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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 10.1910/​1911

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H80

Die Werkstatt der Kunst.

heft 35.

Rechnungshöfe Karl Baumann taxfrei den Grden der
Eisernen Krone 2. Klasse, dem Vorstandstellvertreter der
Genossenschaft, Maler Gustav peßl, den Malern Ludwig
Hans Fischer, Eduard Kasparides, Ludwig Koch,
Eduard Lebiedgki und Heinrich Tomec, dem Architekten
Wilhelm Jelinek und dem Bildhauer Hans Scherpe das
Ritterkreuz des Franz Joseph-Ordens, dem Bildhauer Wil-
helm Leib sowie den Malern Hugo Lharlemont und
Viktor Stauffer den profefsortitel und dem Sekretär der
Genossenschaft, kaiserlichen Rate Edwin Klobasser, tax-
frei den Titel eines Regierungsrates allergnädigst zu ver-
leihen geruht.
Festrede, gehalten am Mai ss-ss in der Festsitzung
im Parlamente von dem Vorstande der Genossenschaft der
bildenden Künstler Wiens, Herrn k. k. Prof. Rudolf Ritter
von weyr.
Euere Kaiserliche und Königliche Hoheit, Durchlauch-
tigster Herr Erzherzog!
hochansehnliche Versammlung!
Lin ungemein freundliches Geschick hat mir die an-
genehme Pflicht zugemessen, als Vorstand der wiener
Künstlergenossenschaft alle die Ehren und Zeichen freund-
licher Gesinnung in Empfang zu nehmen, welche anläßlich
unseres fünfzigjährigen wirkens uns in so vollem Maße
dargeboten werden.
Ls ist eine reiche Ernte, die uns in den Schoß fällt,
und die wir nur als die glücklichen Erben jener, die vor
uns gewirkt haben, mit dankerfülltem Herzen entgegen-
nehmen dürfen.
Die hohe Form, in welche diese Ehrungen gekleidet
sind, wie die Munifizenz, in der sie uns entgegenfließen,
steigern ihre werte und begründen es, wenn die ersten
Worte, die ich zu sprechen mir gestatten darf, dem Aus-
drucke des unbegrenzten Dankes dienen sollen, von welchem
die Künstler, die ich zu vertreten die Ehre habe, tief durch-
drungen sind.
Mit gehobenem Gefühle richte ich den ehrfurchtsvollsten
Dank an den hohen Durchlauchtigsten Protektor unserer
Genossenschaft, der uns ein warmer Anwalt vor dem Aller-
höchsten Throne ist, und ich danke ehrerbietigst Sr. Kaiser-
lichen und Königlichen Hoheit, dem Durchlauchtigsten Herrn
Erzherzog Friedrich für die hohe Würdigung, die durch
höchstdessen Gegenwart der Kunst erwiesen wird.
In wärmster Erkenntlichkeit danke ich den hochverehrten
Herren Repräsentanten der hohen Staatsregierung und der
Verwaltung unseres Landes, insbesondere Sr. Exzellenz
dem Herrn Unterrichtsminister Grafen Stürckh, wie dem
hochverehrten Herrn Bürgermeister Or. Neu mayer für
ihr stets fürsorgliches Bemühen, unsere idealen Ziele zu
fördern und zu stützen und gedenke dankbarst der Herren
Funktionäre der hohen Gerichtsverwaltung wie der wiener
Stadtgemeinde, bei welchen wir im persönlichen Verkehre
stets der größten Bereitwilligkeit begegneten, unsere ge-
rechten wünsche wahrzunehmen und wärmstens zu vertreten.
In herzlichster Freude begrüße ich die Herren Dele-
gierten der k. k. Akademie der Künste und der Museen, der
in- und ausländischen Kunstinstitute und Verbände, der
Secession und des Hagenbundes, wie die geehrten Damen
der beiden Vereinigungen der Künstlerinnen und danke
allen innigst für die Ehre ihrer Gegenwart.
Nicht an letzter Stelle bringen wir dem hochgeschätzten
Festkomitee wie der Presse unseren wärmsten Dank ent-
gegen. In diesen Kreisen finden wir unsere erprobten und
bewährten Freunde, welche auf unserer wechselreichen Bahn
durch die Nebel zu den Sternen unsere treuesten Begleiter
waren und auch heute uns zur Seite stehen. Sie waren
ja die Zeugen unserer trüben und auch frohen Tage.
Man kann nicht sagen, daß unsere Genossenschaft wie
ein stolzes Schiff von den wogen einer kunstbedürstigen
Zeit emxorgetragen wurde. Die volle Schwere und das
Ungestüm freiheitlicher Aspirationen war zur Zeit ihrer

