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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 10.1910/​1911

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Rothe, Friedrich: Eine interessante Entscheidung!
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Heft 38.

Die Werkstatt der Kunst.

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er nun eine Reihe von Monaten oder nur 6 Wochen zur
Arbeit gebraucht hat, ist gleichgültig, wenn nur die her-
gestellte Arbeit eine hervorragende Leistung darstellt.
Ucbrigens ergibt sich schon aus einer Vergleichung des
Zeitpunktes der Bestellung mit dem der Ablieferung des
letzten Entwurfs, daß sich der Kläger monatelang mit der
gestellten Aufgabe beschäftigt hat.
Als eine hervorragende Leistung anerkennt der Sach-
verständige die geschaffenen Entwürfe. Der Leistung tut
es keinen Eintrag, wenn der Kläger — wie die Beklagte
behauptet — eine bereits früher hergestellte Skizze zu seinem
ersten Entwürfe benutzt hat. Denn auch in diesem Falle
hat er das Produkt seiner geistigen Tätigkeit der Beklagten
gewidmet. Das Gericht schließt sich daher dem Gutachten
des Sachverständigen H. dahin an, daß die übliche Ver-
gütung für die gelieferten Entwürfe auf 5000 Mk. zu be-
messen ist."
Gegen dieses Urteil legte die Beklagte Be-
rufung ein. Zur Begründung wiederholte sie ihr
Vorbringen I. Instanz und fügte noch folgendes
hinzu:
Der Vorderrichter und der Sachverständige
gingen von der irrtümlichen Auffassung aus, daß
dem Kläger die Herstellung der Entwürfe als selb-
ständige Arbeit übertragen worden sei, während sie
in der Tat nur einen speziellen Teil der auf Be-
stellung der ganzen Anlage gerichteten Offerte
bildeten und eine selbständige Bedeutung nicht be-
anspruchen können. Dem Kläger sei auch bekannt
gewesen, daß die Beklagte noch andere Bildhauer
zur Herstellung von Entwürfen ausgesordert habe
und diese mit ihm in Konkurrenz treten sollten.
Ueberdies habe die Beklagte mit dem Kläger aus-
drücklich vereinbart, daß dieser nur bei Uebertragung
der Ausführung des Grabmals s5 000 Mk., andern-
falls aber für seine Vorarbeiten überhaupt keine
Vergütung erhalten solle. Eventuell müsse sich der
Kläger den wert, den die Entwürfe für ihn bei
Berücksichtigung künstlicher ähnlicher Aufträge
hätten, anrechnen lassen. Diese Entwürfe habe der
Kläger im übrigen bereits vorrätig gehabt.
Da der in 1. Instanz vernommene Sachverstän-
dige erkrankt war, vernahm das Kamme rge richt
einen anderen Sachverständigen und erkannte dann
dahin, daß die Berufung des Klägers zurückzuweisen
sei, wenn Kläger einen Eid dahin leiste, daß er mit
der Beklagten keine Vereinbarung dahin getroffen
habe, daß er nur bei Uebertragung der Ausführung
des Denkmals s5 000 Mk., andernfalls aber über-
haupt keine Vergütung erhalten solle.
Die Entscheidungsgründe lauten wie folgt:
Lntscheidungsgründe.
„Der Beklagten ist freilich darin beizutreten, daß für
Entwürfe, die lediglich Teil einer Vertragsofferte sind, ein
besonderes Entgelt auch dann nicht beansprucht werden
kann, wenn es zur Annahme der Offerte nicht gekommen
ist- Ist es nun aber schon an sich wenig wahrscheinlich,
daß bei einem monumentalen künstlerischen Grabdenkmal
der Entwurf, der doch einen überaus wesentlichen Teil des
zu schaffenden Werkes darstellt, lediglich als Teil der auf
die Herstellung des Werkes gerichteten Offerte beabsichtigt
wird, so kann im vorliegenden Fall nach der Lage der
Sache, insbesondere nach dem speziellen Vorwurf für das
Denkmal und nach dem Briefwechsel kein Zweifel obwalten,

