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Donath, Adolph [Editor]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 10./​11.1928/​29

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1./2. Septemberheft
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Hobrecker, Karl: Die Sammlung Eisenmann
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https://doi.org/10.11588/diglit.25877#0042

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DCe Sammtung 6ifenmanti.

Chodowiecki und Hosemann — Sterne erster Ordnung am
Berliner Künstlerliimmel! Der Eine stets elegant, zierlich, auch
im Scherz maßvoll und zurückhaltend, der Andere in der Haupt-
sache derb, mitunter geradezu ruppig, begegnen sie sich nur im
Humor und in der feinen Grazie ihrer Erfindung, in der genialen
Leichtigkeit, mit der sie ihre gcistreichen Gcdanken auf diie Kupfer-
platte und auf den Stein niedersehreiben.

Wir hatten in Berlin lange keine große Ohodowieokii-Verstei-
gerung, und noch nie kam das auch kulturgeschichtlich so bedeut-
same Werk Hosemanns in soicher Voliständigkeit auf den Markt.
Als ich es übernahm, dieses zu ordnen und zu kataiogisieren, ahnte
ich nicht, welchen Umifang die Eisenmann’sche Sammlung

Francis Dodd, Bildnis Bone, Orig.-Rad. Aukt. Prestel, Frankf./M.

hatte, von der immer wieder Kästen und iMappen an solchen Stellen
zum Vorschein kamen, wo man sie gar nicht vermutete. (Die
Auktion Eisenmann geht vom 8.—10. Oktober bei Paul Q r a u p e
in Berilin vor sich.)

Beinahe 10 Jahre ist es her, daß ich dasselbe Material zor
Ergänzung der Hosemann-Bibliographie durcharbeitete. Leider sah
ich es damals ncht vollständig. Der Hauptteil lagerte verborgen
in schweren Kisten, die zu jener Zeit, vier Jahre nach dem Tode
des Besitzers, än Vergessenheit geraten waren. Aber nun ist alles
ans Licht gebracht, auch das, was sich über und unter den Schrän-
ken, hinter Regalen und im Grunde weitläufiger Sclmbladen noch
versteckte.

Wie ist die Sammlung entstanden? Die Grundlage dazu gaben
die Versuche des Kunsthändlers Schmaltz, das vollständige
Hosemann-Werk zusammenzubringen. Der Beneidenswerte hatte
es leiicht: Ein reichliches Angebot zu niedrigsten Preisen, dazui der
Tausch mit wirklichen Sammlern, ermöglächten es ihm, seinem Ziele
nahezukommen. Er tauschte mit Franz Skarbina, mit Konsul Meyer
in Bremen- und anderen, die sich voll Liebe und Eifer der Sache
hingaben, daher auch Schönes erreichten. Skarbina war mit Hose-
mann persönlich befreundet und erhielt namentlich Probedrucke
unmitteibar von ihm. Viele Umschläge zu den Bilderfolgen, Büoher
tragen die Handschrift des Menzel-Schüleris. Er besaß den feinen
Blick für allererste Oualität, sein Malerauge suchte die beste Kolo-
rierung — die nicht immer gleiichartig ausgefallen ist — und er

hatte noch die Wahl! Sein Name ist also ein Bürgschaftssiegel für
Ausnahme-Erhaitung, wie wir es uns nicht besser wünschen können.
Wo der Hauptteil dieser Sammlung aus dem Nachlaß von 1910
steckt, weiß ich ganz genau. Samtschwarze Lithographie,
Unberührtheit und Frische des Papiers, des Druckes und der Farbe
zeichnet ihre Blätter aus. Deshalb achte man auf diese Katalog-
nummer besonders.

Aber das Vorbandene ist durchweg in gutem Zustande. Aus-
nahmen davon scheinen die Koioiriervorlagen zu bilden, jene Blätter,
die, auf blauem Karton gezogen, bei der Auflageherstellung als
Farbmuster di'enten. Man unterschätze sie nicht, tragen sie auch
am Rand Pinsel- und Staubflecke, so sind es doch frühe Drucke
mlit besonders sorgfältiger Einfärbung, die den Originalen nach-
kommt. Auch diese Urdrucke, von Hosemann selbst farbig an-
gelegte Probeabzüge, liegen in einer erstaunlichen Reichhaltigkeit
vor, und an Original-Aquarellen oder Bleistifts'kizzen ist kein Man-
gel. Es fehlt überhaupt nichts Bedeutendes vom graphischen Werk,
und daß einige Erstlinge nicht dabei sind!, darf uns näoht wundern,
wurden doch viele aus des Künstlers Frühzeit stammende Illustra-
tionen nicht beachtet, weil säe sie sein holdes Zeichen nicht tragen!

