den neuen Wettbewerb ist auf den (5. August t9tl fest'
gesetzt. Zur Beschränkung hält es die Jury für nützlich,
den Künstlern dringend nahezulegen, sich so sehr wie mög-
lich in die zu verwirklichende Idee zu versenken und nur
solche Entwürfe einzuliefern, die mit den im Programm
festgesetzten Mitteln ausführbar sind.
Lausanne, den 9. September (9(0.
Der Vorsitzende der Jury:
gez.: LuAen fast, Architekt.
(Wir geben heute nur Tatsachen wieder und behalten
«ns die Stellungnahme zu dem Verfahren im ersten Wett-
bewerbe und zur Ausschreibung des zweiten Wettbewerbes
noch vor. Red.)
Es waren sowohl von deutschen, französischen
und Schweizer Künstlergesellschaften energische

Proteste wegen des ersten Wettbewerbes an den Schweizer
Bundesrat gerichtet worden. Der Zentralvorstand der „Ge-
sellschaft schweizerischer Maler, Bildhauer und Architekten"
in Bümxlitz bei Bern erhielt nun vom „Post- und Lisen-
bahndepartement in Bern" die nachstehende Antwort, die
in der letzten Nummer der „Schweizerkunst" abgedruckt war:
„Wir beehren uns, Ihnen von folgendem Bundes-
ratsbeschlusse Kenntnis zu geben:
vermittelst Eingabe vom (6. September (9(0 protestiert
der Zentralvorstand der .Gesellschaft schweizerischer Maler,
Bildhauer und Architekten* im Namen der schweizerischen
Künstler dagegen, daß die internationale Jury für das
Welttelegraphendenkmal beschlossen habe:
(. keinem der Wettbewerber einen Preis auszu-
richten und
2. gestützt auf die Bestimmungen des Programms
vom 25. Dktober (909, unverzüglich einen neuen
allgemeinen Wettbewerb auszufchreiben.
Der Bundesrat solle, verlangt der genannte Zentral-
vorstand, den Beschlüssen der Jury seine Genehmigung
versagen und beschließen:
(. Die Jury habe nochmals zusammenzutreten und
ihre Aufgabe im Sinne der Art. t2, (3 und (H
des Wettbewerbsprogramms durchzuführen und
von den eingelangten Entwürfen eine ihrem
Ermessen anheimgestellte Anzahl im Gesamt-
beträge von 20 000 Frs. zu prämiieren;
2. ein zweiter Wettbewerb allgemeiner Natur
sei nicht zu veranstalten, sondern es sei im Sinne
des Art. (-( des Wettbewerbsreglements ein engerer
Wettbewerb nur noch unter den zu prämiierenden
Künstlern auszuschreiben.
Diese Protesteingabe ist dem Präsidenten der inter-
nationalen Jury, perrn Architekt Lugen Jost-Lausanne,
zugestellt worden, der sich darüber (in deutscher Ueber-
setzung. Red.) wie folgt vernehmen läßt:
,Der Protest der Gesellschaft schweizerischer Maler,
Bildhauer und Architekten, der sich auf den Wettbewerb
für ein Welttelegraphendenkmal bezieht, versucht fest-
zustellen, daß entsprechend dem Wettbewerbprogramm
die Jury die Verpflichtung gehabt hätte, eine gewisse
Zahl von Entwürfen zu entschädigen und den zweiten
engeren Wettbewerb unter den Urhebern dieser Entwürfe
auszufchreiben. Nach Vornahme der ersten Ausscheidungen
wurde es der Jury klar, daß sich unter den eingelieferten
Entwürfen keine befanden, die zur Ausführung hätten
empfohlen werden können. Was den Vorschlag dieses
zweiten Wettbewerbes betrifft, so hielt die Jury bei ihren
Beratungen an dem Gedanken fest, eine gewiße Anzahl
von Entwürfen für diesen Wettbewerb zu bestimmen.
Nach Beendigung der Ausscheidungen wurde diese Frage
lang und breit beraten. Unglücklicherweise vereinigte
aber keiner der Entwürfe, selbst keiner von denen die
ausgesucht waren, in vollkommener Weise diejenigen
Mannigfaltigkeiten und Eigenschaften, die man mit Recht
hätte erwarten können, um eine Auszeichnung zu recht-
fertigen. Der künstlerische Wert des einen, der Lharakter
des anderen Entwurfes ließ zu wünschen übrig und
keiner entsprach in vollkommener Weise den Anforderungen
des Bauplatzes. In der Erwägung, daß unter diesen
Umständen die Künstler nicht die notwendige Garantie
boten für den glücklichen Ausgang eines zweiten
(engeren. Red.) Wettbewerbes, und in der Absicht, einen
versuch zu vermeiden, der sehr leicht nur ein negatives
Resultat hätte zeitigen können, faßte die Jury den
zweifellos harten, aber in feinem Sinne gerechtfertigten
Entschluß, auch die letzten (vier. Red.) Entwürfe aus-
zuschließen.— Nach denselben Erwägungen hat die Jury
geglaubt, keine Preise verteilen zu müßen. Wiewohl
die pärte einer solchen Maßregel erkennend, und an-
gesichts einer solchen Summe von Arbeit und beträcht-
 
Annotationen