daß die Entwürfe nicht lediglich als Teil der Offerte
angesehen werden, sondern eine selbständige Arbeit
bilden sollten. Gerade der künstlerische Entwurf ist für
ein monumentales Grabmal von so hervorragender Be-
deutung, daß er schon von Laien als wesentlich für den
späteren Eindruck des Monuments angesehen wird. Das
ist auch der Beklagten nicht entgangen, da sie sich an eine
ihr offenbar als Künstler von Ruf bekannte Persönlichkeit
wandte, wobei es gleichgültig erscheint, ob die erste An-
regung von dem Künstler ausgegangen ist oder nicht,
wollte sie sich vorbehalten, die herzustellenden Entwürfe
ohne Uebertragung des Werkes und ohne jeden Entgelt
später abzulehnen, so mußte sie dem Kläger gegenüber
das ausdrücklich erklären. Daß ohne solche Verein-
barung ein Entgelt stillschweigend als ausbedungen an-
gesehen wird, ergibt das Gesetz, mag man nun einen
Werkvertrag oder einen Dienstvertrag als vorliegend an-
sehen (ZK 6 t 2, 6Z2 BGB.). Aus den Gutachten der Sach-
verständigen ergibt sich, daß solche Aufträge nur gegen
eine Vergütung üblich sind, was auch das Gericht aus
eigener Sachkunde festzustellen in der Lage war. Aus den
Gutachten und den verwendeten künstlerischen Motiven
ergibt sich ferner, daß die Entwürfe für den speziellen
Zweck vom Kläger hergestellt sind. Aber selbst wenn dies
nicht der Fall wäre und der Künstler frühere eigene Arbeiten
verwendet hätte, so würde das an der Frage der Entgelt-
lichkeit und — wie schon jetzt bemerkt werden darf — an
der Höhe des Entgelts nichts ändern, da den Künstler
nichts an solcher Verwendung hindert und seine künstle-
rische Leistung dadurch nicht geringer wird. Daß er etwa
schon anderweit Entgelt dafür erhalten hätte, ist nicht be-
hauptet. Noch viel weniger kann es von rechtlicher Be-
deutung sein, daß der Künstler diese Arbeiten später mög-
licherweise anderweit verwertet und es kann deshalb dahin-
gestellt bleiben, ob eine solche Verwertung vorliegenden
Falls überhaupt möglich oder wahrscheinlich ist. Das
könnte höchstens Einfluß auf das später von ihm Dritten
gegenüber zu fordernde Entgelt haben. Schließlich ist
auch unerheblich, ob die Beklagte noch andere
Künstler zu Entwürfen aufgefordert hat und dies
dem Kläger bekannt war.
was die Höhe des Entgelts anlangt, so erscheint es
durchaus zulässig, daß der Kläger ihn unter Zugrunde-
legung aller sechs Entwürfe bemißt. Die Beklagte hat im
Schreiben vom K Juni t9O7 die Anfertigung von Ent-
würfen erfordert und hat im Schreiben vom 29. Juni
t9O7 noch weitere Skizzen bestellt. Das Gutachten des
Prof. M. ergibt, daß die Skizzen hinlänglich ausgeführt
und künstlerisch durchaus verwertbar sind, sowie daß auch
nicht etwa nachträglich weitere Arbeiten vorgenommen sind,
um den Entgelt in die Höhe zu schrauben.
Aus den beiden erforderten Gutachten ergibt sich
ferner, daß der geforderte Preis von 5000 Mk. angemessen
ist. M. sagt zwar, daß nach den Sätzen der Landeskunst-
kommission nur 3900 Mk. verlangt werden könnten. Es
liegt aber kein Anlaß vor, gerade diese Sätze hier zugrunde
zu legen, und M. bezeichnet sie selbst als bescheiden. Zur
Anwendung bescheidener Sätze sieht sich aber das Gericht
bei dem für die Gesamtanlage ausdrücklich in Aussicht ge-
nommenen Preis von ^5000 Mk. auch nicht veranlaßt.
Das Gericht hat deshalb aus den beiden erforderten Gut-
achten den Betrag von 5000 Mk. als eine angemessene
Vergütung entnommen, dabei auch nicht verkannt, daß
natürlich eine Entschädigung für die Nichtüber-
tragnng der Ausführung des Werks nicht zuge-
billigt werden kann und foll. Jur Bestellung anderer
Sachverständiger war kein Grund ersichtlich.
Die 5000 Mk. können nach dem vorstehenden natürlich
nur gefordert werden, falls nicht die Beklagte ausdrücklich
eine Entgeltlichkeit gegenüber dem Kläger ausgeschlossen
hätte. Der beigebrachte Schriftwechsel ergibt nichts dafür.
Da aber eine solche mündliche Erklärung doch nicht voll-
ständig ausgeschlossen ist, so kam es auf den aus der Ur-
teilsformel ersichtlichen zugeschobenen Eid an, welcher nach
 
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