Wichtiger als sie erscheinen die HauptfO'lgen, wie die Berliner
Parodien, die berühmten graphischen Einzelblätter, ferner Münch-
hausen, Herr Fischer, Sue, E. T. A. Hoffmann, Bornemann usw.,
sowie die Festkarten. Sind diese aucli nicht so selten, werden sie
doch jetzt im feinsten Zustande dargeboten, und wie bequem ist es
dem Sammler gemacht, der die Bilder nicht einmal mehr aus den
Büchern zu schneiden braucht! Er findet sie, sauber vom Text
getrennt, vielfach auf grauen Karton gelegt, die Stiche und Holz-
schnitte zu Steffens Volkskalender z. B. handllch beisammen. Die
ganze Kalenderfolge ist aber auch da und was nicht an einer Stelle
erscheint, suche man an der anderen, bei den so selten noch auf-
tauchenden unzerschnittenen Bogen oder bei den Büchern. Auch
in den Konvoluten liegt manches Gute, das nicht zur Vollständigkeit
gebracht werden konnte.

Ein Schlußwort noch zur Frage der Bibliographie! Sie ist
heute vergriffen, und sie war nur ein Anfang. Eine gute Gelegenheit
sie zu verbessern, wurde versäumt, als der Katalog illustrierter
Bücher des 19. Jahrhunderts erschien. Der hat sich fiir die Hose-
mann-Seiten darauf beschränkt, vorhandene Unrichtigkeiten rnit-
abzuschreiben, und zum Ausgleich wieder solche Werke aufgenom-
men, die gar nichts mit Hosemann zu tun haben. So blieben meine
zahlreichen Ergänzungen ungebucht, erkannte Fehler unverbessert,
Neues aber kam gar nicht hinzu, und es gibt viel Neues!

Soll nun eine Bibliographie entstehen nach dem Muster des
Budde-Hoff für Ludwig Richter, des Bock für Menzel oder Engel-
mann fiir Cho'dowiecki mit Beschreibung jedes einzelnen bekannt
gewordenen Blattes? Für mich selbst legte ich eine solche Liste
längst an, soweit ich ihrer bedunfte, um mich durch die Menge der
gleichartigen Kinderbiuichillustrationen zu finden. Wie nötig das
ist, zeigte sich bei der Herstellung dieses Versteigerungskataloges.
Nicht alle Folgen waren vollständig, wie die Vorbesitzer es glaub-
ten, manches war durcheinandergewürfelt, vieleis gar nioht be-
stimmt. Es gab eine große Arbeit, darin Ordnung zu schaffen.
Lose Illustrationen, die im Handel vorkommen, werden auch sonst
falsch betitelt, und die Blätter aus Nieritz Jugendbibliothek treten
fast stes alis „nicht bei Hobrecker“ auf. (Diese Titel — ungefähr
hundert — strich mir damals der Verlag „aus räumlichen Gründen“.)
Eine Notwendigkeit zur Bibliographie-Erweiterung scheint also ge-
geben,, und Sammler wie Antiquare werden am zweckmäßigsten
selbst darüber entscheiden. Mögen sie sich älso melden, und sich
dadurch am Gelingen des Werkes beteiligen, damit es recht voll-
ständig wird.

Inzwischen werden alle Freunde Hosemann’scher Kunst der
Versteigenung gespannt entgegen sehen, um die Gelegeniheit beim
Schopfe zu ergreifen. Jeder, der das zu tun gedenkt, der Unter-
zeichnete einbegriffen, wird es der Vorbesitzerin, Frau General-
konsul Eisenmann danken, daß sie sich entschloß, diese Schätze,
nachdem sie ein Viertel Jahrhundert in festen Händen waren und
nach mehr als zehnjährigem Dornröschenischlaf, wieder i'hrem wah-
ren Zwecke zuzuführen: Freude zu schaffen, wohin sie kommen.

Karl Hobrecker.

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