Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 10./​11.1928/​29

DOI Heft:
1./2. Septemberheft
DOI Artikel:
Riess, Margot: Die Brunnen in Rom
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.25877#0014

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Fontana dei Quattro Fiumi. Dettaglio. Rio della Plata

Wassers, ein Brunnen der Renaissance, verglichen mit
einem typischen Brunnen des Barock, den bedeutungs-
vollen Wamdel des künstlerischen Ethos um 1600 zeigt.
In Rom kann man dafür die überzeugendsten Beispiele
finden: In feinen, oft symmetrisch verteilten, hellklin-
genden Silberstrahlen steigen und fallen die Wasser in
elastischen Bögen auf unbewegte Spiegel der Renais-
sancebrunnen —■ in breitem, volltönenden Schwall wäl-
zen sich schwere Wassermassen über tiefgebuchtete
Ränder der Barockbrunnen, prallen auf unebenes Ge-
stein und verrieseln in unübersehbarem Geröll. Wie
deutilich sind hier die Symbole: das reine, klingende
Maß der Renaissance, für die das Wasser vor allem
Sinnbild der ungetrübten Lauterkeit und durchsichtigen
Reinheit war (ähnlich wie es ja später Winckelmann
empfand) und das Ungestüm barocken Formempfindens,
das im strömenden Wasser die durch menschlich-
titanische Gegenkraft zu bändigende 'dunkle Gewalt des
unberechenbaren Llementes begriff, in ihm Sinnbild
dessen sah, was es als neue Schöuheit entdeckt zu haben
glaubte: des evvig Flutenden, Grenzenlosen, Unbestimm-
baren. Einen Uebergang stellt die unter dem Namen
„Schildkrötenbrunnen“ bekannte köstliche Schöpfung
des Florentiners Taddeo Landini dar. In seiner etwas
kunstgewerblichen Zierlichkeit und der betonten Sym-
metrie des Aufbaus noch viel vo-m Geiste der Renais-
sance verratend, wirkt doch das ganze auf Giacomo della
Porta zurückgehende Schälensystem schon barock,
sowohl 'durch die wuchtige Schwellung der Profile der
einzelnen Schalen als auch durch das nunmehr charak-

teristisch werdende flach angelegte, fast in das Niveau
des Piatzes übergehende Brunnenbecken. In dem an-
mutig gelösten Gliederspiel der vier Jünglinge mit den
Delphinen hat man bezeichnenderweise Raffaels Geist
erkennen wollen; der Einfluß Giovanni da Bolögnas ist
hier jedenfalls deutlich. Auch wenn man sich die erst
später hinzugekommene spielerische Zuga'be der Schiid-
kröten wegdenkt (die ursprünglich breitere Schale
muß direkt auf den Händen der Jünglinge geruht haben)
behält das Ganze -etwas von dem Charakter eines Tafel-
aufsatzes, als nionumentaies Gebilde verliert es sicli
fast allzusehr zwischen den wuchtigen Fassaden der
umgebenden Palazzi. Aucli das blieb ja erst dem eigent-
lichen hohen Barock vorbehalten, die Kunst des Zusam-
mendenkens von Figur und Raum, von Denkmai und
Piatz. Leider ist dieses so entscheidende Wirkungs-
moment heutc rneistens durch die jegiichen Maßstab ver-
zerrenden Neubauten verloren gegangen und oft nur
noch aus zeitgenössischen Stichen (Faldas u. a.) zu er-
schließen. Die einzigartige Wirkung der Piazza di
Spagna rnit der kaskadenartig zu der flachen „Barcac-
cia“ des Pietro Bernini herabrauschenden Freitreppe
drängt sich cinem zuerst afs Beispie'l für den beglücken-
den Zusammenklang architektoni'scher und plastischer
Form auf, doch ist diese Treppe erst später hinzu-
gekommen. Vorbildlich und im Ganzen noch unzerstört
ist aber die saalartige Geschiossenheit der Piazza
Navona mit der — wohl schon ursprünglich konzipierten
—- rhythmischen Dreiheit der Brunnen. Der große, die
Mitte des Platzes beherrschende Vierflüssebrunnen, mit

Fontana dei Quattro Fiumi. Dettaglio. 11 Nilo

8
 
Annotationen