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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 10.1910/​1911

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Elster, Alexander: Der Einfluß des Alkoholgenusses auf die künstlerische Leistung
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Vermischter Nachrichtenteil
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https://doi.org/10.11588/diglit.52067#0172

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Die Werkstatt der Kunst.


in verklärter Erinnerung mächtig fortwirken und
den künstlerischen Rausch aufs neue beleben!
Genialität ist nach Schopenhauer höchste Ob-
jektivität. Nichts aber macht so engherzig, egoistisch
und subjektiv im Anschauen und Urteilen als der
Alkoholgenuß; nichts beeinträchtigt so sehr die Selbst-
kritik, die dem Künstler so notwendig ist, und be-
günstigt so sehr den Ersatz der wirklichen durch
die eingebildete Höchstleistung, wie gerade der die
„Hemmungen" hinwegräumende Alkoholgenuß. Das
find bekannte Erfahrungstatsachen. Sie sprechen
nur zu deutlich dafür, daß Alkoholgenuß die für
den Künstler unumgänglich notwendige Objektivität
beeinträchtigt, also notgedrungen seine Leistung
herabsetzt.
Soweit für die Idee des Kunstwerkes. Aber
noch klarer fast zeigt sich der Einfluß auf die Form-
gebung — und gerade diese ist für den bildenden
Künstler und für den Schöpfer kunstgewerblicher
Werte von größter Bedeutung. „Stoff ist Aufgabe;
Form ist Lösung", sagte Hebbel einmal sehr treffend
vom dramatischen Kunstwerk. Für das sichtbare
Werk der bildenden Künste gilt das in noch höherem
Grade. Formschaffen ist Klarheit und Arbeit. Der
Alkoholgenuß beeinträchtigt aber die Klarheit; er
steigert, wie wir aus einer Reihe wertvoller Unter-
suchungen (von Stehr, Fürer, Kürz, Kraepclin u. a.)
wissen, auf kurze Zeit die Leistungsfähigkeit, um sie
alsdann dauernd und oft sogar erheblich sinken zu
lassen. Das macht sich bei den Leistungen des täg-
lichen Lebens, die ja fast nie Höchstleistungen und
auch meist nicht exakt meßbar sind, so gut wie nicht
bemerkbar, und daher kommt es auch, daß man diese
Wirkung so gern leugnet. Bei Wettleistungen und
sportlichen Höchstleistungen hat man das Moment
bereits in der Praxis beachten gelernt. Jede künst-
lerische Leistung aber, wenn sie etwas Ordentliches
sein soll, ist schon an sich „Höchstleistung", muß von
Hause aus qualifizierte Leistung sein. Schon daraus
wäre also zu entnehmen, daß Alkoholgenuß auf die
Ausführung des künstlerischen Gedankens, auf die
oft so schwierige Formgebung nachteilig einwirken

Heft s2.

muß. Die Dichter, die auf die Frage nach der
Wirkung des Alkoholgenusses auf die künstlerische
Formgebung in der bereits erwähnten Enquete Antwort
gaben, sprachen denn auch von Lähmung der
Schaffenskraft, Trübung der Anschauung, Zerstreuung
und Abstumpfung bis zur völligen Konzentrations-
unfähigkeit, Verschlechterung des Stils und der logi-
schen Schlußkraft, von einer gewissen Eigensinnigkeit,
von verdrossenem probieren und Basteln, von einem
Stümpern in der Ausführung, Zerstörung dessen, was
er zuerst anfeuerte: der Phantasie und damit des
Talentes.
Das bezeugen diese Schaffenden, die sich selbst
nach dieser Richtung beobachtet haben, also schon
von dem sogenannten „mäßigen" Alkoholgenuß.
Dieser liegt ja auch auf dem geraden Wege zu
jenem Stadium des Trunkes, das den Kopf wirr,
die Hand unsicher und das Auge urteilslos macht.
Es wäre ja fürwahr auch ein Widersinn, wenn
künstlerisches Schaffen, das wir mit Recht als ein
wandeln auf den Höhen der Menschheit betrachten,
gehoben werden könnte durch Arznei, durch Stimu-
lantien, durch Narkotika. Deren günstige Wirkung
beruht auf Selbsttäuschung, die sich immer wieder
bei dem Trinkenden erzeugen läßt. .. aber das klare
Auge-in-Auge-Sehen dem Problem und das feste,
unbeirrbare Festhalten der Idee bis zu ihrer end-
gültigen Zwingung in die gewollte Form, das ge-
lingt besser und muß („nach allen Regeln der Kunst
und der Alkoholwirkung") besser gelingen dem ganz
klar schauenden und nüchtern arbeitenden künstlerisch
befähigten Menschen.
Noch mancherlei ließe sich über dieses Thema
sagen und mancher Beleg beibringen; vieles auch
noch mehr in die Tiefe graben. Aber dazu reicht
hier nicht der Raum und ich darf dafür wohl auf
meine kleine Schrift „Alkohol und Kunst" verweisen,
die in diesen: Jahre von Deutschlands Großloge II
des I. O. G. T. in Hamburg herausgegeben worden
ist und das Problem noch weiter ausbaut und Linzel-
fragen beantwortet.
Jena. Or. Alexander Kister.

vermischter Nachrichtenteil.

Geplante Ausstellungen

Berlin, 9. Dezember. (Der Deutsche Handelstag) be-
faßte sich in seiner am 7. und 8. Dezember stattgehabten
Ausschußsitzung auch mit zwei Anregungen der „Ständigen
Ausstellungskainmission für die Deutsche Industrie". Die
eine Anregung betraf die gesetzliche Einführung des ver-
antwortlichen Ausstellern gsleiters, nach der anderen
sollen die Handelskammern die Stiftung von Ehren-
preisen für Ausstellungen, unbeschadet der Befugnis, in
besonderen Fällen eine Ausnahme zn machen, grundsätzlich
ablehnen. Der Ausschuß des Deutschen Handelstages stimmte
beiden Anregungen zu und beschloß zugleich, den Handels-
kammern zu empfehlen, falls sie Auskünfte in Aus-
stellungsangelegenheiten zu erhallen wünschen, sich

an die „Ständige Ausstellungskommission für die Deutsche
Industrie" zu wenden.
Krefeld. (Eine Gewerbe-, Industrie- und Kunst-
ausstellung) für den Niederrhein findet hier vom
2h. Mai bis Juli statt. Für die Ausstellung
werden Hallen in Gesamtgröße von ;8 000 qm errichtet.
Die Verhandlungen mit auswärtigen Interessenten haben
gute Erfolge gehabt. Ls werden ;z große Gruppen ge-
bildet, die wieder in zahlreiche Unterabteilungen zerfallen. A!
München, ;o. Dezember. (Kunstverein München.) In
der Zeit vom 6.—20. Januar wird der Kunstverein
anläßlich der Feier der 50 jährigen Mitgliedschaft des
Kaisers von Oesterreich eine Jubiläumsausstellung „Alt-
wiener Kunst" veranstalten, die vorwiegend Meister um-
faßt, welche in der ersten Hälfte des Jahrhunderts in
UAen wirkten, und zwar so, daß von Lampi, Füger, Das-
 
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