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Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler — 10.1910/​1911

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586

Die Werkstatt der Kunst.

Heft H2.

essen, es ist aus Porzellan. Ls ist ein Zimmerschmuck.
Ob es außerdem noch irgendwelchen praktischen Zwecken
dient, etwa als Aschbecher oder als Zigarrenständer, ist
nicht mit Sicherheit zu erkennen. Dagegen darf wohl mit
Recht vermutet werden, nach den goldgemalten Noten am
Fuß, daß im Innern ein Musikautomat verborgen ist, der
mit den herrlichen „Klofterglocken" dem Ganzen die letzte
sinnige Vollendung geben soll. KI
Lin spanisches Kunstwerk, das in der Zeit vom zo. Ok-
tober bis zum 5. November v. I. in Hamburg abhanden
gekommen ist, wird jetzt auch in Berlin gesucht. Ls
handelt sich um eine aus Elfenbein geschnitzte „Madonna
Immakulata" spanischer Arbeit. Die HS cm hohe Figur
steht auf einem Sockel, den drei oder fünf Lugelsköpfe im
Relief zieren. Das in der Mitte gescheitelte Kopfhaar ist
oben glatt, nach unten gewellt und hängt zum Teil nach
vorn herunter. Die Hände sind auf der Brust gekreuzt.
Um die Hüfte ist ein Strick geknotet. Das Kunstwerk ist
20000 Mk. wert, auf feine Wiederbeschaffung sind 5OoMk.
Belohnung ausgefetzt. Kl

Literatur

vr. Ioh. Damr ich, Weihnachten in der Malerei. Mit
H8 Abb. z.-20. Tausend. t9lO. HO s. HO.
?. Kr. Innocenz M. Strunk aus dem Dominikanerorden,
Beato Angelico. Mit ss Abb. z.-20. Tausend. t9lv.
HH S. HO.
Or. Oscar Doering-Dachau, Berühmte Kathedralen
des Mittelalters. Mit s; Abb. t-—25. Tausend. t9N-
HH S. HO.
— Die Kunst dem Volke. Herausgegebcn von der Allg.
Vereinigung für christliche Kunst, München, Karlstr. 33.
Heft —5. (Jedes Heft 80 Pf., bei Mehrbezug billiger.)
In X/5 der „w. d. K." vom 3t. Oktober t9lo, S. 6H,
hatten wir auf dieses Gesamtunternehmen und auf feine
zwei ersten Nummern aufmerksam gemacht. Es freut uns,
daß wir jetzt von einem günstigen Fortgänge des Unter-
nehmens berichten können, das berufen ist, in der volks-
tümlichen Kunstliteratur eine ganz hervorragende Stellung
einzunehmen. — Die wertvollste Leistung unter den vor-
liegenden Nummern dürfte Pater Strunks „Beato Ange-
lico" fein. In so umfassender und mit verwandten Gefühl
eingehender weise ist uns der Meister von Fiesole bisher
wohl nicht entgegengetreten. Dazu trägt schon die Fülle
der Abbildungen bei (die meist nach Vriginalphotograxhien
von Gebr. Alinari in Florenz hergestellt sind). Leider ist
eine beträchtliche Anzahl der Bilder so kleinen Formates,
daß selbst die beigegebenen Erläuterungen nicht immer ge-
nügend verfolgt werden können. Auch hier würde sich eine
Beschränkung auf eine geringere Zahl von größeren Bil-
dern, mit noch weitergehenden Anleitungen zum „Sehen"
lohnen. — Der Autor hat, auch mit Hilfe einer Reise und
sogar mit einem Ueberblick über neuere Darsteller der
persönlichen Erscheinung des Meisters (S. t3), namentlich
die Spannweite der Kunst seines Grdensgenossen zur Gel-
tung gebracht. Ist zwar Angelicos Kunst beschränkt, zumal
durch sein Unvermögen dramatischer Bewegung (S. H2 und
sonst), und zum Teil sogar ein Rückschritt gegen manches
schon damals Erreichte, so können wir doch staunen, wie
sehr der vorwiegend lyrische Künstler manchmal bereits
Späteres vorwegnimmt. Seine Krönung Mariä (in Paris)
nähert sich dem Prachtstil der Hochrenaissance, seine Dar-
stellung im Tempel (in Florenz) dem Geiste Mantegnas
(Abb. 2t und H5). — Die Hauptsache jedoch ist, daß wir
uns hier im Gegensätze zu einseitig optischen Interessen
an einem Künstler erholen können, dem es bei all seinen
Werken nicht um dieses und auch nicht sehr um eine ge-
naue Schilderung des äußeren, historischen Vorgangs zu
tun war, sondern um den inneren, seelischen Gehalt und
um die Wirkung des Ereignisses. Und dabei ist es die
Größe seiner Kunst, „mit geringen Mitteln einen großen
Eindruck zu erzielen, in wenigen Worten viel zu sagen".
Unser Autor, der diese Bemerkungen nebenbei anbringt

