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Bezirk Schwetzingen [Hrsg.]; Amtsbezirk Philippsburg [Hrsg.]
Schwetzinger Wochenblatt: Amts-Verkündigungsblatt für den Bezirk Schwetzingen ; badische Hopfenzeitung — 1869

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No. 145
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https://doi.org/10.11588/diglit.29848#0586

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zu stimmen. Die Gelegenheit bot sich; Herr von
Sainte-Hermine und sein Verteidiger Duvernois
wurden 'geopfert. Tachard von der Linken griff
DuoernoiS, den rr einst seinen Freund genannt,
auf'S Schärfste an und warf ihm seinen Gesin-
nungswechsel vor. Duvernois, höchst aufgebracht,
läugnete, seine Gesinnungen geändert zu haben,
und es entspann sich ein so hitziger Wortwechsel,
daß der Präsident sich in's Mittel legen mußte.
Die Wahl Sainte-Hermine's wurde mit 119 gegen
90 Stimmen für ungültig erklärt.
Rom, im Dez. Man ist eben damit be-
schäftigt die letzte Hand an die Vorbereitungs-
arbeiten zu legen; am 4. Dezember muß die ganze
Zurüstung beendigt sein. An diesem Tage wird
der Papst St. Peter besuchen und den Saal in
allen Eiuzelnheiten in Augenschein nehmen. Man
glaubt, daß die (schon mitgetheilte) Eröffnungs-
zeremonie 6 Stunden dauern wird. Das Pro-
gramm der kanonischen Verhandlungen wird am
8. allen Vätern des Conzils ertheiit, die es mit
ihrem theologischen Beirath durchstudiren, worauf
es jedem freisteht, sich je nach seiner Vorliebe u.
Befähigung zu einer oder mehreren der vorberei-
tenden Commissionen einzuschreiben. Diese Kom-
missionen werden oft, aber getrennt, zusammen-
treteu. Von Zeit zu Zeit finden unter Vorsitz
von päpstlichen Legaten vereinigte Sitzungen aller
Kommissionen statt, bei denen die bereits in den
einzelnen Commissionen berathenen Canones einem
vorbereitenden Volum unterworfen werden. In
langen Zwischen üumen, wenn eine gewisse Anzahl
Canones mit moralischer Stimmeneinhelligkeit votirt
worden sind, treten dann alle Väter unter Vorsitz
des Papstes zu einer feierlichen Generalsitzung zu-
sammen, in welcher das definitive Votum und die
Promulgirung dieser Canones erfolgt.
Im Allgemeinen gilt der Grundsatz, daß
dem Papste allein die Initiative für die
Entwürfe zu den Canones zusteht. Das Konzil
soll nicht aus den ihm gezogenen Schranken her-
austreten. Die Bischöfe können Amendements u.
selbst neue Canones in Vorschlag bringen, allein
vor das Konzil gelangen dieselben nur, wenn der
Papst seine Zustimmung ertheilt. Man scheint im
Vatikan anznfangen, zu begreifen, daß es nach
den Protestationen, die sich in allen Klaffen der
katholischen Welt erhoben haben, schwer fallen
dürfte, die Definition des Dogma der persönlichen
Unfehlbarkeit des Papstes durch Akklamation durch-
zusetzen.
LokalnachrichLen.
** Schweiznrgeu. 7. Dezember. Nachstehend
verzeichnen wir das Ergebniß dep diesjährigen
Viehzählung unserer Stadt und werden viele un-
serer Leser nicht wenig erstaunt fein zu sehen,
in welch „gemischter Gesellschaft" man hier lebt.
Beklagen müssen wir immerhin, daß die Liste

Spiel entlockte, sind bekannt genug und wir möchten sie
gerne für nichts weiter, als eine Bestätigung des oben an-
geführten Wahrspruches gelten lassen. Und gewiß liegt in
der Aufgabe ein / oft nichts weniger als milde urtheilendes
Publikum jeden Abend lachen zu machen, unendlich viel
Kümmerniß und Anstrengung, zahllose Sorgen und uner-
müdliches Studium. Keine kläglichere Legende, als die der
Namen jener Männer, welche sich diesem aufreibenden Be-
rufe gewidmet haben. Ihre Geschichte ist die jammervollste
Matyrologie.
Aber es scheint beinahe in der Sache selbst zu liegen.
So besaß England einen berühmten Romandichter, den
man zwar nicht zur Klasse der komischen Schriftsteller rech-
nen kann, der aber doch mehrere Scenen von außerordent-
lich belustigender Wirkung geschrieben hat, aber unglaublich
wird es klingen, wenn man erfährt, in welcher Gemüths-
stimmung sich Walther Scott zu derselben Stunde befand,
da er die witzigsten Sarkasmen seiner lustigsten Figuren
diktirte. Ein Freund begegnete ihm zu jener Zeit in einer
der besuchtesten Straßen Edinburghs. Scott saß zu Pferde,
mit dem Körper nach dein Sattelknopfe gebeugt; nur mit
Mühe konnte er sich aufrecht halten und sein blasses Gesicht
mit der runzligen Stirne glich mehr denr eines Sterbenden.
„Sehen Sie/' sagte er, „ich muß auf ärztliche Verordnung

