Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 10./​11.1928/​29

DOI Heft:
1./2. Juniheft
DOI Artikel:
Pazaurek, Gustav Edmund: Die Kunstsammlung von Klemperer in Dresden
DOI Artikel:
Waldmann, Emil: Zu den Holz-"Schnitten" Bangemanns
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.25877#0450

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
doch recht zeitraubend ist. Aber derartiges scheint
jetzt in der Literatur adgcmein Mode geworden zu sein,
ebenso wie der weiße Einband, der für ein häufig zu
Rate zu ziehendes Buch ebenso empfindlic’n ist, wie der
jetzt auch allgemein üblich gewordene weiße Einband
sämtlicher Auktionskataloge.

Aber ich will nicht nörgeln. Die beiden prächtigen

und mit Lichtdrucktafeln mit Abbildungen nach den
wesentlichsten Gegenständen ausgestatteten Bände
werden in den Kreisen der Museen und Sammler sicher-
lich die freudigste Aufnahme finden, die sie vollauf ver-
dienen; und der kunstfreundlichen Familie von
Klemperer in Dresden ist für diese überaus vornehme
Publikation der Dank aller Kunstliebhaber sicher.

2u den HoiE-,.Scbnitten’' Bangemanns

üon

6mÜ lÜatdmann s Bucmen

( Iskar Bangemann hat sicli im letzten Jahrzehnt
einen angesehenen Namen unter den deutschen
Graphikern gemacht durcli seine Mitarbeit an den
illustrierten Büchern Max Slevogts und Max Lieber-
manns. Was Vogel, Kretzschmar und Unzelmann für
Menzel, was Sotain für Gustave Dore bedeuteten, Ist
Bangemann für die Bücher von Slevogt und Liebermann
geworden: der künstlerische und feinfühlige Interpret
mit dem Holzschneidemesser und dem Sticliel.

Man fragte damals, als die ersten illustrierten
Bücher Slevogts und Bangemanns erschienen, ob diese
Technik, Holzschnitt und Holzstich nach Federzeich-
nungen nicht am Ende eine unangebrachte Altertümelei
darsteile. Wenn schon nicht Originalgraphik, als
Radierung, Kreidelithographie, Tuschlithographie oder
Federlithograpliie die IHustrationen mache, weshalb
dann nicht eine facsimileartige Wiedergabe der von der
Künstlerhand gezeichneten Originaie? Die reprodu-
zierenden Techniken wären doch heute so veryoll-
kommnet, daß man wirklich den Unterschied, ob Zeich-
nung oder ob mechanische Wiedergabe, nicht merkte.
Erstens ist dies falscli. oder docli nur im Schreck des
ersten Augenblicks wahr. Je täuschender die W'ieder-
ga'be vor uns hintritt, um so schärfer schleifen wir, ganz
unwillkürlich, unsere Augen, um eben jenen unrepro-
duzierbaren Rest, der doch immer bleibt (weil die Phan-
tasie des Auges Menschenwerk und die Wiedergabe mit
Hilfe der photographischen Linse cine Angelegenheit
der Maschine ist), um diesen unrcduzierbaren Rest, auf
den aliein es ankommt beim Kunstwerk, merklich zu
sehen und zu empfinden. Zweitens ist die Wiedergabe
durch den nachschaffenden Künstler, durch sein deu-
tendes Auge und seine dem deutenden Auge instinkt-
sicher folgende Hand doch immer etwas Persönliches.
Wenn Slevogt im Gesicht seines so mächtig dastchen-
den Holofernes in der Schattenpartie an der Nase einen
Kiex macht, kommt dieser Schatten in der mechani-
schen Lichtdruckwiedergabe als ein wahrscheinlich zu
tiefer Klex. Bangemann kratzt mit seiner abgebroche-
nen Nähnadcl ein wenig auf dieser Steile herum, er
weiß schon, was Slevogt ungefähr gemeint hat. ’Und so
bekommt dieser Schatten einen feinen Hauch von

Durchsichtigkeit. Endiich paßt die Holz-Technik, ganz
gleich, ob als Sclmitt oder als Stich, doch nun einmal
arn besten zunr ästhetischen Charakter des Buches, das
ja scine Herkunft von den ursprünglich einrnal hoiz-
geschnittenen Lettern immer noclr nicht ganz verleug-
neu kann und soll und will. Slevogts Kinderiieder und
manche seiner Bücher aus der Reihe der deutschen
Märchen, von Bangemann in Hoiz übersetzt, sind eben
doch reinerer Buchstil, auch im Sinne strenger Bibiio-
philen, ais das Tulifäntchen, trotzdem hier der Künstler
Slevogt die lllustratipnen selbst auf die Platte gekratzt,
aiso Originale geliefert hat, und trotzdem dort, bei jenen
Märchen, zwischen dem Künstler und sein Buch der
„Xylograph“ als Zwischenträger sich eingeschoben hat.
Die ganze Frage ist keine Frage der Grundsätze oder
gar der Prinzipienreiterei, sondern es kommt auf die
Art und die Qualität des Zwischenträgers an. Als
Menzel anfing seine Geschichte Friedrichs des Großen
von Kugler zu iliustrieren, im Wettbewerb mit Norvins,
von Horace Vernets illustriertem Napoleonbuch, war er
verzweifelt über die Ahnungslosigkeit der deutschen
Xylographen. Nichts konnten sie ihm recht machen,
nirgends verstanden sie seine künstlerischen Absichten,
und wenn sie ihn einmal verstanden hatten, so hatten
sie ihn falsch verstauden. Aber nach wenigen Wochen
schon hatte er sie durch unerbittliches Korrigieren und
Unterweisen auf die Höhe gebracht, auf eine Höhe, die
den Leistungen der fest in der Ueberlieferung stehenden
Franzosen noch urn ein gutes Stück überiegen war. Er
hat sie mit seiner unheimlichen Genialität mit hoch-
gerissen.

Als in Deutschland dann die mechanischen Verviel-
fältigungsverfahren die Xylographie verdrängten, war
es um die Xylpgraphie nicht mehr scliade. Sie war, be-
sonders durch die geisttötende Reproduktion von Ge-
mäiden, in öder Routine verflacht, so sehr, daß auch die
Xylographen, die es, wie bei Oberlaender und bei
Willielm Buscii, mit der Reproduktion von Handzeich-
nungen zu tun hatten, nichts mehr konnten und ihre Vor-
biider charakterlos entstellten. Dann war lange Zeit
überhaupt kein Bedarf an Holzschnitten und Holz-
stechern für diese Zwecke mehr. Bis dann im 20. Jahr-

444
 
Annotationen