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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 10./​11.1928/​29

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1./2. Oktoberheft
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Schmidt, Robert: Italienische Seidenstoffe des 16. bis 18. Jahrhunderts: zur Ausstellung bei J. Hinrichsen und P. Lindpainter
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Corwegh, Robert: Das Rätsel der Niccolo da Uzzano-Büste von Donatello
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https://doi.org/10.11588/diglit.25877#0073

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Stickereiumrahmung oder mit Spitzenbesatz sind anzu-
treffen, einige Antependien mit scbwungvoller Rocaille-
Goldstickerei treten dazu; kurz, das Bild der italieni-
schen Textilkunst vom 16. bis zum 18. Jährhundert wird
uns in größter Mannigfaltigkeit vor Augen geführt.

Dem mit einigen Abbildungen geschmückten
Katalog geht ein kurzes Vorwort voran, in dem Otto von
Falke den Besonderheiten dieser Spätperiode italieni-
scher Wcbekunst einige instruktive Ausführungen
widmet.

Das Rätfet dev JHtccoto da UEEataocBußc oon Donatclto

oon

Robei^t Coctoegb ^ Hambucg

^eit im Jahre 1881, da die sogenannte Niccolo da
^ Uzzano-Büste aus dem Besitz der Familie Capponi
in den des Bargello zu Fiorenz überging, ist die Frage
nach dem Dargestellten ungeiöst geblieben. Die Frage
mußte aufgeworfen werden, weil die Inschrift unterhal'b
der Stuckbüste und die farbige Bemalung des Antlitzes
erst dem 17. Jahrh. entstammen, und die tiefliegenden
Augen die Benutzung einer Totenmaske vermuten
lassen, eine Annahme, die von Forschern wie A. G.
Meyer, Schmarsow, Frida Schottmüller, Schubring,
E. Bertaux geteilt wird. Sollte nun diese Totenmaske
die des Niccolo da Uzzano sein, dann stimmte allerdings
das Alter des Dargestellten mit dem toten Niccolo nicht
überein. Die Büste zeigt einen Mann auf der Höhe des
Lebens, und die schöne Charakterisierung des Meister-
werkes durch Carl Cornclius unterstreicht die große
Energie der Züge trotz einer „gewissen Müdigkeit der
Seele“. Niccoio da Uzzano war aber, als er am 23.
Februar 1433 starb, im 75. Lebensjahre. Er wurde nach
L.uigi Passeiini (Famiglie Celebri Italiani, Milano 1873)
im Jahre 1359 geboren. Das Todesjahr 1433 für Uzzano
gibt außer Passerini nur E. Bertaux in seinem Dona-
tello (Paris 1910, Librairie Plon). Alle deutschen For-
scher nehmen als Todesjahr 1432 an und datieren daher
die Entstehung der Tonbüste in dieses Jahr. Aber das
Registro 125 delic Provvisioni dei Consigli Maggiori-
R. Archivio di Stato di Firenze (carte 237 tergo) bestä-
tigt das Jahr 1433 als Todesjahr des Uzzano.

Wurde Niccolo da Uzzano in dieser Büste nach sei-
nem Tode von Donatello modelliert (denn die Autor-
schaft Donatellos fiir diese Büste wird seit den Zweifeln
cines Milanesi im Jahre 1887 niclit mehr bestritten) dann
mußte der Meister aus der Erinnerung eine Verjüngung
der Züge vorgenommen haben. Diese „Verwischung
der Spuren des Alters“ (Schubring) ist möglich aber
nicht wahrscheinlich.

Es ist daher begreiflich, wenn Forscher den auf
alter Tradition beruhenden Namen der Büste ablehrlen,
wie denn C. v. Fabriczy l’Arte VI. p. 374 in ihr ein Bild-
nis des Pier Capponi annahm oder wie Bertaux im Dar-
gestellten ,,un portrait apres deces“ des Gonfaloniere
Gino Capponi, des Verfassers des „tumulto dei Ciompi“
für möglich hielt. Abzuiehnen ist die Deutung der Büste
als ein Idealbildnis etwa das des Cicero, die F. Stud-
niczka in Vorschlag brachte (Leipzig, Winckelmannblatt

1911), weil der scharfen Charakterisierung der Züge un-
bedingt ein lebendiges Vorbild zu Grunde liegen muß.

Könnte man ein autentisches Portrait des Niccoilo
da Uzzano feststellen, dann ließe sich belegen, ob die
Büste eine Verwandtschaft der Züge aufweist. Ueber
ein Portrait des Uzzano findet sich nur in Filippo Baldu-
nicci p. 82 eine Notiz (Notizie de professori del Disegno
da Cimabue in qua dal 1400 al 1540, Firenze 1728) in der
Beschreibung des Masaccio: „Nel tempo che il nostro
pittore conduceva quest’ opera (capella Brancacci) si
dice, che occoresse la Sagra della stessa Chiesa del
Carmine, in memoria di che Masaccio si ponesse a
dipiingere di verde Terra a chiaroscuro sopra la porta di
dentro il Chiostro, che va in Convento, la tanto celebra
storia di tutta la funzione, figurando sul piano di quella
piazza cinque o sei t'ila, un gran numero di cittadini in
atto di caminare in ordinanza con maravigiio distinzione,
e cosi ben postati sul piano, e con un diminuere, secondo
la veduta dell occhio cosi proporzionato, che fu cosa di
maraviglia. Fra questi dipinse al naturale in mantello
e cappuccio, dietro alle processioni Filippo Brunelleschi,
Donatello, Masolino, Antonio Brancacci, che gli fece fare
'la capella, Niccolo da Uzzano, Giovanni di
Bicci de Medici, Bartolommeo Valori e Lorenzo Ridolfi,
allora Ambasciatore di Firenze a Venezia.“

Leider sind diese Claire-obscur-Malereien nicht
mehr vorhanden, und aus den Figuren der noch gerette-
ten Gemälde der Brancacci-Kapelle, an die vielleicht
gedacht sein kann, da Ba'ldinucci niemals ganz genau
erzählt, läßt sicli keine Aehnlichkeit entdecken, wenn
auch bei der „Auferweckung des Königssohnes“ unter
den Zuschauern der linken Seite Zeitgenossen des
Künstlers portraitähnlich dargestellt sind. Es gibt
Stiche nacli den verlorenen Gemälden, die mir leider
nicht zur Hand sind, und bei Mad. Andre-Paris eine
Medaille des Uzzano von Nic. Fiorentino, aber ohne be-
sondere Ausdruckskraft und Aehnlichkeit.

Wie läßt sich nun überhaupt die Wahrscheinlichkeit,
in der Büste ein LTildnis des Niccolo da Uzzano an-
sprechen zu dürfen, irgendwie belegen? Das vierte Kind
des Niccolo, eine Tochter Ginevra, heiratete 1403 den
Piero di Bartolommeo Capponl. Bei der Erbteilung (das
Testament des Uzzano ist erhalten und eine genaue Ab-
schrift liegt mir vor) ging sein Palast, den er nach Zeich-
nung des Lorenzo di Bicci (eines Künstlers, der 1409 in

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