Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen
— 10./11.1928/29
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DOI Heft:
1./2. Oktoberheft
DOI Artikel:Waldmann, Emil; Slevogt, Max [Gefeierte Pers.]: Max Slevogt: zum sechzigsten Geburtstag
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al's er dann nach der notwendig gewordenen Trennung
von seinem Lehrer sich auf eigene Füße stellte und nach
Paris zog und nach Italien und als die gute Fee, die an
seiner Wiege gestanden hatte, nun sicher der Meinung
war, der Münchner Slevogt wiirde in Paris den An-
schluß an die moderne Wirklichkeitsmalerei finden, die
in Miinchen ein wenig fehlte und in Paris gerade damals
in allerhöchster Blüte stand, da arbeitete dieser Maler-
nicht in die Zeit hinein. Wieder war das Poetische und
Erzählende, das er anfangs besessen und dann wieder
verloren hatte, inzwischen stiirker geworden, und Böck-
lins Kunst erregte ihn mächtig. Hier war einer, der
sehon geleistet hatte, als Maler-Dichter geleistet, was
Slevogts bisher unerfiillte Sehnsucht sein sollte, einer
der iiber den Realismus hinausging und Phantasien leib-
haftig im Bild hinstellen konnte. Äber nun war ihm
Selbstbildnis Slevogts. 1907
Mit Genehmigung des Verlages Bruno Cassirer, Berlin
geselle so gut wie gar nicht, kam weder Edouard Manet
nahe, der schon gestorben war, noch Eugene Delacroix,
dessen Stern dem seinen so sehr verwandt schien, son-
dern er kopierte im Louvre einen alten Deutschen und
sonstige Primitive. In Italien, das gerade seine Natur
zum Ausgleich so gut hätte gebrauchen können, ging es
nicht anders. Er malte so gut wie nichts, jedenfalls
nichts, das einen Ruck vorwärts bedeutet hätte; und
die Wandmalerei Pompejis blieb ihm stumm.
Nach Müncheu zurückgekehrt, paßte er wieder
auch das wieder nicht recht. Der gelernte Wirklich-
keitsmater Slcvogt fand, daß man es so nicht machen
könnte, und daß zu den malerischen Phantasien
eigentlich die moderne Malerei gehöre. In der Münchner
Sezession, in der sein zeitweiliger Freund Trübner der
Vorsitzende uud Slevogt der Stellvertreter hätte sein
müssen, spielte er keine Rolle, konnte er keine Rolle
spielen, da hier Lenbach und Stuck saßen und Slevogts
Meinung schon damals lautete: „Glücklich sind die
Oberflächlichen!“ Und als er dann nach dem Danae-
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von seinem Lehrer sich auf eigene Füße stellte und nach
Paris zog und nach Italien und als die gute Fee, die an
seiner Wiege gestanden hatte, nun sicher der Meinung
war, der Münchner Slevogt wiirde in Paris den An-
schluß an die moderne Wirklichkeitsmalerei finden, die
in Miinchen ein wenig fehlte und in Paris gerade damals
in allerhöchster Blüte stand, da arbeitete dieser Maler-
nicht in die Zeit hinein. Wieder war das Poetische und
Erzählende, das er anfangs besessen und dann wieder
verloren hatte, inzwischen stiirker geworden, und Böck-
lins Kunst erregte ihn mächtig. Hier war einer, der
sehon geleistet hatte, als Maler-Dichter geleistet, was
Slevogts bisher unerfiillte Sehnsucht sein sollte, einer
der iiber den Realismus hinausging und Phantasien leib-
haftig im Bild hinstellen konnte. Äber nun war ihm
Selbstbildnis Slevogts. 1907
Mit Genehmigung des Verlages Bruno Cassirer, Berlin
geselle so gut wie gar nicht, kam weder Edouard Manet
nahe, der schon gestorben war, noch Eugene Delacroix,
dessen Stern dem seinen so sehr verwandt schien, son-
dern er kopierte im Louvre einen alten Deutschen und
sonstige Primitive. In Italien, das gerade seine Natur
zum Ausgleich so gut hätte gebrauchen können, ging es
nicht anders. Er malte so gut wie nichts, jedenfalls
nichts, das einen Ruck vorwärts bedeutet hätte; und
die Wandmalerei Pompejis blieb ihm stumm.
Nach Müncheu zurückgekehrt, paßte er wieder
auch das wieder nicht recht. Der gelernte Wirklich-
keitsmater Slcvogt fand, daß man es so nicht machen
könnte, und daß zu den malerischen Phantasien
eigentlich die moderne Malerei gehöre. In der Münchner
Sezession, in der sein zeitweiliger Freund Trübner der
Vorsitzende uud Slevogt der Stellvertreter hätte sein
müssen, spielte er keine Rolle, konnte er keine Rolle
spielen, da hier Lenbach und Stuck saßen und Slevogts
Meinung schon damals lautete: „Glücklich sind die
Oberflächlichen!“ Und als er dann nach dem Danae-
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