(S. 27 und 32), würde vielleicht noch besser getan haben,
solche Lharakteristiken und sein Schlußergebnis (S. H2f.),
das auf Einheit von Kunst und Leben bei seinem Meister
hinauskommt, schon von vornherein zur Grundlage der
ganzen Darlegung zu machen und die einzelnen Erläute-
rungen noch schärfer auf diese Grundlage zu stimmen. —
Daß Fra Angelico auf seiner „Heimsuchung" das erste
wirkliche Landschaftsbild geschaffen hat und überhaupt ein
liebevoller Darsteller der landschaftlichen Natur war (S. ;sf.),
wird heute wohl besonders interessieren. — Schließlich darf
wohl auch auf die in schlichter Einfachheit wirkungsvolle
Titelzeichnung des Heftes von Fritz Kunz hingewiesen
werden. — „Weihnachten" ist von wert auch als Er-
gänzung des großangelegten und inhaltsreichen Werkes
von Or. G. Hager, „Die Weihnachtskrippe", das t902
(im Kommissionsverlage der „Gesellschaft für christliche
Kunst", München, Karlftraße 6) erschienen und wohl noch
einer Erinnerung wert ist. Damrichs Heft bedeutet einen
gut übersichtlichen Beitrag zum vergleichenden Studium
von Motiven, das (unter dem Namen „Ikonographie")
immer wieder Arbeitsstoff darbietet. Er findet die ganze
ikonographische Entwicklung des Weihnachtsbildes im
wesentlichen schon abgeschlossen durch drei Darstellungen:
eine Miniatur aus dem ;2. Jahrhundert, eine Geburt
Ehristi von Giotto und eine von Fra Angelico (Abb. 5
bis 7 und S. t l). Doch führt er die Linien der Vervoll-
kommnung noch lang weiter, von den Linzelgestalten zu
den Gruppen und von diesen zu der sie einheitlich zusammen-
schließenden Kompositionskunst (S. ;2). Die neueste Zeit
ist leider nur wenig mitbehandelt. — Die eine Frage darf
und muß man aber wohl immer wieder aufwerfen, was
denn eigentlich eine populäre Darstellungsweise sei, also
wie man am besten zum „Volk" spreche. Die vorliegenden
Broschüren geben sich ersichtlich Mühe, diesen Zweck zu er-
reichen, zumal durch eine voraussetzungslose, verständliche,
leicht fließende Diktion. Andererseits jedoch zeigen sich doch
auch Eigenheiten, deren Popularwert fraglich sein kann.
Erstens trachten nahezu alle Verfasser — wohl weniger
aus eigener, als aus Verlagsinitiative — nach einem „ge-
hobenen" Stil, der anscheinend weite Kreise gewinnen soll.
Ls fragt sich aber doch sehr, ob dies dem Bedarf des „ge-
meinen Mannes" nach schlichter und klarer Instruktion
entspricht, ob es seinen natürlichen Geschmack nicht verdirbt,
und ob dabei nicht manchmal „des Lebens Unverstand"
herauskommt. So namentlich in den „Kathedralen"; man
sehe z. B. die Himmelungen bei der Markuskirche (S. ;s),
bei der Rede von deutschen Flüssen (S. t9 und 38), bei dem
Augsburger (S. 2t) und dem Baseler Dom (S. 23).
Zweitens sollte doch nicht zu viel „Schönheitstreiberei"
gemacht, der Leser nicht zu dem Glauben gebracht werden,
alles sei eitel vollkommene Schönheit, was ihm da vor-
geführt wird — ein leider allverbreiteter Literatur- oder
vielmehr Verlagseffekt! Beispielsweise ist in Nr. 3 (Abb. 29)
der Holzschnitt I. v. Führichs doch nicht gerade „kerniger
und kraftvoller", als ein analoges Bild von Overbeck
(S. 2H). — Die Dome von Straßburg und namentlich von
Köln bekommen in Nr. 5 (S. Ht—H3) die üblichen Verherr-
lichungen. Zuerst hier aber könnte und sollte ein kritischeres
Verständnis erzielt werden. Die Minderwertigkeit des
Kölner Domes, neben seiner Bedeutung eines riesig durch-
gebildeten prachtschulbeisxiels vom gotischen Stil, würde
leicht zu zeigen sein, wenn das Kathedralenheft sich nicht
bloß auf „Ansichten" beschränkte. Lediglich solche geben,
heißt doch, die Leser zum Fehlsehen zwingen. Hier sind
Grundrisse sowie etwa auch Durchschnitte erst recht nötig,
natürlich mit Anleitungen zu ihrem „Lesen". Stellt man
dann den Kölner Domgrundriß neben einige entsprechend
ausgcwählte nordfranzösische und deutsche, so erhält man
eine schon von selbst kritische Vergleichung. — Gibt es
übrigens einen Dom von Siegburg (S. 38)? — Im übrigen
ist gerade diese 5. Nummer ein günstiger Griff, nicht zuletzt
durch die weitgespannte Auswahl von Bildern, die großen-
teils den verdienstvollen Aufnahmen der Berliner Meßbild-
anstalt entnommen sind. Vr. Hans Schmid kunz-Berlin-
Halensee.
 
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