Gründung über unser Reich gebreitet, und im Ringen nach
konstitutionellen Formen unserer Staatsregierung, wie nach
den autonomen Rechten der Gemeinden konnten sich die
Künste nicht entfalten, denn die rauhen Lüfte, die dem
Durchbruche politischer Ideale das Geleite gaben, können
ihre Keime nicht erwärmen.
Eine folonische Tat mußte erst geschehen, ehe das Be-
gehren nach einem ästhetischen Besitz und künstlerischen
Schätzen in unserem Reiche wieder lebendig werden konnte.
Erst nach Ordnung der inneren Angelegenheiten des
Staats durch die Schaffung der Staatsgrundgesetze lösten
sich die Fesseln. Es verstummte die alte Klage über das
Eapua der Geister, eine allgemeine Regsamkeit erwachte,
das öffentliche Leben gewann an Breite und eine höhere
Lebensführung wurde zum Bedürfnis. Die sublimen wünsche
der Bevölkerung suchten in der Kunst Befriedigung zu
finden, und als sich der Zauber ihres Wirkens über die
abgebrochenen Festungswälle legte, da entzündete sich der
Schönheitsgeist der wiener zur Begeisterung, die erst in der
gänzlichen Vollendung der neuen Kaiserstadt ihr völliges
Genügen fand.
Wien sonnte sich in seinem Glanze, und das ganze
Glücksgefühl dieser schönen Stadt spiegelte sich in den
Werken ihrer Künstler.
Der Freudenruf einer ganzen Generation spricht sich
in dieser Kunstepoche aus. Die ist der Ausdruck des
lebendigsten Bewußtseins des gesicherten Besitzes selbst-
erworbener Rechte, und der positive Geist, dem sie ent-
sprungen, gibt ihr für alle Zeiten seine Kultur und kunst-
historische Bedeutung, wenn auch Neuerer über ihren
weg Hinwegzugleiten suchen, die tastenden Intuitionen
unserer Tage werden wahrscheinlich in den Werken jener
Zeit noch manchen palt gewinnen.
Dieser Blick in die Genesis dieser Kunstepoche gibt
uns die Erkenntnis, daß erst auf die staatliche Entwicklung
die künstlerische folgt und daß das Erblühen der Kunst an
Voraussetzungen geknüpft ist, deren Erfüllung nicht in der
pand der Künstler, sondern in dem einsichtsvollen wirken
jener Männer ruht, die den Staat zu lenken haben.
Sie müssen uns den Lebensquell erschließen, denn die
Kunst gedeiht auf keinem dürren Boden. Pflug und Dünger
müssen ihm die Kraft verleihen, die vollen Säfte in die
Saat zu treiben, wenn ihre Blüten sich auf den Salmen
wiegen sollen. Nur das volle Maß der Kraft kann jenes
Pochgefühl der künstlerischen Betätigung erwecken, durch
welches der ästhetische Besitz für den Begriff des Glückes
unentbehrlich wird, und dieses Glück gewinnen wir, wenn
die Pflüge in diesem Pause nicht rosten, wenn sie von ge-
schehener Arbeit blinken.
Darum dürfen wir des Säemannes bei dem Anblicke
goldener Fluren nicht vergessen und müssen dem Senate
unseres Staates, der Regierung, vorerst ihren Anteil zuer-
kennen, ehe wir unsere Verdienste wägen.
Aber auch der schlichten Bürger, unserer Stadtvertretung
sind wir zum Dank verpflichtet, jenen Männern, die im
Wettstreite mit den Künstlern zu jeder Zeit beflissen waren,
in ihrer Freude an dem Schönen durch Rat und Tat unsere
Stadt in ein Juwel zu wandeln und mit einer Anmut
zu umkleiden, die dem ärmsten Bürger, dem Lnterbtesten
den Lebenswert erhöht.
Freudig wollen wir daher so manchen Aweig von
unseren Kränzen lösen, um sie jenen Männern darzubieten,
welche die Vorbedingungen erfüllten, auf welche sich unsere
Erfolge bauen. In dankbarer Würdigung der hohen Ehren,
die uns zuteil geworden, können wir in der uns zu-
gedachten Feier doch nur eine puldigung erblicken, die der
Zeit gebührt, die die zeugende Kraft besaß, für Millionen
ein bindendes Gesetz zu schaffen, die in ihren Kämpfen den
Künstlern die Wahrung der Ideale anvertraute und die den
kommenden Geschlechtern Kunde geben sollten, von einer
Zeit, in der ein jugendlicher perrscher seine Völker aus
mittelalterlichem Dunkel in das Licht der Neuzeit führte.
Nie hat sich eine Umwertung aller geistigen Begriffe,
aller Kultur und Staatsmaximen so ohne Erschütterung
 
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