nur ein unvollständiges Bild des gesammten Thier-
lebens unserer Stadt bietet, denn verschiedene,
theils überflüssige, theils nützliche Hausthiere, als:
Ratten, Mäuse, Wanzen und Flöhe sind ja gar
nicht mit aufgeführt und läßt sich somit die An-
wesenheit dieser liebenswürdigen Hausgeister blos
ahnen, keineswegs aber in bestimmte Zahlen
fassen.
Wir hoffen, diesem llebelstande wird künftig-
hin abgeholfen werden.
Statistisches Ergebniß der Schwetziuger Vieh-
zählung vom 3. Dezember 1869 :
a.) Pferde:
Hengste — Stuten 232, Wallachen 199,
Fohlen 12. Summa 443. (Garnisonspferde in-
begriffen.)
b) Rindvieh.
Farren 5, Kühe 288, Ochsen — Rinder 107,
Stiere 3, Kälber 35. Summa 438.
o) Schafe:
Böcke — Mutterschafe 3, Jährlinge 4.
Summa 7.
ä) Schweine:
Eber 3, Mntterschweine 64, Sonstige Schweine
161, Läufer 504, Ferkel 52. Summa 784.
s) Ziegen:
Böcke 8, Gaisen 445. Summa 453.
1) Bienenstöcke:
Gewöhnliche Einrichtung 31, bewegliche Ein-
richtung 33. Summa 64.
o-) Federvieh:
Gänse 475, Enten 131, Tauben 176, Welsche
Hühner 7, Hühner und Hahnen 1784. S. 2573.
Vergleich mit dem Stand vom 3. Dezember 1868.
u) Pferde:
1868 445 Stück. 1869 443. Verminderung
2 Stück.
0) Rindvieh:
1868 459 Stück, 1869 438 Stück. Vermin-
derung 21 Stück.
e) Schweine:
1868 675 Stück, 1869 784 Stück. Ver-
mehrung 109 Stück.
ä) Ziegen:
1868 385, 1869 553. Vermehrung 08.
s) Bienen:
1868 81, 1869 64. Verminderung 17. Stöcke.
1) Federvieh:
1868 2089, 1869 2573. Vermehrung 484.
Z) Schaafe.
1868 11 Stück, 1869 7 Stück. Verminde-
rung 4 Stück.
Mit der Zählung des vorigen Jahres ver-
glichen, constatiren wir, daß sich die Pferde um
2, das Rindvieh um 21 und die Schafsköpfe tröst-
licherweise! — um 4 Stück vermindert haben.
Was dagegen das schnatternde, krähende und
quakende Volk der Gänse, Hühner und Enten be-

reiten. Wahrhaftig, es gibt keine traurigere und beschwer-
lichere Uebung auf der Welt. Die Aerzte behaupten immer-
fort, daß die Gichtschmerzen nicht tödten, aber wenn ich
noch drei Monate so zu leiden hätte, wie bisher, dann
wollte ich lieber sterben." Zu jener Zeit diktirte er „Jvan-
hoe" und „Die Braut von Lammermoor", und blieb nicht
nur am Leben, sondern genas auch vollkommen, nachdem
er lange Zeit hindurch die strengste Diät befolgte. Herr
John .Ballantyne und sein Intendant William Laidlaw
dienten ihm abwechselnd als Sekretäre. Mitten in den ko-
mischsten Scenen, wenn er z. B. den brulesken Charakter
Caleb Osbaldistone's zeichnete, oder den possirlichen Dialog
dieses Sonderlings diktirte, zwangen ihn plötzlich seine
Schmerzen stehen zu bleiben; er hielt mit dem Diktiren
an, wartete daun einen Augenblick und nahm, nachdem
man ihm das letzte Wort wiederholt hatte, den Faden der
Erzählung wieder auf.
In einer ähnlichen Lage war Scarron, der arme
Krüppel, der sein ganzes Leben im Lehnstuhl zubringen
mußte und der die heitersten Scenen seines komischen Ro-
mans in einer Erholungsstunde zwischen zwei fürchterlichen
Gichtanfüllen diktirte. Wenn dann die zarte, weiße Hand
der Frau v. Maintenon die kalten Schweißtropfen getrocknet
hatte, welche die Stirne des armen Skarron bedeckten, suchte

trifft, so hat sich dasselbe um 484 Stück vermehrt,
ebenso können sich die Schweine mit der respek-
tabeln Vermehrung um 109 und die Ziegen mit
einer solchen um 68 Dtück brüsten.
Die Bienenstöcke haben sich vermindert und
sind dadurch 17 Monarchieen schlafen gegangen.
Es geht aus der Zählung klar hervor, daß,
während das zum Ackerbau gehörige Zuchtvieh sich
verminderte, das Gesindel der kleineren Vierfüßler,
welche die Bestimmung haben, den Weg allen
Fleisches zu wandeln, sich bedeutend vermehrte.
Nerreste Hopfemrach richten.
IL Nürnberg, 7. Dec. Die flaue Stim-
mung der vorigen Woche im Hopfengeschüft hat
sich auf den heutigen Markt übertragen, doch war
für Prima-Sorten die Kauflust hervorgetreten und
zu guten Preisen alle Sorten Prima-Wcmre ver-
käuflich. Zum Markt kamen heute ca. 50 Ballen,
die Umsätze waren gering und Abgeber mit ihren
Offerten nicht nachlaffend.
Ich beziehe mich bezüglich der Preise auf mein
Letztergebenes und ist hierin keine Veränderung
eingetreten.
Mannheimer Börse, 6. Dezbr. Weizen, effektiv
hies. Gegend, 11 fl. 24 G. 11 fl. 30 P., Ungar. 12 fl.
15 G.,12 fl.30P., fränk. 11 fl. 24 G.,-- 11 fl. 30 P.,
Roggen, effek. 9 fl. — G. 9 fl. 5 P., Gerste, cffek. hies.
Gegend 9 fl. 30 G. - fl. - P. ung. - fl. - G., -
fl. - P., fränkische 9 fl. 45 G., 10 fl, — P., pfälzische
prima 9 fl. 30 G., 9 fl. 45 P. Hafer, effek. 3 fl. 60
G-, 4 fl. — P., Kernen, eff. 11 fl. 15 G., 11 fl. 24 P.
Bohnen —-fl. — G. 12—13 fl. P. Kleesamen, deutscher
I. 29 - fl. G., - fl, - P., II. - fl. - G-, - fl.
— P., Luzerner 25 fl. — G.,-fl. P. Esparsette fl.
-P. Leinöl, eff. — fl.-G. Int., 20 fl. 30 P.,
faßw. 20 fl. 45 P. Rüböl, effektiv Inland faßweise 25 fl.
— P., in Parthien 24 fl. 45 P. Weizenmehl Nr. 0. 9 fl.
24 P., Nr. 1. 9 fl. - P., Nr. 2. 8 fl. — P. Nr. 3.
6 fl. 36 P., Nr. 4. 5 fl. 36 P., Branntwein, eff. transit
150 Litres 18 fl. 15 P., Petroleum bei Wagenladung 100
Zpfd. fl. 15 15-30 P.
Weizen, Roggen, Gerste behauptet. Hafer, Leinöl, Rüböl
unverändert. Petroleum niedriger.
Verschiedenes.
— Eine ziemlich spaßhafte Scene kam vor den
Assisen von Wales vor. Ein gewisser Peyton
war des Hochverraths angeklagt. Als ihn der
Präsident wie gewöhnlich fragte, gestand er sein
Verbrechen ein, empfahl sich aber der' Gnade und
Milde des Gerichtshofes. Die Geschworenen zogen
sich zurück und sprachen ein „Nichtschuldig" aus.
Man kauu sich denken, wie groß die Verwunde-
rung des Gerichts und deZ Publikums war.
„Meine Herren Geschworenen," redete sie der
Präsident an, „haben Sie nicht das eigene Ge-
ständniß seiner Schuld gehört?" „Jawohl ! Herr
Präsident," sagte der Obmann der Geschworenen,
„aber wir kennen Peyton schon von Kindheit an
und wissen, daß er. der größte Lügner im ganzen
Kirchspiel ist."
Scarron seine Schmerzen gewaltsam zu unterdrücken und
fuhr fort mit der Beschreibung der Abenteuer Meister Ra-
gotin's.
Aber Walter Scott und Scarron sind eigentlich nicht
Männer jener Art, welche unmittelbar zur Erheiterung des
Publikums beitragen, und es ist ein großer Unterschied
zwischen einem Schriftsteller, der zu Hause arbeiten kann,
wenn er will, und einem Schanspieler, der Angesichts des
Publikums eine komische Rolle durchführen muß.
Es scheint aber thatsächlich, als seien die Komiker
durchschnittlich alle melancholisch. So war der berühmte
Carlo Antonio Bertinazzi, den die Bühne unter dem Namen
Carlin kennt, einer der lustigsten Komödianten, der durch
tausend harmlose Possen jede Gesellschaft zu unterhalten
wußte, und die Theaterbesucher wollten oft schier vor Lachen
und Heiterkeit bersten, wenn Carlin die „Sechsundzwanzig
Verlegenheiten des Harlekins" spielte. Ueberall rühmte
man den hinreißenden Zauber seines Frohsinns und die
ergötzliche Gutmüthigkeit seiner ungetrübten Laune, die weder
durch die Unannehmlichkeit seiner Stellung gegen Kunst-
genossen, noch durch die Unfälle der Theaterabende zerstört
werden konnte.
(Forts, folgt.)
 
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